Martin Kähler

Martin Kähler

Karl Martin August Kähler (* 6. Januar 1835 in Neuhausen bei Königsberg; † 7. September 1912 in Freudenstadt im Schwarzwald) war ein deutscher protestantischer Theologe (Dogmatiker).

Inhaltsverzeichnis

Familie

Martin Kähler wurde als Sohn des Oberkonsistorialrates August Kähler geboren. Der Großvater Ludwig August Kähler hatte bereits als Prediger und als stark dem Rationalismus verpflichteter Professor in Königsberg gewirkt. Seine Söhne sind Wilhelm Kähler, Professor für Nationalökonomie, DNVP-Politiker und preußischer Reichskommissar und Walter Kähler evangelischer Theologe und zuletzt Generalsuperintendent in der Kirchenprovinz Pommern.

Leben

Martin Kähler besuchte in Elbing und Königsberg die Schule, begann dann an letztgenanntem Ort das Studium der Rechte aufnahm, wechselte aber bald, durch mehrere Erkrankungen befördert, zur Theologie. Nach Königsberg folgten Aufenthalte in Heidelberg, Halle und Tübingen. In Halle, wo ihn August Tholuck geprägt hatte, promovierte Kähler 1860 und übernahm dann eine Dozentur und bekam - nach einem Intermezzo als Extraordinarius in Bonn 1864 - schließlich 1867 (bis 1912) einen ordentlichen Lehrstuhl für Systematik und Neues Testament.

Kähler, der neben Tholuck auch von Johann Tobias Beck und durch den Austausch mit Hermann Cremer, Julius Müller und Richard Rothe geprägt wurde, betrachtete sich als biblischen Theologen, für den nicht die Geschichte (die Meinung über) Gott beeinflusste, sondern Gott die Geschichte setzte und durchwaltete (vgl. Versöhnung , 365). Der Theologe hatte dem folgend nicht zuerst Wissenschaftler, sondern Christ zu sein. In diesem Sinne ist dann auch Kählers Differenzierung zwischen der (rein faktischen) »Historie« oder »Historizität« und der (im Glauben) gelebten (und von Glauben durchwirkten) »Geschichte« zu verstehen.

Schon die 1878 veröffentlichte Schrift Das Gewissen ist in dieser Perspektive geschrieben. Wirkung erlangten aber erst Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus von 1892 und Die Lehre von der Versöhnung von 1898. Aus dem Nachlass veröffentlichte 1962 dann der Enkelsohn Ernst Kähler die lange verschlossen gehaltenen Mitschriften von Vorlesungen, die Martin Kähler teilweise noch selbst korrigiert, aber mit dem Vermerk »Darf so nicht gedruckt werden!« versehen hatte, unter dem Titel Geschichte der protestantischen Dogmatik im 19. Jahrhundert .

Zu Kählers Schülern und Anhängern zählten u.a. Julius Schniewind, Karl Heim, Wilhelm Lütgert, Rudolf Hermann und Hans Emil Weber sowie der schwedische Theologieprofessor und Bischof Einar Billing. Seine Forderung nach einer vom Glauben durchwirkten Lehre, nach einer »Charakterkirche«, die sich auf dem Boden des Bekenntnisses befand, wirkte bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein. Nicht nur Karl Barth, unter dessen Federführung die Barmer Theologische Erklärung gegen die NS-Diktatur und der ihr verpflichteten Deutschen Christen entstand, sondern nahezu alle Mitglieder der sich darauf hin konstituierenden Bekennenden Kirche waren Schüler Kählers oder doch durch ihn oder seine Schüler geprägt. Einer seiner Schüler war der später international bekannte Theologie-Professor Ernst von Dobschütz (1870-1934) in Halle (Saale).

Werke

  • Das Gewissen ; 1878
  • Die Wissenschaft der christlichen Lehre von dem evangelischen Grundartikel aus ; 1883
  • Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus ; 1892; neu hg. v. E. Wolf, (=Theologische Bücherei. Neudrucke und Berichte aus dem 20. Jahrhundert 2), 2. erw. Aufl., München (Chr.Kaiser) 1956
  • Zur Lehre von der Versöhnung. Dogmatische Zeitfragen. Alte und neue Ausführungen zur Wissenschaft der christlichen Lehre ; 1898
  • Geschichte der protestantischen Dogmatik im 19. Jahrhundert ; (=Theologische Bücherei. Neudrucke und Berichte aus dem 20. Jahrhundert 16), München 1962

Literatur

  • Ernst Kähler: Kähler, Martin. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, S. 725 f.
  • Karl Knauß: Martin Kähler. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 3, Herzberg 1992, ISBN 3-88309-035-2, Sp. 925–930.
  • Martin Fischer, Martin Kähler (1835-1912) ; in: Martin Greschat (Hg.), Theologen des Protestantismus im 19. und 20. Jahrhundert, Stuttgart u.a. (Kohlhammer) 1978, 130-149
  • Johannes Leipold, Offenbarung und Geschichte als Problem des Verstehens. Eine Untersuchung zur Theologie Martin Kählers ; Gütersloh (Mohn) 1962
  • Ullrich Wimmer, Geistestheologie. Eine Untersuchung zur Grundlegung der Theologie und zur Pneumatologie bei Martin Kähler, Neuss 1978
  • R. Schäfer, Die Rechtfertigungslehre bei Ritschl und Kähler : in: ZThK 62 (1965), 66-85

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Martin Kähler — (6 January 1835 – 7 September 1912) was a German theologian. He is best known for his short work Der sogenannte historische Jesus und der geschichtliche, biblische Christus (The so called historical Jesus and the historic, biblical Christ).… …   Wikipedia

  • Kähler — oder Kaehler ist der Familienname folgender Personen: Alexander Kähler (Unternehmer) (1832–1907), deutscher Unternehmer Alexander Kähler (Moderator) (* 1960), deutscher Fernsehmoderator und Redakteur Alfred Kähler (1900–1981), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg — Gründung 18. Oktober 1502 (Wittenberg) und 1. Juli 1694 (Halle) …   Deutsch Wikipedia

  • Kähler, Martin — (1835–1912)    Theologian.    Kähler was born in Neuhausen, East Prussia, and was educated at the Universities of Heidelberg, Tübingen and Halle. For most of his career he taught systematic theology at the University of Halle. He was the author… …   Who’s Who in Christianity

  • Martin Harlinghausen — Martin Harlinghausen …   Wikipedia

  • Martin Drewes — Born 20 October 1918 (1918 10 20) (a …   Wikipedia

  • Martin Steglich — Born 16 July 1915(1915 07 16) Breslau …   Wikipedia

  • Martin Fiebig — Born 7 May 1891 Rösnitz, district of Lobschütz Silesia …   Wikipedia

  • Martin Unrein — Born 1 January 1901(1901 01 01) Weimar …   Wikipedia

  • Martin Becker — Born 12 April 1916 Wiesbaden …   Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”