Parkfriedhof Eichhof

Parkfriedhof Eichhof
Grabkapelle Martius auf dem Parkfriedhof Eichhof

Der Parkfriedhof Eichhof, in Kronshagen an der Stadtgrenze zu Kiel gelegen, ist mit 39 Hektar der größte Friedhof und zugleich Parkfriedhof in Schleswig-Holstein. Er gehört zum Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Altholstein der Nordelbischen Kirche. 2003 wurde der gesamte Friedhof in das Denkmalbuch des Landes Schleswig-Holstein eingetragen.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Der explosionsartige Anstieg der Kieler Bevölkerung (1860: 17.500, 1918: 243.000) bedingte auch einen stark ansteigenden Bedarf an Begräbnisplätzen. Die Belegung des 1869 eröffneten Südfriedhofs nahm in den Jahren 1895–1896 so zu, dass man nach einem neuen Friedhofsgelände Ausschau hielt. Die Entscheidung fiel auf die Landstelle Eichhof des Erbpächters Carl Mordhorst. Für die Gestaltung des Grundplans wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben, bei dem der Entwurf des Kölner Gartenarchitekten Hermann Cordes den ersten Preis erhielt und zur Ausführung bestimmt wurde.[1] Nach einer anderen Quelle stammen die Pläne von dem Gartentechniker Egon Petzke.[2] Der erste Bauabschnitt wurde ab 1898 angelegt und am 5. Juli 1900 eingeweiht. Der im Entwurf vorgesehene Ausbauzustand wurde nach zwei Erweiterungen in den Jahren 1910–1912 und 1913–1919 erreicht. Bei zwei späteren Erweiterungen in den Jahren 1928–1930 und 1938–1939 (Felder 39 und 50–61) wich man mit der rechtwinkligen Anlage vom bisherigen parkgleichen Landschaftsbild ab.

Friedhofskapelle und Grabkapellen

Die am 21. Dezember 1900 zum Gebrauch übergebene Friedhofskapelle des Architekten Wilhelm Voigt (1857–1916) war ein neogotischer Prachtbau am südlichen Ende der Querachse. Am 5. Januar 1944 brannte die Kapelle nach Bombentreffern aus, sie wurde ab 1950 vereinfacht wieder aufgebaut und diente von 1951 bis 1961 der Christus-Gemeinde Kronshagen als Gottesdienstraum. Im Innenraum hängt ein Triumphkreuz aus dem 16. Jahrhundert, dass aus der Heiligengeist-Kirche in Kiel stammen soll und bis zu seiner Aufhängung in der Kapelle (1906 oder 1907) auf dem Dachboden der Nikolaikirche gelagert worden war.[3]

Das Mausoleum Milberg (29) wurde 1902 als neoromanischer Zentralbau errichtet, Architekt war ebenfalls Wilhelm Voigt.[4] Auch die Grabkapelle Esmarch (27), ein schlichter Backsteinbau mit gewölbtem Kupferdach, wurde von Voigt entworfen und 1909 gebaut. Nach ihrer Fertigstellung wurde Esmarchs Sarg aus dem Milberg-Mausoleum, wo er sich zwischenzeitlich befunden hatte, hierher überführt.[5] Das neoklassizistische Mausoleum der Familie Martius (6) wurde in den Jahren 1915–1919 von dem Münchner Bildhauer Adolf von Hildebrand (1847–1921) geplant und gebaut.[2]

Grabmale

Grabmale des St.-Jürgen-Friedhofs

Der St.-Jürgen-Friedhof (südöstlich der Kreuzung Ringstraße/Sophienblatt am Hauptbahnhof Kiel) wurde von etwa 1800 bis Ende 1909 aktiv genutzt. Bis zum Jahr 1954 verfiel der Friedhof zusehends und sollte der Erweiterung des Sophienblatts und einem Großparkplatz weichen. Die Gebeine wurden umgebettet. Auf dem Vorplatz der Friedhofskapelle des Parkfriedhofs Eichhof befindet sich für diese eine Sammelruhestätte, die am 12. Juni 1955 eingeweiht wurde. 64 Grabdenkmäler und Grabplatten, die unter Denkmalschutz stehen, erhielten dort ebenfalls einen neuen Platz.[6]

Auch die Gebeine des dänischen Schriftstellers Jens Immanuel Baggesen (1764–1826) und des Philosophen Carl Leonhard Reinhold (1757–1823) wurden mit dem gemeinsamen Grabmal der beiden Freunde überführt. Sie wurden im Rahmen der Kieler Woche am 23. Juni 1955 auf dem Eichhof-Friedhof erneut beigesetzt.[7][6] Das Grabmal des Komponisten Carl Loewe (1796–1869) befindet sich ebenfalls auf der St.-Jürgen-Traditionsstätte auf dem Parkfriedhof Eichhof, seine Gebeine wurden allerdings in die Nikolaikirche gebracht. Auf der Traditionsstätte finden sich Grabmale für folgende weitere Personen:

Das „Eiserne Kreuz“, Grabmal für gefallene Soldaten der schleswig-holsteinischen Armee 1848/51, wurde nicht auf den Eichhof-Friedhof, sondern auf den Nordfriedhof transferiert.[6]

Besonders kunstvoll gestaltete Grabmale

Das Grabmal Georg Dorn (25) mit der Figur der trauernden Germania wurde gegen Ende des Ersten Weltkrieges von Heinrich Mißfeldt (1872–1945) gestaltet. Gertrud Schröder (1897–1977) fertigte 1932 für das Grab ihrer Eltern (44) eine Stele im Stil des Expressionismus an.

Opfer von politischen Unruhen 1918–1920

In der sogenannten Ruhestätte der Opfer der Revolution (44) sind Opfer des Kieler Matrosenaufstandes von 1918, des Spartakusaufstandes von 1919 und des Kapp-Putsches von 1920 beigesetzt. Der spätere Reichsjustizminister Gustav Radbruch hielt am 24. März 1920 für 25 Opfer des Kapp-Putsches auf dem Friedhof die Grabrede.[9] Die jeweils fünf Opfer von 1918 und 1919 waren zunächst in Gemeinschaftsgräbern beigesetzt worden, bevor sie im Frühsommer 1920 in die Gedenkstätte umgebettet wurden. Die heutige Gestaltung geht auf einen Entwurf des Worpsweder Gartenarchitekten Leberecht Migge aus dem Jahr 1924 zurück. Durch Terrassierung ist die höher gelegene Grabanlage von der davor befindlichen Versammlungsfläche getrennt.[10]

Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus

Gedenkstein für 172 Sowjetbürger

Im südwestlichen Teil des Friedhofs steht ein Denkmal für die 2835 Opfer der mehr als 90 Luftangriffe auf Kiel während des Zweiten Weltkriegs, unter ihnen auch viele ausländische Zwangsarbeiter.

In der Nachbarschaft befindet sich seit 1954 ein Ehrenmal für 172 Sowjetbürger, die zwischen 1941 und 1945 in nationalsozialistischer Gefangenschaft ihr Leben ließen (61).

In Feld 59 liegt das Grab des polnischen Radsportlers Konstanty Wollboldt (1904–1945), der 1936 an den Olympischen Sommerspielen in Berlin teilnahm. Von 1939 bis 1945 war er in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Neuengamme interniert und starb im Oktober 1945 an den Folgen der KZ-Haft in Kiel.[11]

Auf dem Friedhof wurden von November 1944 bis April 1945 auch 358 Häftlinge des Arbeitserziehungslagers Nordmark in Massengräbern beerdigt.[12] So sagte eine Anwohnerin des Friedhofs am 20. Juli 1945 in einer Eidesstattlichen Erklärung aus:[13]

„Um 7 Uhr am 26. April stand ich an meinem Zimmerfenster, ich hatte ein Fernglas. Ich sah, dass zwei Pferdewagen zum Abschnitt 49 kamen, die mit Leichen beladen waren. Sie waren weder in Särgen noch in Säcken, sie waren einfach von einer Persenning bedeckt. Alle diese Leichen wurden in ein großes Grab geworfen von SS-Männern.“

Flora und Fauna

Auf dem Parkfriedhof wachsen mehr als 430 verschiedene Gehölze. Dem ersten Friedhofsinspektor Emil Feldmann (1865–1954, begraben auf Feld 28), der bis 1930 den Friedhof gärtnerisch betreute, sind zahlreiche, noch heute erhaltene dendrologische Besonderheiten zu verdanken. Ein Alpinum in der Nähe des Teiches im Westen (46) ist inzwischen überwuchert.[2]

Zu den bemerkenswerten Gehölzen gehören eine Japanische Zelkove (Zelkova serrata, 28), eine Chinesische Halsbandpappel (Populus lasiocarpa, 34) und eine Hagebuttenbirne (X Sorbopyrus auricularis, 21).

1933 wurde an einer älteren Rosskastanie von Hermann Jacobsen (1898–1978, begraben auf Feld 30), dem Technischen Leiter des Botanischen Gartens der Universität Kiel, ein verbänderter, knorrig wachsender Zweig entdeckt. Er wurde abgeschnitten und auf einen normal wachsenden Sämling der Rosskasstanie veredelt. Im Botanischen Garten Kiel ist ein Abkömmling der veredelten Mutterpflanze zu sehen (Aesculus hippocastanum ’Monstrosa’).

Von 1987 bis 1998[14] gab es auf dem Friedhof einen Bibelgarten, der im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme mit Unterstützung des Botanischen Gartens der Universität Kiel angelegt worden war. Nach dem Auslaufen der Maßnahme erwies sich die Pflege des Gartens jedoch als zu aufwändig.[15]

Der Friedhof beherbergt rund 80 Singvogelarten. Auch der Feldhase kann auf dem Friedhof beobachtet werden.

Sonstiges

Am Eingang Kopperpahler Allee stand bis 2004 ein Wärterhäuschen in Fachwerk-Bauweise, das sich seitdem auf dem Gelände des Kieler Renn- und Reitervereins befindet.[16]

Gräber bekannter Persönlichkeiten

Die eingeklammerten Zahlen geben die Nummer des Grabfeldes an (siehe den Übersichtsplan bei den Weblinks).

Einzelnachweise

  1. Gerd Stolz, Kleiner Führer über den Kieler Park-Friedhof Eichhof, S. 13.
  2. a b c Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein: Gartendenkmalpflege in Schleswig-Holstein: Friedhof Eichhof Kronshagen.
  3. Gerd Stolz, Kleiner Führer über den Kieler Park-Friedhof Eichhof, S. 20 ff.
  4. Bericht des Landesamtes für Denkmalpflege Schleswig-Holstein über die Jahre 2004 und 2005, S. 26.
  5. Gerd Stolz, Kleiner Führer über den Kieler Park-Friedhof Eichhof, S. 67.
  6. a b c Kieler Stadtarchiv: Der St.-Jürgen-Friedhof.
  7. Manfred Jessen-Klingenberg: „Jens Baggesen: Ein dänischer Dichter als Professor in Kiel“. In: Werner Paravicini (Hrsg.): Begegnungen mit Kiel: Gabe der Christian-Albrechts-Universität zur 750-Jahr-Feier der Stadt. Neumünster: Wachholtz 1992, S. 373–376, ISBN 3-529-02722-7.
  8. Erich Hoffmann: „Auf dem Eichhoffriedhof: Das Grabmal Nikolaus Falcks“. In: Werner Paravicini (Hrsg.): Begegnungen mit Kiel: Gabe der Christian-Albrechts-Universität zur 750-Jahr-Feier der Stadt. Neumünster: Wachholtz 1992, S. 370–372, ISBN 3-529-02722-7.
  9. Christian-Albrechts-Universität zu Kiel: Große Forscher von der Förde: Gustav Radbruch.
  10. Stadtarchiv Kiel: Informationstafel an der Gedenkstätte
  11. Gerd Stolz, Kleiner Führer über den Kieler Park-Friedhof Eichhof, S. 86.
  12. Gerd Stolz, Kleiner Führer über den Kieler Park-Friedhof Eichhof, S. 85.
  13. Arbeitskreis zur Erforschung des Nationalsozialismus in Schleswig-Holstein e. V. (AKENS).
  14. Netzwerk Bibelgärten: Forum
  15. Werk- und Betreuungsstätte für Körperbehinderte gGmbH
  16. „Wie Kronshagen ein Kleinod verlor“, Kieler Nachrichten, 27. August 2004

Literatur

  • Regine Bigga, Eckhard Colmorgen, Uwe Danker und Irene Dittrich: „Friedhof als Quelle historischen Arbeitens: Der Eichhof in Kiel/Kronshagen“. In: Demokratische Geschichte 6, 1991, S. 259–318, ISSN 0932-1632.
  • Juan E. Condori Larraguibel: Der Friedhof Eichhof in Kiel: ein Parkfriedhof des frühen 20. Jahrhunderts und seine Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg. Kiel: Magisterarbeit an der Universität Kiel, 2000.
  • Uwe Danker und Irene Dittrich: Verscharrt – verdrängt – vergessen: NS-Opfer auf dem Friedhof Eichhof/Kiel. Kiel: Neuer Malik-Verlag, 1992.
  • Fritz Glasau und Hermann Jacobsen: Arboretum Friedhof Eichhof Kiel. Kiel: Clausen, 1950.
  • Gisela Greve, Frank Karbaum, Andreas Kautzsch und Renate Kienle: „‚Unablässig, unaufhaltsam, allgewaltig naht die Zeit‘: 100 Jahre Friedhof Eichhof in Kronshagen“. In: DenkMal! 7, 2000, S. 49–56, ISSN 0946-4549.
  • Gerd Stolz: Kleiner Führer über den Kieler Park-Friedhof Eichhof: anlässlich des 100. Jahrestages der Eröffnung des Friedhofes am 5. Juli 2000. Kiel: Evangelisch-Lutherischer Kirchenkreis, 2000.

Weblinks

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