Orgel der altreformierten Kirche (Bunde)

Orgel der altreformierten Kirche (Bunde)
Orgel der altreformierten Kirche (Bunde)
Orgel altreformierte Kirche Bunde (Front).JPG
Allgemeines
Ort Ev.-altreformierte Kirche (Bunde)
Orgelerbauer Alfred Führer
Baujahr 1980
Epoche 20. Jahrhundert
Orgellandschaft Ostfriesland
Technische Daten
Anzahl der Pfeifen 926
Anzahl der Register 14
Anzahl der Pfeifenreihen 19
Anzahl der Manuale 2
Anzahl der 32′-Register
Anzahl der 64′-Register
Orgel in Bunde (Spieltisch)

Die Orgel der altreformierten Kirche (Bunde) wurde 1980 unter von der Orgelbauwerkstatt Alfred Führer in Wilhelmshaven erbaut.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte

Die Orgel wurde 1980 unter der Leitung Fritz Schilds von der Orgelbauwerkstatt Alfred Führer in Wilhelmshaven erbaut. KMD Rolf Hallensleben und Harald Vogel übernahmen die Planung. Das Instrument ist von überregionaler Bedeutung und steht klanglich und handwerklich in der Tradition historischer Orgeln des norddeutschen Barock und modellhaft für eine neue Phase im Orgelbau, die eine Synthese zwischen Gemeindegesangorgel und Charakterorgel anstrebt.

Die Mechanik verzichtet auf Führungen, sodass die konsonantische Ansprache der Prinzipalpfeifen beeinflusst werden kann. Für das Gehäuse und die innere Anlage wurden vorzugsweise Massivholz (Eiche) und Leder verwendet. Das Pfeifenmaterial besteht zu 27 % aus Zinn und zu 73 % aus Blei. Die Kondukte sind aus Blei, die Windkanäle aus Holz.

Eine großer Magazinbalg in separater Balganlage sorgt für einen flexiblen atmenden Wind (Druck: 75 mmWS). Aus ökonomischen Gründen reicht der Manualumfang von C–d3 und der Pedalumfang von C–d1, ist Cis in allen Werken an cis0 gekoppelt und erklingt die Pedal-Trompete als Transmission der Manual-Trompete. Der Subbass ist im Hauptwerkgehäuse untergebracht.

Die Prinzipale sind weit mensuriert, ebenso Waldflöte und Sesquialtera, um eine Kornett-Wirkung zu erzielen. Die Sesquialtera setzt sich aus Nasard 22/3′ und Terz 13/5′ zusammen, wobei der Nasard als Vorabzug auch ohne Terz gespielt werden kann. Rohrflöte und Gedackt klingen grundtönig und sind nach dem Vorbild niederländischer Hohlflöten im Bass als (Holz-)Gedackt und im Diskant aus Metall gefertigt, wobei der Rohrflöte im Diskant (ab c1) Röhrchen aufgelötet sind. Die Mixtur ist aufgrund der starken Raumakustik mit zwei Quint- und zwei Oktavchören etwas milder als bei vergleichbaren historischen Instrumenten konzipiert (auf C: 11/3′, 1′, 2/3′, 1/2′). Beim Scharf liegen die drei Chöre höher (auf C: 2/3′, 1/2′, 1/3′), so dass eine Kombination beider Manual-Plenumregistrierungen möglich ist. Zugunsten der Liedbegleitung ist die Trompete im Bass kräftig intoniert.

Zudem wurde eine spezielle wohltemperierte Temperatur (Vogel VI) angelegt, die die häufig verwendeten Tonarten F-dur und D-dur des Genfer Psalters bevorzugt.[1]

Bedeutung

Die Bunder Führer-Orgel hat internationale Beachtung gefunden und Organisten und Orgelbauer aus aller Welt angelockt. In der Orgellandschaft Ostfriesland, die über 100 historische Orgeln aus sieben Jahrhunderten aufweist, stellt sie als prototypischer Neubau eine wichtige Bereichung dar. Neben der Arp-Schnitger-Orgel in Weener war sie das wichtigste Unterrichtsinstrument für die Norddeutsche Orgelakademie[2] (1978–2003 in Bunderhee) und als Konzertinstrument regelmäßig auf dem niederländisch-deutschen Dollart-Festival[3] (1981–2003) zu hören. Sie kann als Modell für eine Gebrauchsorgel gelten, die bei begrenzter Anzahl von Registern eine große Vielfalt an Klangmöglichkeiten bietet. Als Vorbild dienten die Charakterorgeln des norddeutschen Orgeltyps um 1700, wie sie in den Orgelwerken von Arp Schnitger ihren Höhepunkt fanden. Gebaut wurde die Führer-Orgel nach den klanglichen und handwerklichen Prinzipien des klassischen Orgelbaus, ohne eine bestimmte Orgel zu kopieren. Neben der Verwendung als Konzertorgel wurde sie für die Bedürfnisse des Gemeindegesangs konzipiert. Dies wird durch eine flexible Windversorgung und eine spezielle wohltemperierte Stimmung unterstützt. Die Prinzipalchöre, Flöten-, Zungen- und Aliquotstimmen ermöglichen vielfältige und charakteristische Solo-, Konsort- und französische Registrierungen (z. B. jeu de tasse und grand jeu) und eine Wiedergabe der norddeutschen Barockliteratur und der Orgelwerke Bachs, stehen aber auch späteren Stilepochen offen. Ein Tutti mit allen Registern ist möglich. Die Kosten für das Instrument beliefen sich auf DM 137.713 (€ 70.411,54).[4]

Disposition seit 1980

I Hauptwerk C–d3
Prinzipal 8′
Rohrflöte 8′[Anm. 1]
Oktave 4′
Oktave 2′
Mixtur IV 11/3
Trompete 8′[Anm. 2]
II Rückpositiv C–d3
Gedackt 8′[Anm. 3]
Prinzipal 4′
Waldflöte 2′
Nasat
(aus Sesquialtera)
22/3
Sesquialtera II 22/3
Scharf III 2/3
Dulcian 8′[Anm. 4]
Pedal C–d1
Subbass 16′[Anm. 5]
Trompete (HW) 8′
  • Koppeln: Pedalkoppel (Klötzchenkoppel Pedal/Hauptwerk), Manualkoppel (Schiebekoppel).
  • Tremulant: Bocktremulant am Hauptkanal.
Anmerkungen
  1. C-h0 gedeckt.
  2. Stiefel aus Holz.
  3. C–H aus Holz.
  4. Stiefel aus Holz.
  5. Holz.

Technische Daten

  • 14 Register, 2 Manuale und Pedal
  • 926 Pfeifen
  • Traktur:
    • Tontraktur: Mechanisch
    • Registertraktur: Mechanisch
  • Windversorgung:
    • Magazinbalg in separater Balganlage
    • Winddruck: 75 mmWS
  • Stimmung:
    • Höhe a1= 440 Hz
    • Wohltemperierte Stimmung (Vogel VI)

Literatur

  • Kirchenrat der EAK Bunde (Hrsg.): Chronik der Evangelisch-altreformierten Gemeinde Bunde 1858-2008. H. Risius-Verlag, Weener 2008, S. 264–273.
  • Peter van Dijk: Het orgel in de altreformierte Kirche in Bunde (Dld.). In: Het Orgel. Jg. 76, Nr. 1, 1980, S. 281–286.
  • Walter Hilbrands: Bunde: Modell einer neuen Orgel. In: Ostfriesland-Journal. Jg. 15, Nr. 3, 1985, S. 30–31.
  • Jan Goens: Orgel in der altreformierten Kirche in Bunde/Ostfriesland. In: Der Kirchenmusiker. 31, 1980, S. 194.
  • Uwe Pape, Burkhart Goethe: Fünfzig Jahre Orgelbau Führer. Pape, Berlin 1983, ISBN 3-921140-26-9.
  • Harald Vogel: Kleine Orgelkunde. Dargestellt am Modell der Führer-Orgel in der altreformierten Kirche in Bunde. 2. Auflage. Noetzel, Wilhelmshaven 2008, ISBN 3-7959-0334-3.
  • Harald Vogel, Günter Lade, Nicola Borger-Geweloh: Orgeln in Niedersachsen. Hauschild Verlag, Bremen 1997, ISBN 3-931785-50-5, S. 28–43.
  • Harald Vogel, Reinhard Ruge, Robert Noah, Martin Stromann: Orgellandschaft Ostfriesland. 2. Auflage. Soltau-Kurier-Norden, Norden 1997, ISBN 3-928327-19-4, S. 131, 150.

Aufnahmen/Tonträger

  • Fünfzig Jahre Orgelbau Führer. 1982, Pape Verlag, Teldec 66.22959, LP (Werke von J. S. Bach, C. Franck, M. Reger, S. Scheidt, H. Purcell, F. Liszt).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe Dijk: Het orgel, S. 284-285: Reine Quinten auf D, Fis, Cis, Gis, Es, B und F, gleichschwebend auf H, -1/4 Komma (= mitteltönig) auf C, G, A und E.
  2. Siehe Dollartroute: Orgellandschaft (Abgerufen: 28. August 2008)
  3. Siehe Die Zeit, 13. August 1993, Wo Europa schon klingt (Abgerufen: 28. August 2008)
  4. Chronik der Evangelisch-altreformierten Gemeinde Bunde. S. 268.
53.1846677.272638

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