Karl Heim (Theologe)

Karl Heim (Theologe)

Karl Heim (* 20. Januar 1874 in Frauenzimmern; † 30. August 1958 in Tübingen) war ein deutscher protestantischer Theologe.

Heims Anliegen war, den durch die neuzeitlichen Weltbilder und Geistesströmungen angefochtenen Glauben auf eine sichere Grundlage zu stellen. Zu diesem Zweck arbeitete Karl Heim sowohl am Problem der Glaubensgewissheit als auch am vermittelnden Gespräch zwischen Glaube und Naturwissenschaft. Die Frucht dieser Arbeit schlug sich in seinem sechs Bände umfassenden Hauptwerk Der evangelische Glaube und das Denken der Gegenwart nieder, das Heim in mehreren Auflagen teilweise deutlich umarbeitete.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Heim entstammte einer Pastorenfamilie. Heims Vater war von dem Bibeltheologen Johann Tobias Beck (1804–1878) und dem Pietisten Ludwig Hofacker (1798–1828) geprägt und gab diese Prägung an seinen Sohn weiter. Wie viele zwar begabte aber in armen Verhältnissen aufwachsende Schüler musste Heim das sogenannte Landexamen und den „Konkurs“, ein verschärftes Abiturientenexamen, bestehen, um in den Genuss der staatlichen Unterstützung zu kommen.

Im Jahr 1892 trat Heim in das Tübinger Stift ein, das in dieser Zeit durch die Schule Albrecht Ritschls (1822–1889) geprägt war. Anstatt einer „Stiftsverbindung“ beizutreten (wie damals üblich), schloss sich Heim lieber einem Bibelkreis an, und bekam auf diese Weise Kontakt zur Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCSV) unter ihrem damaligen Leiter Eduard Graf Pückler (1853–1924).

1893 folgte Heim einer Einladung nach Frankfurt am Main, wo eine große christliche Studentenkonferenz unter anderem mit Eduard Graf Pückler und Elias Schrenk (1831–1913) stattfand. Gerade durch die Begegnung mit letzterem sollte sich sein Leben in entscheidender Weise verändern. Unter dem Eindruck einer Predigt Schrenks suchte Heim das persönliche Gespräch mit dem Prediger, das mit Heims eigenen Worten folgende Wirkung hatte: „Es gab ein kurzes, aber befreiendes und erquickendes Gespräch, bei dem es zur bedingungslosen Kapitulation kam und damit zu dem radikalen Neuanfang, von dem Schrenk gesprochen hatte. Das war der schöpferische Neubeginn meines Lebens.“ [1]

Im August 1896 legte Heim sein erstes Dienstexamen ab und erwarb für seine Promotionsarbeit die Note IIb. Heim blieb daraufhin noch ein halbes Jahr an der Uni Tübingen und erhielt für die Ausarbeitung einer Preisaufgabe der Tübinger Theologischen Fakultät zu dem Thema „Glaube und Geschichte“ den ersten Preis.

Als Vikar in Giengen an der Brenz (wohl ab dem Frühjahr 1897) erlebte Heim dann das, was man heute als „Praxisschock“ bezeichnen würde. Anstelle des erkrankten Pfarrers sollte Heim sofort Predigtdienst und Seelsorge allein übernehmen. Vor allem der Seelsorgedienst an einem durch Alkohol schwer Erkrankten forderte die ganze Theologie Karl Heims. Nach einem halben Jahr allerdings kam der junge Vikar Karl Heim in das Christliche Volksschullehrerseminar Tempelhof bei Crailsheim und sollte dort Unterricht erteilen. Aufgrund der dortigen Eindrücke, trat Heim dem Weißen Kreuz bei.

Dann ereilte Heim eine Anfrage der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung, ob er nicht Nachfolger Heinrich Witts im Amt des Reisesekretärs werden wolle. Nach einer Bedenkzeit übernahm Heim im Jahr 1900 diese Aufgabe, die für ihn bedeutete, alle Universitäten und Technischen Hochschulen zu besuchen und studentische Kreise zu gründen.

Im Jahr 1905 wurde Heim dann Konviktsinspektor in der Nachfolge Carl Stanges (1870–1959) am Schlesischen Studentenkonvikt in Halle an der Saale, das von Martin Kähler (1835–1912) geleitet wurde. Diese Position eröffnete Heim die Möglichkeit, sich zu habilitieren (die Habilitation erfolgte 1907). Heims Habilitationsschrift trug den Titel: Das Weltbild der Zukunft. Eine Auseinandersetzung zwischen Philosophie, Naturwissenschaft und Theologie und brachte ihm viel Kritik der älteren Kollegen ein.

Heim wurde im Herbst 1914 auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie an der neu geschaffenen Theologischen Fakultät der Universität Münster berufen. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrach dann aber schnell die Lehrtätigkeit Heims in Münster. Ab 1918 wirkte Heim dann wieder als Professor in Münster und wurde 1920 als Nachfolger Theodor von Haerings (1848–1928), des Lehrers Karl Heims, nach Tübingen berufen, was unter der besonderen Fürsprache Adolf Schlatters (1852–1938) geschah, denn nur so konnte Heim sich gegen den damals noch namhafteren Rudolf Otto (1869–1937) durchsetzen.

Heims Verhältnis zum Dritten Reich wird aus einem 1933 veröffentlichen Aufsatz mit dem Titel: Deutsche Staatsreligion oder Evangelische Volkskirche? ersichtlich, worin deutlich wird, dass er ganz und gar nicht mit den Deutschen Christen einig ging.[2] Allerdings trat Heim nicht der Bekennenden Kirche bei, wenngleich er vielen führenden Männern dieser Gruppe persönlich nahe stand. Als Grund dafür nennt Heim seine geistliche Heimat im schwäbischen Pietismus und in der Christlichen Studentenvereinigung.[3]

1939 wurde Heim emeritiert, wirkte in Tübingen aber noch bis 1948 als Frühprediger und arbeitete 1948–50 mit in der Evangelischen Akademie Bad Boll.

Die Karl-Heim-Gesellschaft

Die „Karl-Heim-Gesellschaft zur Förderung einer biblisch-christlichen Orientierung in der wissenschaftlich-technischen Welt“, die zu Karl Heims 100. Geburtstag 1974 in Freudenstadt gegründet wurde, veröffentlicht seit 1988 ein Jahrbuch unter dem Titel: Glaube und Denken. Jahrbuch der Karl-Heim-Gesellschaft, das von Hans Schwarz herausgegeben wird. Eine Übersicht über die Aufsätze der Jahrbücher findet sich hier.

Weiterhin gibt die Karl-Heim-Gesellschaft seit 1980 eine Zeitschrift unter dem Titel: Evangelium und Wissenschaft. Beiträge zum interdisziplinären Gespräch heraus. Auch deren Inhalte sind auf der Website der Karl-Heim-Gesellschaft verzeichnet.

Schließlich wird von der Karl-Heim-Gesellschaft seit dem Jahr 2000 der Karl-Heim-Preis verliehen, „für Arbeiten, die sich profiliert historisch oder systematisch mit einem grundlegenden Thema aus einem der folgenden drei Themenkreise auseinandersetzen:

  • Beziehungen zwischen dem christlichen Glauben und den Erkenntnissen der Natur- oder Humanwissenschaften;
  • Wissenschaftstheoretische Fragen hinsichtlich der Beziehung zwischen Theologie und Natur- oder Humanwissenschaften;
  • Spezifische Probleme des allgemeinen Spannungsfeldes zwischen dem christlichen Glauben einerseits und dem säkularen Denken bzw. der säkular geprägten Lebenswirklichkeit andererseits.“

Ehrungen

Werke

Frühe Schriften

  • Psychologismus oder Antipsychologismus? Entwurf einer erkenntnistheoretischen Fundamentierung der modernen Energetik, 1902
  • Das Weltbild der Zukunft. Eine Auseinandersetzung zwischen Philosophie, Naturwissenschaft und Theologie, 1904
  • Bilden ungelöste Fragen ein Hindernis für den Glauben, 1905; 9. A. 1930
  • Das Wesen der Gnade und ihr Verhältnis zu den natürlichen Funktionen des Menschen bei Alexander Halesius, Leipzig 1907

Über Glaubensgewißheit

  • Das Gewißheitsproblem in der systematischen Theologie bis zu Schleiermacher, 1911
  • Glaubensgewißheit. Eine Untersuchung über die Lebensfrage der Religion, 1916; 4. A. 1949

Das Hauptwerk

  • Der evangelische Glaube und das Denken der Gegenwart. Grundzüge einer christlichen Lebensanschauung, 6 Bände:
    • Band 1: Glaube und Denken. Philosophische Grundlegung einer christlichen Lebensanschauung, 1931; 7. A. 1957
    • Band 2: Jesus der Herr: Die Führervollmacht [später: Herrschervollmacht] Jesu und die Gottesoffenbarung in Christus, 1935; 4. A. 1955
    • Band 3: Jesus der Weltvollender: Der Glaube an die Versöhnung und Weltverwandlung, 1937 (1952, 3. Auflage)
    • Band 4: Der christliche Gottesglaube und die Naturwissenschaft. Grundlegung des Gesprächs zwischen dem Christentum und den Naturwissenschaften, 1949; 2. A. 1953
    • Band 5: Die Wandlung im naturwissenschaftlichen Weltbild. Die moderne Naturwissenschaft vor der Gottesfrage, 1951
    • Band 6: Weltschöpfung und Weltende. Die Weltentstehung in naturwissenschaftlicher Sicht – Weltschöpfung und Weltzukunft im Licht des biblischen Osterglaubens, 1952; 2. A. 1958

Sonstige Bücher zu dogmatischen und biblisch-theologischen Themen

  • Leitfaden der Dogmatik. Zum Gebrauch bei akademischen Vorlesungen. Zwei Teile, 1912; 3. A. 1923/25
  • Die Weltanschauung der Bibel, 1920; 8. A. 1931
  • Das Wesen des evangelischen Christentums, 1925; 5. A. 1929
  • Religion und modernes Geistesleben. Wissenschaftliche Vorträge über religiöse Fragen, 1927
  • Die neue Welt Gottes. Eine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens, 1928; 4. A. 1929
  • Der Römerbrief. Vorlesungsmitschrift, Erlangen 1931
  • Der Glaube an ein ewiges Leben, 1934; 2. A. 1938
  • Die Auferstehung der Toten. Der Sinn der Auferstehungsbotschaft und der Sieg über die dämonische Macht des Todes, 1936
  • Die kommende Verheißung und die Gemeinde Christi, 1939
  • Die Königsherrschaft Gottes. Nach Texten aus dem Markusevangelium, 1940; 2. A. 1948
  • Die Bergpredigt Jesu. Für die heutige Zeit ausgelegt, 1946; 3. A. 1959
  • Was nach dem Tod unser wartet. Biblischer Vortrag, 1948; 7. A. 1960
  • Die Gemeinde des Auferstandenen. Tübinger Vorlesung über den 1. Korintherbrief, 1949
  • Die christliche Ethik. Tübinger Vorlesungen. Nachgeschrieben und ausgearbeitet von Walter Kreuzburg, 1955
  • Ich gedenke der vorigen Zeiten. Erinnerungen aus acht Jahrzehnten, Hamburg 1957

Aufsatzsammlungen

  • Glaube und Leben. Gesammelte Aufsätze und Vorträge, 1926; 2. A. 1928
  • Leben aus dem Glauben. Beiträge zur Frage nach dem Sinn des Lebens, Berlin 1932; 2. A. 1934
  • Versöhnung und Weltvollendung, hrsg. von A. Köberle 1982
  • Das Heil der Welt. Die Botschaft der christlichen Mission und die nicht-christlichen Religionen, hrsg. von Friso Melzer 1986
  • Zeit und Ewigkeit, hrsg. von A. Köberle 1987

Predigtsammlungen

  • Stille im Sturm. Predigten von Karl Heim, Tübingen 1923; 6. A. 1951
  • Die lebendige Quelle. Predigten, 1927
  • Das Wort vom Kreuz. Predigten, 1931
  • Die Kraft Gottes. Predigten von Karl Heim, Stuttgart 1936
  • Gottes Wort ist nicht gebunden. Predigten, 1940
  • Der unerschütterliche Grund. Christusverkündigung für moderne Menschen. Predigten, 1947
  • In den Händen des Meisters. 12 Predigten, 1949
  • Lebendige Kraft. 12 Predigten, hrsg. von Hans Beck, 1950
  • Die Gottesstunde. Lesepredigten. Auswahl und Nachwort von Hans-Rudolf Müller-Schwefe, 1965

Zitate

"Zum Beten gehört nicht nur, dass wir dem Herrn unsere Anliegen vortragen, sondern auch, dass wir stille werden und auf seine Antwort warten" (Wilhelm Busch Bibliothek Band 5, S. 22)

Literatur

  • Adolf Köberle: Karl Heim. Denker und Verkündiger aus evangelischem Glauben. Furche, Hamburg 1973
  • Elisabeth Gräb-Schmidt: Erkenntnistheorie und Glaube. Karl Heims Theorie der Glaubensgewißheit vor dem Hintergrund seiner Auseinandersetzung mit dem philosophischen Ansatz Edmund Husserls. De Gruyter (Theologische Bibliothek Töpelmann 58), Berlin 1993, ISBN 3-11-013916-2
  • Verena Grüter: Begegnung mit dem göttlichen Du. Karl Heims Christologie im theologiegeschichtlichen Kontext. Kovac, Hamburg 1993, ISBN 3-86064-094-1
  • Thomas Kothmann: Apologetik und Mission. Die missionarische Theologie Karl Heims als Beitrag für eine Missionstheologie der Gegenwart. Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, Erlangen 2001, ISBN 3-87214-345-X
  • Ulrich Beuttler: Gottesgewissheit in der relativen Welt. Karl Heims naturphilosophische und erkenntnistheoretische Reflexion des Glaubens. Kohlhammer (Forum Systematik 27), Stuttgart 2006, ISBN 3-17-019549-2
  • Johannes Schick: Denken des Ganzen. Eine vergleichende Studie zu den Wirklichkeitsanschauungen Karl Heims und Herman Dooyeweerds angesichts der Herausforderungen durch Postmoderne und neue Metaphysik. Vandenhoeck & Ruprecht unipress, Göttingen 2006, ISBN 978-3-89971-299-5
  • Rolf Hille: Ungelöste Fragen ...ein Hindernis für den Glauben? Denkanstöße von Karl Heim. Brunnen, Gießen 2008, ISBN 978-3-7655-1413-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Heim, Ich gedenke der vorigen Zeiten, Hamburg 1957, S. 49
  2. Ebd., S. 267
  3. Ebd., S. 274

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