Nabucco Pipeline

Nabucco Pipeline
Nabucco-Pipeline

Das Nabucco-Pipeline-Projekt sieht den Bau einer Erdgas-Pipeline vor, beginnend in der Türkei bis in das österreichische Baumgarten an der March nahe der slowakischen Grenze, wo das zentrale Verteilerzentrum der OMV für Erdgas liegt. Die Pipeline soll ca. 7,9 Milliarden Euro kosten, die durch ein Bankenkonsortium aufgebracht werden. Sie ist in einer Länge von ca. 3300 km und einem Durchmesser von ca. 1,42 m geplant.[1] Der Baubeginn wurde bereits mehrfach verschoben und ist derzeit für 2011 vorgesehen. Die Fertigstellung der ersten Ausbaustufe soll bis 2014 erfolgen. Die Pipeline soll die EU mit den kaspischen Erdgasvorkommen verbinden (möglicherweise auch mit iranischen, ägyptischen und irakischen) und so neue Gasquellen für Europa erschließen. Im EU-Programm Transeuropäische Netze gilt die Pipeline als eines der vier wichtigsten Vorhaben beim Ausbau des europäischen Energieleitungsnetzes.

Hintergrund des Projekts ist der politische Wunsch der EU nach einer Diversifizierung der Erdgasquellen, vor allem, um die relative Abhängigkeit vom Hauptlieferanten Gazprom zu verringern. Die EU verbrauchte 2006 rund 485 Milliarden Kubikmeter Erdgas. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission könnte der Bedarf im ungünstigsten Fall bis 2030 auf ca. 575 Milliarden Kubikmeter steigen. Dem gegenüber steht eine sinkende Eigenproduktion in Europa selbst. Der Importbedarf der EU wird deshalb im gleichen Zeitraum voraussichtlich stark anwachsen, nach derzeitigen Schätzungen von 295 auf 480 Milliarden Kubikmeter. Dadurch ist die Erschließung neuer Erdgasquellen ein wichtiger Beitrag zur Energieversorgungssicherheit Europas.

Inhaltsverzeichnis

Beteiligte

Initiator des Projektes ist die österreichische OMV AG. Eigentümer sind neben der OMV Gas International GmbH die MOL aus Ungarn, S.N.T.G.N. Transgaz S.A. aus Rumänien, Bulgargaz-Holding EAD aus Bulgarien und BOTAŞ Petroleum Pipeline Corporation aus der Türkei. Die Entscheidung für einen weiteren sechsten Partner ist im Februar 2008 auf RWE aus Deutschland gefallen. Der entsprechende Vertrag wurde am 5. Februar 2008 in Wien unterzeichnet. Bis dahin hielt jeder der Beteiligten einen Anteil von 20 % an der Nabucco Gas Pipeline International GmbH.

An den Kosten beteiligen wird sich auch die Europäische Investitionsbank (EIB). Zur Absicherung der Finanzierung des Projektes streben die beteiligten Unternehmen ein Regierungsabkommen zwischen den betroffenen fünf Staaten an. Die endgültige Bauentscheidung soll 2009 fallen.

Trotz seiner Beteiligung am Nabucco-Konsortium hatte Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány im März 2007 überraschend seine Präferenz für die Verlängerung der russischen Bluestream-Pipeline nach Mitteleuropa kundgetan, welches der Gazprom (neben bestehenden Leitungen über Weißrussland und die Ukraine sowie der geplanten Ostseepipeline) einen weiteren Zugang zum europäischen Markt geboten hätte. Dieses Projekt ist mittlerweile nicht mehr aktuell. Statt dessen wird voraussichtlich die Gaspipeline South Stream verwirklicht. Sie soll von Russland durch das Schwarze Meer zunächst nach Bulgarien führen. Der südliche Strang wird über Griechenland nach Italien geführt, der nördliche - mit Nabucco direkt konkurrierende – über Serbien nach Ungarn.[2]

Projektierung

Die Durchführung des Projektes soll über nationale Gesellschaften erfolgen, die als Tochtergesellschaften der Nabucco Gas Pipeline International GmbH derzeit in Gründung begriffen sind (Österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien gegründet; Türkei in Gründung). Mit der Bestellung der britischen Firma Penspen als Generalingenieur Anfang Januar 2008 geht das Projekt nunmehr in die technische Detailplanung. Diese soll mit Jahresende abgeschlossen werden. Nach Beendigung der ersten Bauphase 2013 wird nach den Plänen der Nabucco Gas Pipeline International GmbH mit einer Anfangskapazität von jährlich acht bis zehn Milliarden Kubikmeter begonnen werden. Der Markt soll in weiterer Folge die Ausbaugeschwindigkeit auf die maximale technische Kapazität von rund 31 Milliarden Kubikmeter pro Jahr mitentscheiden. Die ersten Lieferungen könnten aus Aserbaidschan kommen, darüber hinaus bestehen derzeit keinerlei Lieferzusagen. In der Diskussion ist die Einspeisung von turkmenischem, irakischem und vor allem iranischem Gas, dessen baldige Verfügbarkeit jedoch fraglich ist.[3]

Nach dem russisch-ukrainischen Gasstreit plant die Europäische Union, den Bau der Nabucco-Pipeline zügig voranzutreiben. Bei einer internationalen Konferenz zum Pipeline-Projekt am 27. Januar 2009 in Budapest sprach sich auch der tschechische Regierungschef und EU-Ratspräsident, Mirek Topolanek, für eine zügige Vereinbarung der Regierungen der beteiligten Staaten aus. Der Präsident der Europäischen Investitionsbank Philippe Maystadt erklärte, sein Institut könne etwa 25 Prozent der benötigten 7,9 Milliarden Euro für das Projekt garantieren. Der Präsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung würde eine Beteiligung ebenfalls prüfen. [4]

Wirtschaftskonzept

Als Logistikprojekt bietet die Nabucco-Pipeline technische und die logistische Infrastruktur für Gastransporteure („shippers“), kauft aber selber kein Gas. Potentielle Gastransporteure müssen daher selbst entscheiden, woher sie das Gas beziehen wollen und daher auch Lieferverträge abschließen. Die Nabucco-Gesellschaft schließt ihrerseits daher Transportverträge mit den entsprechenden Transportkunden ab. Hier besteht bereits großes Interesse am Markt und es gibt bereits eine Reihe von unterfertigten Absichtserklärungen.

Position der Türkei

Die Türkei sieht in Nabucco ein willkommenes Instrument, um ihre EU-Mitgliedschaft zu forcieren. Der türkische Ministerpräsident Erdogan forderte im Januar 2009 die Beschleunigung der EU-Beitrittsverhandlungen und brachte diese erstmals direkt mit Nabucco in Verbindung. Im Falle des Scheiterns der Verhandlungen sehe die Türkei das Projekt Nabucco „gefährdet“.[5]

Herkunft des Projektnamens

Nach dem ersten Treffen des Konsortiums gingen die Teilnehmer in die Wiener Staatsoper in die Oper Nabucco. Beim anschließenden Abendessen stimmten bei der Suche nach einem Projektnamen die Anwesenden für den Namen Nabucco.[6]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Europa-Information 2006
  2. Gas: Russland bringt Nabucco in Bedrängnis auf ORF
  3. Oliver Geden, Andreas Goldthau: Phantomdebatte um Nabucco-Pipeline. Financial Times Deutschland, 30. November 2008. Abgerufen am 1. März 2009.
  4. http://www.netzeitung.de/wirtschaft/wirtschaftspolitik/1261397.html
  5. Der Standard: Erdogan will schnelleren Beitrittsprozess - sonst sei Nabucco-Pipeline gefährdet
  6. Projekt-Website: FAQ, Pkt. 15

Weblinks


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