Kreuzverehrung

Kreuzverehrung
Kreuzerhöhung, Fresko von Piero della Francesca im Chor von San Francesco in Arezzo.

Kreuzerhöhung ist der Name eines christlichen Feiertages, der im katholischen und orthodoxen liturgischen Kalender auf den 14. September fällt. Der Tag wird als Holy Cross Day auch in Teilen der Anglikanischen Kirche sowie denjenigen (besonders englischsprachigen) lutherischen Kirchen begangen, die dem Revised Common Lectionary folgen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Ursprung dieses Festes verbindet sich mit der um 350/60 entstehenden Legende, der sogenannten Helena-, Kyriakos- oder Protonikelegende,[1] der Wiederauffindung des Kreuzes Christi durch Kaiserin Helena im zeitlichen Zusammenhang mit dem Bau der Grabeskirche durch Konstantin.[2] In diesem Zusammenhang wurde eine Kreuzesreliquie gezeigt, wie überhaupt um 350 Kreuzpartikel verbreitet waren. Von Jerusalem aus verbreitete sich die Kreuzverehrung, darunter auch der Brauch, Kreuzreliquien und Kreuzdarstellungen dem Volk zur Verehrung zu zeigen (sie zu „erhöhen“ = hochzuhalten), wie es bis heute in der katholischen Karfreitagsliturgie geschieht.

Kaiser Konstantin ließ an dem Ort der Grabesauffindung eine große Kirche errichten, welche 335 eingeweiht wurde. Man stellte das Heilige Kreuz darin feierlich zur Verehrung aus: „Die Weihe dieser heiligen Kirche wird mit größtem Aufwand gefeiert, weil am selben Tage das Kreuz des Herrn gefunden wurde“.[3] So wurde das Fest der Kreuzerhöhung nach der Heiligen Woche zum wichtigen Kirchenfest in Jerusalem.

Im Jahre 614 fielen die Truppen des Perserkönigs Chosrau II. in Jerusalem ein. Das Kreuzholz in einem silbernen Kreuzreliquar – zwei andere Teile hatte Helena im Jahre 325 nach Rom und Konstantinopel gebracht – wurde mit Bischof Zacharias in die Königsstadt Ktesiphon in der Nähe des heutigen Bagdad verschleppt. Das Kreuz wurde aber wenige Jahre darauf durch den Sieg des oströmischen Kaisers Herakleios über die Perser zurückgewonnen. 628 brachte der Kaiser das Kreuz zunächst im Triumph in seine Hauptstadt Konstantinopel. Nach neueren Untersuchungen zog er am 21. März 630 mit glänzendem Gefolge nach Jerusalem, um dort die hochverehrte Reliquie wieder in die Grabeskirche hinter dem Golgotahügel zu bringen. Zum Andenken an dieses Ereignis sowie das der Auffindung des heiligen Kreuzes durch Helena feiert die Kirche am 14. September das Fest der „Erhöhung des heiligen Kreuzes“:

„Der Kaiser war bekleidet mit einem golddurchwirkten Ornat, trug auf dem Kopf die Krone Ostroms, und in den Händen hielt er einen silbernen, gold- und edelsteingeschmückten Schrein, die Reliquie des Heiligen Kreuzes. Doch vor dem Stadttor stoppte plötzlich der feierliche Zug. Irgendetwas hielt den Kaiser auf, vielleicht ein tiefer, innerer Zweifel, und er sagte zu Zacharias: ‚So hat der Heiland sein Holz nicht auf den Berg getragen!‘ Heraclius stieg von seinem Ross, legte sein Prunkgewand und all seinen Schmuck ab und zog selbst die Schuhe aus. Sein ganzer Hofstaat folgte seinem Beispiel. Barfuß und nur mit weißem Linnen bekleidet durchschritt der Kaiser das Tor und trug das Kreuzholz in die heilige Stadt, in die wiederaufgebaute Martyrionskirche. Dort wurde es feierlich in weihrauchhaltiger Luft ausgestellt, damit die Volksmenge es jubelnd verehren konnte.“

Legenda Aurea

Wenige Jahre später fiel Jerusalem an das neue Islamische Reich. Der Gedenktag an den Sieg über die Perser und an die Kreuzerhöhung blieb aber in Ostrom bestehen und seine dortige Rolle ist vielleicht mit heutigen Nationalfeiertagen zu vergleichen.

Heute befinden sich die größten bekannten Kreuzreliquien im Vatikan, Berg Athos, Brüssel, Venedig, Gent und Paris, sehr viele kleinere verteilt in Europa wie z.B. im Benediktinerstift St. Paul in Kärnten. Ursprünglich war diese im berühmten Reichskreuz verwahrt, das dem Gegenkönig Heinrichs IV., Rudolf von Schwaben, als Reichskreuz diente. Heute befindet sich die große Kreuzpartikel in einem eigenen Reliquienkreuz, das mit Smaragden und Brillanten eingefasst ist und jährlich den Gläubigen am Karfreitag innerhalb der Liturgie zur Verehrung gezeigt wird.

Liturgie

Die erste Tageslesung Num 21,4–10 EU verknüpft die Verehrung des Kreuzes mit der alttestamentlichen Erzählung von der Kupferschlange, die Mose während einer Schlangenplage anfertigen und an einer Stange aufhängen sollte. Der Aufblick zu ihr bewirkte Rettung.

Das Evangelium aus dem Nachtgespräch Jesu mit Nikodemus (Johannes 3,13–17 EU) gibt dazu die Deutung: „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der (an ihn) glaubt, in ihm das ewige Leben hat“.

Die Präfation vom Tag stellt dem Kreuz Christi als Baum des Lebens typologisch den Baum des Sündenfalls gegenüber, von dem der Tod seinen Ausgang nahm. Die im Jahr 600 entstandenen Hymnen des Venantius Fortunatus in den Laudes und in der Vesper des Festes Kreuzerhöhung sind dieselben wie in der Karwoche: Vexilla regis (Der König siegt, sein Banner glänzt) bzw. Heilig Kreuz, Du Baum der Treue.

Da Kreuzerhöhung als Herrenfest in der liturgischen Rangordnung höherrangig ist als ein Sonntag im Jahreskreis, verdrängt es diesen in den Jahren, in denen es auf einen Sonntag fällt.

Kirchen mit dem Namen „Hl. Kreuz“, insbesondere solche, in denen eine Kreuzreliquie verehrt wird, feiern am 14. September ihr Patrozinium, oft verbunden mit einer Kreuzprozession und Wallfahrt, so in Ottbergen bei Hildesheim.[4] Die wichtigste Kreuzkirche, eine der sieben römischen Pilgerkirchen, ist Santa Croce in Gerusalemme.

Kreuzverehrung am Karfreitag

vor der Kreuzverehrung

In der Liturgie der katholischen und der orthodoxen Kirchen findet in der Feier vom Leiden und Sterben Christi am Karfreitag die Kreuzverehrung statt. Ein Kreuz mit oder ohne Darstellung des Gekreuzigten wird den Mitfeiernden hoch erhoben gezeigt („Kreuzerhöhung“) und der Priester lädt alle mit einem gesungenen Ruf zur Kreuzverehrung ein. Dieser traditionelle Gebetsruf lautet „Seht das Holz des Kreuzes, an dem das Heil der Welt gehangen. Kommt, lasset uns anbeten!“. Danach treten alle Mitfeiernden in einer prozessionsweise zum Kreuz und verehren es durch die klassischen Zeichen der anbetenden Kniebeuge und des Kusses.

Siehe auch

Literatur

  • Carla Heussler: De Cruce Christi. Kreuzauffindung und Kreuzerhöhung: Funktionswandel und Historisierung in nachtridentinischer Zeit. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2006, ISBN 3-506-71373-6.

Weblinks

Quellen

  1. Vgl. – wie zum Folgenden – Stefan Hild: Artikel Kreuz, IV. Historisch-theologisch; in: LThK3 6, Sp. 445 f.
  2. Kyrill von Jerusalem im Jahre 351: „Unter deinem gottgeliebtesten Vater Konstantin seligen Andenkens ist das heilbringende Holz des Kreuzes in Jerusalem gefunden worden“ (Epistula ad Constantinum II Imperatorem, 3); und im Jahre 348: „Das heilige Holz des Kreuzes legt Zeugnis ab, wie es bei uns bis auf den heutigen Tag zu sehen ist, und von diesem Ort aus wurde fast die gesamte Erde mit Teilstücken erfüllt.“ (Cyrillus, Katechesen IV, 10; hier Seite 119 (in Englisch)); die Kreuzesauffindung ist literarisch zum ersten Mal 395 bei Ambrosius greifbar: Ambrosius: De obitu Theodosii (Gedenkrede auf den Tod Theodosius), 45,46): „Helena begab sich nach Golgatha, lässt den Boden aufgraben und das Erdreich wegnehmen … und fand das Heilige Kreuz mit Aufschrift.“
  3. Reisebericht der Nonne Egeria vom Jahre 383, Itinerarium 48,1; und: „In Jerusalem wird ein vergoldetes Kästchen gezeigt, in dem sich ein Teil des Heiligen Kreuzes befindet; es wird geöffnet, das Kreuzholz zusammen mit der Kreuzinschrift herausgehoben.“; Reisebericht 37,1
  4. Zur Kreuzerhöhungsfeier in Ottbergen

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