- Uwe Jens Lornsen
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Uwe Jens Lornsen (* 18. November 1793 in Keitum auf Sylt; † 13. Februar 1838 in Pressy am Genfersee) war Jurist und Beamter der dänischen Regierung. Durch seine Schrift Ueber das Verfassungswerk in Schleswigholstein wurde er zum Vorkämpfer eines geeinigten und unabhängigeren Schleswig-Holsteins.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Jugend und Studium
Lornsen war der Sohn eines Walfängerkapitäns und hätte diesen Beruf auch ergriffen, hätte dem die Kontinentalsperre Napoleons nicht einen Riegel vorgeschoben. Er studierte in Kiel und Jena die Rechte. In Jena gehörte er dem Vorstand der Urburschenschaft an und befand sich damit nach der Ermordung von August von Kotzebue durch den Urburschenschafter Karl Ludwig Sand im Jahr 1819 und den darauf folgenden Karlsbader Beschlüssen mit Sicherheit im Blickfeld der Geheimpolizei Metternichs. In Jena unterlag Lornsen in hohem Maße dem nachwirkenden Einfluss der Philosophie Fichtes. Er legte sein Staatsexamen in Kiel ab, wirkte kurzzeitig in Oldesloe und dann fast zehn Jahre in Kopenhagen als Beamter in der Kanzlei für Schleswig, Holstein und Lauenburg.
Publizistische Tat und Festungshaft
1830 wurde er Landvogt auf Sylt. Um sein Amt anzutreten, fuhr er über Kiel und veröffentlichte dort die 14seitige Schrift Ueber das Verfassungswerk in Schleswigholstein. Das Weglassen des Bindestrichs war bereits Programm. Sie fand sofort in Tausenden von Exemplaren Verbreitung; seither galt Lornsen als Freiheitskämpfer für ein vereintes und von Dänemark weniger abhängiges Schleswig-Holstein, nur „König und Feind“ sollten noch gemeinsam bleiben. Keinesfalls kann Lornsen die Idee zugeschrieben werden, Schleswig-Holstein mit Preußen zu verbinden, wie es später dann geschah.
Allerdings ignorierte Lornsen die Tatsache, dass der Norden Schleswigs überwiegend dänischsprachig war. 1832 replizierte der Kieler Professor Christian Paulsen durch Ueber Volksthümlichkeit und Staatsrecht des Herzogthums Schleswig nebst Blicken auf den ganzen dänischen Staat auf Lornsens Schrift, wobei er für die Achtung der dänischen Sprache in Schleswig eintrat; wie Lornsen forderte er jedoch auch eine Modernisierung des absolutistischen Staates. Damit hatte der Nationalitätenkampf in Schleswig begonnen.
Lornsen trat sein Amt auf Sylt an, wurde aber bereits nach wenigen Tagen auf Betreiben von König Frederik VI. verhaftet und zur Strafe für seine als aufrührerisch empfundene Schrift zu einem Jahr Festungshaft verurteilt. Diese saß er von 1831 bis 1832 zunächst in Kiel, dann in Rendsburg ab. Wegen ähnlicher Forderungen nach einer liberalen Verfassung in Dänemark war Jacob Jacobsen Dampe noch 1820 als Hochverräter zum Tode verurteilt, dann jedoch zu 20 Jahren Haft begnadigt worden.
Exil, Rückkehr und Tod
1833 reiste er nach Rio de Janeiro, in der Hoffnung dort Heilung von seiner mit vermeintlichen Ausdünstungen verbundenen Flechtenkrankheit zu finden. Zugleich entzog er sich so der in Europa vorherrschenden reaktionären Demagogenverfolgung. In Rio de Janeiro unterzog er sich, von seinem Kieler Freund Franz Hermann Hegewisch unterstützt, schweren Kuren und arbeitete an Die Unions-Verfassung Dänemarks und Schleswig-Holsteins, seinem juristisch-historischen Vermächtnis, das Wilhelm Beseler postum herausgab. 1837 kehrte er nach Europa zurück, weil seine geliebte Schwester Erkel schwer erkrankt war. Er hielt sich selbst für ansteckend krank und war von ebenso vagen wie heftigen Schuldgefühlen erfüllt. Als er in Genf vom Tod der Schwester erfuhr, gab er den Plan, nach Sylt zurückzukehren, auf. Ein Versuch, bei dem Genfer Homöopathen Charles Pêchier Hilfe und Heilung zu finden, schlug fehl. Er beendete sein Hauptwerk und erschoss sich unter dem Druck seiner Depressionen am Genfersee.
Sein Grabmal befindet sich auf dem Parkfriedhof Eichhof bei Kiel.
Bedeutung und Nachruhm
Durch seine Schriften, das Exil und den tragischen Tod ist Lornsen zur geheimnisumwitterten Symbolfigur der schleswig-holsteinischen Bewegung geworden. Als einer der ersten scheint er erkannt zu haben, dass der Schlüssel für die deutsche Einheit in Schleswig-Holstein lag - eine Erkenntnis, die 34 Jahre später von Bismarck im Deutsch-dänischen Krieg in die Tat umgesetzt wurde, wobei es Bismarck nicht um die Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins ging und er diese ebenso wenig respektierte wie vorher Dänemark.
Ein Zeitgenosse, der auch an der schleswig-holsteinischen Erhebung beteiligt war, der Volksliedforscher und Herausgeber der Allgemeinen Deutschen Biographie Rochus Freiherr von Liliencron, bewertet Lornsens Bedeutung so:
- „Die Julirevolution von 1830 hatte das unter der Asche glimmende Feuer auch hier angeblasen; mit den freisinnigen Bestrebungen verbanden sich sofort die nationalen Triebe. Die bekannte Lornsensche Bewegung regte hüben und drüben die Gemüter auf das höchste auf. Im November 1830 erschien seine kleine Schrift Über das Verfassungswerk in Schleswigholstein; tatsächlich der Ausgangspunkt der schleswig-holsteinischen und somit mittelbar auch der deutschen Sache.“ (Frohe Jugendtage. Leipzig 1902, S. 53)
1878 wurde Lornsen zu Ehren in Rendsburg ein Denkmal errichtet. Auf diesem wird er als der „erste Märtyrer der Sache Schleswig-Holsteins“ bezeichnet. Sein Tod ist jedoch kaum Folge politischer Verfolgung, sondern beruht auf der wahnhaft übersteigerten Fehleinschätzung seiner Krankheit. Er hielt sie für ansteckend und sich selbst infolge dessen für einen Verderben bringenden Menschen, obgleich es sich möglicherweise um die Autoimmunerkrankung Psoriasis handelte. Neuere Historiker haben die Vermutung geäußert, Lornsen sei manisch-depressiv gewesen. Über einen Zusammenhang zwischen seinem politischen Verhalten und seinen Wahnvorstellungen kann man spekulieren; Lornsen selbst hat es getan.
Das Heimatmuseum in Keitum, Am Kliff 19, widmet dem Leben und Werk von Uwe Jens Lornsen eine eigene Abteilung, Sylt-Westerland ehrt ihn mit dem "Lornsenweg". In Schleswig-Holstein erinnert eine Vielzahl von Orten mit "Lornsenstraßen" an den Vorkämpfer der Einheit Schleswig-Holsteins, u.a. in Bad Segeberg, Bredstedt, Eckernförde, Elmshorn, Flensburg, Heide, Husum, Kellinghusen, Kiel, Neumünster, Niebüll, Quickborn, Rendsburg, Schenefeld und Süderbrarup. In Hamburg-Altona, das zu Lornsens Zeit dänisch war, ist ebenfalls eine Straße und einen Platz nach dem Nordfriesen benannt. In Schleswig ist die Lornsenschule eins der dortigen Gymnasien. Der höchste Punkt der Insel Sylt - die Uwe-Düne in Kampen - ist nach ihm benannt.
Das Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning hat seit 1937 drei Schiffe mit dem Namen Uwe Jens Lornsen versehen. Bei der aktuellen Uwe Jens Lornsen handelt es sich um ein am 30. März 1999 in Dienst gestelltes Vermessungsschiff mit Heimathafen Tönning.
Quellen
- Uwe Jens Lornsen: Briefe an seinen Vater (1811-1837), hrsg. von W. Jessen und G.E. Hoffmann. Veröffentlichungen der Schleswig-Holsteinischen Universitätsgesellschaft Nr. 29, Breslau 1930
- Uwe Jens Lornsen: Briefe an Franz Hermann Hegewisch, Herausgegeben von Dr. Volquart Pauls, Schleswig 1925
Literatur
- Karl Jansen: Lornsen, Uwe. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 19, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 200–202.
Weblinks
- Literatur von und über Uwe Jens Lornsen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Das Lornsendenkmal in Rendsburg
- Leben und Wirken Lornsens bei der Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte (einschl. Faksimile seiner Flugschrift)
- Geschichte der Uwe Jens Lornsen Schiffe beim Wasser- und Schifffahrtsamt Tönning
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