Paradoxon der schwachen jungen Sonne

Paradoxon der schwachen jungen Sonne

Das Paradoxon der schwachen jungen Sonne bezeichnet den Widerspruch zwischen der in den vergangenen 3,8 Mrd. Jahren deutlich geringeren Strahlungsleistung der jungen Sonne und eindeutigen Hinweisen auf ein wärmeres Klima in der frühen Erdgeschichte.[1][2] Zieht man nur die etwa 30 % geringere Strahlungsleistung der Sonne in Betracht, hätte Wasser in der Frühzeit an der Erdoberfläche nur als Eis vorkommen können. Den geologischen Erkenntnissen zufolge war die Oberflächentemperatur fast während der gesamten frühen Klimageschichte der Erde wärmer als heute.

Als The Faint Young Sun Paradox wurde der Begriff 1972 von dem Astronomen und Buchautor Carl Sagan im englischen Sprachraum geprägt und hat sich seitdem etabliert.[sm 1] Ursachen und Folgen des Paradoxons werfen fächerübergreifende Fragen in Geologie, Astrophysik, Biologie, Klimatologie und Atmosphärenphysik auf. Es spielt eine zentrale Rolle für Entstehung und Dauerhaftigkeit von Leben auf der Erde und ist ein wichtiger Aspekt beim Vergleich mit anderen Planeten.[jk 1]

Sonnenentwicklung von Anfang bis in die ferne Zukunft, die blaue Linie bezeichnet den Verlauf der Leuchtkraft in Relation zur heutigen Leuchtkraft. Zu Beginn (links) war diese etwa 30% geringer als gegenwärtig (links von der Mitte). In ferner Zukunft wird die Strahlungsleistung der Sonne weiter ansteigen und die Sonne als Roter Riese über die Erdbahn hinaus anwachsen
Rekonstruktion des mittleren Temperatur- und Niederschlagsverlaufs der Erde seit Anbeginn (links) vor 3,8 Milliarden Jahren bis zur Gegenwart. E = Eiszeitalter, E (unterstrichen) = Eiszeitalter mit Eisbildungen an den geographischen Polen, W = eisfreies Warmklima.

Inhaltsverzeichnis

Überblick

Vulkanausbruch des Pinatubo

Für die Existenz des Paradoxons werden natürliche Faktoren herangezogen, die bis zur Gegenwart eine Rolle im Klimageschehen auf der Erde einnehmen. Das Paradoxon setzt zu einer Zeit an, in der eine erste Atmosphäre gerade entstanden war und dauert über mehrere Milliarden Jahre fort, in denen sich erste Kontinente und Ozeane bildeten.

Der Treibhauseffekt und hohe Konzentrationen wirksamer Treibhausgase bereits in der Frühzeit der Entwicklung von Erde und Atmosphäre werden in den meisten Studien für die Lösung des Paradoxons und der Entstehung einer warmen jungen Erde als wesentlich angesehen; genaue Konzentrationsangaben über die damals vorliegende Konzentration an Treibhausgasen gibt es jedoch nicht.[gorm 1][3] Wenngleich erhebliche Unsicherheiten verbleiben, haben sich die Vorstellungen zur Zusammensetzung der Atmosphäre und dem Klima der frühen Erde seit den 1970er Jahren erheblich weiterentwickelt.[3]

2009 wurde eine mögliche Erklärung des Paradoxons über einen photochemisch stabilen Beitrag sulfidischer, höchst wirksamer Treibhausgase veröffentlicht. Die Studie verspricht weitere Erkenntnisse zur Entstehung und Zusammensetzung der frühen, insbesondere vor einem Erdalter von 2,4 Milliarden Jahren reduzierenden Atmosphäre.

Unterschiede in Bahnparametern der Erde gegenüber heute werden von Vivien Gornitz als mögliche Erklärung angeführt.[gorm 1]

Eine 2003 vorgebrachte alternative Erklärung des Paradoxons und der globalen Warm- und Eiszeiten über einen Klimaeinfluss der Kosmischen Strahlung hat eine kontrovers geführte Debatte hervorgerufen und die Forschung zu der zugrundeliegenden Hypothese intensiviert. Ein klimabestimmender Einfluss kosmischer Strahlung konnte in Folgestudien jedoch nicht bestätigt werden. Theorien, die eine Entstehung des Lebens auf der Erde und anderen Himmelskörpern unter kalten Bedingungen für möglich erachten und Theorien, bei denen eine größere Strahlungsleistung der Sonne als bei vergleichbaren Sternen angenommen wird, werden ebenso als unwahrscheinlich betrachtet.

Das Klima wie die Zusammensetzung und Reaktionen in den verschiedenen Atmosphären der frühen geologischen Vergangenheit ist nur mit großem methodischen Aufwand und hoher Messungenauigkeit nachzuvollziehen; Fehlinterpretationen sind in diesem Zusammenhang leicht möglich.

Erd- und klimageschichtlicher Hintergrund

Vor der Hypothese eines Großen Bombardements der Erde durch Asteroiden und Kometen zwischen 4,1 bis 3,8 Milliarden wurde allgemein angenommen, die Erde sei zuvor generell glutflüssig gewesen. Zur Erdwärme und zur geologischen Dynamik der Erde tragen zu einem erheblichen Anteil Restwärme aus der Zeit der Erdentstehung, radioaktive Zerfallsprozesse und kinetische Energie aus der Bewegung der Erde um ihre eigene Achse bei. Die Erdkruste und der Erdmantel wirken isolierend; die an den Weltraum abgegebene Energie ist um Größenordnungen kleiner als die Sonneneinstrahlung.

Bei der ersten Atmosphäre vor über vier Milliarden Jahren wird angenommen, sie hätte ähnlich wie heutige Vulkanausgasungen größtenteils aus Wasserdampf (H2O) und zu kleineren Anteilen aus Kohlenstoffdioxid (CO2) und Schwefelwasserstoff (H2S) sowie kleineren Anteilen von Stickstoff (N2), Wasserstoff (H2), Kohlenmonoxid (CO), Helium, Methan und Ammoniak bestanden. Umstritten ist, wann es zur Bildung eines ersten Urozeans kam und die Erdoberfläche abgekühlt genug war, um Niederschläge zuzulassen. Möglicherweise stammen vorher gebildete Gesteine aus den bereits stärker abgekühlten fremden Himmelskörpern, diese stellen eine mögliche Herkunftsquelle des irdischen Wassers dar. Bereits vor 3,8 Milliarden Jahren sind eindeutig Spuren flüssigen Wassers nachzuweisen.[4] Hinweise auf Leben auf der Erde gibt es seit mindestens 3,5 Milliarden Jahren.

Ein wichtiger Einschnitt stellt eine weltweite Vereisung vor etwa 2,4 Milliarden Jahren dar. Es folgte eine längere Warmzeit, scherzhaft als boring billion (langweilige Milliarde) bezeichnet[jko 1], die bedeutende Rätsel aufgibt. Erst danach, seit etwa einer Milliarde Jahre wechseln sich bis zur Gegenwart globale Kalt- und Warmzeiten in regelmäßigen Abständen ab.

Einfluss der Atmosphäre

Überblicksdarstellung des Treibhauseffekts. Kurzwellige Strahlung der Sonne trifft auf die Atmosphäre und Erdoberfläche. Langwellige Strahlung wird von der Erdoberfläche abgestrahlt und in der Atmosphäre fast vollständig absorbiert. Die Zahlen geben die aktuelle Leistung in Watt/Quadratmeter an

Die Treibhauswirkung rührt von einer unterschiedlichen Durchlässigkeit für den kurzwelligen (vor allem ankommenden) Anteil der Sonnenstrahlung gegenüber der langwelligen (vor allem reflektierten) Wärmestrahlung her. In der Erdatmosphäre haben klimawirksame Treibhausgase wie Wasserdampf, Kohlenstoffdioxid, Methan und Ozon seit Anbeginn zentralen Einfluss auf die Klimageschichte und das Klima. Der natürliche Treibhauseffekt hebt die durchschnittliche Temperatur an der Erdoberfläche heute um etwa 33 °C auf +15 °C an. Ohne diesen natürlichen Treibhauseffekt hätte die heutige untere Erdatmosphäre im globalen Mittel nur −18 °C und wäre äußerst lebensfeindlich. Mit der heutigen Zusammensetzung der Atmosphäre wäre die Oberflächentemperatur zu Anfang der Erdgeschichte jedoch deutlich unter dem Gefrierpunkt von Wasser gelegen.

Ein über mehrere Milliarden Jahre weitgehend stabiles Klima setzt wirkungsvolle Regelmechanismen voraus.[jk 1] Wasser in seinen verschiedenen Aggregatzuständen alleine wirkt einer Abkühlung durch eine geringere Strahlungsleistung der Sonne nicht entgegen.[jko 2]

Die beobachteten Klimaveränderungen müssen deshalb durch die Einwirkung anderer Faktoren, wie z.B. die Wolkenbildung, erklärt werden. So kühlen niedrige Wolken die Erdoberfläche durch ihre Sonnenreflexion, hohe Wolken wärmen hingegen. Die Wolkenbildung wird u.a. von Kondensationskeimen, feinen Partikeln und Spurengasen beeinflusst. Eine wichtige Rolle spielt hier der Vulkanismus und dabei in die Atmosphäre verbrachte Gase, Stäube und Aerosole sowie die Folgen von Leben im weitesten Sinne.

Die Aktivität von Vegetation, die Erosion und Verwitterung hat über die Bildung und Beschaffenheit von Lockergestein und Böden Einfluss auf die Reflexionseigenschaften der Erdoberfläche sowie die Verdunstung und damit auf Wolkenbildung und Klima.[ipcc 1]

Klimaeinfluss haben daneben die Parameter der Erdbahn und der Erdachse in Bezug auf die Sonne. So werden Eis- und Warmzeiten der jüngeren Zeit bevorzugt über die im Rahmen der Milanković-Zyklen regelmäßig veränderte Erdbahngeometrie gedeutet.[ipcc 2]

Klimaeinfluss der Lage und Bildung von Ozeanen und Kontinenten

Lage der Kontinente im mittleren Ordovizium, zwischenzeitliche starke Vereisung
Lage der Kontinente im späten Jura

Die Plattentektonik der Erde und die damit verbundene wechselnde Verteilung von Kontinenten und Gebirgen ist mit entscheidend über die dauerhafte Bildung von Gletschern, die Auswirkungen und den Charakter von Niederschlägen und Meeresströmungen. Sie ist eine Besonderheit der Erde gegenüber Venus und Mars, die entsprechende tektonische Veränderungen nicht oder nur in der Vergangenheit aufgewiesen haben. Die Tektonik kann Klimawirkungen auslösen, etwa wenn erhöhte Temperaturen an einer Stelle zu mehr Verdunstung und andernorts zu mehr Niederschlag und Gletscherbildung beitragen oder vormals maritime oder trockenkalte Regionen von Land oder Gebirgen bedeckt werden und umgekehrt. Genauso trägt eine Verlagerung kontinentaler Platten in die Polarregionen samt Veränderungen bei Meeresströmungen wie etwa dem Golfstrom global und regional zu erheblichen Klimawirkungen bei. Bei keinen oder nur geringen Landmassen wäre auf Basis eines einfachen Modells der Meeresströmungen eine zusätzliche Erwärmung von etwa 4 °C anzunehmen.[ns 1]

Verlauf
Unter Geowissenschaftlern umstritten ist nach wie vor die Bildung eines ersten Kontinents, Ur, der nur etwa so groß wie das heutige Australien gewesen sein sollte, bereits vor etwa 3 Milliarden Jahren. Gesteine einzelner Inseln in einem durch die frühen Hydrosphäre gebildetem Urozean sind möglicherweise im Nuvvuagittuq-Grünsteingürtel auf Grönland erhalten. Etwas weniger fraglich ist die Bildung von Kenorland als erstem Superkontinent, die genau zur Zeit der archaisischen Vereisung 2,45 Milliarden Jahre vor unserer Zeit begann. Erst vor einer Milliarde Jahren, mit dem Neoproterozoikum, kam es zum Zusammenschluss des ersten Superkontinents Rodinia, ebenfalls in zeitlichem Zusammenhang mit einer bedeutenden Vereisung. Seit dem, bis in das heute andauernde Erdzeitalter, dem Phanerozoikum, wechseln sich Kalt- und Warmzeiten regelmäßig ab. Kontinente und größere Inseln im Umfeld der Polargebiete erscheinen dabei als wichtiger Faktor für stärkere Kaltzeiten. Eine bedeutende derartige Vereisung fand im mittleren Ordovizium statt, die moderate Kaltzeit zwischen Jura und Kreide vor etwa 150 Millionen Jahren fällt mit dem Auseinanderbrechen des zuvor gebildeten Superkontinents Gondwana zusammen.

Deutungen des Paradoxons über Treibhauseffekte

Überblick

Sagan und Mullen[sm 1] schlugen zunächst eine klimaaktive Rolle von Ammoniak (=NH3) in der frühen Atmosphäre als Lösung des Paradoxons vor. Jedoch besitzt Ammoniak in der Erdatmosphäre nur eine geringe Verweildauer und wird unter anderem durch photochemische Vorgänge zersetzt. Sagan und Chyba postulierten daher eine organische Schutzschicht, ähnlich wie bei der Atmosphäre des Saturnmondes Titan,[5] die die Stabilität des Ammoniaks erhöht haben könnte.[6]. Eine stark ammoniakhaltige Atmosphäre wird auch bei einigen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems angenommen.

Als Erklärung für das Paradoxon wurde die Ammoniakhypothese bald zugunsten eines erheblich höheren (Faktor Zehntausend) Anteils von CO2 in frühester Zeit verdrängt. Diese Theorie war bis in die frühen 1990er Jahre vorherrschend.[jko 2] Aufgrund von Widersprüchen mit geochemischen Erkenntnissen[7] wurde alsbald nach alternativen Ursachen gesucht. Andere Autoren schlugen für erhöhte Anteile und Mischungen weitere Klimagase vor, die unter anderem in Ausgasungen von Vulkanen bis in die Gegenwart vorkommen und sehr wirkungsvolle Treibhausgase sind. Dazu gehören Lachgas N2O oder insbesondere Methan, Ethan und andere Kohlenwasserstoffe[jh 1] sowie verschiedene Schwefelverbindungen.[jko 2] Die Frage der photochemischen Stabilität stellt sich bei den sehr klimawirksamen Kohlenwasserstoffen und Sulfiden ebenso. Begrenzende Faktoren sind die Verweildauer und Stabilität der unterschiedlichen Gase in den verschiedenen Schichten der Atmosphäre sowie die Interaktion untereinander.

Deutung über extremes Kohlendioxidtreibhaus

Wolkenbedeckung der Venus
Dünne Atmosphäre des Mars

Wenn das heute in Kalkstein gespeicherten CO2 gänzlich in die Atmosphäre entlassen würde, wäre es in der Atmosphäre mit mehr als dem Zehntausendfachen des heutigen Wertes zu finden und würde mehrere Bar Partialdruck einnehmen.[jk 1]Eine allmähliche Abnahme eines solchen extremen Treibhauses genau parallel der Zunahme der Sonnenleistung sollte das Paradoxon lösen – 1979 vermutete der Astrophysiker Michael H. Hart, dass die Erde genau diesen Weg genommen hätte.[8] Harts Berechnungen zufolge sei diese allmähliche Abnahme zwischen der ersten Bildung der Atmosphäre vor 4,6 Milliarden Jahren bis zum Einpendeln der Strahlungsleistung der Sonne auf heutigem Niveau extrem unwahrscheinlich und instabil. Die Erde hätte sich demnach bei nur wenigen Prozent Ab- oder Zunahme in ein überhitztes Runaway Greenhouse[9] wie bei der Venus oder in einen komplett überfrorenen Schneeball Erde beziehungsweise einem marsähnlichen, für Leben zu kalten wüsten Planeten mit nur geringer Atmosphäre verwandelt. Hart prägte dabei den Begriff der Continously Habitable Zone (CHZ)[10] – die Entstehung des Lebens war demnach nur möglich, weil sich die Erde genau in dem Abstand zur Sonne befand, der dies erlaubte. Er nahm an, dass die CHZ auf etwa dem Erdabstand zur Sonne, also einer Astronomischen Einheit begrenzt ist. Die extreme Instabilität und Unwahrscheinlichkeit des Ablaufs wie des Standorts nutzte Hart zu der vielbeachteteten These (vgl. Fermi-Paradoxon), dass Leben außerhalb der Erde in der gesamten Milchstraße und womöglich im ganzen Universum extrem unwahrscheinlich sei.[jk 1] Der These einer anfänglich extrem hohen, nur allmählichen Abnahme der Konzentration von CO2 steht, worauf James F. Kasting und andere hinweisen, das in der frühen Klimageschichte einmalige „Archaische Eiszeitalter“[11] vor 2,4 Milliarden Jahren entgegen.[jh 1] Den geologischen Ablagerungen und Klimazeigern zufolge blieb das verhältnismäßig warme Klima danach durchgehend bis etwa 1 Milliarde Jahre vor unserer Zeit erhalten. Erst danach wechselten sich globale Vereisungen und Warmzeiten periodisch ab.

Deutungen über Mischungen verschiedener Treibhausgase

Jacob D. Haqq-Misra und andere (inklusive Kasting) favorisierten statt einem reinen Kohlendioxidtreibhaus 2007 ein Gemisch aus Methan (CH4), Wasserdampf und Kohlendioxid.[jh 1]2000 hatte Kasting zusammen mit Pavlov die Rolle von CH4 betont[12] und hatten 2001 die Abschirmung von Ammoniak durch organische Spurengase in der Uratmosphäre bezweifelt.[13]

Pavlov und Kasting hatten 2000 und 2003 eine methanreiche Atmosphäre nach 2,4 Milliarden Jahren in die Diskussion zum Paradoxon angeführt.[14]. Diese setzt einen sulfidischen Ozean voraus, was von Holland 2006 geochemisch bestritten wird. Kasting spricht den Widerspruch an und resümiert “We leave this issue to be sorted out elsewhere” (Kasting und Ono 2006[jko 2], deutsch: „Diese Fragestellung überlassen wir einer Klärung anderenorts“)

Deutung des Paradoxons über Carbonylsulfid

Yuichiro Ueno, Matthew S. Johnson et al. veröffentlichten im August 2009 Untersuchungen zum Verhältnis von Schwefelisotopen in Gesteinen des Pilbara-Kratons, das aus der Frühzeit der Erde stammt.[UE 1] Die Gruppe untersuchte spektralanalytisch eine Reihe von Klimagasen, die in heutigen Vulkanausgasungen vorkommen auf deren Verhalten im Bereich des Ultraviolett. Demnach hätte sich speziell Carbonylsulfid OCS in einer frühen, reduzierenden Erdatmosphäre ansammeln können und so das Paradoxon ausgleichen können. Die Verteilungsraten für verschiedene Schwefelisotope in Gesteinen konnten den Autoren zufolge als sehr guter Nachweis für die unterschiedliche Zusammensetzung der frühen Atmosphäre verwendet werden.

Die photolytische Zersetzung von Schwefeldioxid war zuvor als begrenzender Faktor angenommen worden. OCS als wirkungsvolles und stabiles Treibhausgas ist darüber hinaus im Gegensatz zu anderen in der Lage, die Zersetzung des ebenfalls klimawirksamen Schwefeldioxids zu verhindern.[UE 1] Die Untersuchungen an den schwefelhaltigen Sedimenten wurden zu verschiedenen Szenarien der Abschirmung des ultravioletten Lichts in Bezug gesetzt. Den Autoren zufolge ist die in den Gesteinen aufgefundene auffällige Anreicherung des Schwefelisotops33S nur mit der Anwesenheit von OCS in der damaligen Atmosphäre und dessen spezifischer abschirmenden Wirkung zu erklären.[UE 1]

Mit OCS kann den Autoren nach das Paradoxon bis zur starken Abkühlung im späten Archaikum vor 2,4 Milliarden Jahren gedeutet werden.[UE 1]. Dabei interpretieren die Autoren dieses Archaisches Eiszeitalter (huronische Vereisung wegen der insbesondere in Kanada vorgefundenen, vermutlich gletscherbedingten Diamiktite) mit den von frühen Lebensformen damals zunehmenden freigesetzten Sauerstoff. Vor der globalen Eiszeit um 2,4 Milliarden Jahren gibt es nur einzelne Hinweise auf gelegentlich vorhandenen freien Sauerstoff.[jko 2] In Übereinstimmung mit der OCS-Hypothese wird der generelle Wechsel von reduzierender zu oxidierender Atmosphäre auf dieses zeitliche Umfeld gelegt.[jko 2] Die für OCS notwendige reduzierende Atmosphäre ist danach nicht mehr gegeben.

Kasting diskutierte bereits 2006 differenzierte geochemische Befunde zur Rolle von Schwefelverbindungen in der archaischen Atmosphäre.[jko 2]. Er verwies dabei insbesondere auf die nur zeitweise (nach 2,4 und vor 3,2 Milliarden vor unserer Zeit) vorkommenden Barytvorkommen. Demnach (Baryt ist ein extrem schwerlösliches Sulfat) wäre die Abscheidung von SO2 zeitlich begrenzt nur zwischen 3,2 und 2.4 Ga verhindert worden.

Vorgeschlagene Regelmechanismen

Der Carbonat-Silicat-Zyklus gilt als zentraler negativer (im Sinne der Regelungstechnik) und gegensteuernder Regelmechanismus für die klimaaktiven Treibhausgase. Mit ihm wird die Verwitterung von Silikaten und die Kohlendioxidkonzentration in Ozeanen und Atmosphäre mit der Ablagerung und Wiederaufarbeitung von Karbonatgestein auf den Kontinenten wie in den Ozeanen verknüpft.[15][16] Nach Walker ist speziell in der Erdfrühgeschichte die anfänglich hohe Konzentration des Treibhausgases mit der Bildung von Kontinenten nach etwa einer Milliarde Jahren[17] durch die Ablagerung großer Menge Karbonate abgebaut worden. Anschließend wird eine Wechselwirkung zwischen Erwärmung durch den Treibhauseffekt von Kohlendioxid in der Atmosphäre, vermehrte Silikatverwitterung, anschließend erhöhte Abkühlung durch Bildung von Karbonaten und Erwärmung nach erneuter Ausgasung von Kohlendioxid durch vulkanische Vorgänge angenommen.

Astrophysikalische Deutungen

Möglicher Klimaeinfluss der galaktischen kosmischen Strahlung

Spiralarme der Milchstraße

Der israelische Astrophysiker Nir Shaviv deutet das Paradox durch die Einbeziehung von Sonnenwind und galaktischer kosmischer Strahlung auf das frühe Erdklima.[ns 1]Er bezieht sich dabei auf die umstrittene Hypothese von Henrik Svensmark zum Klimaeinfluss Kosmischer Strahlung. Demnach trage stärkere kosmische Strahlung durch vermehrte Wolkenbildung zu einer Abkühlung bei. Der stärkere Sonnenwind der jungen Sonne hätte die Erde zunächst vor der galaktischen kosmischen Strahlung abgeschirmt. Im Zusammenspiel mit einer moderaten Menge an Treibhausgasen wie Wasserdampf, Methan, CO2 und anderen reiche dies aus, um eine kontinuierliche Warmzeit zu erklären.[ns 1] Die kalte Phase um 2,4 Milliarden Jahren stimme mit einer damals erhöhten galaktischen kosmischen Strahlung durch erhöhte Sternbildungsraten in der Milchstraße überein. Ein Beitrag von Klimagasen, insbesondere Kohlendioxid wird nicht abgestritten, aber dessen Wirksamkeit, die Klimasensitivität im untersten Bereich der vom Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC angegebenen Bandbreite angesiedelt.[ns 1] Eine erhöhte Sternbildungsrate fände sich zudem zu Zeiten einer vermuteten Schneeball Erde vor knapp einer Milliarde Jahren.[JV 1]

Für den Zeitverlauf danach verweist Shaviv auf das seither eingetretenen Reifestadium der Sonne mit einer der heutigen entsprechenden Strahlungsintensität. In seiner Deutung des Paradoxons über den kosmischen Strahlungseinfluss sieht er die parallel alle 143±10 Millionen Jahre stattfindenden Spiraldurchgänge des Sonnensystems durch die Milchstraße als Ursache für Wechsel von Kalt- und Warmzeiten. Dieser findet seitdem im globalen Maßstab im Abstand von etwa 135±9 Millionen Jahre statt. Der Einfluss der Spiralarmdurchgänge wäre zuvor durch den erhöhten Sonnenwind abgeschirmt gewesen.[ns 1]Zudem seien Zeiten mit erhöhten Sternbildungsraten und entsprechend verstärkter kosmischer Strahlung mit verschiedenen globalen Eiszeiten korreliert.[nsna 1] Eine im Jahr 2009 erschienene Studie testete die Hypothese mit Hilfe eines genaueren, auf CO-Daten basierenden Ansatz und fand keinerlei Hinweise auf den von Shaviv et al. postulierten Zusammenhang.[18]

Neuere Arbeiten zu dem Zusammenhang, so im dänischen SKY Experiment untersuchen speziell das Zusammenspiel von schwefelhaltigen Aerosolen mit kosmischer Strahlung in höheren Schichten der Atmosphäre[19], ähnlich beim CLOUD Projekt beim Forschungszentrum CERN.[20] 2010 stellte ein Forscherteam um Frank Arnold vom Max-Planck-Institut für Kernphysik bei Untersuchungen von sechs markanten Forbush-Ereignissen keinerlei Korrelation zwischen Wolkenbedeckung und Ionenkonzentration fest. Dieses Ergebnis steht in unmittelbarem Widerspruch zu einer zentralen Annahme von Svensmarks Theorie, derzufolge durch kosmische Strahlung entstandene Ionen über die Bildung von Kondensationskeimen auf die Wolkenbildung Einfluss nehmen würden.[21]

Bahnparameter und Erdrotation

Veranschaulichung der Erdrotation
Entstehung des Mondes und Beschleunigung der Erdrotation durch eine mögliche Kollision zwischen der Erde und Theia. Sicht auf den Nordpol.

Die nach wie vor leicht variierende Neigung der Erdachse zur Ekliptik hat einen erheblichen Klimaeinfluss.[gorm 1] Eine höhere Schiefe der Erdachse in der Frühzeit wird von einigen Studien als mögliche Erklärung für höhere Temperaturen in der Frühzeit der Erde angegeben.[gorm 1]

Weitere mögliche Einflussfaktoren sind eine ehemals schnellere Erdrotation. Mit einer Tageslänge von 14 Stunden pro Tag wären 1,5 °C Temperaturerhöhung anzunehmen.[ns 1]Für das Paradoxon selbst[ns 1] wie den gesamten Zeitverlauf in den ersten drei Milliarden Jahren und zur Deutung des regelmäßigen Wechsels von Eis- und Warmzeiten in der Folge genügen diese Einflüsse nicht.[vk 1] Einen möglichen Einfluss auf die Erdrotation wie auf Klima und Vulkanismus bis hin zur Entstehung des Mondes hatte einer vielbeachteten Hypothese zufolge der Einschlag von Theia (Planet) in der Erdfrühzeit.

Vermutung einer starken, jungen Sonne

Im Zusammenhang mit dem Paradoxon wurde eine höhere frühe Strahlungsleistung der Sonne – abweichend von astrophysikalischem Standardmodell – diskutiert.[gr 1] Eine moderat (10 %) schwerere Sonne reicht im Vergleich zum Standardmodell aus, um das Paradoxon in der unmittelbaren Frühzeit auszugleichen. Für eine solche Hypothese sprechen laut Thomas Graedel bei der Sonne und anderen Sternen auffällige Abreicherung von Spurenelementen wie Beryllium.[gr 1] Gegen die Annahme sprechen der lange und gleichmäßige Verlauf des frühen warmen Klimas über mehrere Milliarden Jahre. Ein höheres Anfangsgewicht hätte aufgrund der Standardannahmen zur Seismik der Sonne eine nur kurzzeitige, erheblich erhöhte Strahlungsleistung über nur wenige hundert Millionen Jahre zur Folge gehabt[ns 1], indirekt abgeschätzte Masseverluste der frühen Sonne sind anderen zufolge dafür zu klein.[22] Das erhöhte Anfangsgewicht konnte bei Vergleichsmessungen einzelner Indikatoren an benachbarten, heute jungen Sonnen nicht bestätigt werden.[23][24]

Wird dem Aktualismusprinzip der Naturgeschichte zufolge die Geschichte der Sonne mit dem Verlauf bei anderen, benachbarten Sternen in verschiedenen Altersstufen gleichgesetzt, ergibt sich ein gleichmäßiger Masseverlust, der das Paradoxon zu keiner Phase erklären kann.[ns 1]

Eine über drei Milliarden Jahre gleichmäßig starke junge Sonne steht zudem mit der anderweitig gesicherten Klimageschichte, so den zeitweisen Vergletscherungen bei 2,4 (vgl Abbildung) und zu Zeiten von Schneeball Erde etwa eine Milliarde Jahre vor heute nicht in Übereinstimmung.[JV 1]

Biologische Deutungen

Gaia-Hypothese und selbstregelnde Rolle des Lebens

Der Gaia-Hypothese von James Lovelock zufolge ist das Leben auf der Erde selbst der wesentliche Regelmechanismus,[jk 1] ohne den die Erde möglicherweise das Schicksal von Mars oder Venus erfahren hätte. Der Hypothese zufolge kann die Erde und insbesondere die Biosphäre als ein lebender Organismus betrachtet werden, der sich selbst Bedingungen schafft, erhält und weiter entwickelt. Der Name leitet sich von Gaia, der Erdgöttin der griechischen Mythologie ab. Dazu gehören die Rückkoppelung zwischen Vegetation, deren Wasserspeicherungsvermögen und Niederschlägen sowie der durch Vegetationsbedeckung und Landnutzung veränderten Albedo. Ein weiterer in dem Zusammenhang angeführter Rückkopplungseffekt ist die Aufnahme von Kohlendioxid durch kalkhaltiges Meeresplankton und Korallen wie die Freisetzung von Kohlendioxid im Laufe des Kreislaufs der Gesteine.

Im Widerspruch dazu lassen verschiedene Aussterbeereignisse die Erde gelegentlich als bösartige Medea oder Kali erscheinen. Wichtige Arten wie die riffbildenden Korallen und eine Vielzahl weiterer Organismen traten erst nach der Kambrischen Explosion vor etwa 500 Millionen Jahren in Erscheinung. Für die nachweisliche Stabilität und die fast durchgehend lebensfreundlichen Temperaturen während der für das Paradoxon zentralen Jahrmilliarden zuvor kommen sie daher nicht in Frage.

Jim Kasting stimmt einer wichtigen Rolle des Lebens beim Kohlenstoffzyklus wie dem Einfluss auf Verwitterung und Sauerstoffgehalt zu, dennoch blieben die wesentlichen Einflussfaktoren physikalischer wie abiotischer Natur.[jk 1][vk 2]

Leben auf einer jungen kalten Erde

In den letzten Jahrzehnten gelang es, Lebensformen auf der Erde unter sehr kalten Umweltbedingungen nachzuweisen, so bei dem unter dem Eis der Antarktis befindlichen Wostoksee. John Priscu zufolge sollte dies ebenso beim Mars anzuwenden sein.[25][26] Im Gegensatz zu der Annahme von Hart wurde die Continously Habitable Zone im Sonnensystem zwischenzeitlich bis nahe an den Mars ausgeweitet.

Als mögliche Deutung des Paradoxons[27] spielt sie eher eine periphere Rolle. Das frühe Erdklima war allem Anschein nach wärmer als heute und geologische Hinweise auf die Anwesenheit von flüssigem Wasser sind im Gegensatz zu Vereisungen seit frühester Zeit weit verbreitet. Pointiert ausgedrückt, gibt es Hinweise auf wasserbasiertes Leben ähnlich dem heutigen auf der Erde „seit es Steine gibt“.[JV 1] Für das Fortdauern von Leben auf der Erde während zwischenzeitlicher globaler Vereisungen wie bei der Betrachtung möglichen Lebens auf anderen Planeten und Monden ist der Befund Priscus zentral.

Einfluss von Messwertfehlern auf das Paradoxon

Eine Reihe von älteren paläoklimatologischen Studien beschrieb das Klima im Archaikum, teilweise im gesamten Präkambrium als durchweg heiß, was von den meisten Geologen aufgrund der zwischenzeitlichen Vereisungen angezweifelt wurde. [jko 3] Die Aussagekraft von Messdaten, welche eine enorm heiße Durchschnittstemperatur von 70 °C im frühen Archaikum angeben, ist umstritten. Insgesamt gilt eine moderat wärmere Durchschnittstemperatur gegenüber heute für wahrscheinlich.[jko 3]

Untersuchungen von verschiedenen Isotopenverhältnissen zufolge waren die grundsätzlichen Elemente des Kohlenstoffzyklus bereits vor 4 Milliarden Jahren etabliert.[JV 1] Ein nur bis zu 100fach höherer Wert der CO2-Konzentration (wie anderer Treibhausgase) im Vergleich zu heute ist nicht weiter strittig, kann aber nach der Mehrzahl der älteren Autoren das Paradoxon nicht auflösen.[ns 1] Mit einem deutlich erhöhten Anteil von Kohlendioxid in der Atmosphäre hätte sich mit terrestrischem Eisen das Eisenkarbonatmineral Siderit in erheblicher Menge bilden müssen. Dies ist bislang nicht entsprechend nachgewiesen worden. Im Gegensatz dazu sehen Jacob D. Haqq-Misra et al. das Fehlen von Siderit allein nicht als Auschlusskriterium an.[jh 1]. Eine 2008 erschienene Studie von Phillip von Paris und anderen sieht für das späte Archaikum und frühe Proterozoikum aufgrund einer Modellierung mit erneuerten Absorptionsdaten nur eine Größenordnung geringere Kohlendioxiodkonzentrationen notwendig. Für das späte Archaikum wären demnach für ein moderat warmes Klima nur 1,5-5,5  mb (gegenüber heute 0,39) Partialdruck Kohlendioxid notwendig gewesen.[28]

Methodische Herausforderungen

Zirkonkristall, bislang ältestes auf der Erde gefundenes Mineral[29]
Gestein aus dem Umfeld der Huronischen Vereisung mit Spuren frühen Lebens
Feinlagiger Aufbau von versteinerten proterozoischen Stromatolithen

Bereits die Rekonstruktion der jüngeren Klimageschichte, für die es eine Vielzahl indirekter Klimazeiger (vgl. Proxy (Klimaforschung)) gibt, wurde bereits von Kontroversen begleitet. Für die Deutung des Paradoxon sind jedoch paläoklimatische Bestimmungsmethoden notwendig. Diese werden umso schwieriger und weniger, je weiter in die geologische Vergangenheit zurückgegangen wird und je weniger fossile Lebensspuren erhalten sind.

Frühes Leben

Indirekte Hinweise auf Leben bilden sich unter anderem in Chemofossilien und Versteinerungen ab, in denen organisch gebildete Strukturen wie Stromatolithen gefunden oder vermutet werden.[30][31]. Der Nachweis von frühem Leben und die Abschätzung von Stoffflüssen in der Atmosphäre in verschiedenen geologischen Zeiten wurde über die hochauflösende Untersuchung feinster Graphit- und Gaseinschlüsse sowie Mikrofossilien in Mineralien erleichtert.[32]

Bildung von Ozean und Erdkruste

Einleitend wurden verbreitete Belege auf eine frühe Kruste und Gewässer an der Oberfläche der Erde vor 3,8 Milliarden angeführt. Noch früher, vor 4,4 Milliarden Jahren, war dies bei Zirkonkristallen aus dem Pilbara-Kraton in Westaustralien der Fall. Mit der Uran-Blei-Datierung wurden sie als bisher älteste Minerale auf der Erde identifiziert.[29] Daneben wurden Hinweise auf bereits damals vorhandene Trennung von Kruste und Ozean gefunden.[33] Zirkone können mehrfach den Kreislauf der Gesteine durchlaufen. Sie sind gegenüber geologischen Einflüssen wie Verwitterung und selbst hochgradiger Gesteinsmetamorphose äußerst resistent und erlauben neben einer radiometrischen Altersbestimmung isotopengeochemisch Hinweise auf ihre Entstehungsbedingungen zu finden. Entsprechende Studien erfordern eine aufwendige Probennahme und Aufbereitung sowie eine hochauflösende komplexe Analytik wie Elektronenstrahlmikroanalyse und Massenspektrometrie.

Rekonstruktion des Temperaturverlaufs

Ähnlich aufwendig gestalten sich Datenreihen zum Temperaturverlauf in der frühen geologischen Vergangenheit.[34] Bei den Messungen der frühesten Durchschnittstemperaturen sind systematische Verschiebungen bei den zugrundeliegenden Sauerstoffisotopiemessungen möglich, auch eine Beeinflussung der heute gemessenen Messwerte durch zwischenzeitliche Einflüsse wird kritisiert. Insgesamt gilt während des Archaikums eine moderat wärmere Durchschnittstemperatur gegenüber heute als wahrscheinlich.[jko 3]

Astrophysik und Planetologie

Einige Erkenntnisse zum Paradoxon wie grundsätzlich zur Exobiologie und Planetologie wurden aus Meteoriten gewonnen, die insbesondere in der Antarktis aufgefunden werden. Diese nach Addi Bischoff Raumsonden des kleinen Mannes[35] ermöglichen die Untersuchung extraterrestrischer Materie und Einflüsse, ohne die Erde verlassen zu müssen. Die Hinweise auf mögliche organische Moleküle in Marsmeteoriten haben zudem die Forschungen wie Spekulationen zu (primitivem) Leben auf dem Mars weiter beflügelt.

Rolle des Paradoxons bei Mars und dem Saturnmond Titan

Panoramaaufnahme der 4000 km langen Valles Marineris

Das Paradoxon betrifft ebenfalls unseren Nachbarplaneten Mars, auf dessen Oberfläche demnach flüssiges Wasser nicht hätte vorkommen sollen.[sm 1] Hingegen war nach den Ergebnissen der bisherigen Sondierungen die Marsatmosphäre in der Vergangenheit (vor Milliarden Jahren) wesentlich dichter. Auf der Oberfläche des Roten Planeten war reichlich flüssiges Wasser vorhanden. Regelmäßige, teilweise möglicherweise auf wasserbasierter Erosion zurückgehende Großstrukturen wie bei den sogenannten Marskanälen, in umfangreichen Grabenbruchsystemen wie die Valles Marineris bis hin zur kleinräumigen Kryoturbationen gaben und geben daher nach wie vor Anlass zu unterschiedlichsten Spekulationen.

Bei dem Saturnmond Titan wurde ein orangefarbener Nebel beobachtet, der aus organischen Verbindungen mit noch unbekannter Zusammensetzung besteht. Der Astrophysiker Carl Sagan prägte dafür den Begriff „Tholine“. Sagan vermutete in einer ebensolchen Schicht bei der frühen Erde einen wesentlichen Beitrag zur Entstehung des Lebens. Mit diesen Vermutungen wurde der Titan zu einem der interessantesten Schauplätze im Sonnensystem. Sagan hatte zudem einen Erwärmungseffekt durch diesen Nebel angenommen. Andere Autoren widersprechen Sagans Theorie und formulieren einen "Anti-Treibhauseffekt".[36]

Neuesten Forschungsergebnissen zufolge könnte ein Aerosol aus verzweigen Kohlenwasserstoffen (anstatt kugelförmiger Tröpfchen - wie bisher angenommen) sehr wohl großen Einfluss auf das Absorptionsverhalten der Atmosphäre gehabt haben. Ein solches Aerosol absorbiert UV-Licht, ist aber für sichtbares Licht hinreichend transparent.[37]

Seitenaspekte

Das Paradoxon wird unter anderem im Umfeld von Junge-Erde-Kreationisten und Anhängern des sogenannten Intelligent Design als (Schein-)Argument gegen die vielfältigen wissenschaftlichen Datierungen des Alter der Erde auf etwa 4,6 Milliarden Jahre herangezogen.[38]

Fazit

Insgesamt lassen die teilweise dramatischen Änderungen in der Zusammensetzung der frühen Atmosphäre[vk 3], insbesondere durch biotisch gebildeten Sauerstoff angesichts des gleichmäßig moderaten warmen Klimaverlaufs über mehrere Milliarden Jahre und des periodischen Auf und Abs nach der boring billion zwischen 2,4 und 1 Milliarde vor unserer Zeit weiter Fragen offen.[jko 2]

„Für einen Klimatologen ist diese Zeit keineswegs langweilig, sie schreit nach einer Erklärung, insbesondere, weil die Sonne deutlich weniger hell war als heute. (...) Die Frage warum das mittlere Proterozoikum warm war und wieso es sich um 750 Millionen Jahre vor unserer Zeit so dramatisch abkühlte, ist faszinierend, aber geht über den hier behandelten Forschungsgegenstand hinaus.“

Kasting und Ono 2006 [jko 2]

Einzelnachweise

  • Gornitz Vivien: Encyclopedia of paleoclimatology and ancient environments, Encyclopedia of earth sciences series Verlag Springer, 2009, ISBN 1402045514
  1. a b c d Vivien Gornitz (2009) S. 63 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche)
  • Graedel T.E. et al (1991): Early solar mass loss – A potential solution to the weak sun paradox, Geophys. Res. Lett., 18, 1881–1884.
  1. a b Graedel et al, 1991.
  1. a b c d Haqq-Misra et al.
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