Karlsruher Lokalbahn

Karlsruher Lokalbahn
Gedenktafel zur Karlsruher Lokalbahn

Die Karlsruher Lokalbahn war eine meterspurige Kleinbahn, die Spöck, Karlsruhe und Durmersheim miteinander verband. Nach ihrer Eröffnung 1890/91 verzeichnete sie kaum wirtschaftlichen Erfolg, so dass die meisten Streckenabschnitte bereits bis 1938 wieder stillgelegt worden waren. Ein bescheidener Restverkehr im Stadtgebiet von Karlsruhe konnte sich noch bis 1955 halten.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Nachdem um 1880 das Badische Eisenbahnnetz weitgehend fertiggestellt war, blieben im Raum Karlsruhe zwei größere Lücken: die Orte im Nordosten der Stadt sowie im Südwesten waren ohne Eisenbahnanschluss geblieben. Da ein Eisenbahnanschluss zur damaligen Zeit wirtschaftlichen Aufschwung versprach und den Einwohnern die Annahme von Arbeitsplätzen in den aufstrebenden Industriebetrieben Karlsruhes ermöglichte, wurden seit 1883 verschiedene Überlegungen zum Bau einer Kleinbahn angestellt, die die Lücke im Eisenbahnnetz schließen sollte. Schließlich gelang es, den Eisenbahnunternehmer Herrmann Bachstein und seine Financiers für das Projekt zu interessieren. Nach Erteilung der Konzession im Jahr 1888 begannen die Bauarbeiten. Genaralunternehmer und erster Betriebsführer war die Centralverwaltung für Secundairbahnen Herrmann Bachstein.

Die südliche Strecke von Karlsruhe über Grünwinkel, Forchheim, Mörsch nach Durmersheim konnte am 6. Oktober 1890 eröffnet werden. Sie begann in Karlsruhe am Lokalbahnhof, der sich in der Kapellenstraße unweit des damaligen Karlsruher Hauptbahnhofs befand und wo eine Werkstatt eingerichtet wurde. Der Endpunkt in Durmersheim lag am heutigen Chenneviersplatz. Die nördliche Strecke wurde kurz darauf am 29. Januar 1891 eröffnet und führte vom Lokalbahnhof nach Hagsfeld, Blankenloch, Staffort, Friedrichstal und Spöck. Nördlich von Blankenloch führte die Strecke querfeldein im Zick-Zack und berührte Staffort, Friedrichstal und Spöck nur am Rand.

Betrieb in den Anfangsjahren

Die Züge wurden von ursprünglich sieben kleinen Kastendampflokomotiven gezogen. Aufgrund ihrer geringen Geschwindigkeit waren die Fahrzeiten sehr hoch: für die 14,8 km lange Südstrecke benötigten die Züge etwa eine Stunde, auf der 16 km langen Nordstrecke 65 Minuten.

Der Karlsruher Lokalbahn war kein großer wirtschaftlicher Erfolg beschieden. Zwar war der Berufsverkehr beachtlich, allerdings blieb der übrige Verkehr bescheiden, auch der Güterverkehr blieb unter den Erwartungen. So sind für das Geschäftsjahr 1910/11 1,8 Millionen Fahrgäste, 781 Hunde, 394 sonstige Tiere, 15 Tausend Stück Gepäck und 5400 Tonnen Güter nachgewiesen. Mit zu den wirtschaftlich ernüchternden Ergebnissen beigetragen hatte der Bau der Eisenbahn-Hauptstrecke Graben-Neudorf–Blankenloch–KarlsruheDurmersheimRastatt im Jahr 1895, die nahezu parallel zur Lokalbahn führte und ihr erhebliche Konkurrenz machte.

Am 1. April 1897 ging die Bahn auf die Süddeutsche Eisenbahn-Gesellschaft (SEG) über. Ansätze, die Bahn durch eine Elektrifizierung im Karlsruher Stadtbereich attraktiver zu machen, wurden nicht umgesetzt. Dagegen wurde am 8. Dezember 1913 eine Zweigstrecke von Grünwinkel nach Daxlanden eröffnet. Die ursprünglich geplante Verlängerung zum Karlsruher Rheinhafen kam ebenso nicht mehr zustande wie die Zweigstrecke zum Mühlburger Bahnhof am Fliederplatz.

Übernahme durch die Stadt Karlsruhe

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte die Stadt Karlsruhe Pläne, das Umland Karlsruhes durch ein Netz von Kleinbahnen und Überlandstraßenbahnen zu erschließen. Vorbild war die Stadt Mannheim, die mit Gründung der Oberrheinischen Eisenbahngesellschaft 1911 dieses Ziel erreichen konnte. Ähnliche Vorhaben gab es auch in Straßburg und Basel. Daher versuchte die Stadt Karlsruhe, die Karlsruher Lokalbahn und die Albtalbahn durch Gründung einer gemeinsamen Betreibergesellschaft mit städtischer Beteiligung in ihre Hand zu bekommen.

Zwar scheiterten die Verhandlungen bezüglich der Albtalbahn, doch immerhin konnte die Stadt der SEG die Karlsruher Lokalbahn für 1,95 Millionen Mark abkaufen. Die Lokalbahn wurde dem Städtischen Bahnamt angegliedert, das bereits das normalspurige Straßenbahnnetz betrieb.

Die Stadt Karlsruhe begann alsbald, die Kleinbahn zu modernisieren. So wurde im Stadtbereich eine neue, gemeinsame Streckenführung mit der Straßenbahn durch die Mathystraße erstellt und die bisherige Streckenführung durch die Kriegsstraße aufgegeben. Der neue Streckenabschnitt konnte am 15. September 1917 in Betrieb genommen werden. Ebenfalls 1917 wurde mit der Elektrifizierung der Strecken Lokalbahnhof–Hagsfeld und Lokalbahnhof–Grünwinkel–Daxlanden begonnen, die jedoch kriegsbedingt erst mit Eröffnung des elektrischen Betriebs am 12. Februar 1919 zwischen Lokalbahnhof und Hagsfeld sowie 1921 nach Daxlanden fertiggestellt werden konnte. Auf den elektrifizierten Strecken wurden zu elektrischen Triebwagen umgebaute zweiachsige Personenwagen eingesetzt, für die am Hirtenweg eine Abstellhalle errichtet worden war. 1923 wurde auf den beiden elektrischen Strecken ein Taktverkehr eingerichtet. Die Züge nach Durmersheim und Spöck verkehrten weiterhin mit Dampflokomotiven.

Die wirtschaftlich schlechte Lage nach dem Ersten Weltkrieg brachte schließlich das Aus für die Lokalbahnstrecke nach Spöck. Wegen Unrentabilität wurde der Abschnitt Hagsfeld–Spöck am 1. Januar 1922 stillgelegt. Überlegungen Mitte der 1920er Jahre, die Strecke zumindest bis Blankenloch als elektrische Überlandstraßenbahn wiederaufleben zu lassen, konnten nicht realisiert werden.

Geringe Rentabilität kennzeichnete auch den Betrieb auf der Südstrecke nach Durmerheim. Dennoch ließ die Stadt Karlsruhe die Strecke 1929 elektrifizieren. Eröffnet wurde der elektrische Betrieb am 16. November 1929 mit den zweiachsigen Triebwagen, die auch nach Daxlanden und Hagsfeld verkehrten. Durch die Beschaffung von drei elektrischen Packwagen-Lokomotiven von der Waggonfabrik Rastatt konnte der Dampfbetrieb ab 1930 auf die Bedienung einiger Anschlussgleise innerhalb Karlsruhes beschränkt werden.

Stilllegung

Trotz Modernisierung blieb die wirtschaftliche Situation der Karlsruher Lokalbahn kritisch. Verschlissene Gleise und mangelnde Nachfrage führten schließlich zur Stilllegung der Strecken Mörsch–Durmersheim (26. April 1936), Mörsch–Grünwinkel (14. August 1937) und Daxlanden–Karlsruhe (31. März 1938). Es verblieb somit nur noch der Personenverkehr nach Hagsfeld sowie der Güterverkehr mit Rollwagen innerhalb Karlsruhes zur Nähmaschinenfabrik Haid & Neu, zur Waffenfabrik IWK sowie zum Konsum und zur Brauerei Moninger.

Bedingt durch den Zweiten Weltkrieg konnten sich diese Verkehre noch bis in die 1950er Jahre halten. Der Güterverkehr in der Karlsruher Weststadt wurde 1952 aufgegeben, der Güterverkehr zur Firma Haid & Neu 1956. Der Personenverkehr nach Hagsfeld endete am 2. Mai 1955.

Nach Stilllegung der Karlsruher Lokalbahn wurden Gleise und Anlagen Stück für Stück abgebaut. Als letzte Relikte der Bahn sind noch ein Stück Dreischienengleis im ehemaligen Firmengelände der Firma Haid & Neu, ein ehemaliger Güterschuppen am früheren Lokalbahnhof und Fahrleitungsrosetten an verschiedenen Stellen zu finden. Am Ettlinger Tor wurde ein Denkmal in Form eines dreischienigen Gleisjochs angelegt. Die Lokomotiven und elektrische Triebwagen der Lokalbahn wurden verschrottet, einige Wagen konnten an andere Bahnen verkauft werden und sind zum Teil bis heute erhalten geblieben.

Weitere Entwicklung

Gleisjoch des Dreischienengleises

Zwar scheiterten die Pläne der Stadt Karlsruhe zur Schaffung eines Überland-Straßenbahnnetzes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, allerdings wurden die Pläne auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht aufgegeben.

Mit der Integration der Albtalbahn in das Karlsruher Straßenbahnnetz Ende der 1950er Jahre konnte eine Phase des Netzausbaus eingeläutet werden, in deren Verlauf ab 1989 mit der heutigen Linie S2 eine Stadtbahnlinie entstand, die dem Verlauf der früheren Karlsruher Lokalbahn teilweise folgt und die Mörsch im Süden mit Karlsruhe und Spöck im Norden verbindet. Sie ist jedoch in Normalspur angelegt und besitzt innerhalb Karlsruhes eine Führung mitten durch die Innenstadt. Eine Verlängerung im Süden bis nach Durmersheim wurde diskutiert, hat aber keine politische Mehrheit gefunden.

Literatur

  • Wolfram-Christian Geyer: Die Karlsruher Lokalbahn. Vom Loberle zur Stadtbahn – von Spöck nach Durmersheim. Verlag Regionalkultur, Heidelberg u. a. 2006, ISBN 3-89735-464-0.
  • Klaus Bindewald, Wolfram-Christian Geyer: Die Karlsruher Lokalbahnen. In: Manfred Koch (Hrsg.): Unter Strom. Geschichte des öffentlichen Nahverkehrs in Karlsruhe. Badenia Verlag, Karlsruhe 2000, ISBN 3-7617-0324-4 (Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs 20).
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 6: Baden. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 1999, ISBN 3-88255-337-5.
  • Gerd Wolff: Deutsche Klein- und Privatbahnen. Band 2: Gerd Wolff, Hans-Dieter Menges: Baden. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 1992, ISBN 3-88255-653-6.
  • Wolfram-Christian Geyer:, Die Karlsruher Lokalbahn(en) Karlsruhe – Spöck/Durmersheim und -Daxlanden. In: Straßenbahn-Magazin. Nr. 67, 1988, ISSN 0340-7071.
  • Peter-Michael Mihailescu, Matthias Michalke: Vergessene Bahnen in Baden-Württemberg. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 1985, ISBN 3-8062-0413-6, S. 60–64. 

Weblinks


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