Osmanische Sprache

Osmanische Sprache
Osmanisch / Türkisch
(‏تركچه‎,Türkçe)
(‏لسان عثمانى‎,lisân-ı Osmânî)

Gesprochen in

Osmanisches Reich
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache von Osmanisches Reich und Türkei bis zur Schriftreform 1928, womit der Übergang in modernes Türkisch begann
Sprachcodes
ISO 639-1:

-

ISO 639-2:

ota

ISO 639-3:

ota

Das osmanische Türkisch (auch Türkei-Türkisch [2][3][4], türkisch Osmanlıca, Osmanlı Türkçesi, Eigenbezeichnung: ‏تركچه‎ / Türkçe und ‏تركی‎ / Türkî, ab der Tanzimat mit dem Aufkommen des Osmanismus ‏لسان عثمانى‎ / lisân-i Osmânî oder ‏عثمانلیجه‎ / Osmanlıca)[5] war jene Ausprägung der türkischen Sprache, die für administrative und literarische Zwecke im Osmanischen Reich verwendet wurde. Osmanisch basiert auf dem Anatolischtürkischen (Oghusisch) und nahm gegen Ende des 15. Jahrhunderts in immer stärkerem Maß arabische und persische Elemente auf.[6] Osmanisches Türkisch war Amts- und Literatursprache des Osmanischen Reichs und ist eine Varietät des Westoghusischen, die sich in Anatolien entwickelte, nachdem Anatolien ab dem 11. Jahrhundert von Türken (Oghusen) besiedelt war.[7]

Die Anwendung des dynastischen und politischen Terminus „Osmanisch“ für die offizielle Sprache des osmanischen Staates war eine der Erneuerungen während der Reformperiode (Tanzimat) ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Staat als Grundlage eines modernisierten osmanischen Staates in der Bevölkerung das Gefühl einer gemeinsamen osmanischen Identität zu fördern versuchte.[8]

Inhaltsverzeichnis

Grammatik

Fälle

  • Nominativ und unbestimmter Akkusativ: endungslos (‏كولgöl – der See, ein See; ‏چوربهçorba - Suppe; ‏كيجهgėce - Nacht); ‏طاوشان كتورمشṭavşan getürmiş (Er brachte einen Hasen)
  • Genitiv: Antwort auf die Frage kimiñ / ‏كمڭ‎ (wessen?); die Genitivendung lautet ‏ڭ-iñ, -ıñ, -uñ, -üñ, nach Vokal tritt der Bindekonsonant -n- hinzu; Bsp.: ‏پاشاpaşa (der Pascha), ‏پاشانڭpaşanıñ (des Paschas)
  • Dativ: Antwort auf die Frage ‏نره يهnereye (wohin?)/kime (wem?); die Dativendung lautet ‏‎ bzw. ‏ه-e, -a, Bsp.: ‏كوزgöz (das Auge),‏كوزهgöze ((zu) dem Auge); nach Vokal tritt der Bindekonsonant ‏ى‎ -y- hinzu, Bsp.: ‏خواجهḫoca (der Hodscha), ‏خواجه يهḫocaya ((zu) dem Hodscha)
  • bestimmter Akkusativ: Antwort auf die Fragen ‏كمىkimi (wen?) und ‏نه يىneyi (was?); die Akkusativendung lautet ‏ى-i, ; die zusätzlichen varianten Akkusativendungen -u und wie im modernen Türkischen gibt es nicht im osmanischen Türkisch aufgrund der in diesem Fall fehlenden Labialharmonie (siehe Abschnitt Vokalharmonie), Bsp.: ‏كولىgöli (den See), nicht gölü wie im modernen Türkisch; ‏طاوشانى كتورمشṭavşanı getürmiş (Er brachte den Hasen)
  • Lokativ: Antwort auf die Frage ‏نره دهnerede (wo?); die Lokativendung ist ‏ده-de und -da, die zusätzlichen Varianten des modernen Türkisch -te und -ta gibt es nicht, Bsp.: ‏مكتبدهmektebde (in der Schule), ‏قفصدهḳafeṣde (im Käfig), ‏ناشدهbaşda (am Kopf, am Anfang), ‏شهردهşehirde (in der Stadt)
  • Ablativ: Antwort auf die Fragen ‏نره دنnereden (von wo?, woher?) und ‏ندنneden (warum?); die Endung ist ‏دن-den, -dan. Auch hier fehlen die Varianten -ten und -tan. Bsp.: ‏اكمكدنekmekden (vom Brot) ‏صباحدنṣabāḥdan (seit dem Morgen)
  • Instrumentalis: Antwort auf die Frage ne ile / ‏نه ايله‎ - womit?; die Endung ist ile / ‏ايله‎; nach Konsonant fällt der -i--Laut meist weg, die Endung ist dann je nach Vokalharmonie -le oder -laله‎; Bsp.: halk ile / ‏خلق ايله‎ → halkla / ‏خلقله‎ (mit dem Volk), eşim ile / ‏اشم ايله‎ → eşimle / ‏اشمله‎ (mit meinem Partner); bei der Zusammenschreibung nach Vokal entfällt nur das Elif, das -y- bleibt erhalten: ümidi ile / ‏اميدى ايله‎ → ümidiyle / ‏اميديله‎ (mit der Hoffnung), araba ile / ‏عربه ايله‎ → arabayla / ‏عربه يله‎ (mit dem Wagen); eine ältere auch heute noch anzutreffende Instrumentalis-Endung ist -len/-lan / ‏لن‎; weitere ältere Formen sind birle / ‏برله‎, bile / ‏بيله‎, birlen / ‏برلن‎ und eine in älteren Texten und heute sehr selten auftretende archaische Form -in / -ınين‎/‏ن‎; z.B. yazın / ‏يازن‎ (im Sommer/mit dem Sommer), gelmeksizin / ‏كلمكسزن‎ (ohne zu kommen), hoca olmağın / ‏خواجه اولمغن‎ (weil er Hodscha war / „mit dem Hodscha-Sein“)[9]

Vokalharmonie

Wie in fast allen Turksprachen gilt im osmanischen und modernen Türkisch die palatale Vokalharmonie. Die Palatalharmonie besagt, dass nach einem hellen Vokal (e, i, ö, ü) nur ein heller Vokal folgen kann, nach einem dunklen Vokal (a, ı, o, u) nur ein dunkler.

Die labiale Vokalharmonie (Labialharmonie), im modernen Türkisch zur Regel erhoben, wurde im osmanischen Türkisch jedoch oft nicht angewendet. Die Labialharmonie besagt, dass nach einem hellen runden Vokal (ö,ü) nur ein geschlossener runder heller Vokal (ü) folgen kann. Nach einem dunklen runden Vokal (o,u) folgt der geschlossene dunkle runde Vokal (u). Nach hellem breitem Vokal (e,i) folgt ein geschlossener heller breiter (i), nach dunklem breitem Vokal (a,ı) folgt ein geschlossener dunkler breiter (ı).[10] Beispiele: ‏ايوeyü, heute iyi (gut); ‏قاپوḳapu, heute kapı (Tür); ‏كوپرىköpri, heute köprü (Brücke); ‏آيوayu, heute ayı (Bär); ‏كلُرgelür, heute gelir (er kommt); ‏كروgerü, heute geri (zurück); ‏ييدُڭyėdüñ, heute yedin (du hast gegessen); ‏اناطولىAnaṭolı, heute Anadolu (Anatolien)

Konsonantenharmonie (Auslautverhärtung)

Wie im modernen Türkisch werden stimmlose Klusive ‏تt, ‏كk, ‏ق in ihre stimmhaften Entsprechungen umgewandelt, wenn ihnen ein Vokal folgt. Aus ‏تt wird ‏دd, aus ‏كk wird ‏ك‎ mit Aussprache ğ, aus ‏ق wird ‏غġ. Beispiele: aus dem t im Infinitiv ‏كتمكgitmek (gehen) wird d in gebeugter Form bei folgendem Vokal ‏كيدرgider (er geht); das k in ‏بٯيكbüyük (groß) wird zum ğ bei gebeugter Form bei folgendem Vokal ‏بٯيكمbüyüğüm (ich bin groß).

Sprachebenen

Praktisch betrachtet gab es (mindestens) drei Varianten der osmanischen Sprache:

  • Fasih Türkçe (Eloquentes Türkisch): Sprache der Verwaltung und der Poesie,
  • Orta Türkçe (Mittleres Türkisch): Sprache des Handels und der Oberschicht,
  • Kaba Türkçe (Vulgäres Türkisch): Sprache der unteren Schichten.

Die jeweiligen Varianten wurden je nach sozialem Kontext ausgewählt: Ein Schreiber verwendete bei seiner Arbeit beispielsweise das arabische asel (‏عسل‎) für „Honig“; auf dem Markt fragte er aber mit dem türkischen bal (‏بال‎) danach.

Geschichte

Die osmanische Sprache lässt sich in drei Entwicklungsstufen einteilen:

  • Eski Osmanlıca (Alt-Osmanisch): Bis ins 16. Jahrhundert gesprochen. Es war fast identisch mit dem von den Seldschuken verwendeten Türkisch und wird als Teil des Eski Anadolu Türkçesi (Altanatolisches Türkisch) angesehen.
  • Orta Osmanlıca (Mittel-Osmanisch) oder Klasik Osmanlıca (Klassisches Osmanisch): Sprache der Poesie und Verwaltung vom 16. Jahrhundert bis zu den Tanzimat-Reformen.
  • Yeni Osmanlıca (Neu-Osmanisch): Von den 1850er Jahren bis in das 20. Jahrhundert entwickelte Variante, die sich unter dem Einfluss der erstarkenden Printmedien sowie westlicher Literatur herausbildete.

Sprachreform

Die Ersetzung des osmanischen Türkisch durch das moderne Türkisch für offizielle Zwecke war ein Ergebnis der osmanischen Niederlage im Ersten Weltkrieg, die die Gründung der Türkischen Republik im Jahre 1923 nach sich zog. Im Rahmen seiner weitreichenden politischen Reformen initiierte Präsident Atatürk im Jahre 1928 auch eine Schriftreform, die das bisher benutzte arabische Alphabet durch die lateinische Schrift ersetzte. In den 1930ern wurde die Türk Dil Kurumu gegründet, deren Aufgabe es u.a. war, zahlreiche arabische und persische Lehnworte aus dem Türkischen zu entfernen und das Volkstürkische zu fördern. Manche arabischen und persischen Lehnworte sind gleichwohl neben ihren Synonymen mit türkischen Wurzeln nach wie vor in Gebrauch:

Deutsch Osmanisch Modernes Türkisch
Ursprung
arabisch türkisch persisch
notwendig واجب‎ vâcib vacip zorunlu
Mühsal مشکل‎ müşkül müşkül güçlük, zorluk
Stadt شهر‎ şehir kent şehir

Das letzte Beispiel zeigt im übrigen, dass die Sprachreform auch paradoxe Ergebnisse hervorbringen konnte. „Kent“ ist nämlich zwar ein Wort, das bereits im Alttürkischen gebraucht wurde und somit „urtürkisch“ ist, es ist aber auch im Alttürkischen bereits ein Lehnwort aus dem Sogdischen[11], wo es lange vor dem Auftreten der ersten Türken in Städtenamen wie Marakanda (= Samarkand) belegt ist.

Osmanisch und modernes Türkisch

Eine genaue Trennlinie zwischen osmanischem und modernem Türkisch lässt sich nicht ziehen. Osmanisch basiert auf dem Anatolischtürkischen (Oghusisch) und nahm gegen Ende des 15. Jahrhunderts arabische und persische Elemente auf. Dazu zählen Vokabeln und die Grammatik des Arabischen und Persischen. Die persischen und arabischen Grammatiken gelten allerdings hauptsächlich für übernommene arabische und persische Wörter. Für türkische Wörter wird nahezu ausschließlich die türkische Grammatik verwendet. Ausnahmen bilden die „berühmten Fehler“ (‏غلط مشهورġalaṭ-ı meşhūr). Für arabische und persische Wörter werden dagegen türkische, arabische und persische Grammatiken verwendet. Ein Beispiel für einen „berühmten Fehler“ ist es, türkische Wörter mittels Izafet-Verbindung zu verbinden. Die Izafet dient im Osmanischen dazu, ausschließlich übernommene arabische und persische Wörter zu verbinden. Ein Beispiel für einen „berühmten Fehler“ ist das mit dem türkischen Wort ‏دونانمهdonanma gebildete ‏دونانمه همايونdonanma-yı hümāyūn (großherrliche Flotte), der offizielle Name der osmanischen Marine. Es kommt auch vor, dass arabische und persische Sätze in osmanischtürkisches Satzgefüge eingebettet auftauchen. Die Schriftreform von 1928 ersetzte die arabische Schrift durch die lateinische. Die Gründung der Türk Dil Kurumu in den 1930ern, zu deren Aufgaben es gehörte, arabische und persische Elemente aus dem Türkischen zu entfernen, brachte nur eine langsame Änderung der türkischen Sprache mit sich. In der Juristensprache der Türkei herrscht noch heute osmanischer Stil mit reichlich arabischem Vokabular. Ähnlich sieht es auch in religiösen Texten aus. Arabische Worte und Floskeln werden in türkische religiöse Reden noch heute eingebunden. In der Alltagssprache hat sich die Sprache jedoch soweit geändert, dass heutige Generationen in Lateinschrift vorliegende osmanische Texte vom Ende des 19. Jahrhunderts bis Beginn des 20. Jahrhunderts kaum verstehen. Dies gilt auch für Texte von den 1930ern bis in die 1960er nach der Schriftreform.[12] Eine Folge der Sprachreform war, dass mit der Entfernung arabischer und persischer Lehnwörter auch die Izafet-Konstruktion obsolet geworden ist. Als Beispiel wurde Schicksal im Osmanischen mittels der Izafet ‏تقديرِ إلهtakdîr-i ilâhî ausgedrückt (wörtlich: die Vorherbestimmung des Göttlichen, also „göttliche Fügung“). Das moderne Türkisch verwendet hingegen ausschließlich die auch im Osmanischen vorhandene Konstruktion mit Adjektiv ilâhî takdîr.

Wenige ehemals mit der İzafet gebildete Worte haben sich heute als eigenständige Vokabeln eingebürgert. Das sind aynı / gleich, bazı / manche, gayri / un-. Diese Worte sind mit der İzafetendung verschmolzene Formen der arabischen Vokabeln ʿayn / ‏عين‎ (Selbst, Original), baʿḍ / ‏بعض‎ (Teil) und ġayr / ‏غير‎ (das Andere, nicht, un-). Beispiele für die ehemalige Bildung im Türkischen mittels İzafet: ‏عين كونده‎ (ʿayn-ı günde) / heute aynı günde / am gleichen Tag, ‏بعض يرلرده‎ (baʿż-ı yerlerde) / heute bazı yerlerde / an einigen Orten, ‏غير شكلده‎ (ġayr-ı şekilde) / heute gayrı şekilde / in anderer Form / in Unform.

Verschriftlichung

Alphabet

Osmanisch wurde in arabischer Schrift (‏الفباelifbâ) geschrieben. Zusätzlich wurden die von den Persern eingeführten vier Buchstaben ‏pe, ‏çim (Tsche), ‏gef (Gāf) und ‏je (Že) verwendet. Der Buchstabe ‏ñef im Osmanischen ist von den Osmanen selbst eingeführt worden. gef / ‏‎ und ñef / ‏‎ kommen in Handschriften kaum und in gedruckten Texten selten vor, da beim ersten Fall der diakritische Balken und im anderen Fall die diakritischen Punkte einfach weggelassen werden. Das je / ‏‎ kommt nur in Fremdwörtern vor, z.B. ejder / ‏اژدر‎ (Drache), jurnal / ‏ژورنال‎ (Zeitschrift).

isoliert Endposition Mittelposition Anfangsposition Name DMG-Transliteration EI2-Transliteration İA-Transliteration Modernes Türkisch Zahlwert
ا ـا ـا ا elif ʾ / ā ʾ / ā ʾ / ā e, a 1
ب ـب ـبـ بـ be b b b b, p 2
پ ـپ ـپـ پـ pe p p p p
ت ـت ـتـ تـ te t t t t 400
ث ـث ـثـ ثـ s̲e ṯ , s th s s 500
ج ـج ـجـ جـ cīm ǧ dj c c, ç 3
چ ـچ ـچـ چـ çīm č č ç ç
ح ـح ـحـ حـ ḥāʾ h 8
خ ـخ ـخـ خـ ḫı kh h 600
د ـد ـد د dāl d d d d, t 4
ذ ـذ ـذ ذ ẕāl ḏ , ẕ dh z 700
ر ـر ـر ر re r r r r 200
ز ـز ـز ز ze z z z z 7
ژ ـژ ـژ ژ je ž zh j j
س ـس ـسـ سـ sīn s s s s 60
ش ـش ـشـ شـ şīn š sh ş ş 300
ص ـص ـصـ صـ ṣād ṣ , s s 90
ض ـض ـضـ ضـ żād ḍ , ż ż d, z 800
ط ـط ـطـ طـ ṭāʾ ṭ , t , d t, d 9
ظ ـظ ـظـ ظـ ẓāʾ z 900
ع ـع ـعـ عـ ʿayn ʿ ʿ ʿ 70
غ ـغ ـغـ غـ ġayn ġ gh ġ g, ğ 1000
ف ـف ـفـ فـ fe f f f f 80
ق ـق ـقـ قـ ḳāf q k 100
ك ـك ـكـ كـ kef k, g, ŋ, j k, g, ñ k, g, ñ, ğ k, g, n, ğ 20
گ ـگ ـگـ گـ gef, kāf-ı fārsī g g g g, ğ
ـڭ ـڭـ ڭـ ñef, kāf-ı nūnī, sağır kef ŋ ñ ñ n
ل ـل ـلـ لـ lām l l l l 30
م ـم ـمـ مـ mīm m m m m 40
ن ـن ـنـ نـ nūn n n n n 50
و ـو ـو و vāv w w v v 6
ه ـه ـهـ هـ he h h h h 5
ی ـی ـیـ یـ ye y y y y 10

Umschriften

Die Deutsche Morgenländische Gesellschaft (DMG) legte beim 19. Internationalen Orientalistenkongress in Leipzig im Jahr 1935 Transliterationen von arabischer Schrift für arabisch-, persisch- und türkischsprachige Texte vor.[13] Die Transliteration für arabischsprachige Texte wurde 1936 zum Standard DIN 31635.

Im Falle des Türkischen gibt es keinen Standard, aber dafür einen Quasi-Standard für die Transliteration (İA) und einen für die Transkription (New Redhouse). Für die Transliteration türkischer Texte hat sich anstelle der DMG-Transliteration die Transliteration der İslâm Ansiklopedisi (İA) von 1940 durchgesetzt, die heute fast überall verwendet wird.[14] Neben der İA- und der DMG-Transliterationen gibt es noch die Transliteration der Encyclopaedia of Islam (EI2). Diese Transliteration gilt aber nur im englischsprachigen Raum und nur für persische und arabische Texte.

Für die Transkription (aussprachebasierte Umschrift) gelten das New Redhouse, Karl Steuerwald und Ferit Develioğlu als Standard. Für die aussprachebasierte Umschrift ist die Kenntnis der Aussprache im Türkischen unumgänglich. Das Problem bereiten dabei die Wörter arabischen und persischen Ursprungs, denn die werden im osmanischen Türkisch bis auf Ausnahmen so geschrieben wie im Original, aber den türkischen Lautverhältnissen entsprechend ausgesprochen, so dass es Unterschiede zwischen der Transliteration und der Transkription geben kann.[15] Am Beispiel von ‏ضعيف‎ /‚schwach‘ ist die Transliteration żaʿīf, die Transkription (Aussprache) ist dagegen zayıf.[16] Die obige Tabelle führt die Standardtransliteration der İA und die heutige Schreibweise gemäß New Redhouse auf, die für eine Transkription ganzer Worte behilflich sein kann.

Vokale und Sonderzeichen

Auch die Vokalzeichen (harekat) und Zusatzzeichen des arabischen Alphabets wurden verwendet (z.B. hamza/hemze, fatha/üstün, kasra/kesre etc.) Die Schreibschrift geschah durch Ligaturen, d. h. Buchstaben lagen nicht unbedingt auf einer Schreiblinie sondern übereinander, wobei auch das ‏lam-elif zu den Ligaturen gehört. Entlehnte Worte wurden so geschrieben wie im Original ohne Anpassung an die türkische Aussprache. Türkische Worte wurden dagegen auf zweierlei Weise geschrieben: die eine ahmte die arabische Schrifttradition nach und verwendete Vokalzeichen (harekat), wo es ging. Die andere ging auf die uighurische Schrifttradition zurück und verwendete gar keine arabischen Vokalzeichen. Vokale wurden unter ausschliesslicher Verwendung der Buchstaben ‏‎, ‏‎ und ‏‎ und ihrer Kombination gesetzt. Andere Schreiber verwendeten Mischformen, so sind in osmanischen Quellen auch Worte nachzuweisen, die ihre Vokale sowohl durch harekat als auch durch die genannten Konsonantenkombinationen ausdrücken.

Vokal- und Zusatzzeichen sind nicht Teil des Alphabets. Folgende Tabelle veranschaulicht sie:

Zeichen Name Transliteration Modernes Türkisch
hemze Vokalanlaut Vokalanlaut
َ üstün e / a e / a
ِ kesre / esre i / ı i / ı
ُ ötre / ötüre ü / u / ö / o ü / u / ö / o
ّ teşdīd / şedde Verdoppelung Verdoppelung
ْ sükūn Vokallosigkeit Vokallosigkeit
آ medde
hier mit tragendem elif gezeigt
ā a
ـٌ tenvīn (Nom.) -ün / -un -ün / -un
ـٍ tenvīn (Gen.) -in -in
ـً tenvīn (Akk.) -en / -an -en / -an

Außerdem gibt es noch das Verbindungszeichen Vaṣle, das in osmanischen Texten aber nur bei aus dem Arabischen stammenden Wörtern oder Wortgruppen vorkommt.

Die Vokalzeichen üstün, kesre und ötre stellen kurze Vokale dar, während ‏‎, ‏‎, ‏lange Vokale darstellen.

Ob die kurzen Vokale hell/palatal (e, i, ö, ü) oder dunkel/velar (a, ı, o, u) ausgesprochen werden, hängt von den sie umgebenden Konsonanten ab. Die Konsonanten ‏‎, ‏‎, ‏‎, ‏‎, ‏‎, ‏‎, ‏‎, ‏‎, ‏‎ verwandeln den Vokal in einen dunklen, die übrigen Konsonanten stehen mit hellem Vokal.

Zahlen

Zahlen wurden mit arabischen Ziffern geschrieben. Im Gegensatz zu Schriftzeichen werden Zahlzeichen von links nach rechts geschrieben. Die Ziffernzeichen werden anders als die Schrift nicht miteinander verbunden und werden im Zehnersystem aneinandergehängt. Folgende Tabelle zeigt alle Ziffern, als Beispiel für die Zusammensetzung die Zahl 10 und ihre Namen im Türkischen und modernen Türkischen:

Ziffer Osmanisch Modernes Türkisch
۰ صفر‎ ṣıfır sıfır
۱ بر‎ bir bir
۲ ايكى‎ iki iki
۳ اوچ‎ üç üç
٤ دورت‎ dört dört
٥ بش‎ beş beş
Ziffer/Zahl Osmanisch Modernes Türkisch
٦ آلتى‎ altı altı
٧ يدى‎ yedi yedi
٨ سكز‎ sekiz sekiz
٩ طقوز‎ ṭoḳuz dokuz
۱۰ اون‎ on on

Sonstiges

Es existieren auch Belege dafür, dass Osmanisch im armenischen Alphabet verschriftlicht wurde: Akabi beispielsweise wurde im Jahr 1851 von Vartan Pasha in armenischer Schrift publiziert. Auch als die armenische Familie Düzoğlu während der Herrschaft von Sultan Abd-ul-Mejid I. die Schatzmeisterei des Reiches unter sich hatte, wurden die Akten zwar in Osmanisch, aber in armenischer Schrift geführt. Andere Schriften, wie das griechische Alphabet oder die hebräische Schrift, wurden von nichtmuslimischen Gruppen im Reich verwendet; ein bedeutendes Beispiel dafür sind die Schriften der Karamanli, eine Volksgruppe, die einen Dialekt des Türkischen sprach, christlich war und in griechischer Schrift schrieb. Griechische Muslime wiederum schrieben die griechische Sprache in der osmanischen Schrift.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Lars Johanson,Éva Csató The Turkic languages, S. 82 Online
  2. Klaus Kreiser, Christoph Neumann Kleine Geschichte der Türkei, 2009, S. 21 - [...] die Sprachgruppe des Südwesttürkischen (u. a. Turkmenisch, Aserbaidschanisch, Osmanisch = >>Türkei-Türkisch<<) [...]).
  3. Edith G. Ambros/P. A. Andrews/Çiğdem Balim/L. Bazin/J. Cler/Peter B. Golden/Altan Gökalp/Barbara Flemming/G. Hazai/A. T. Karamustafa/Sigrid Kleinmichel/P. Zieme/Erik Jan Zürcher, Artikel Turks, in: Encyclopaedia of Islam, Brill, digitale Edition, Abschnitt II.i Languages – Introduction[…] The use of the term Turkic for the entire language family, while reserving the term Turkish for the idiom spoken in the area occupied by the Ottoman Empire […] and Turkey, is a contemporary development […].
  4. Margarete I. Ersen-Rasch Türkische Grammatik: für Anfänger und Fortgeschrittene, S.1 Online
  5. Celia Kerslake Ottoman Turkish in Lars Johanson,Éva Csató The Turkic languages, S. 180
  6. Korkut Buğday Osmanisch, S. xvii.
  7. Celia Kerslake Ottoman Turkish in Lars Johanson,Éva Csató The Turkic languages, S. 179
  8. Celia Kerslake Ottoman Turkish in Lars Johanson,Éva Csató The Turkic languages, S. 180
  9. Korkut Buğday Osmanisch, S. 34
  10. Korkut Buğday Osmanisch, S. 19
  11. Annemarie von Gabain, Alttürkische Grammatik, 1950, Glossar, S.313
  12. Korkut Buğday Osmanisch, S. xvii, S. xviii, S. 69
  13. Transkriptionskommission der DMG Die Transliteration der arabischen Schrift in ihrer Anwendung auf die Hauptliteratursprachen der islamischen Welt, S. 9
  14. Korkut Buğday Osmanisch, S. 2
  15. Korkut Buğday Osmanisch, S. 13
  16. Korkut Buğday Osmanisch, S. 12

Literatur

Weblinks


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