Leuchtstab

Leuchtstab
Knicklichter
Knicklichter sind ein beliebtes Spaßdekor

Ein Leuchtstab (auch Knicklicht genannt) ist ein rein chemisches Leuchtmittel und beruht auf dem Prinzip der Chemolumineszenz. Er besteht aus einem durchsichtigen Kunststoffbehälter, in dem sich in getrennten Kammern zwei Flüssigkeiten befinden. Der Kunststoffbehälter ist mit einer Lösung unterschiedlicher Chemikalien gefüllt, wobei die Zusammensetzung dieser Flüssigkeit von der gewünschten Leuchtdauer und -farbe abhängig ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bis(2,4,5-trichlorphenyl-6-carbopentoxyphenyl)oxalat (CPPO) wurde von Michael M. Rauhut, Robert W. Sombathy und Laszlo J. Bollyky auf Basis der Arbeit von Edwin A. Chandross (Bell Labs[1]) und Richard D. Sokolowski (Eh.M Labs[2]) hergestellt und für die Chemolumineszenz verwendet. Zur gleichen Zeit wurden von Herbert Richter beim China Lake Naval Weapons Center ähnliche Experimente durchgeführt.

Richard Taylor Van Zandt ist der eingetragene Erfinder im US-Patent 4064428, erteilt am 1. November 1976 mit dem Namen „Chemical Light Device“.[3]

Jährlich werden über 15 Millionen Leuchtstäbe vom US-Verteidigungsministerium verbraucht.[4]

Aufbau

Funktionsweise eines Leuchtstabs:
  1. Kunststoffröhre verhindert vorzeitige Reaktion der Chemikalien im Inneren
  2. Wasserstoffperoxid im Glasröhrchen
  3. Ein Phenyloxalat und fluoreszierende Farbstofflösung
  4. Wasserstoffperoxid
  5. Nachdem das Glasröhrchen gebrochen ist und die Stoffe sich mischen, leuchtet der Leuchtstab

Der Leuchtstab enthält einen Farbstoff sowie zwei weitere an der Chemolumineszenz-Reaktion beteiligte Chemikalien, wovon eine in einem Glasröhrchen eingeschlossen ist. Im Kunststoffbehälter selbst befindet sich, vermischt mit dem Farbstoff, ein Oxalsäureester (Diphenyloxalat (DPO, Cyalume) oder dessen Derivate). Als Esterkomponente am häufigsten verwendet wird:

  • Bis(2,4,6-trichlorphenyl)oxalat (TCPO)
  • Bis(2,4-dinitrophenyl)oxalat (DNPO)

Beim Test vieler verschiedener Komponenten wurden mit TCPO und DNPO die besten Ergebnisse erzielt, da es sich bei Trichlorphenol und Dinitrophenolen um gute Fluchtgruppen handelt, die so den nukleophilen Angriff des Wasserstoffperoxids auf die beiden Carbonylgruppen begünstigen. Als Lösungsmittel für den Ester wird meist ein Phthalsäureester (z. B. Dimethylphthalat) oder Ethylacetat verwendet.

Das Glasröhrchen enthält eine 30%ige Wasserstoffperoxid-Lösung. Wird das Glasröhrchen etwa durch Knicken des Stabes zerbrochen, setzt eine chemische Reaktion ein, die Peroxyoxalat-Chemolumineszenz.

Chemische Reaktion

Der Oxalsäureester wird zunächst durch Wasserstoffperoxid (dieses fungiert als Oxidationsmittel) oxidiert, wodurch zwei Phenolmoleküle oder -derivate und das Peroxyoxalat 1,2-Dioxetan-dion als instabiles Intermediat entstehen. Die aromatischen Reste des Esters werden dabei schrittweise oder synchron durch Wasserstoffperoxid substituiert.

Das Zwischenprodukt 1,2-Dioxetandion zerfällt spontan zu Kohlenstoffdioxid (CO2), wovon ein Teil der Moleküle energetisch angeregt ist. Dieser Anteil an CO2 entsteht im Gegensatz zum anderen Teil vermutlich nicht durch direkten Zerfall, sondern unter Kohlenstoffmonoxid (CO)-Abgabe über die Zwischenzerfallsprodukte Oxalsäureperoxyanhydrid, Dioxiranon und angeregte Sauerstoffradikale, wovon letztere schließlich mit dem zuvor abgegebenen CO zu angeregtem CO2 reagieren.

Das energiereiche Kohlendioxid überträgt seine Energie an den Farbstoff, indem es mit diesem als Sensibilisator einen Charge-Transfer-Komplex eingeht. Das dadurch selbst angeregte Farbstoffmolekül gibt die Energie schließlich in Form der Emission eines Photons ab.

Leuchtreaktion-cyalume.svg
Chemolumineszenz von TCPO mit den Fluorophoren Rubren, DPA, BPEA, Cl-BPEA und di-Cl-BPEA

Die Wellenlänge des Photons, die „Farbe“, hängt von der Struktur des verwendeten Farbstoffs ab. Die Reaktion ist nicht reversibel, kann jedoch durch Kühlung stark verlangsamt werden. Leuchtstäbe leuchten meist monochrom, wobei die Farben rot, gelb, orange, grün, violett, blau, infrarot und weiß (dann natürlich nicht monochrom) verfügbar sind. Die Stabform ist dabei nicht zwingend. Es gibt sie auch als Ringe oder in anderen, aus einem Stab herstellbaren Formen.

Im Labor kann diese Reaktion stark beschleunigt werden, indem Natriumhydroxid, besser jedoch das schwach basische Natriumsalicylat, hinzugefügt wird. Die Reaktion läuft dann je nach Menge in Minuten oder gar Sekunden, statt Stunden ab. Aus naheliegenden Gründen ist diese Anwendung für Leuchtstäbe jedoch nicht praktikabel.

Die Leuchtdauer von Leuchtstäben beträgt wenige Minuten bis hin zu einigen Tagen (je nach Größe). Verbrauchte Leuchtstäbe fluoreszieren unter ultraviolettem Licht (Schwarzlicht), da der Farbstoff weiterhin durch Energie angeregt werden kann.

Häufig verwendete Farbstoffe

Name Kurzname Emissionsfarbe Strukturformel Bemerkung
Dihydro-9,10-Diphenylanthracen Dihydro(DPA) violett
9,10-Diphenylanthracen mit 2,4-di-tert-butylphenyl 1,4,5,8-tetracarboxynaphthalen diamid pink emittiert pink oder weiß, abhängig vom Mischungsverhältnis
9,10-Diphenylanthracen DPA blau 9,10-diphenylanthracene.svg
1-Chlor-9,10-diphenylanthracen 1-Chlor-DPA blau 1-Chloro-9,10-diphenylanthracene.svg
2-Chlor-9,10-diphenylanthracen 2-Chlor-DPA blau 2-Chloro-9,10-diphenylanthracene.svg
9,10-Bis(phenylethynyl)anthracen BPEA grün 9,10-bis(phenylethynyl)anthracene.svg
2-Chlor-9,10-bis(phenylethynyl)anthracen 2-Chlor-BPEA grün 2-Chloro-BPEA.svg
1-Chlor-9,10-bis(phenylethynyl)anthracen 1-Chlor-BPEA gelb-grün 1-Chloro-BPEA.svg
1,8-Dichlor-9,10-bis(phenylethynyl)anthracen 1,8-Dichlor-BPEA gelb 1,8-Dichloro-BPEA.svg
5,6,11,12-Tetraphenylnaphthacen Rubren gelb Rubrene.svg
5,12-Bis(phenylethynyl)naphthacen orange BPEN.svg
Rhodamin 6G rot Rhodamine 6G.svg
Rhodamin B rot Rhodamine B.svg wird selten verwendet, da es zusammen mit Phenyloxalat zerfällt
2,4-Di-tert-butylphenyl-1,4,5,8-tetracarboxynaphthalen-diamid tief-rot

Einsatzgebiete

Fliegender durchsichtiger Ballon mit 2 Leuchtstäben in seinem Innern

Leuchtstäbe dienen als leicht transportierbare Notbeleuchtung, zur Markierung oder auch einfach als Accessoire. Als Spaßgerät werden Knicklichter oftmals im Mund, ähnlich wie ein Bonbon, getragen und bewegt. Aufgrund der angeblich ungiftigen, aber färbenden und teilweise übel riechenden/schmeckenden chemischen Substanzen ist allerdings von direktem Hautkontakt abzuraten. Häufig werden Knicklichter auch im Bereich des Fischfangs eingesetzt, um auch bei Dunkelheit den Schwimmer oder die Spitze der Angelrute beobachten zu können. Es gibt auch Golfbälle, die mit einem kleinen Knicklicht ausgestattet werden können, um bei Dunkelheit spielen zu können. Weitere Einsatzgebiete liegen im Militär- und Sicherheitsbereich.

Bogenschützen schätzen die karottengroße Variante zur Markierung von Zielen sowie die kleinen Anglerstäbchen zur Anbringung an Pfeilen für das Nachtschießen.

Weiterhin können kleine Leuchtstäbe im Innern von mit Helium gefüllten (durchsichtigen) Luftballons untergebracht werden, wobei Ballone mit ein bis zwei Leuchtstäben im Innern noch problemlos flugfähig sind und einen sehr effektvollen Nachtstart einer Ballonpost erlauben.

Ebenso sind Leuchtstäbe auf dem Markt, die Strahlung im infraroten Bereich abgeben, welche mit dem menschlichen Auge nicht wahrnehmbar ist. Mit dem Einsatz eines Nachtsichtgerätes kann ein solcher Leuchtstab im Dunkeln gesehen werden.

In den 1990er-Jahren wurden Leuchtstäbe durch ihren Einsatz auf Technopartys sehr populär. Hierbei entstand auch die Tanz-/Bewegungsform namens „Glowsticking“, bei der Knicklichter vorwiegend mit den Händen auf spielerisch-kreative Art zur Musik bewegt werden. Eine abgewandelte Form ist das „Glowstringing“. Die Knicklichter sind dabei an Schnüren (engl. „strings“) befestigt und werden, ähnlich wie beim Spielen mit Poi, auf zum Teil spektakuläre Art in Kreisbahnen um den Körper herum geführt. Dies ist dann eine Form des Spinning, einer Teildisziplin der Jonglage.

Gefahren und Irrtümer

Gefahren

Leuchtstäbe enthalten Wasserstoffperoxid, zusätzlich entsteht Phenol als Nebenprodukt der Reaktion. Die Flüssigkeit sollte nicht geschluckt werden und auch nicht auf die Haut gelangen. Wenn die Flüssigkeit auf die Haut gelangt, kann es zu leichten Hautreizungen kommen. In Extremfällen ist Übelkeit oder Erbrechen möglich. Die Flüssigkeit in den Leuchtstäben kann einige Kunststoffsorten auflösen. Zusätzlich sind einige der Chemikalien in Leuchtstäben brennbar.

Leuchtstäbe aus neuerer Produktion werden mit dem Attribut „non-toxic“ (ungiftig) verkauft.

Irrtümer

Die Reaktion kann durch Kälte nicht gestoppt oder gar umgekehrt werden. Kälte bewirkt nur einen deutlich verlangsamten Ablauf der Reaktion. Umgekehrt kann der Ablauf durch Wärme stark beschleunigt werden.

Es ist unzutreffend, dass Knicklichter mit „Kristallen“ gefüllt sind. Es handelt sich lediglich um die beim Knicken entstehenden Splitter des Glasröhrchens.

Knicklichter enthalten keine radioaktiven Substanzen, die von der Verwendung in bestimmten Leuchtfarben her bekannt sind.

Einzelnachweise

  1. Elizabeth Wilson: What's that stuff? Light Sticks. (reprint) In: Chemical & Engineering News. 77, Nr. 3, 18 January 1999, S. 65.
  2. Richard D. Sokolowski: Electro House: attaining electro perfection through fluid luminescence. 69, Nr. standard, 8 March 2008, S. > 60 %.
  3. Patent US4064428: Chemical Light Device.
  4. Steve Givens: The great glow stick controversy (Forum Section), Student Life. 27 July 2005. 

Siehe auch

 Commons: Knicklicht – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Video

Weblinks


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