Panorama (Magazin)

Panorama (Magazin)
Seriendaten
Originaltitel Panorama
Panorama-Logo.svg
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Produktionsjahr(e) seit 1961
Produktions-
unternehmen
Norddeutscher Rundfunk
Länge 30 Minuten
Genre Politmagazin
Idee Rüdiger Proske
Gert von Paczensky (nach einer britischen Vorlage)
Moderation Anja Reschke (seit 2001)
Erstausstrahlung 4. Juni 1961 auf Deutsches Fernsehen

Panorama ist das älteste deutsche politische Fernsehmagazin. Die Erstausstrahlung fand am 4. Juni 1961 statt. Das Magazin wird vom Norddeutschen Rundfunk produziert und alle drei Wochen im Wechsel mit Monitor und Kontraste donnerstags um 21:45 Uhr auf Das Erste ausgestrahlt. Derzeit wird es von Anja Reschke moderiert.

Inhaltsverzeichnis

Hintergrund

Die Sendung wurde 1961 vom damaligen Hauptabteilungsleiter „Zeitgeschehen“ des NDR, Rüdiger Proske, ins Leben gerufen. Dabei orientierte er sich bezüglich des Formats und Konzepts und auf Empfehlung Werner Pleisters an der britischen Sendung BBC-Panorama, die in Großbritannien seit einiger Zeit sehr erfolgreich lief.

Panorama war das erste politische Magazin in der Bundesrepublik und wurde bald durch viele aufsehenerregende Berichte zum Politikum.

Formal herrschten zunächst Beiträge vor, die bebilderte Artikel der vom Zeitungsjournalismus herkommenden Autoren waren. Die Bebilderung oblag Realisatoren, darunter auch Klaus Wildenhahn, der hier - unterstützt durch die Cutterin Kirsten Wedemann - erste Experimente mit der TV-Reportage ausprobierte und seine Karriere als wichtiger Fernseh-Dokumentarist begann. Erst allmählich entwickelte sich so eine eigene Form der politischen Berichterstattung im Fernsehen.

Die kritische Berichterstattung war immer wieder Anlass, gegen Panorama vorzugehen. So wurde 1978 unter anderem wegen Berichten von Panorama über das Kernkraftwerk Brokdorf der NDR-Staatsvertrag aufgekündigt.

  • 1962 nahm die Polizei in Geldern ein Panorama-Team fest, das einen Beitrag über einen Lehrer drehte, der in der Zeit des Nationalsozialismus KZ-Aufseher gewesen war. Im Herbst des Jahres empörten sich zudem Mitarbeiter der Bundesregierung über „Entgleisungen“ und einseitige Berichte von Panorama, die ihrer Auffassung nach dazu dienten, „Maßnahmen der Bundesregierung zu torpedieren“. Dabei wurde die Ähnlichkeit des Panorama-Journalismus mit den „Methoden der Nationalsozialisten und Kommunisten vor 1933“ behauptet.[1]
  • 1974 fand eine Sendung ohne direkte Moderation aus der Redaktion um Peter Merseburger statt. Die Moderationstexte und die Erklärung dieses ungewöhnlichen Schritts vor der Sendung wurden vom Tagesschausprecher Joachim Brauner im Studio vor leeren Moderationstischen verlesen. Die ARD hatte aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Intendantenkonferenz einen Beitrag aus dem Programm genommen, die Redaktion drückte durch den Boykott ihren Protest aus. Der Beitrag stammte von Alice Schwarzer und handelte von einer tatsächlich und nach deutschem Strafrecht illegal vorgenommenen Abtreibung. Der NDR und Radio Bremen respektierten den Intendantenbeschluss, entschlossen sich jedoch daraufhin, den Beitrag in ihrem eigenen dritten Gemeinschaftsprogramm zu senden. Eingeleitet wurde er durch eine kurze Erklärung des NDR-Intendanten Martin Neuffer. Die Panorama-Redaktion empfand die so zwangsweise inhaltlich veränderte Sendung nicht mehr als eine, die sie selbst nach außen verantworten und präsentieren wollte.
  • 1978 deckte ein Bericht von Stefan Aust den Status und die Tätigkeit des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans-Karl Filbinger als Marinestabsrichter während der NS-Zeit auf und belegte, dass er noch kurz vor Kriegsende im April 1945 Todesurteile gegen fahnenflüchtige Marinesoldaten verhängt und unterschrieben hatte. Filbinger wies die Enthüllungen zunächst von sich und behauptete später, trotz Verhängung der Urteile angeblich darauf spekuliert zu haben, dass den Soldaten mit dem formalen Akt der Verhängung der Todesurteile das Leben gerettet worden sei, weil für ihn - Filbinger - das Kriegsende bereits absehbar gewesen sei, so dass den Betroffenen der Willkürakt der Erschießung ohne Urteilsverhängung erspart werden konnte und dass die Urteile nicht mehr vollstreckt werden würden. Wenige Wochen später trat er dennoch von seinem Amt als Ministerpräsident zurück.
  • 1982 verschwand während einer Livesendung ein von Stefan Aust erstellter Dokumentationsbeitrag, der bis dahin geheime Dokumente aus der Wohnung des wegen Verdachts des Landesverrats vom Dienst suspendierten bayerischen Staatsschutzchefs Hans Georg Langemann zeigen sollte. Eine Rekonstruktion des Beitrags wurde am nächsten Tag ausgestrahlt, aber das Original blieb verschwunden.
  • 1988 verhinderte der Anwalt von Oskar Lafontaine einen kritischen Bericht nur vier Minuten vor Sendebeginn.
  • Der 1988 thematisierte Barschel-Brief wurde kurz darauf in seiner Authentizität angezweifelt und stellte sich 1991 als Fälschung der Stasi heraus.
  • 1998 wurden der ARD nach einem kritischen Bericht alle Telekom-Werbeaufträge entzogen, der Boykott hielt aber nur wenige Monate.
  • 2003 wurde in Panorama der Verdacht geäußert, der damalige Hamburger Innensenator und Zweite Bürgermeister Ronald Schill habe Kokain zu sich genommen. Dies wurde allein durch die Aussage eines anonym gehaltenen Zeugen belegt, welcher sich wenig später als psychisch krank herausstellte. Das Magazin sendete dabei nur ein stummes Bewegtbild des Zeugen, dessen Aussage von einem NDR-Mitarbeiter nachgesprochen wurde. Schill erklärte eidesstattlich, er habe nie gekokst und konnte vor Gericht erwirken, dass der Panorama-Beitrag nicht mehr gesendet und die Behauptung, er habe gekokst, nicht mehr wiederholt werden durfte. Eine Haarprobe konnte er später als negativ präsentieren.[2] Das in Kabaretts und Boulevard-Zeitungen noch oft erwähnte Koks-Gerücht konnte trotz der kritisierten mangelnden Sorgfalt in den ursprünglichen Recherchen von Panorama vier Jahre später belegt werden.[3]
  • 2007 sendete Panorama einen Beitrag mit dem Titel „Morden und Foltern als Freizeitspaß – Killerspiele im Internet“, welcher in der PC-Spieler-Szene Entrüstung hervorrief, da sich die Spieler von Computerspielen mit Vergewaltigern und Neonazis gleichgesetzt sahen.[4] Unter anderem wurden im Bericht Bilder von Spielen gezeigt, die in Deutschland keine Jugendfreigabe haben oder mit inoffiziellen Modifikationen versehen waren, ohne dass darauf hingewiesen wurde, dass diese Modifikationen nicht durch den Spielehersteller vorgenommen wurden und teilweise in Deutschland verboten seien. Außerdem seien verfassungsfeindliche Symbole in die Spielumgebung eingebracht worden, und Sexszenen mit Spielfiguren seien durch die Autoren falsch als Vergewaltigungen dargestellt worden. Die im Panorama-Beitrag interviewten Spieler warfen Panorama vor, ihre Aussagen aus dem Kontext gerissen und irreführend dargestellt zu haben.[5] Das Onlinemagazin Telepolis wies darauf hin, dass der Bericht stark durch das Unternehmen Pan Amp beeinflusst sei, das damit eigene Interessen verfolge: Der in dem Bericht als „Killerspiel-Experte“ auftretende Vertreter der Firma hatte Panorama bereits mehrfach zu Internet-Themen beraten, zu der Pan Amp selbst Produkte, namentlich Internetfilter, anbiete.[6]

Bisherige Moderatoren

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Tim Schanetzky: Adenauerzeit (Teil 4). Als die Journalisten frech wurden. In: Die Zeit Nr. 44 vom 22. Oktober 2009.
  2. Schill-Gutachten: Keine Hinweise auf Kokain. In: Welt Online, 15. Januar 2004.
  3. Jürgen Schmieder: Ronald Schill. Kokain und Hasstiraden. In: Sueddeutsche.de, 9. März 2008. Vgl. Hans Leyendecker: Wer ist da geschockt? Schill, das Kokain, der NDR – und eine alte Rechnung. In: Süddeutsche Zeitung, 10. Februar 2008, S. 15; und Hans Leyendecker: Ronald Schill. Der letzte Rausch in Rio. In: Süddeutsche Zeitung, 8. März 2008.
  4. Panorama-Forum [1] & [2].
  5. Thomas Lindemann: Kulturkampf. Der ungerechte Kreuzzug gegen die Videospiele. In: Welt Online, 14. Januar 2008.
  6. Bastian Birke: Panorama, „Killerspiele“ und die Filter-Firma. In: Telepolis, 28. Februar 2007.

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