Kitab at-tauhid

Kitab at-tauhid

Muhammad ibn Abd al-Wahhab (arabischمحمد بن عبد الوهاب‎‎, mit vollem arabischen Namen: Muhammad ibn Abd al-Wahhab ibn Sulaiman ibn Ali ibn Muhammad ibn Ahmad ibn Raschid at-Tamim; (* 1703 in Aiyaina im Nadschd, Saudi-Arabien; † 20. Juli 1792) war ein Islamischer Religionsgelehrter und eine wichtige Autorität des so genannten Wahhabismus bzw. der Salafiyya - Bewegung, einer strengen und dogmatischen Form des sunnitischen Islams hanbalitischer Prägung. Für die Ahl-i Hadîth genannte Strömung ist Abdul Wahhab ebenfalls eine wichtige Autorität in der Auslegung des Islam. Als sein wichtigstes Werk gilt das kitab at-tauhid. Die Bezeichnung Wahhabiten wird von den Anhängern Abd Al Wahhabs nicht benutzt. Diese betrachten die Bezeichnung Wahhabiten als Kampfbegriff ihrer Gegner. In der Literatur wird der Begriff zur Einordnung der Bewegung verwendet. Die Wahhabiten selbst bezeichnen sich schlicht als Muslime, da sie für sich beanspruchen, den Islam schlechthin zu repräsentieren. Auch Synonyme mit ähnlich allgemeinem Anspruch (ahl as sunna, muwahhidun, Salafi) werden zur Selbstbezeichnung herangezogen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Muhammad wurde als Sohn eines Richters in Aiyaina im Nadschd geboren. Im Alter von neun Jahren, so die Chronisten, hatte er den Koran (Hafiz) und die Kuttubi Sittde (Die sechs Autorativen Hadithsammlungen des Sunnitischen islam) auswendig gelernt und war Vorbeter (Imam). Mit elf Jahren unternahm er eine erste Pilgerreise nach Mekka, der sich Studienaufenthalte in Medina und Basra anschlossen.

Während seines Aufenthaltes in Medina traf er zwei bekannte Gelehrte Medinas. Einer von ihnen war Abdullah Ibn Ibrahim Ibn Sayf an-Najdi, der Vater von Ibrahim Ibn Abdullah, dem Autor von Eine Würdigung des Erbschaftsgesetzes. Bei dem anderen handelte es sich um Muhammad Hayan al-Sindi. In Basra begann er auch zu predigen, wobei er sich gegen die Anbetung von pseudoreligiösen Symbolen wie Steine und Bäume, die Missachtung der Regeln des Korans sowie Ausschweifungen der Bevölkerung richtete. So verdammte er auch berauschende Getränke, Tabak, Tanz, Musik und jeglichen Luxus. Dabei fußten die Ansichten Muhammads vor allem auf der Lehre der Hanbaliten. In Basra machte er sich durch seine Ermahnungen bald unbeliebt und wurde aus der Stadt verbannt.

Er zog sich in seinen Geburtsort Aiyaina zurück, wo er seine Anhänger um sich sammelte und auch Unterstützung beim örtlichen Emir gewann. Dieser musste aber Muhammad auf Druck der mächtigen Banu Chalid von al-Hasa ausweisen. Nach diesem Ereignis schrieb er einen Brief an den Ulama von Mekka.[1]

Muhammad ließ sich nun in Dariya nieder, wo er vom Emir Muhammad ibn Saud aufgenommen wurde (1745). Letzterer unterstützte in der Folgezeit die Verbreitung der Salafiya Lehre unter den Beduinen Arabiens, wobei die militärische Unterwerfung des Nadschd und die Bekehrung der Stämme zur Lehre der Wahhabiten Hand in Hand gingen. Durch die Verbindung von Glauben und Macht wurde die Dynastie der Saud religiös legitimiert. Ibn Abd al-Wahhab war durch die Heirat mit einer Tochter von Muhammad ibn Saud mit den Saud auch verwandt.

Seine Ansichten und Arbeiten stützten sich auf Werke und Ansichten von vielen sunnitischen Gelehrten, darunter vermehrt: Ibn Kathir, Ibn al-Qayyim, adh-Dhahabi, Tahawi, Ahmad ibn Hanbal und vor allem Ibn Taimiyya.

Am 20. Juli 1792 starb Muhammad ibn Abd al-Wahhab. Seine Nachkommen besetzen bis in die Gegenwart bedeutende religiöse Ämter in Saudi-Arabien (z. B. Scheich Abd al-Aziz bin Abdullah Al asch-Schaich). Die konservative und strenge Auslegung des Islam durch Ibn Abd al-Wahhab gewinnt heute von Saudi-Arabien ausgehend zunehmend Einfluss auf die gesamte sunnitische Welt.

Lehre

Muhammad Abdul Wahhab lehnte ebenso wie Ibn Taimiyya die metaphorische Auslegung der göttlichen Attribute ab. Seine Gegner denunzierten ihn deswegen als Anthropomorphisten, da er – ihrer Ansicht nach – behauptete, dass Gott Menschengestalt habe. Ibn Taimiyya und Muhammad Abdul Wahhab waren allerdings der Auffassung, dass Metaphorik nicht in die Erläuterung der Attribute Gottes angewandt werden darf. Sie bestätigten, was Gott (Allah) über sich selbst im Koran, oder der Prophet Mohammed über Gott sagte, ohne es zu verändern, zu verleugnen, zu hinterfragen oder mit der Schöpfung zu vergleichen. (Sammelbegriff: ‏بلا كيف‎‎ bila kayf) Hierbei berufte sich Muhammad Abdul Wahhab unter anderem auf Aussagen von Abu Hanifa[1]. Ibn Taimiyya und Muhammad Abdul Wahhab betonten die Bedeutung der Sunna für die Koranexegese und verteidigten daher die wörtliche Auslegung des Thrones Gottes, der sieben Himmel, des Donnerengels und ähnlicher Dinge, die der „Sunna-Kosmologie“ zuzurechnen sind.

[1]: Abu Hanifa in Al-Fiqh Al-Akhbar (Seite 302):

„Er hat eine Hand, ein Gesicht und eine Essenz (dhat), wie Gott im Koran erwähnt. Was auch immer Gott daher im Koran über das Gesicht, die Hand und die Essenz erwähnt, so sind diese Seine Eigenschaften, ohne ihren Wesen (Art und Weise, Inhalt) zu hinterfragen/untersuchen (bila kayf). Und es darf nicht gesagt werden, dass Seine Hand Seine Macht oder Seine Gnade (Ni’ma) ist, da dies eine Annullierung (d. h. Aufhebung) der Attribute ist, und dies ist die Aussage der Leute von al-Qadar und al-I’tizal.“

[1]: Abu Hanifa in Scharh Aqidatu t-Tahawiyya (2/327) (ebenfalls in Dr. at-Turki und Dschala’ul, Aynayn Ausgabe 1996 Seite 368)

„Es steht niemandem zu, etwas über das Wesen (dhat) Gottes zu sagen. Vielmehr ist Er mit dem zu beschreiben, womit Er Sich Selbst beschrieben hat, und es darf nichts über Gott gesagt werden, was auf der eigenen Meinung gründet. Segensreich und Erhaben ist Gott, Herr der Welten.“

Rechtspraxis

Er betonte genauso wie Ibn Taimiyya, dass alle juristischen Entscheidungen direkt auf einem Beleg aus dem Koran oder der Prophetenüberlieferung (Sunna) zu beruhen haben. Der Konsens der Gelehrten (Idschma) sei nur gültig, wenn er durch solche Belege abgedeckt sei. Seiner Meinung nach sind alle Verständnismethoden (z. B. Ilm al-Kalam), Gottesdienstlichen Handlungen (z. B. die Methoden der Derwische) und Feste (z. B. das Mawlid an-Nabi), die auf keinen Beleg aus dem Koran oder Sunna (Hadith) beruhen, ungültig und eine Religiöse Erneuerung (bida). Die Anrufung von Heiligen als Mittlergestalten zwischen Gott und den Menschen[2] lehnte Ibn Abd al-Wahhab scharf ab, da es dem Prinzip der absoluten Einzigartigkeit und Erhabenheit Gottes (tauhid/Monotheismus) zuwiderlaufe und ein nicht auf Gott, sondern auf Menschen gerichteter Kult sei. Ehrbezeugungen in Form von Schmuck an Heiligengräbern und volkstümliche Praktiken wie das Schreiben von Wunschzetteln und ihr Anhängen an Bäumen galten Ibn Abd al-Wahhab als Unglaube und Heidentum (kufr).

[2]: Gemeint ist hier eine Form des Gottesdienstes die „Tawassul“ genannt wird. Unter Tawassul versteht man eine Form der Anbetung, während der man versucht, mit einem Mittel Gott näher zu kommen. Erlaubte Formen sind laut den sunniten, dass man sich mittels guter Taten, mit den Namen und Eigenschaften Gottes und mit dem Bittgebet eines rechtschaffenen lebendigen Menschen Gott zu nähern versucht. Nicht jedoch über die Anrufung toter Menschen, mittels ihrer „Stufe“ und ihrer „Wertschätzung“ bei Gott oder dergleichen. Für die Schiiten und Sufis dagegen ist es normal und erlaubt, Menschen als Vermittlergestalt zu Gott zu benutzen, z. B. „O Ali“, „O Muhammad“. Dieses Benutzen von Toten als Vermittlergestalten ist hier gemeint.

Heiligenverehrung

Die Heiligenverehrung lehnte er wie Ibn Taimiyya scharf ab, darunter fällt auch das Anrufen von sog. „Vermittlergestalten“[2] zu Gott, er bezeichnet die Personen, die Vermittler benutzen, sogar als Polytheisten. Hierzu eine Aussage von Abdul Wahhab:

Die Anrufung einer toten Person auch als Vermittlergestalt bezeichnet er hier als schirk. Als Beweise für das Verbot von Vermittlergestalten nennt er in der Abhandlung u. a.

10:18 aus dem Koran:

„Sie verehren statt Gottes etwas, was ihnen weder schadet noch nützt. Und sie sagen: „Das (was wir neben Gott verehren) sind unsere Fürsprecher bei Gott.“ Sag: Wollt ihr (etwas) Gott Kunde geben von etwas, von dem er keine Kenntnis hat (weil es in Wirklichkeit überhaupt nicht existiert), weder im Himmel noch auf Erden? Gepriesen sei er! Er ist erhaben über das, was sie (ihm an anderen Göttern) beigesellen.“

Übersetzung Rudi Paret

und 39:3 aus dem Koran

„Steht es Gott nicht zu, dass man ganz allein an ihn glaubt? Und diejenigen, die sich an seiner Statt Freunde genommen haben (mit der Begründung): „Wir dienen ihnen nur deshalb, damit sie uns in ein nahes Verhältnis zu Gott bringen“ (befinden sich im Irrtum). Gott wird (dereinst) zwischen ihnen entscheiden über das, worüber sie uneins sind. Wer ein Lügner und gänzlich ungläubig (kaffaar) ist, den leitet Gott nicht recht.“

Übersetzung Rudi Paret

und 72: 18 aus dem Koran:

„Die Kultstätten sind (ausschließlich) für Gott da. Daher ruft neben Gott niemand anderes an!“

Übersetzung Rudi Paret

Staatsverständnis

Er betrachtete es als oberste Aufgabe des Staates, den Bestand des islamischen Rechts (Scharia) zu garantieren, da dessen Einhaltung als Voraussetzung des Muslimseins zu betrachten sei, begründet hat er dies wie auch die vier madhab Imame (Abu Hanifa, Schafii, Ahmad ibn Hanbal, ibn Malik) und Ibn Taimiyya mit dem Al-amr bi'l ma'ruf wa n-nahy 'an al-munkar.

So heißt es in der Grundordnung des Königreichs Saudi-Arabien vom 3. Januar 1992 in Kapitel 5 („Rechte und Pflichten“), Artikel 23: "Der Staat schützt den islamischen Glauben, wendet die Schari'a an, gebietet, was recht ist und verbietet, was verwerflich ist. Er erfüllt die Pflicht im Hinblick auf Gottesruf (Gotteswillen)."[2]

Er vertrat ebenfalls die Ansicht, dass sich der Staat aus der Preisbildung herauszuhalten habe. Der Saudische Staat gibt vor, das Staatsverständnis von Ibn Taimiyya und Abdul Wahhab bestmöglich als Staatsdoktrin umzusetzen, konservative Kräfte im Königreich dagegen halten die Umsetzung für unzureichend.[3] Einige vertreten die Ansicht, dass die Mitglieder der Königlichen Familie Apostaten seien.

Gegner

Muhammad Abdul Wahhab ist genauso wie Ibn Taimiyya, Kritik seitens der Sufis und Schiiten ausgesetzt.

Sufis

Er verwarf die Gräber- und Heiligenverehrung der Sufis (islamische Mystiker) sowie die übermäßige Verehrung und Vergötterung der Propheten, da allein Gott anbetungswürdig sei. Ihre Lehre von der Einheit des Seins (wahdat al-wudschūd) lehnte er ab, da sie die Gültigkeit der Schari'a in Frage stelle (daher kufr sei). Nach der Eroberung Mekkas durch seine Anhänger, wurden die Kuppelgräber (Qubbah) zerstört, die zuvor von Sufis erbaut wurden. Als Begründung wird u. a. dieser Hadith angegeben:

Der Prophet befahl Ali Ibn Abu Talib:

„Lass kein Bild zurück, ohne es zu vernichten und lass kein bebautes/erhöhtes Grab zurück, ohne es dem Boden gleich zu machen.“ Überliefert in Muslim (AR): 1/66 - Muslim (EN) 4/2115[4]

Schiiten

Da nach Ansicht Abd al Wahhabs die Schiiten Vermittlergestalten zwischen sich und Gott benutzen, war er ihnen gegenüber abgeneigt. Diese Abneigung ist bis heute bei seinen Anhängern vorhanden.

So kam es z. B. 1802 nach der Einnahme Kerbalas, und die zerstörung des Mausoleums des Enkelsohns des Propheten Hussein ibn Ali, zu einem Massaker an der Schiitischen Bevölkerung; auch die Schreine der Stadt wurden mit der Begründung des obigen Hadith zerstört. Die Dynastie der Saud unterwarf 1793 und 1913 die Schiitische Provinz Al-Hasa.

Philosophen

Er lehnte den Ilm al-Kalam in jeder Form ab, da dieser für ihn eine bida darstellte. Die Mutakallimun hielt er für nicht notwendig und für fehlerhaft.

Werke

Siehe auch

Abd al-Aziz ibn Baz, Sayyid Qutb, Muhammad Ibn Uthaymin, Abd al-Aziz bin Abdullah Al asch-Schaich, Ibn Taimiya , Abdallah Azzam, Muhammad Nasiruddin al-Albani

Literatur

  • J.-D. Brandes: … mit Säbel und Koran, Saudi-Arabien oder der Aufstieg der Königsfamilie Saud und der Wahabiten. Verlag Thorbecke, 1999.

Weblinks


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