Mittelstadt (Reutlingen)

Mittelstadt (Reutlingen)
Mittelstadt
Ehemaliges Gemeindewappen von Mittelstadt
Koordinaten: 48° 34′ N, 9° 14′ O48.5666666666679.2333333333333320Koordinaten: 48° 34′ 0″ N, 9° 14′ 0″ O
Höhe: 320 m ü. NN
Fläche: 6,46 km²
Einwohner: 3.425 (31. Dez. 2008)
Eingemeindung: 1. Jan. 1975
Postleitzahl: 72766
Vorwahl: 07127

Mittelstadt ist seit dem 1. Januar 1975 ein Stadtteil der Kreisstadt Reutlingen. Der rund 3.400 Einwohner zählende Ort liegt am Neckar und grenzt an den Landkreis Esslingen.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Klostermühle am Neckar

Mittelstadt liegt etwa acht Kilometer nördlich der Reutlinger Innenstadt am rechten Ufer des Neckars, der mit einer Höhe von 290 m ü. NN die tiefste Stelle des Landkreises darstellt. Angrenzende Orte sind Neckartenzlingen im Norden und Bempflingen im Nordosten (beide Landkreis Esslingen), Riederich im Osten, Metzingen im Südosten, die Reutlinger Stadtteile Reicheneck und Oferdingen im Süden bzw. Südwesten sowie Pliezhausen im Westen (alle Landkreis Reutlingen).

Geschichte

Ausgrabungen von Werksteinen deuten auf eine römische Siedlung hin, die auf dem Gebiet des heutigen Mittelstadt lag. Als die Alemannen einfielen und die Römer verdrängten, siedelten sie überwiegend dort, wo der Boden schon bestellt worden war. Man geht davon aus, dass sich hier ein Alemanne namens Muthilo niederließ, der der Siedlung seinen Namen gab.

Erste urkundliche Erwähnung

In der jüngeren einschlägigen Literatur sowie in den Urkundeneditionen wird die erste schriftliche Erwähnung des Ortsnamens Mittelstadt für das Jahr 1245 angegeben. So heißt es in dem von Dorothea Reuter verfassten Beitrag über Mittelstadt in der Amtlichen Kreisbeschreibung: „Die erste schriftliche Erwähnung des Ortsnamens stammt von 1245 (Mvtilstat, 1254 Mutilstat, 1268 Mvthilstat, Mutelstat, vom Personennamen Mutili). Er deutet auf eine Siedlung der älteren Ausbauzeit hin. Im 15. Jahrhundert wurde der Name im Sinne von ‚Ort in der Mitte‘ umgedeutet“.[1]

Die Autorin bezieht sich hierbei auf eine Urkunde vom 6. November 1245, in der Graf Ulrich von Berg das Eigentum der Mühle zu Maselheim an das Kloster Heggbach übergibt. Als Zeuge fungiert dabei unter anderen ein „B. de Mvtilstat“. Diese Urkunde ist im Württembergischen Urkundenbuch, dem zentralen Editionswerk zur mittelalterlichen Geschichte Südwestdeutschlands (11 Bände, erschienen 1849–1913), im 4. Band (Nachtrag Nr. 147, Seite 445 f. mit Verbesserungen S. 490) ediert. Die Identifizierung von „Mvtilstat“ als Mittelstadt wird dabei mit dem einstmaligen Besitz des Ortes durch den Grafen von Berg und Schelklingen begründet. Die Urkunde befindet sich heute im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.[2] In dem von Mauer, Schäfer, Weckbach und Wahl in den Jahren 1956 bis 1961 bearbeiteten Archivrepertorium beziehungsweise dem von Bernhard Thiel erstellten Online-Findbuch zum Bestand aus dem Jahr 2004 wurde entsprechend dem Württembergischen Urkundenbuch ebenfalls „Mittelstadt“ als Identifizierung des Zeugens „B. de Mvtilstat“ übernommen.

Das Württembergische Urkundenbuch ist seit 2008 zudem in überarbeiteter und ergänzter Fassung online zugänglich und bietet durch die Verknüpfung der in den Urkunden genannten Orte mit dem Thesaurus „Siedlungen in Baden-Württemberg“ eine Recherche nach modernen Ortsnamen. Bei der Suche nach „Mittelstadt“ wird als jüngste von insgesamt neun Urkunden entsprechend die Urkunde vom 6. November 1245 aufgeführt.

Der hier als Zeuge auftretende Niederadlige dürfte mit dem gleichnamigen Zeugen in einer weiteren Urkunde vom 10. März 1254[3] personengleich sein („B. de Mutilstat“), der ebenfalls zum bergischen Gefolge gehörte. Wie Dorothea Reuter in der Amtlichen Kreisbeschreibung anführt, sind von ihm nur diese beiden Schriftzeugnisse bekannt, die ihn wegen seiner Stellung am Ende der Zeugenreihen als eher nachgeordneten Mann kennzeichnet.

Eine weitere Nennung Mittelstadts liegt für das Jahr 1268 vor.[4] In einer Urkunde vom 3. März 1268 überträgt Graf Ulrich von Berg dem Kloster Pfullingen das volle Eigentumsrecht an den von seinen Lehensleuten, den Edlen Sigbot und Rudolf von Hundersingen, an dasselbe verkaufte Besitzungen in Mittelstadt („Mvthilstat“). Diese Urkunde befindet sich heute ebenfalls im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.[5]

Zweifel an der Zuschreibung der beiden Urkunden von 1245 und 1254 auf Mittelstadt werden lediglich in der älteren Literatur (Otto von Alberti: Württembergisches Adels- und Wappenbuch. 1. Band, Stuttgart 1889–1898 bzw. Beschreibungen des Oberamtes Urach. Stuttgart 1909) erhoben, die auch eine Auflösung als Meidelstetten, Oberamt Münsingen, für denkbar halten. Dagegen nimmt auch Walter Brants Mittelstadt in Vergangenheit und Gegenwart (Mittelstadt 1965) eine Identifizierung des „B. de Mutilstat“ als Mittelstädter Adelsgeschlecht als „ziemlich sicher“ (S. 65) an.

Als Fazit kann daher festgestellt werden, dass nach derzeitigem Forschungsstand von einer Erstnennung Mittelstadts für das Jahr 1245 auszugehen ist.[6]

Wappen

„Gänsfüß“ war der Ortsneckname für die Mittelstädter. Diese Bezeichnung spiegelt auch das Wappenbild wider, dass einen roten Gänsefuß auf weißem Grund zeigt. Es soll Anfang des 20. Jahrhunderts von einem ortsansässigen Malermeister entworfen worden sein und wurde mindestens von 1930 an von der Gemeinde verwendet. Mit der Eingemeindung im Jahre 1975 verlor das Wappen seine rechtliche Gültigkeit.

Öffentliche Einrichtungen

Zu Beginn der 1970er Jahre war die Errichtung eines Kernkraftwerks mit 300 Megawatt Leistung am Neckar bei Mittelstadt geplant.

Kindergärten

Mittelstadt verfügt über zwei Kindergärten mit jeweils mehreren Gruppen (Mönchstraße und Wieslenbach). Da Mittelstadt bereits seit mehreren Jahren der fruchtbarste Ortsteil von Reutlingen ist, sind die Kindergärten sehr gut ausgelastet. Für die Betreuung von Kindern ab 18 Monaten bis zum Kindergartenalter ist im Rahmen des Vereins „Kinderreich“ gesorgt.

Schule

Zu der Schulsituation ist zu sagen, dass Mittelstadt über eine mehrzügige Grundschule, jedoch über keine weiterführenden Schulen verfügt. Um die Hauptschule zu besuchen haben Mittelstädter Schüler die Wahlmöglichkeit zwischen der Hauptschule am Bildungszentrum Nord und der Hauptschule Pliezhausen. Beim Bildungsweg über die Realschule steht die Wahlmöglichkeit zwischen dem Bildungszentrum Nord, der Realschule Metzingen und der Realschule in Pliezhausen zur Verfügung. Für den gymnasialen Bildungsweg stehen die Gymnasien am Bildungszentrum Nord und dem Gymnasium Metzingen zur Auswahl.

Seniorenzentrum

Durch die BruderhausDiakonie wird in Mittelstadt ein Seniorenzentrum betrieben, das am 14. September 2007 eingeweiht wurde.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • In Mittelstadt befinden sich drei Kirchen: Die evangelische Martinskirche (1912 nach Plänen von Martin Elsaesser erbaut), die evangelisch-methodistische Eben-Ezer-Kapelle und die katholische St. Gebhard Kirche.
  • Rathaus
  • Klostermühle

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Mittelstadt liegt an der B 297 (NürtingenTübingen), die B 312 (StuttgartReutlingen) verläuft einen Kilometer entfernt.

Drei Buslinien im Verkehrsverbund Neckar-Alb-Donau verbinden den Ort mit Reutlingen, Metzingen und Pliezhausen. Die Linie 6 des Reutlinger Stadtverkehrs fährt täglich im 20- bis 30-Minuten-Takt über Sondelfingen Richtung Reutlingen Hauptbahnhof. Die Schulbuslinie 105 verbindet Mittelstadt und Pliezhausen auf direktem Weg. Von und nach Metzingen verkehrt von Montag bis Samstag die Linie 203. Außerdem fährt noch ein Schulbus zweimal täglich an das Bildungszentrum Nord in Rommelsbach.

Wirtschaft

In Mittelstadt gibt es zwei Gewerbegebiete, die mit Lachenhau Ost und West bezeichnet worden sind. Folgende Firmen sind beispielsweise in Reutlingen-Mittelstadt angesiedelt: KION Warehouse Systems GmbH (Gabelstapler), Keim Backparadies (Großbäckerei) und die KB Knecht (Betriebseinrichtungen).

Literatur

  • Brunhilde Schad (Vorwort): Mittelstadt : Bilder erzählen aus vergangenen Tagen. 1. Auflage. Geiger, Horb am Neckar 2002, ISBN 3-89570-595-0.

Einzelnachweise

  1. Der Landkreis Reutlingen. Band II, herausgegeben von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Reutlingen, Sigmaringen 1997, S. 417
  2. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand B 456 Zisterzienserkloster Heggbach, U8 (+)
  3. Württembergisches Urkundenbuch. 5. Band, Nr. 1289, Seite 54 f., heute im Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv in Regensburg, Klosterurkunden Marchtal Nr. 22
  4. Württembergisches Urkundenbuch. 6. Band, Nr. 1988, Seite 384 f.
  5. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand A 514 Kloster Pfullingen, U 164
  6. Stadtarchiv Reutlingen

Weblinks


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