Magdalene Vinnen

Magdalene Vinnen
Dieser Artikel beschreibt das russische Schulschiff Sedow. Außerdem existierte ein Eisbrecher unter dem Namen Georgi Sedow.
Die Sedow auf See ca. 1955-56
Segelschulschiff Sedow 2001 am Kai in Warnemünde
Die Sedow in Cuxhaven anlässlich des "Tall Ships' Race" 2004
Die Stena Germanica passiert die in den F.-Laeisz-Farben gestrichene Sedov im Kieler Hafen während der Kieler Woche 2007

Die Sedow (russisch Седов, auch unter der englischen und französischen Transkription Sedov gekannt), ex Kommodore Johnsen (1936) ex Magdalene Vinnen II (1921), ist eine aus Stahl gebaute Viermastbark (Segelschiff) mit Hilfsmaschine (sog. Auxiliar-Segler), das von der Sowjetunion und heute von Russland als Segelschulschiff genutzt wird. Sie wurde nach dem russischen Marineoffizier und Polarforscher Georgi Jakowlewitsch Sedow benannt. Die Sedow ist das größte noch segelnde traditionelle Segelschiff der Welt und das zweitgrößte überhaupt, übertroffen nur vom Neubau Royal Clipper.

Inhaltsverzeichnis

Schiffsgeschichte

Das Schiff lief am 23. März 1921 als Magdalene Vinnen II auf der Kieler Friedrich Krupp Germaniawerft vom Stapel. Sie war das zweite nach der Ehefrau des Bremer Reeders Friedrich Adolf Vinnen benannte Schiff, das für die Reederei F. A. Vinnen (Bremen) segelte. Die erste, 1892 gebaute, Magdalene Vinnen I (ex Dunstaffnage), ebenfalls eine Viermastbark, mit 3.317 BRT und 3.129 NRT war 1911 zu F. A. Vinnen gekommen, nach dem Weltkrieg jedoch als Reparationszahlung 1921 nach Italien zum Abbruch gelangt. Die Magdalene Vinnen II segelte unter anderem nach 1931 in der australischen Weizenfahrt und bis 1931 in der chilenischen Salpeterfahrt, wobei sie mehrmals Kap Hoorn rundete, womit sie als Schiff auch zu den Kap Hoorniers zählt.

1936 wurde sie vom Norddeutschen Lloyd erworben, der auf der Suche nach einem großen Segelschiff als Schulschiff war, und in Kommodore Johnsen nach dem Hapag-Lloyd-Kapitän Kommodore Nicolaus Johnsen (1869–1930) umbenannt. Anfang März 1937 entging sie auf einer Rückreise von Buenos Aires nach Hamburg nur knapp dem Untergang, als in der Nähe der Azoren in einem Sturm, der sich zum Hurrikan entwickelte, das Getreideschott unter Luke III nachgab und sich ihre als Schüttgut geladene Ladung (4.963 Tonnen Weizen) verschob. Trotz der Versuche der Besatzung, die Ladung auf offener See umzutrimmen, krängte das Schiff am Morgen des 3. März 1937 bis zu 56 °. Sein Kapitän Otto Lehmberg funkte schließlich SOS, und der niederländische Frachter Sliedrecht und der deutsche Tanker Winkler eilten zu Hilfe. Schließlich ließ der Tanker Öl auf die See laufen, um die Macht der Wellen zu verringern, und der Sturm flaute am Abend des Tages etwas ab, woraufhin das Umtrimmen der Ladung erfolgreich genug war, um die Kommodore Johnsen zu retten und aus eigener Kraft weiterfahren zu lassen. Der Vorfall ereignete sich damit fast genau 20 Jahre vor dem Untergang der Pamir, der maßgeblich durch eine Verschiebung der Getreideladung nach Bruch des Längsschotts verursacht wurde, und dem Beinahunglück der Passat aufgrund einer solchen Verschiebung, die beide ebenfalls auf der Route Buenos-Aires-Hamburg in schwere Stürme gerieten.[1]

Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangte sie im Mai 1945 in britischen Besitz und am 20. Dezember 1945 als Reparationszahlung in die Sowjetunion, die sie nach Odessa verlegte. Im Januar 1946 erhielt sie ihren heutigen Namen, der mit den beiden vorigen Namen nebst Jahreszahl in ein Messingzierband des Ruderrades eingraviert ist. Als Segelschulschiff im Besitz des sowjetischen Fischereiministeriums trat sie 1951 ihre erste Reise an. Von 1952 bis 1957 diente die Sedow als Schulschiff der sowjetischen Marine. Mehrere Freundschaftsbesuche unter verschiedenen Marinekapitänen führten sie nach Südamerika und Afrika. Von 1957 bis 1966 war sie, mit Kadetten an Bord, als ozeanographisches Forschungsschiff im Atlantik unterwegs. In dieser Zeit wurde das komplette laufende Gut nach den originalen Takelplänen erneuert. 1966 wechselte sie zu ihrem neuen Eigner, dem sowjetischen Fischereiministerium über. Ihr Liegeplatz wurde die Newa in Leningrad. Nach wenigen Ausbildungfahrten im finnischen Meerbusen wurde sie in Kronstadt aufgelegt. Gemäß Eintrags im Lloyds-Register war sie von 1967-1982 nicht als fahrendes Schiff vermerkt. Zwischen 1975 und 1981 lag sie dann in der Marinewerft Kronstadt im Trockendock, wo sie komplett überholt wurde. Der Rumpf wurde entrostet, repariert und mit Rostschutzfarbe versehen, danach erhielt sie ihren weißen Anstrich. 500 Tonnen Ballast in fester Form wurden eingebaut, dazu 1.000 Tonnen Ballast- und Trinkwasser sowie Brennstoff in den Doppelbodentanks. Die ausgebauten einstigen Zwischendeckladeräume wurden für die Aufnahme von mehr als 240 Mann eingerichtet. Zusätzlich verfügt die Viermastbark dort über entsprechende Sport-, Schulungs- und Unterrichtsräume mit Film- und Videoausrüstung. Einmalig auf einem Segler ist der glasüberwölbte Festsaal mit Bühne und einem kleinen angebauten Museum zur Schiffsgeschichte und der seines Namensgebers. Das Schiff wird seitdem als reines Schulschiff eingesetzt. Im Mai 1982 lief die Sedow zum 793. Hamburger Hafengeburtstag in den Hafen der Hansestadt ein. Hier besuchte sie auch ihr alter Kapitän Gottfried Clausen (1. April 1937 - 8. Mai 1945), wo er von Kapitän Prewoztschikow herzlich empfangen wurde. Im selben Jahr trafen sich ehemaligen Kadetten des Norddeutschen Lloyd zu ihrem Jahrestreffen auf der damals in Bremerhaven liegenden Bark. Die Stadt veranstaltete anlässlich des Besuchs des damals 51jährigen Schiffes in seinem alten Heimathafen eine Geschichtsausstellung über die einstige Kommodore Johnsen ex Magdalene Vinnen II. Eigner ist seit 1991 die staatliche Technische Universität Murmansk, vormals Staatliche Akademie der Fischereiflotte. Wegen der großen Kälte in ihrem Heimathafen Murmansk während der Wintermonate bemüht sich der Eigner, das Schiff häufiger in deutschen Häfen überwintern zu lassen, zuletzt in den Wintern 2003/2004 und 2004/2005 in Warnemünde.

Im Sommer 2005 diente die Sedow als Drehort für den Fernsehfilm Der Untergang der Pamir, dem der Untergang der Viermastbark Pamir September 1957 zugrundeliegt. Der vorher weiße Rumpf der Sedow wurde dafür eigens schwarz mit rotem Unterwasserschiff und weißem Wasserpass gestrichen, den traditionellen Farben der Schiffe der für ihre Flying P-Liner berühmten Reederei F. Laeisz, zu denen die Pamir einst gehörte. Nach Abschluss der Dreharbeiten behielt die Sedow ihre neuen Rumpffarben.

Neben ihrer Hauptaufgabe als Ausbildungsschiff für Kadetten der staatlichen Technischen Universität Murmansk ist es seit 1986 für Interessierte möglich, auf der Sedow als aktiver Teil der Besatzung mitzusegeln. Die Sedow ist als "schwimmendes Museum" immer wieder ein gern gesehener Gast in allen Häfen dieser Welt. So ist sie u. a. 'Stammgast' beim jährlichen Wochenende an der Jade in Wilhelmshaven und kann dort besichtigt werden.

Technische Daten

  • Stapellauf: 23. März 1921
  • Vorige Namen: ex Kommodore Johnsen ex Magdalene Vinnen II
  • Vermessung: 3.556 BRT / 3.017 NRT
  • Verdrängung: 6.148 t (Schiffsmasse inkl. Ladung)
  • Ladekapazität als Frachtsegler: 5.340 t
  • Länge über alles (Lüa): 117,5 m
  • Breite: 14,6 m
  • Tiefgang: 6,5 m
  • Höhe Mast über Wasser: 58 m
  • Segelfläche: 4.195 m² (3.117 m² Rah- und 1.075 m² Schratsegel)
  • Hilfsantrieb: Dieselmaschine 1.150 PS
  • Höchstgeschwindigkeit: 8 - 10 Knoten mit Maschine; ca. 18 kn unter Segeln
  • Besatzung: als Handelsschiff: ca. 30 Mann; als Schulschiff heute: 55-60 Mann Stammbesatzung, dazu bis zu 110 Kadetten und bis zu 44 zahlende Mitsegler

Einzelnachweise

  1. Jens Janssen: SOS – Schicksale deutscher Schiffe – Nr. 173 Segelschulschiff „Pamir“ – Die Tragödie im Nordatlantik. München, 1959. (9. Seite des Texts)
    Kommodore Johnsen. 1936 – 1945. Auf www.sedov.info (engl.; abgerufen 28. Februar 2008)

Weiterführende Literatur

  • Jochen Brennecke: Windjammer. Der große Bericht über die Entwicklung, Reisen und Schicksale der "Königinnen der Sieben Meere". Koehlers Verlagsgesellschaft, 3. Aufl., Herford 1984; ISBN 3-7822-0009-8
  • Hans Jörg Furrer: Die Vier- und Fünfmast-Rahsegler der Welt. Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1984; S. 147; ISBN 3-7822-0341-0
  • Martin Lee: Sailing in the Magdalene Vinnen in 1998. Sea Breezes Bd. 72, Liverpool 1998, S. 860-868
  • Otto Georg Erich Mielke: SOS – Schicksale deutscher Schiffe – Nr. 105 Viermastbark „Kommodore Johnsen“. Der größte Motorsegler der Welt. Moewig Verlag, München 1956.

Weblinks


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