- Orthonormalbasis
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Eine Orthonormalbasis (ONB) oder vollständiges Orthonormalsystem ist in den mathematischen Gebieten lineare Algebra und Funktionalanalysis eine Menge von Vektoren aus einem Vektorraum mit Skalarprodukt (Innenproduktraum), welche auf die Länge eins normiert und zueinander orthogonal (daher auch Orthonormalbasis) sind und die den Vektorraum erzeugen. Im endlichdimensionalen Fall ist dies eine Basis des Vektorraums. Im unendlichdimensionalen Fall handelt es sich nicht um eine Vektorraumbasis.
Verzichtet man auf die Bedingung, dass die Vektoren auf die Länge eins normiert sind, so spricht man von einer Orthogonalbasis.
Der Begriff der Orthonormalbasis ist sowohl im Fall endlicher Dimension als auch für unendlichdimensionale Räume, insbesondere Hilberträume, von großer Bedeutung.
Im Folgenden sei V ein endlich- oder unendlichdimensionaler Vektorraum über oder und sei die durch das Skalarprodukt induzierte Norm. Im komplexen Fall wird dabei vorausgesetzt, dass das Skalarprodukt linear im zweiten Argument und semilinear im ersten ist, also
für alle Vektoren und alle .
Inhaltsverzeichnis
Endlichdimensionale Räume
Definition und Existenz
Unter einer Orthonormalbasis eines n-dimensionalen Innenproduktraums V versteht man eine Basis von V, die ein Orthonormalsystem ist, das heißt:
- Jeder Basisvektor hat die Norm eins:
- für alle .
- Die Basisvektoren sind paarweise orthogonal:
- für alle mit .
Jeder endlichdimensionale Vektorraum mit Skalarprodukt besitzt eine Orthonormalbasis. Mit Hilfe des Gram-Schmidtschen Orthonormalisierungsverfahrens lässt sich jedes Orthonormalsystem zu einer Orthonormalbasis ergänzen.
Beispiele
- Beispiel 1
- Die Standardbasis des , bestehend aus den Vektoren
- ist eine Orthonormalbasis des dreidimensionalen euklidischen Vektorraums (ausgestattet mit dem Standardskalarprodukt): Sie ist eine Basis des , jeder dieser Vektoren hat die Länge 1, und je zwei dieser Vektoren stehen senkrecht aufeinander, denn ihr Skalarprodukt ist 0.
- Allgemeiner ist im Koordinatenraum bzw. , versehen mit dem Standardskalarprodukt, die Standardbasis eine Orthonormalbasis.
- Beispiel 2
- Die Vektoren
- und
- bilden eine Orthonormalbasis des mit dem Standardskalarprodukt.
Koordinatendarstellung bezüglich einer Orthonormalbasis
Vektoren
Ist eine Orthonormalbasis von V, so lassen sich die Komponenten eines Vektors bezüglich dieser Basis besonders leicht berechnen. Hat v bezüglich der Basis B die Darstellung
so gilt
- für
und damit
Im Beispiel 2 oben gilt für den Vektor :
- und
und damit
Das Skalarprodukt
In Koordinaten bezüglich einer Orthonormalbasis hat jedes Skalarprodukt die Form des Standardskalarprodukts. Genauer:
Ist eine Orthonormalbasis von V, und haben die Vektoren v und w bezüglich B die Koordinatendarstellung und , so gilt
im reellen Fall, bzw.
im komplexen Fall.
Orthogonale Abbildungen
Ist eine orthogonale (im reellen Fall) bzw. eine unitäre Abbildung (im komplexen Fall) und ist B eine Orthonormalbasis von V, so ist die Darstellungsmatrix von f bezüglich der Basis B eine orthogonale bzw. eine unitäre Matrix.
Bezüglich beliebiger Basen ist diese Aussage falsch.
Unendlichdimensionale Räume
Definition und erste Eigenschaften
Sei ein Prähilbertraum und sei die durch das Skalarprodukt induzierte Norm. Eine Teilmenge heißt Orthonormalsystem, falls und für alle mit gilt.
Ist zusätzlich vollständig also ein Hilbertraum, dann heißt ein Orthonormalsystem S Orthonormalbasis, falls für alle Orthonormalsysteme T mit sofort T = S folgt. Eine Orthonormalbasis wird auch vollständiges Orthonormalsystem genannt.
Es ist zu beachten, dass im Sinne dieses Abschnitts, im Gegensatz zur endlichen Dimension, eine Orthonormalbasis keine Hammelbasis also keine Basis im Sinn der linearen Algebra ist. Das heißt ein Element aus V lässt sich im Allgemeinen nicht als Linearkombination aus endlich vielen Elementen aus S darstellen, sondern nur mit abzählbar unendlich vielen, also als Reihe. Mit anderen Worten: Die lineare Hülle ist nicht gleich V, liegt aber dicht in V. Jeder Vektorraum besitzt eine Hamelbasis, die aber in vielen Fällen nicht explizit bekannt ist und somit von keinem praktischen Nutzen ist.
Existenz und Charakterisierung
Allgemein gelten für Innenprodukträume (Prähilbertäume) und vollständige Innenprodukträume (Hilberträume) folgende Sätze:
- Die lineare Hülle der Orthonormalbasis S liegt dicht in V. Das heißt es gilt .
- In einem Innenproduktraum V ist ein Orthonormalsystem B genau dann eine Orthonormalbasis, wenn die parsevalsche Gleichung
- für alle erfüllt ist.
- Jeder (vom Nullraum verschiedene) separable Innenproduktraum besitzt eine Orthonormalbasis, die von höchstens abzählbarer Mächtigkeit ist.
- In einem Hilbertraum V ist ein Orthonormalsystem S genau dann eine Orthonormalbasis, wenn es maximal ist, das heißt wenn es außer dem Nullvektor keinen Vektor gibt, der zu allen Vektoren aus S orthogonal ist.
- Jeder (vom Nullraum verschiedene) Innenproduktraum besitzt maximale Orthonormalsysteme und, wenn er ein Hilbertraum ist, somit auch Orthonormalbasen.
- Ein (vom Nullraum verschiedener) Hilbertraum besitzt genau dann eine abzählbare Orthonormalbasis, wenn er separabel ist.
Insbesondere besitzt also jeder separable und jeder vollständige Innenproduktraum eine Orthonormalbasis.
Verallgemeinerte Fourier-Reihe
Ein Hilbertraum mit einer Orthonormalbasis S hat die Eigenschaft, dass es für jedes die Reihendarstellung
gibt. Diese Reihe konvergiert unbedingt. Ist der Hilbertraum endlichdimensional so fällt der Begriffe der unbedingten Konvergenz mit dem der absoluten Konvergenz zusammen. Diese Reihe nennt man auch (verallgemeinerte) Fourier-Reihe. Wählt man nämlich den Hilbertraum L2([0,π]) der quadratintegrierbaren Funktionen, dann ist
ein Orthonormalsystem und sogar eine Orthonormalbasis von L2([0,π]). Bezüglich dieser Basis sind
und
gerade die Fourier-Koeffizienten der Fourier-Reihe von f. Daher ist die Fourier-Reihe gerade die Reihendarstellung eines Elements aus L2([0,π]) bezüglich der gegebenen Orthonormalbasis.
Weitere Beispiele
Sei der Folgenraum der quadratsummierbaren Folgen. Die Menge ist eine Orthonormalbasis von .
Quellen
- Gerd Fischer: Lineare Algebra. Vieweg-Verlag, ISBN 3-528-03217-0.
- Dirk Werner: Funktionalanalysis. 6., korrigierte Auflage, Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-72533-6, Seiten 222 - 236.
- Jeder Basisvektor hat die Norm eins:
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