Pax Christi

Pax Christi

Pax Christi (zu deutsch Friede Christi) ist die internationale katholische Organisation der Friedensbewegung, die sich heute jedoch als ökumenisch offen versteht. Der Name der Bewegung ist zurückzuführen auf das Leitwort, das Papst Pius XI. seinem Pontifikat 1922 gab: „Pax Christi in regno Christi“ (Der Friede Christi in Christi Reich).

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Pax Christi entstand zum Ende des Zweiten Weltkriegs in Frankreich, zunächst als „Kreuzzug des Gebets um Versöhnung“ und um die Heilung Deutschlands von den spirituellen und moralischen Auswirkungen der 12 Jahre des Nationalsozialismus. Diese Bewegung ging von einigen Laien um die Lehrerin Marthe-Marie Dortel-Claudot aus, einer engagierten Katholikin in Südfrankreich, die bis 1950 die erste internationale Generalsekretärin war. Sie wurde gefördert von Bischof Pierre-Marie Théas von Montauban, der die deutsch-französische Aussöhnung zu seinem Anliegen gemacht hatte.[1] Vierzig französische Bischöfe unterzeichneten noch vor Kriegsende den Aufruf zu einem gemeinsamen „Kreuzzug der Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich“. In Deutschland wurde der Aufruf aufgegriffen und verbreitet. Viele Wallfahrten waren Zeichen der Buße und des Umkehrwillens. Bald wurde der Name der Bewegung in das neutralere Pax Christi geändert.

Nach Kriegsende engagierte sich Bischof Théas (bis 1950 Pax Christi-Präsident), seit 1945 Bischof von Lourdes, für die Entlassung deutscher Kriegsgefangener. Bald fand pax christi auch in Deutschland Anhänger; der Schwerpunkt der Arbeit war zunächst die deutsch-französische Aussöhnung, wobei das gemeinsame Gebet und gemeinsame Wallfahrten eine große Rolle spielten.

Schon 1946 fand im französischen Wallfahrtsort Vezelay die „Croisade de la Paix“ mit insgesamt 40.000 Teilnehmern aus Belgien, Spanien, der Schweiz, Italien, Luxemburg, Kanada, den USA und Frankreich statt, die 14 schwere Holzkreuze als Zeichen ihres Wunsches nach Frieden und Versöhnung nach Vézelay trugen. Auf Initiative französischer Priester wurden auch die bei der Vorbereitung der Veranstaltung eingesetzten deutschen Kriegsgefangenen aus einem nahe gelegenen Lager eingeladen, daran teilzunehmen. Sie brachten das 15. Kreuz mit, das als Kreuz der Deutschen mit eingereiht wurde.

Im Februar 1947 gab es in Lourdes ein erstes Treffen unter dem Namen Pax Christi, zu dem auch 17 Deutsche – unter ihnen der Kapuzinerpater Manfred Hörhammer – eingeladen waren. Auf Initiative von Bischof Théas konnten sie auf dem Rückweg von nun entlassenen deutschen Kriegsgefangenen begleitet werden.

Vom 1. bis zum 4. April 1948 fand der Erste internationale Kongress von pax christi als Arbeitstagung im niederrheinischen Marienwallfahrtsort Kevelaer statt, dessen grenznahe Lage und dessen Entstehung im Dreißigjährigen Krieg der jungen Bewegung gute Anknüpfungspunkte boten. Dort wurde am 3. April 1948 auch die formelle Gründung des deutschen Zweiges vollzogen.[2]

Die deutsche Sektion übernahm später auch die Nachfolge des 1919 gegründeten Friedensbundes deutscher Katholiken, einer Gründung von Max Joseph Metzger aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.

Nach dem Koreakrieg orientierte sich die katholische Kirche in Deutschland antikommunistisch. Pazifistische Bestrebungen wurden verdächtigt, einen „Frieden um jeden Preis“ zu wollen, also dem Kommunismus gegenüber zu tolerant zu sein. Die Debatte um den genauen Inhalt des katholischen Pazifismus, der im Konzilsdokument Gaudium et Spes von 1965 die völlige Abschaffung des Krieges zum verbindlichen Ziel erklärt, dauert seither noch an.

Zu den prägenden Gestalten der ersten Zeit gehörten in Deutschland der Kapuzinerpater Manfred Hörhammer als „Geistlicher Beirat“ und Alfons Erb als Vizepräsident der Bewegung, der dazu beitrug, dass sich pax christi in den 1960er Jahren auch der Verständigung mit dem polnischen Katholizismus und der Auseinandersetzung mit den von Deutschen im Zweiten Weltkrieg in Osteuropa begangenen Verbrechen zuwandte. Aus dieser Arbeit erwuchs die Initiative zur Gründung des Maximilian-Kolbe-Werks durch pax christi und andere Träger. Prägend für das Engagement in der Erinnerungsarbeit an die Shoah wurde die langjährige Vizepräsidentin Gisela Wiese.

In den 1970er Jahren öffnete sich die deutsche Sektion von pax christi zunehmend dem Nord-Süd-Dialog und ökumenischen Anliegen. Während der Nachrüstungsdebatte (1979-1984) positionierte sich pax christi eindeutig auf Seiten der politischen Friedensbewegung und rief 1986 auch dazu auf, die Kriegsdienstverweigerung als Instrument zur Überwindung der „Systeme“ einzusetzen. Die weltpolitische Lage änderte sich jedoch schneller als zu vermuten war: Wiederum in Kevelaer rief 1988 der damalige Präsident von Pax Christi International, Kardinal Franz König, beispielsweise dazu auf, die Initiativen von Michail Gorbatschow ernst zu nehmen. Über den Einsatz bewaffneter Natotruppen 1996/97 kam es unter dem Eindruck des Massakers von Srebrenica zu heftigen, polarisierenden Auseinandersetzungen innerhalb der Mitglieder der deutschen Sektion.[3]

Seither bemüht sich die Bewegung um neue Arbeitsschwerpunkte, teils mit gutem Erfolg, teils etwas abseits der öffentlichen Wahrnehmung. Zum Kongress 2008 in Berlin, zum 60. Jubiläum der deutschen Sektion, sandte Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone eine Grußbotschaft, mit der an das Leitwort von Papst Pius XI. als Maßstab katholischer Friedensbewegung erinnert wird: Pax Christi in regno Christi, das der Bewegung 1945 ihren Namen gab.

Struktur

Pax Christi International ist in nationale Sektionen unterteilt. Solche Sektionen gibt es in den meisten west- und mitteleuropäischen Staaten, außerdem in den USA, in Australien und Neuseeland. In den afrikanischen Staaten gibt es dagegen bislang nur „assoziierte Gruppen“, die noch nicht den Status eigenständiger Sektionen erreicht haben. Denselben Status haben auch pax christi Warsaw und pax christi Ungarn. Daneben gibt es ein weites Spektrum angegliederter ("affiliated") Organisationen und offizieller Partnerorganisationen in Osteuropa, Asien, Nahost, Afrika und Lateinamerika. Im internationalen Rahmen gilt pax christi unabhängig von der geschilderten Kritik weiterhin als die offizielle katholische Friedensbewegung. An der Spitze steht als bischöflicher Präsident seit 2007 Laurent Monsengwo, Erzbischof von Kinshasa (Kongo). pax christi International ist Mitglied der Internationalen Koordination für die Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit für die Kinder der Welt (2001–2010). Das Internationale Sekretariat von Pax Christi befindet sich in Brüssel. Hier arbeiten einige Festangestellte und immer wieder Freiwillige für ein bis zwei Jahre. Die Freiwilligen rekrutieren sich aus den einzelnen Landessektionen bzw. von Partnerorganisationen wie z.B. ASF (Aktion Sühnezeichen Friedensdienste).

Internationale Sekretärin ist Claudette Werleigh.

Deutschland

Die deutsche Sektion ist wie einige andere Sektionen unterhalb der Sektionsebene in so genannte Bistumsstellen aufgeteilt, die der katholischen Diözesanstruktur folgen, wobei aber einige Bistumsstellen für mehrere Bistümer zuständig sind. Während der 1980er Jahre existierte zudem eine breite Struktur regionaler und lokaler „Basisgruppen“, die mittlerweile aber stark ausgedünnt ist. Neben diesen lokal orientierten Gruppen gibt es in einigen Bistumsstellen auch thematisch orientierte, bistumsweite Arbeitsgruppen. Auf Sektionsebene arbeiten dem Präsidium verschiedene bundesweite Kommissionen zu unterschiedlichen Schwerpunktthemen zu. Höchstes Gremium der Sektion ist die Delegiertenversammlung, die unter anderem das Präsidium, Vizepräsident und Vizepräsidentin wählen. Der Präsident der Sektion wird auf Vorschlag von pax christi durch die Deutsche Bischofskonferenz ernannt; gegenwärtig ist dies der Bischof von Fulda, Heinz-Josef Algermissen. Für die deutsche Sektion stehen neben der Beschäftigung mit der Situation in Nahost und der Mitarbeit in pax christi International die Asyl- und Flüchtlingsarbeit und das Engagement für den Zivilen Friedensdienst im Vordergrund. Seit 1997 wurden Friedens- und Versöhnungsprojekte in Bosnien, Kroatien, dem Kosovo aufgebaut, seit 2005 gibt es ein Projekt des Zivilen Friedensdienstes (ZFD) auf den Philippinen und seit Anfang 2006 ein ZFD-Projekt im Norden Sri Lankas. Zudem gehört die deutsche Sektion zu einer der teilnehmenden Organisationen der Free-Gaza-Bewegung. Am 10. Juni 2011 schrieb Pax Christi einen Offenen Brief an den Vorstand der Partei Die Linke, um die Position der Antizionisten in der Partei zu unterstützen. Die einzelnen Bistumsstellen, die sehr große Autonomie haben, verfolgen zum Teil weitere, eigene Schwerpunkte.

Österreich

Die Situation für pax christi in Österreich gleicht derjenigen der deutschen Sektion. Ihre inhaltlichen Grundlagen finden sich auch dort in einer an den christlichen Werten der Gerechtigkeit und Solidarität ausgerichteten Interpretation der Bergpredigt Jesu, die gesellschaftliche Veränderungen einfordert. Die immer noch als Kernaufgabe von pax christi betrachtete Frage, mit welchen Methoden der Krieg aus der Politik verbannt werden kann und wie der Beitrag der Kirche dazu aussieht, wird mehrheitlich vor allem mit der Verknüpfung „Gerechtigkeit schafft Frieden“ beantwortet.

Präsidenten

internationale Präsidenten

deutsche Präsidenten

Aktivitäten einzelner Gruppen

  • Die pax-christi-Bistumsstelle Augsburg betreibt das Friedensmuseum friedens räume im Stadtteil Bad Schachen von Lindau/Bodensee.
  • Die Gruppe pax christi Kevelaer (e.V.) unterhält ein Archiv zur Geschichte und Spiritualität katholischer Friedensbewegungen im 20. Jahrhundert.

Auszeichnungen

Mitgliedschaft

Literatur

  • Der Weg in den Frieden. Erste Arbeitstagung von Pax Christi in Kevelaer (Dokumentation; Hg. H.H. Molls), Köln (Bachem) 1948.
  • Pax Christi – Kevelaer 1948–1988, Kevelaer (Butzon u. Bercker) 1988.
  • Marthe-Marie Dortel-Claudot, PAX CHRISTI. Werden, Wesen und Wirken, in: Sitz der Weisheit. Marianisches Jahrbuch (Kevelaer) 01/2008, S. 35–41 (Erstveröffentlichung 1948).

Wichtige päpstliche Enzykliken zum Völkerfrieden

Von Bedeutung sind auch zahlreiche weitere Schreiben und Ansprachen der genannten Päpste, insbesondere die Weihnachtsansprachen Pius XII. 1939–45, die Friedensbotschaft Johannes XXIII. von 1961, die Ansprachen und Botschaften zum jeweiligen Weltfriedenstag seit 1968, überdies je eine UNO-Ansprache des Papstes in den Jahren 1965, 1979, 1995, 2008 und das Konzilsdokument Gaudium et spes sowie Kundgebungen des päpstl. Rates Iustitia et Pax.

Einzelnachweise

  1. Wilfried Köpke: "Wie auch wir vergeben... Deutschland" [50 Jahre Pax Christi], in: Orientierung, Zürich 59 (1995) S. 210-212
  2. Wilfried Köpke:Die umstrittenen Friedenskämpfer. 50 Jahre Pax Christi”, 30'-Fernsehfeature, ARD, 29. März 1998
  3. Wilfried Köpke: Friedensstandpunkt oder Friedensbewegung, in: Orientierung, Zürich 61 (1997) S. 70-72

Weblinks


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