- Margaritifera margaritifera
-
Flussperlmuschel Systematik Unterklasse: Autolamellibranchiata Überordnung: Palaeoheterodonta Ordnung: Unionoida Familie: Margaritiferidae Gattung: Margaritifera Art: Flussperlmuschel Wissenschaftlicher Name Margaritifera margaritifera (Linnaeus, 1758) Die Flussperlmuschel (Margaritifera margaritifera) ist eine der großen Süßwasser-Muscheln, die im Deutschland des beginnenden 21. Jahrhunderts als vom Aussterben bedrohte Tierart gilt.
Inhaltsverzeichnis
Artbesonderheiten
Diese Muschelart kann nach neuesten Ergebnissen ein Alter von bis zu 280 Jahren erreichen. Größe und Alter nehmen nach Norden hin zu, so wird sie in Spanien meist nur 8–10 cm groß und etwa 60–70 Jahre alt, während sie in Schweden bis zu 280 Jahre und 14 cm groß wird. Ihre Vermehrung ist ein komplexer, da an anspruchsvolle Voraussetzungen gebundener, störanfälliger Prozess mit mehreren Zwischenstadien. Nachdem die winzigen Frühformen (Glochidien) der Muschel geschlüpft sind, benötigen sie als Wirt die Bachforelle, in deren Kiemenbereich sie mehrere Monate parasitisch leben; andere Fischarten sind als Wirt nicht geeignet. Wenn sie eine gewisse Größe erreicht haben und die Temperatur und das Bachbett stimmig sind, lassen sie sich ins Flussbett fallen und graben sich dort für einige Monate ein. Erst im ausgewachsenen Stadium bildet sich die harte Schale. In ökologisch intaktem Umfeld bildet die Flussperlmuschel Kolonien.
Man bezeichnet die großen Flussmuscheln, einschließlich der Flussperlmuschel, auch als Najaden.
Verbreitungsgebiet und Geschichte
Die Flussperlmuschel kommt fast in der ganzen nördlichen Hemisphäre vor, in Europa z. B. von Spanien bis ins nördliche Skandinavien (Polarkreis).
Bekannte größere Populationen in Deutschland bestanden bis zu den industriebedingten starken Flusswasserverschmutzungen sowohl in Sachsen (z. B. in der Pulsnitz), in Bayern (z. B. im Regen) und in Nordrhein-Westfalen (z. B. im nach ihnen benannten Perlenbachtal in der Eifel).
Zur Zeit der deutschen Kleinstaaten und Fürstenhöfe bis zum 18. Jahrhundert wurde sie teilweise gezielt angesiedelt und effektiv mit drakonischen Strafen (z. B. Abhacken der Hand) geschützt, so im Odenwald und in der Eifel nachweisbar. Das Recht zur Suche nach Perlen wurde als Perlregal bezeichnet. Von vor 300 Jahren sind Perlmuschelbänke mit mehr als tausend Tieren pro Quadratmeter bekannt.
Mit dem Einmarsch der Franzosen 1794 erlösch das Perlregal in weiten Teilen Deutschlands, wodurch ein Raubau ermöglicht wurde.
Es enthalten nur wenige Muscheln tatsächlich Perlen: Die Angaben reichen von 0,05 % (Eine Perle auf zweitausend Muscheln) bis zu 4 %.
Die Flussperlmuschel ist heute in Deutschland sehr selten. Gründe für den Bestandsrückgang sind:
-
- Verschmutzung der Gewässer durch Überdüngung und Abwassereinleitung
- Verdrängung der Bachforelle, die als Wirtstier der Muschel dient, durch die eingeführte Regenbogenforelle
- Vernichtung ganzer Bestände durch Perlenräuber in früheren Zeiten
- neue Fressfeinde durch die Neozoen Bisamratte und Waschbär[1]
Heutiges Vorkommen in Deutschland
In Deutschland sind noch Vorkommen in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und der Lüneburger Heide zu finden.
In Bayern konzentrierte sich die Muschel ursprünglich auf drei Gebiete, von denen heute der Bayerische Wald und Oberfranken noch eine Bedeutung haben. In der Oberpfalz gibt es nur noch kleine Restvorkommen. Im Bayerischen Wald ist das Gebiet der linken Donauzuflüsse zwischen Regensburg und Passau zu nennen, die Einzugsgebiete des Regens und der Ilz im ehemaligen Fürstbistum Passau haben besonders reiche Erträge geliefert. Eine Besonderheit stellt das letzte Vorkommen auf Buntsandstein in der Schondra (Bayern) dar.
Das bis 2008 nachgewiesene Vorkommen im Vogelsberg und in der Rhön in Hessen scheint dagegen erloschen, die Art gilt in der Region offiziell als verschollen, möglicherweise ist sie dort ausgestorben.[2]
In der Lutter – einem Fluß in der Lüneburger Heide – konnten bei einem Schutzprojekt Erfolge bei der Erhaltung der Flussperlmuschel verzeichnet werden.[3]
In Rheinland-Pfalz gibt es gefährdete Bestände in der Our (Eifel, weniger als 300 Tiere) und der Nister (Westerwald, weniger als 50 Tiere). Der Bestand in der Nister wurde wiederentdeckt.[4]
Gesetzlicher Schutzstatus
Einzelnachweise
- ↑ Braun, Manfred und Kurz, Gabriele: Ein seltener Bewohner der Flüsse. In: Rheinzeitung, Wochenendbeilage: Journal Natur und Umwelt. 14.02.2009, S. 3.
- ↑ Mark Harthun: Artensterben vor der Haustür – Die letzte Flussperlmuschel in Hessen. NABU Hessen, 19. Mai 2008. Abgerufen am 4. September 2008.
- ↑ http://www.n-tv.de/887738.html
- ↑ Wiederentdeckt: Die Flussperlmuschel. 11. September 2007. Abgerufen am 15. Februar 2009.
Literatur
- Gerhard Bauer (Hrsg.): Die Flussperlmuschel in Europa: Bestandssituation und Schutzmaßnahmen. Ergebnisse des Kongresses vom 16.–18. Oktober 2000 in Hof. 2. Ausg. Wasserwirtschaftsamt, Hof 2002. 254 S. Beitr. teilw. dt., teilw. engl
- Otto Baer: Die Flußperlmuschel: Margaritifera margaritifera (L.); Ökologie, umweltbedingte Reaktionen und Schutzproblematik einer vom Aussterben bedrohten Tierart. 1. Aufl. Westarp-Wiss., Magdeburg 1995. 118 S. ISBN 3-89432-428-7
- Otto Moog (Hrsg.): Grundlagen zum Schutz der Flußperlmuschel in Österreich. Zürich [u. a.], 1993. 240 S. Bristol-Schriftenreihe 3, ISBN 3-905209-02-0
- Bruno Rudau: Die Flussperlmuschel im Vogtland in Vergangenheit und Gegenwart. Plauen, 1961. 62 S. Museumsreihe Vogtländisches Kreismuseum No. 23.
Weblinks
-
Wikimedia Foundation.