Kirche Zum Heiligen Kreuz (Berlin-Wilmersdorf)

Kirche Zum Heiligen Kreuz (Berlin-Wilmersdorf)
Evangelisch-Lutherische Kirche
Zum Heiligen Kreuz

Die Evangelisch-Lutherische Kirche Zum Heiligen Kreuz Berlin ist heute ein Gotteshaus der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche (SELK) und befindet sich in der Nassauischen Straße im Berliner Ortsteil Wilmersdorf des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Die zugehörige Gemeinde ist die zweite Tochtergemeinde der Evangelisch-Lutherischen Kirche Berlin der Evangelisch-Lutherischen (altlutherischen) Kirche. Die Kirchengemeinde gehört zum Kirchenbezirk Berlin-Brandenburg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Jahr 1817 wurde durch einen Erlass König Friedrich Wilhelms III. von Preußen die lutherische Kirche und die reformierte Tradition zu einer Unionskirche zusammengeschlossen. Infolge der neuen Agende 1830 kam es zum Agendenstreit, wobei sich – vor allem unter Führung von Johann Gottfried Scheibel – Widerstand zunächst in Schlesien und dann im gesamten preußischen Staatsgebiet erhob. Mit harten Verfolgungsmaßnahmen wandte sich der König gegen die Altlutheraner. Erst unter seinem Sohn, König Friedrich Wilhelm IV., endete die Verfolgung.

Die Bekenntnislutheraner Berlins gehörten zunächst zur Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Berlin-Mitte. Die stetig steigende Gemeindegliederzahl durch Zuwanderung, unter anderem aus Schlesien, machten Neubildungen selbstständiger Pfarrbezirke nötig. Charlottenburger Lutheraner wurden seit 1897 zunächst vierzehntäglich mit lutherischen Gottesdiensten in der Aula der Gemeindeschule in der Joachimsthaler Straße 31 versorgt. Seit 1903 umfasste das Einzugsgebiet den westlichen und nordwestlichen Teil Berlins: Charlottenburg, Wilmersdorf, größere Teile von Schöneberg, Friedenau, Schmargendorf, Steglitz, Dahlem, Lichterfelde und Zehlendorf. Als selbstständiger Pfarrbezirk wurde die Gemeinde am 4. Mai 1904 durch das Oberkirchenkollegium in Breslau anerkannt.

Baugeschichte des Kirchgebäudes

Heutiges Kreuz über dem Portal
Innenansicht

Der Grundstein der Evangelisch-Lutherischen Kirche Zum Heiligen Kreuz wurde am 12. Oktober 1907 in der Nassauischen Straße gelegt. Die veranschlagten Baukosten betrugen 500.000 Mark. Mit der Durchführung des Bauprojektes wurde der Architekt Heinrich Straumer betraut. Die Kirchweihe konnte am 11. Oktober 1908 begangen werden. Das Kirchgebäude hat eine in die Straßenflucht eingebaute Kirchfassade mit rechtwinklig zur Straße gelagertem Kirchenschiff, in der nahezu 700 Personen Platz fanden. Ursprünglich hob sich die Front der Kirche durch ein Sandsteinportal, durch ein großes Kruzifix im Eingangsbereich und durch einen von zwei Spitzen gekrönten breiten Turm von den Wohnhäusern rechts und links ab.

Während des Zweiten Weltkriegs wurde die Kirche am 29. Dezember 1943 durch eine Sprengbombe beschädigt. Am 30. Januar 1944 wurden die beiden Kirchtürme durch eine Stabbrandbombe zerstört. Durch weitere Luftangriffe in der Nähe der Kirche wurde die Fassade endgültig zerstört. Nach dem Krieg wurde die Kirche zunächst provisorisch instandgesetzt. 1958 erhielt die Fassade ihre heutige Gestalt, die schlicht gehalten ist. Über dem Eingangsportal findet sich ein 12 Meter hohes kupferbeschlagenes Kreuz, das auf den Namen der Kirche verweist. Die Jugendstilfassade ist somit heute nicht mehr erkennbar.

Das Kirchenschiff wurde von Heinrich Straumer ursprünglich mit erhöhtem Altarraum, Taufstein, Altar und Kanzel gebaut und sollte auf den erhöhten himmlischen König Jesus Christus verweisen. 1908 wurde die Kirche mit heller Farbe gestrichen, die Kirchenbänke und die Emporen waren dunkel gehalten. Diese Kirche hatte ein Gewölbe, dessen Rippen in grün auf goldgrund gehalten waren. Die ursprüngliche Ausmalung wurde von den damals bekannten Künstlern Paul Rössler (Dresden) und Gotthold Klemm (München) durchgeführt.

Schon 1938 wurde die erste Renovierung notwendig, die der Architekt Richard Oertwig durchführte. Zwischen 1944 und 1948 fanden kriegs- und nachkriegsbedingt die Gottesdienste im großen Gemeindesaal unterhalb der Kirche statt. Zunächst wurde nach dem Krieg auch das Kirchenschiff wieder provisorisch hergerichtet. Die Reste der Gewölbedecken wurden entfernt, Glasbausteine vermauert und das Dach erneuert. 1952 wurde die provisorische Decke aus Pressplatten durch eine massive Decke ersetzt. Ein Gewölbe wurde aus finanziellen Engpässen heraus nicht eingezogen. Die Kirche erhielt eine glatte Decke, aber sie wurde wieder farbig gestrichen und das Altarfenster farbig verglast. Am 2. August 1953 fand der erste Gottesdienst nach der dritten Renovierung in der Kirche statt. 1970 gestaltete Karl Wilhelm Ochs, Kirchenbaumeister der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz, den Kirchraum erneut um, sodass heute nur noch wenig an die ursprünglich von Heinrich Straumer geplante Kirche erinnert. 1995, fast fünfzig Jahre nachdem die Seitenfenster auf der Empore durch Glasbausteine geschlossen wurden, wurden dort wieder Fenster eingesetzt. 1999 wurde die Kirche nochmals grundsaniert.

Altar

Der Altar ist des Zentrum des Kirchraumes, das vom bunten Glasfenster unterstrichen wird. Die Altarfenster zeigen das himmlische Jerusalem. In der Mitte ist das Lamm, als Symbol für den geopferten Christus (Agnus Dei), abgebildet. Die anderen Bilder zeigen Szenen aus dem Wüstenzug des Volkes Israel. Hiermit soll dem Betrachter verdeutlicht werden, dass der Christ durch den Heiligen Geist wächst, er gemäß lutherischer Abendmahlslehre von Christi geopferten Leib und Blut lebt, und letztlich sichtbare Gemeinschaft mit dem erhöhten Christus haben wird. Der ursprüngliche Altartisch war aus Sandstein gearbeitet, der heutige Tisch ist aus Holz. Gemäß der lutherischen Abendmahlslehre empfangen die Kommunikanten beim Heiligen Abendmahl Christi wahren Leib und sein wahres Blut zur Vergebung der Sünden, was in besonderer Weise durch die Paramente verdeutlich wird, die alle aus der Ursprungszeit stammen.

Taufstein

Der erste Taufstein, den der Berliner Bildhauer Richard Kuöhl geschaffen hat, war aus Sandstein und reichlich geschmückt. Der heutige Taufstein weist auf seinem Boden das Passalamm auf. Auf dem Fries ertrinken die Ägypter im Roten Meer, während die Israeliten als Gerettete weiter ziehen können. Diese Symbolik verdeutlicht die theologische Bedeutung der Taufe nach lutherischem Verständnis, indem Taufe die Befreiung aus der Sünde durch das Blut des Lammes, Christus, bewirkt. Der Taufstein ist mit einem Deckel verschlossen, den eine Taube als Sinnbild des Heiligen Geistes krönt.

Kanzel

Auch die Kanzel war aus Sandstein gearbeitet. Zur Verbesserung der Akustik befand sich oberholb der Kanzel eine Schalldecke. Heute befindet sich im Altarraum eine schlichte Kanzel aus Holz.

Glocken

Den Altlutheranern war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein verboten Kirchtürme zu bauen und Glocken zu benutzen. Die Evangelisch-Lutherische Kirche Zum Heiligen Kreuz ist in Berlin der erste Kirchbau der Altlutheraner mit Glockenturm und Glocken. Sowohl im ersten wie auch im Zweiten Weltkrieg sind die beiden größten Glocken eingeschmolzen worden. Seit 1963 läuten wieder drei Glocken. Die große Glocke trägt die Inschrift nach Martin Luthers Lied Ein feste Burg ist unser Gott“. Die zweite Glocke trägt die Inschrift „Erhalt uns, Herr, bei deinem Wort“ (Kirchenlied von Martin Luther) und die kleine Sakramentsglocke „Gott sei gelobet und gebenedeiet“. Die Glocken läuten – gemäß der Leutordnung dieser Kirchengemeinde – die Sonntage am davor liegenden Samstag ein, ertönen direkt vor den Gottesdiensten, jeden Mittag um 12:00 Uhr laden sie zum Gebet um Frieden ein. Die Sakramentsglocke läutet während des Gottesdienstes bei den Konsekrationsworten, zu der die Gemeinde kniet.

Orgel

Seit dem Bau der Kirche befindet sich auch eine Orgel in der Kirche. Die ursprüngliche Orgel ist durch die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden. Die jetzige Orgel ist von der Orgelbaufirma Alexander Schuke, Potsdam erbaut worden. Die Pfeifen der alten Orgel erklingen aber in der neuen.

Nutzung der Kirche

Die Kirche wird seit ihrer Errichtung von der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Zum Heiligen Kreuz gottesdienstlich genutzt. Jeden Sonntag findet um 9:30 Uhr ein Beichtgottesdienst und um 10:00 Uhr grundsätzlich ein Gottesdienst mit Feier des Heiligen Abendmahls statt. Ebenso trägt der Pfarrer als gottesdienstliches Ornat die Kasel. Das ist – außer bei den Altlutheranern – in den anderen evangelischen Kirchen Berlins nicht anzutreffen.

Franz Pfemfert

Am Gebäude in der Nassausischen Straße 17 ist zum Gedenken des Publizisten Franz Pfemfert eine Berliner Gedenktafel angebracht, der im kircheneigenen Wohnblock dort bis zu seiner Emigration vor den Nationalsozialisten bis 1933 lebte.

Literatur

  • Gerhard Hoffmann: Dein Kreuz ist unser Trost, Festschrift der Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Zum Heiligen Kreuz. 100 Jahre. 1904–2004, Hannover 2004
  • Karl-Heinz Metzger: Kirchen, Moscheen und Synagogen in Wilmersdorf, Berlin

Bilder

Weblinks

52.49055555555613.3263888888897Koordinaten: 52° 29′ 26″ N, 13° 19′ 35″ O


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