Langsdorf (Lich)

Langsdorf (Lich)
Langsdorf
Stadt Lich
Koordinaten: 50° 30′ N, 8° 51′ O50.4926111111118.8543805555556168Koordinaten: 50° 29′ 33″ N, 8° 51′ 16″ O
Höhe: 168 m ü. NN
Einwohner: 1.399 (2008)
Eingemeindung: 1. Jan. 1977
Postleitzahl: 35423
Vorwahl: 06404

Langsdorf ist seit dem 1. Januar 1977 ein Stadtteil von Lich in Hessen und liegt etwa drei Kilometer südöstlich der Kernstadt.

Inhaltsverzeichnis

Wappen

Das Ortswappen zeigt die ehemalige Pforte mit den Türmen Langsdorfs unter einer Sonne.

Geschichte

Langsdorf wird urkundlich erstmals 771 im Lorscher Codex genannt, als dem Kloster Lorsch 20 Morgen Ackerland und Wiesen in Lanotorp gestiftet wurden. Spätere Schreibweisen des Ortsnamens sind u.a. Lanctorp (788), Langesdorf (1263) oder Langistorff (1367). Ob sich der Name von Langes Dorf herleitet oder auf einen Personennamen Lanco gründet, ist nicht geklärt.

Durch eine Schenkung Karls des Großen kam Langsdorf 782 zur Abtei Hersfeld. Als eine der ältesten Siedlungen der Hersfelder Mark hatte der Ort sein eigenes Gericht, dessen Vorsitz der Zentgraf, später der Amtmann, danach der Schultheiss innehatte. In einem sogenannten Freiheitsbrief war den Langsdorfern zugesichert, dass sie zwar Abgaben zu leisten hatten, jedoch von den sogenannten Hofdienstleistungen für die Landesherrschaft befreit waren. Später ging es Langsdorf in den Besitz der Falkensteiner über, ab 1418 zum Haus Solms bzw. zu Solms-Braunfels.

Im September 1263 wurde im Ort hessische und deutsche Geschichte geschrieben: Langsdorf wurde neutral gelegener Verhandlungsort über Gebietsstreitigkeiten zwischen Markgraf Heinrich von Meißen, Sophie von Brabant und dem Erzbischof von Mainz, Werner von Eppstein . Deren Ergebnis, die Ablösung Hessens von der Landgrafschaft Thüringen und dessen Souveränität wurde im Langsdorfer Frieden proklamiert.

Schwere Zeiten brachte der Dreißigjährige Krieg. Sowohl Tillys Truppen wie auch die von Wallenstein wüsteten im Ort. Nach 1648 waren von 450 Einwohnern nur noch 250 am Leben, von 88 Hausstellen nur noch 50 vorhanden. 30 Familien waren vollständig ausgelöscht worden. Während der Napoleonischen Kriege mussten Langsdorfer dem französischen Heer dienen.

Um 1700 kam es in mehreren um Hungen gelegenen Gemeinden zu Auseinandersetzungen mit dem Landesherrn Wilhelm Moritz zu Solms-Braunfels; die Anführer dieser Kreuzbrüder, wie sie sich selbst nannten, stammten aus Langsdorf. Nachdem Braunfels zunächst eigene, später auch in Hilfeleistung preußische Truppen zu den „Hoingischen Aufwicklern“ (für Nicht-Hessen: Hungener Aufmüpfige) entsandt hatte, kam es zu einer Flucht in die benachbarten Herrschaftsgebiete.

1848 brachten die Märzgesetze den Juden volles Bürgerrecht; allein in Langsdorf forderte man pro Kopf 300 Gulden Einschreibgeld in die Bürgerliste. Mittlerweile dem Landkreis Friedberg angehörig musste das dortige Gericht einschreiten und den damals rund 50 im Ort ansässigen Juden zu ihrem Recht verhelfen.

Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse führten dazu, dass von 1840 bis 1900 etwa 170 Einwohner den Ort verließen, um einen Neuanfang in Amerika zu wagen.

Etliche Tote waren auch im Ersten und Zweiten Weltkrieg zu beklagen. Durch den Zuzug von Flüchtlingen aus den deutschen Ostgebieten erhöhte sich die Einwohnerzahl beträchtlich, es entstand auf der anderen Bahnseite ein ganz neuer Ortsteil, der heute so groß ist, wie der alte Dorfkern.

Im Zuge der Gemeindereform in Hessen hatte sich die Gemeindevertretung mit 7:1 Stimmen für eine Eingliederung in die Stadt Hungen entschlossen; dies wurde vom Land Hessen verweigert, sodass der Ort nach einigen Querelen 1977 nach Lich eingemeindet wurde.

Entwicklung der Einwohnerzahl

  • 1834: 798
  • 1875: 885
  • 1925: 939
  • 1939: 886
  • 1946: 1462
  • 1988: 1178
  • 2008: 1399
Datenquelle: Heimatbuch der Stadt Lich, Stadtverwaltung Lich.

Kirchliches Leben

  • Evangelische Gemeinde: Eine eigenständige Pfarrei besteht in Langsdorf seit 1553. Mit dem Übertritt zum reformierten Bekenntnis des seinerzeitigen Landesherrn Konrad von Braunfels im Zuge der Reformation wurde auch Langsdorf 1582 zur evangelisch-reformierten Pfarrei.
  • Neuapostolische Kirche: Gegründet 1920 konnte 1980 ein eigenes kleines Gotteshaus errichtet werden.
  • Eine Synagoge hat von 1866 bis 1934 bestanden.

Schulwesen

Erste Aufwendungen für eine Schule sind in Kastenrechnungen von 1562 belegt, 1595 wurde ein erstes Schulhaus errichtet, das wohl nicht lange genutzt wurde, denn in den folgenden Jahren sind ständig wechselnde Schuladressen vermerkt. Ab 1849 bekam die zweiklassige Schule ihren festen Sitz im Herrenhaus, mit Beginn des Schuljahres 1955/56 konnte die heutige Schule bezogen werden. Ursprünglich achtklassige Volksschule ist sie seit 1969 reine Grundschule auch für die Kinder aus Birklar und Bettenhausen, die älteren Schüler werden seitdem an der Dietrich-Bonhoeffer-Schule in Lich unterrichtet.

Kulturelles Leben

Kultureller Mittelpunkt ist die Volkshalle, 1950 im sog. Heimatschutzstil erbaut. Etwa 27 bis 30 Vereine verbessern das Dorfklima und unterstützen die kommunikative Interaktion zwischen den Bürgern.

Sehenswürdigkeiten

  • Kirche, eingeweiht 1782. Barock-klassizistischer Mischbau ohne Chor. Der aus dem 13. Jahrhundert stammende Kirchturm mit zwei alten Glocken von 1657 sowie zwei neuen von 1949 stammt noch von der 1780 abgerissenen Vorgängerkirche.
  • Fachwerk-Rathaus aus dem ausgehenden 17. Jahrhundert mit Erkervorbau und Bogenfensterhalle im Erdgeschoss, kurz vor dem völligen Verfall 1921 gerettet und sehr schön restauriert.

Verkehr

Bis Dezember 2001 führte die von Gießen nach Gründau verlaufende Bundesstraße 457 durch den Ortskern von Langsdorf. Seitdem führt eine Ortsumgehung direkt an Langsdorf vorbei.

Zudem befindet sich in Langsdorf ein Haltepunkt der zwischen Gießen und Gelnhausen verkehrenden Lahn-Kinzig-Bahn.

Persönlichkeiten

Literatur

  • Reinhold Jacobi, Langsdorf. In: Licher Heimatbuch. Die Kernstadt und ihre Stadtteile. Bearbeitet von Paul Görlich, herausgegeben vom Magistrat der Stadt Lich 1989.

Weblinks


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