- Kresy
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Kresy ([ˈkrɛsɨ], Grenzland) bezeichnete nach dem Zerfall der Kiewer Rus die zum Königreich Polen gekommenen ruthenischen Gebiete. Nach der Vereinigung mit dem Großfürstentum Litauen zur Republik beider Nationen wurden darunter ab 1569 die gesamten zur polnischen Krone gehörigen östlichen Landesteile verstanden, die sich bis an den Dnepr, der die Grenze zum Krimkhanat bildete, erstreckten. Bis zu den Teilungen Polens verstand man darunter die östlichen Grenzregionen von Polen-Litauen, die damals auch Dzikie Pola, zu deutsch „Wilde Felder“, genannt wurden.[1]
In der Zeit der Zweiten Polnischen Republik (1918–1939) verstand man unter „Kresy“ die östlich der Curzon-Linie gelegenen Gebiete.[2]
Im September 1939 wurde das Gebiet durch die Sowjetische Armee besetzt. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist es Teil der unabhängigen Staaten Litauen, Weißrussland und Ukraine.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Polen-Litauen
Die Kresy, damals auch Dzikie Pola (Wilde Felder) genannt, war seit dem frühen 15. Jahrhundert Teil Polens. Mit der Bildung der Republik beider Nationen gelangten umfangreiche ruthenische Gebiete des Großfürstentums Litauen hinzu.
Teilungen Polens
Das Jahr 1772 markiert den Anfang der russischen und österreichischen Eroberungen Ostpolens, die 1795 mit der endgültigen Teilung Polens abgeschlossen wurde. Die Teilung wurde in drei Schritten vollzogen
- 1772 besetzte Russland ca. 92.000 km² im Osten und Österreich ca. 83.000 km² im Südosten Polens. Gleichzeitig besetzte Preußen Territorien im Westen Polens.
- 1793 besetzte Russland große Gebiete östlich der Druja-Pińsk-Zbrucz-Linie, die ca. 250.000 km² umfassten. Preußen drängte weiter nach Nordosten, wohingegen sich Österreich diesmal nicht beteiligte.
- 1795 besetzte Russland ein ca. 120.000 km² großes Gebiet östlich der Bug und der Niemirów-Grodno-Linie. Österreich und Preußen besetzten die restlichen Gebiete Polens im Süden und Westen.
Diese Periode der Geschichte Ostpolens ist geprägt von religiöser und nationaler Verfolgung, die in mehreren polnischen Aufständen gegen Russland mündete (Novemberaufstand, Januaraufstand). Nach der Niederschlagung der Aufstände wurden Verfolgung und Unterdrückung noch intensiviert. Die Annexion Ostpolens durch Russland war jedoch nicht nur in dieser Hinsicht eine nationale Katastrophe. Auch die kulturelle und soziale Entwicklung stagnierte und ging sogar teilweise auf das russische Niveau zurück. So z. B. gehörte das russisch besetzte Ostpolen zu den Regionen Europas, die am längsten von der Leibeigenschaft betroffen waren. Erst 1864 wurde sie abgeschafft (zum Vergleich: im preußisch besetzten Teil Polens und im Herzogtum Warschau wurde sie 1807 aufgehoben).
1918 bis 1939
Die Restauration Polens nach dem Ersten Weltkrieg war in der Geschichte der Kresy eine stürmische und kriegerische Periode. Zwischen November 1918 und März 1921 führte Polen zwei Kriege um diese Region, und zwar den Polnisch-Ukrainischen Krieg (1918–1919) sowie den Polnisch-Sowjetischen Krieg (1920–1921), der mit dem Frieden von Riga endete. Polen konnte das Kriegsziel, die historischen, nach 1772 verlorenen Gebiete zurückzuerobern, nur teilweise erreichen.
1939 bis 1944
1939 bis 1941
Ostpolen wurde im September 1939 nicht von der Wehrmacht, sondern infolge des am 23. August 1939 in Moskau unterzeichneten Geheimprotokolls des Hitler-Stalin-Paktes von der Roten Armee besetzt, nachdem zwei sowjetische Heeresgruppen am 17. September 1939 in Ostpolen einmarschierten.[3] Die neue deutsch-sowjetische Grenze wurde am 28. September im Grenz- und Freundschaftsvertrag festgelegt und hatte bis zum deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 Bestand.
1941 bis 1944
Im Juni 1941 drangen die deutschen Truppen in wenigen Wochen mehrere hundert Kilometer nach Osten ein und besetzten somit für knapp drei Jahre auch die Kresy. Bis Januar 1944 konnte die Sowjetunion die Gebiete östlich der ehemaligen polnischen Ostgrenze (vor dem 17. September 1939) zurückerobern und bis Juli 1944 die im Grenz- und Freundschaftsvertrag vom 28. September 1939 festgelegte Grenze erreichen, die fast genau der heutigen Ostgrenze Polens entspricht.
Nachkriegszeit
Nach dem Krieg wurden die Gebiete ein Teil der Ukrainischen SSR, Weißrussischen SSR und Litauischen SSR und verbleiben auch nach deren Unabhängigkeitserklärung Anfang der 1990er Jahre innerhalb ihrer Grenzen.
Die polnische Bevölkerung wurde nach 1945 nach Polen, vor allem in die ehemaligen Ostgebiete des Deutschen Reiches, umgesiedelt.
Siehe auch
- Woiwodschaft Lemberg
- Woiwodschaft Wolhynien (1921–1939)
- Woiwodschaft Tarnopol
- Woiwodschaft Białystok (1919–1939)
- Massaker in Wolhynien
- Verwaltungsgliederung der Polnischen Adelsrepublik
- Ruthenien
Literatur
- Stefan Buszczyński: Podole, Wołyń i Ukraina. Lwów 1862 (poln.)
Weblinks
- Eastern BorderLands of the II Polish Republic (englisch)
- Commonwealth of Diverse Cultures: Poland's Heritage (englisch)
Fußnoten
- ↑ Samuel Bogumił Linde: Wörterbuch der polnischen Sprache, 1807.
- ↑ Krzysztof Jasiewicz: Zagłada polskich Kresów: ziemiaństwo polskie na Kresach Północno-Wschodnich Rzeczypospolitej pod okupacją sowiecką 1939–1941. Warschau 1998, ISBN 83-86857-81-1.
- ↑ Hain Rebas, Vor 50 Jahren und heute: Estland zwischen Deutschland und der Sowjetunion – Eine historiographisch-chronologische Einführung, in: Robert Bohn, Jürgen Elvert, Hain Rebas, Michael Salewski (Hrsg.): Neutralität und totalitäre Aggression. Nordeuropa und die Großmächte im Zweiten Weltkrieg. Steiner, Stuttgart 1991 (= HMRG Beiheft 1), S. 32; Joachim Rohlfes, Historische Gegenwartskunde: Handbuch für den politischen Unterricht, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1970, S. 548.
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