Nachterstedt

Nachterstedt
Nachterstedt
Stadt Seeland
Wappen von Nachterstedt
Koordinaten: 51° 48′ N, 11° 20′ O51.80222222222211.33527777777894Koordinaten: 51° 48′ 8″ N, 11° 20′ 7″ O
Höhe: 94 m ü. NN
Fläche: 8,21 km²
Einwohner: 2.097 (31. Dez. 2007)
Eingemeindung: 15. Juli 2009
Postleitzahl: 06469
Vorwahl: 034741

Nachterstedt ist ein Ortsteil der Stadt Seeland im Salzlandkreis in Sachsen-Anhalt (Deutschland).

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Der Ortsteil Nachterstedt liegt im nordöstlichen Harzvorland, in unmittelbarer Nachbarschaft des Ortsteils Hoym zwischen Aschersleben und Quedlinburg. Südwestlich von Nachterstedt fließt die untere Selke, den Norden des Gebietes nimmt der Concordiasee ein, ein im Endstadium rund 600 Hektar großes ehemaliges Tagebaurestloch, das heute als Badesee innerhalb des Harzer Seelands der Naherholung dient.

Geschichte

Dorfumsiedelung 1949

Nachterstedt wird bereits 961 in einer Urkunde Ottos II. erwähnt. Der Ort Nachterstedt wurde darin dem Markgrafen Gero geschenkt. Es wird jedoch eine um etwa 500 Jahre frühere altsächsische Besiedelung des Gebietes vermutet.

Wie auf dem Wappen angedeutet (Schwan und Fisch), lebten die früheren Bewohner vom Fischfang, nach der Trockenlegung des Nachterstedter Sees teilweise vom Torfstechen und in der Folgezeit von der Landwirtschaft auf in diesem Gebiet sehr guten Böden.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde in Nachterstedt Braunkohle gefördert, anfangs untertage (Grube Concordia), später im Tagebau. 1865 wurde Nachterstedt an das Eisenbahnnetz angeschlossen (Strecke HalberstadtAscherslebenKöthen, heute als Bahnstrecke Halle–Halberstadt).

Das Kohlerevier Nachterstedt, zu dem auch die Ortsteile Frose, Schadeleben, Friedrichsaue und Neu Königsaue gehörten, war zeitweise das ergiebigste Fördergebiet im damaligen Oberbergamtsbezirk Halle (1870: 250.000 t), um die Jahrhundertwende gar die größte Braunkohlengrube Preußens. Eine Brikettfabrik wurde 1888 errichtet, 1914 ein Kraftwerk.

Während des Zweiten Weltkrieges mussten mehrere hundert sowjetische Kriegsgefangene sowie Zwangsarbeiter anderer Nationen in der zu den Riebeckschen Montan-Werken gehörenden Braunkohlegrube Concordia unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten; dabei kamen 130 bis 140 von ihnen ums Leben.

Das Dorf Nachterstedt musste der fortschreitenden Braunkohleförderung ab 1928 allmählich weichen und wurde rund 1,5 Kilometer weiter südlich neu aufgebaut. Auch die Bahnlinie Halberstadt–Aschersleben wurde nach Süden verlegt. An der Stelle des ehemaligen Dorfes entstand inzwischen das Naherholungsgebiet Seeland, das der Stadt den Namen gab. Der Concordiasee ist seit 2002 als Badesee freigegeben.

In den 1960er Jahren arbeiteten im Braunkohlewerk Nachterstedt noch mehr als 6500 Beschäftigte. Mit der Schließung des Werkes im Jahr 1990 wegen der unrentabel gewordenen Kohleförderung ging eine 150jährige Bergbautradition zu Ende.

Am 15. Juli 2009 wurde Nachterstedt in die neue Gemeinde Seeland eingegliedert.[1]

Unglücksfälle

Am 2. Februar 1959 kam es im Braunkohlenwerk Nachterstedt zu einer Kippenrutschung von 5,8 Millionen Kubikmetern Kippenabraum. Bei dem Unglück durch Setzungsfließen wurde ein Bergarbeiter getötet, sowie zwei Absetzer und ein Abraumzug total zerstört. Das Unglück hatte damals weitreichende Folgen für die Organisation des Braunkohlebergbaus in der DDR.

Am frühen Morgen des 18. Juli 2009 kam es im Ortsbereich Nachterstedt zum Abbruch eines etwa 350 Meter breiten Landstreifens in den südlichen Ausläufer des Concordiasees.[2] Dabei wurden ein zweistöckiges Einfamilienhaus, ein Teil eines Mehrfamilienhauses sowie ein Straßenabschnitt und eine Aussichtsplattform mitgerissen, drei Menschen wurden verschüttet und wurden für verschollen erklärt. Auch für diesen Erdrutsch ist mit größter Wahrscheinlichkeit Setzungsfließen verantwortlich.

Wegen der Gefahr weiterer Erdrutsche kann das z.Z. weiträumig abgesperrte Unglücksgebiet in Nachterstedt vermutlich nie mehr bewohnt werden. Es sei unwahrscheinlich, dass die Menschen, die in der Nähe der Abbruchkante wohnten, in die acht evakuierten Häuser zurück können, sagte ein Beauftragter der Bergbaubehörde des Landes Sachsen-Anhalt. Es werde Monate dauern, bis das Gebiet zur Ruhe gekommen sei. Es seien leichte, neue Risse aufgetreten, die bis 30 Meter hinter die Bruchkante reichen.[3]

Politik

Gemeinderat

Bei den Gemeinderatswahlen am 7. Juni 2009 ergab sich folgende Sitzverteilung:

Unabhängige Wählergemeinschaft 6 Sitze
CDU 4 Sitze
SPD 2 Sitze
Die Linke 2 Sitze

Wappen

Wappen von Nachterstedt

Das Wappen wurde am 12. Januar 1938 durch den Oberpräsidenten der Provinz Sachsen verliehen.

Blasonierung: „In Rot auf blauem Wasser schwimmend ein silberner golden bewehrter Schwan, unter ihm im Wasser ein silberner Fisch mit goldenen Flossen.“

Das bisherige Siegel des Ortsteils zeigte einen von Purpur und Grün quadrierten Wappenschild, Feld 1 und 4: leer, Feld 2: ein Schwan, Feld 3: drei Fische übereinander. Aus den hier benutzten Symbolen, die an den ehemaligen Gatersleber See, an dem Nachterstedt liegt, erinnern, ist das Wappen neu geschaffen worden.

Das Wappen wurde von dem Magdeburger Staatsarchivrat Otto Korn gestaltet.

Ortspartnerschaften

Der Ortsteil Nachterstedt unterhält Partnerschaftsbeziehungen zur Samtgemeinde Boffzen (Niedersachsen).

Gedenkstätten

  • Sowjetischer Ehrenhain mit Mahnmal des Bildhauers Rudolf Herbst zur Erinnerung an sowjetische Kriegsgefangene, die Opfer von Zwangsarbeit wurden
  • Gedenkstein von 1978 auf dem Stadtfriedhof für Personen mehrerer Länder, die während des Zweiten Weltkrieges nach Deutschland verschleppt wurden und der Zwangsarbeit zum Opfer fielen

Verkehr

Der Bahnhof des Ortsteils Nachterstedt liegt an der Bahnstrecke Halle–Halberstadt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Seelandfest am Concordiasee Mitte August

Sehenswürdigkeiten

  • Concordiasee
  • Kiesberg (Ruhestätte für Kriegsopfer der ehemaligen SU)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 2009, 2. Liste
  2. Florian Gathmann: Drama von Nachterstedt. In: Spiegel Online. 20. Juli 2009, abgerufen am 20. Juli 2009.
  3. Neue Risse und anhaltende Erdrutschgefahr. In: Focus Online. 21. Juli 2009, abgerufen am 22. Juli 2009.

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