Pfingstbergtunnel

Pfingstbergtunnel
Pfingstbergtunnel
Pfingstbergtunnel
Südportal des Pfingstbergtunnels
Nutzung Eisenbahntunnel
Verkehrsverbindung Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart
Ort Mannheim-Rheinau, Brühl
Länge 5.380 m
Anzahl der Röhren 1
Größte Überdeckung 5 m[1]dep1
Bau
Bauherr Deutsche Bundesbahn
Baukosten 110 Mio. DM
Baubeginn 2. November 1976
Fertigstellung Oktober 1985
Betrieb
Betreiber DB Netz
Freigabe 31. Mai 1987
Lage
Pfingstbergtunnel (Baden-Württemberg)
Red pog.svg
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Koordinaten
Nordwestportal 49° 26′ 58,7″ N, 8° 31′ 50,1″ O49.4496398.530583100
Südportal 49° 24′ 18,5″ N, 8° 32′ 50,2″ O49.4051398.547278101

Der Pfingstbergtunnel ist ein 5380 m (Streckenkilometer 5,60 bis 11,00) langer[1] Eisenbahntunnel der Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart bei Mannheim. Er unterquert den Stadtteil Pfingstberg des Mannheimer Stadtbezirks Rheinau und trägt daher seinen Namen.

Die Röhre nimmt zwei Gleise auf einem Schotter-Oberbau auf, die planmäßig mit bis zu 250 km/h befahren werden. Er dient im Wesentlichen dem Schutz eines Trinkwasserschutzgebiets und dem Lärmschutz der Anwohner.[2] Der Bau des Tunnels geht auf Forderungen der Stadt Mannheim zurück.[3]

Inhaltsverzeichnis

Verlauf und Lage

Pfingstbergtunnel, teilweise als Wall in der Landschaft erkennbar

Das Bauwerk verläuft in nordwestlicher Richtung. Das Nordwestportal liegt am südöstlichen Rand des Rangierbahnhofs Mannheim, das Südportal am nordöstlichen Rand der Gemeinde Brühl.

Unterfahren werden unter anderem die A6, mit der Anschlussstelle Schwetzingen/Rheinau, die Rheintalbahn (bei Rheinau) mit dem dortigen, zwölfgleisen Abstellbahnhof sowie zahlreiche andere Verkehrswege. An einigen Stellen ist der Tunnel als Erhebung im Gelände sichtbar.[4]

Die Tunneltrasse schwenkt Richtung Stuttgart von West-Ost- in Nord-Süd-Richtung um. Nach Passieren dieser Kurve steigt die zulässige Höchstgeschwindigkeit im Tunnel auf 250 km/h. Diese Nord-Süd-Richtung wird für rund 25 km, bis Graben-Neudorf beibehalten.[4] Die zugelassene Höchstgeschwindigkeit im Südabschnitt des Tunnels liegt bei 250 km/h, im nördlichen Bereich (ab Streckenkilometer 7,4) bei 200 km/h.

An das Nordwestportal schließt sich ein rund 2,5 km langer Abschnitt in Parallellage zu einem Gewerbegebiet und dem Rangierbahnhof an. Darauf folgt, kurz vor dem Hauptbahnhof Mannheim, die Containerbahnhofbrücke.[5] Am Nordwestportal wurde eine Überleitstelle angelegt, die vom Stellwerk des Mannheimer Hauptbahnhofs fernbedient wird. In der Nähe wurden die Streckengleise in einem Abstand von etwa 15 m verlegt. Durch diese Aufweitung wurde die Möglichkeit offen gehalten, über eine Rampe einen Anschluss an die östliche Riedbahn mit dem Rangierbahnhof herzustellen. Damit könnten Güterzüge den Mannheimer Hauptbahnhof umfahren.[4] Die geplante Neubaustrecke Rhein/Main–Rhein/Neckar soll in der Nähe des Pfingstbergtunnels in die Schnellfahrstrecke einfädeln.[6]

Die Röhre durchfährt quartären Kies und Sande. Insgesamt wurden 1.700.000 m³ Material herausgegraben.[1]

Der Tunnel verfügt über drei Notausstiege und zählt damit neben dem Tunnel Langes Feld und Freudensteintunnel zu den drei Röhren der Schnellfahrstrecke, die über Fluchtmöglichkeiten abseits der Tunnelportale verfügen.

Geschichte

Planung

Die Trasse sollte im Bereich des heutigen Tunnels in einem Einschnitt verlaufen. Die Errichtung eines Tunnels ging wesentlich auf Lärmschutzforderungen der Stadt Mannheim zurück.[3]

Bereits in der frühen Planungsphase hatte sich in Ketsch eine Bürgerinitiative gebildet, die nach Bahnangaben eine Reihe von Verbesserungen gegenüber der ursprünglichen Planung erwirken konnte.[7]

Für den Bereich des Pfingstbergtunnels wurden 1977 (Abschnitt 2a, Schwetzingen/Brühl) bzw. 1978 (2b, Ketsch) die Planfeststellungsbeschlüsse erlassen. Fünf Hausbesitzer der Schwetzinger Siedlung Hirschacker reichten beim Verwaltungsgericht Klagen gegen die Beschlüsse ein. Das Gelände der Siedlung liegt eingezwängt zwischen der Autobahn im Westen, der Bestandsstrecke Mannheim–Karlsruhe im Norden und der Bundesstraße 36 im Süden. Die zwischen knapp 30 und 95 m von der geplanten Tunneltrasse (rund 500 m vom Südportal) entfernt lebenden Kläger befürchteten Erschütterungen durch im dichten Takt durch die Röhre fahrende Hochgeschwindigkeitszüge. Sie forderten die Errichtung einer 19 m tiefen, 120 cm starken und 300 m langen Betonwand, um ihre Häuser von den befürchteten Erschütterungen abzuschirmen. Ferner bezweifelten die Kläger die wirtschaftliche Notwendigkeit der Neubaustrecke.[7][8]

Nachdem die Kläger in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe unterlegen waren, hob der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 19. November 1979 nach zweieinvierteljähriger Prozessdauer in zweiter Instanz aufgrund eines Formfehlers den Planfeststellungsbeschluss in diesem Abschnitt auf, womit die Arbeiten an dem Tunnel unterbrochen werden mussten (Urteil VII 2854/78 vom 14. September 1979[9]). Am 18. Dezember 1979 legte die Bundesbahn dagegen Revision beim Bundesverwaltungsgericht ein. Davon unabhängig leitete sie am 29. August 1980 ein neues Planfeststellungsverfahren ein, indem sie die beiden Planfeststellungsabschnitte zu einem zusammenzog.[10][11] Die Behörde erhoffte sich dadurch, schneller einen neuen Baubeginn erwirken zu können. Am 9. September 1980 hob die Bundesbahn den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss für den Bereich 2b auf, um im Zuge eines neuen Verfahrens auch weitere Änderungen einbringen zu können.[7][8] Das Gerichtsverfahren wurde von manchen Beobachtern kritisiert, da sich die Neubaustrecke im beklagten Bereich durchgehend in Tunnellage befindet, während die angrenzende Autobahn die Hauptquelle der Emissionen gewesen sei.[5]

Der geforderte Erschütterungsschutz der 22 bis 70 Meter vom Tunnelrand entfernt liegenden Häuser wurde errichtet. Die unterirdische Betonwand misst 19 m Tiefe, 1,20 m Stärke und 310 m Länge.[7] Dafür wurden 7.000 m³ Beton aufgewendet.[4]

1983 war, je nach Quelle, eine Länge von 5.360 m[12] oder von bereits 5.380 m[13] geplant gewesen.

Bau

Nordwestportal des Pfingstbergtunnels
Das Südostportal im Juni 1987

Die Bauarbeiten begannen am 2. November 1976.

Die Röhre ging als erster Tunnel der Strecke in Bau. Ihm folgte später der Tunnel Forst nach.[12]

Der Großteil des Tunnels wurde, weitgehend in den Jahren 1976 bis 1980, in offener Bauweise errichtet. In Folge von mehreren Verfahren vor den Verwaltungsgerichten kam es zu einer dreijährigen Bauunterbrechung.[14] 1980 waren die ersten 4.080[5] Tunnelmeter, die sich auf Mannheimer Gebiet befinden[5], fertiggestellt.[15] Der übrige Teil, auf dem Gebiet der Gemarkung Schwetzingen, war noch 1983 aufgrund der vorangegangen Rechtsstreitigkeiten im Bau.[5] Die Bauarbeiten wurden im Oktober 1985 abgeschlossen.[1] Insgesamt wurden 612 Blöcke von je 8,80 m Länge betoniert. Pro Woche entstanden zwei Blöcke mit einer Gesamtlänge von 17,60 m. Am 16. Oktober 1985 wurde der Lückenschluss am Pfingstbergtunnel gefeiert.[16]

Im Zuge des ökologischen Ausgleichs entstanden oberhalb des Tunnels zwei hügelig angelegte Naherholungsgebiete, für die über 80.000 Bäume und Sträucher angelegt wurden.[16]

Die Baukosten beliefen sich auf rund 110 Millionen D-Mark (rund 60 Millionen Euro, Preisstand: etwa 1991).[2]

Technik

Etwa 70 Meter vor dem Nordwestportal befinden sich GSM-Basisstationen der vier deutschen Netzbetreiber. Diese versorgen nicht nur den unmittelbar nordwestlich anschließenden Gleisbereich, sondern auch, über eine Repeateranlage mit Glasfaseranbindung zu den Remote-Units, den gesamten Pfingstbergtunnel. Besonders interessant ist die letzte Repeateranlage am Südportal des Tunnels, diese wurde nicht, wie sonst üblich, innerhalb des Tunnels angebracht, sondern befindet sich etwa 50 Meter vor dem Tunnelportal.

Die Versorgung des Tunnels mit GSM-R erfolgt über Basisstationen an beiden Tunnelportalen, die Versorgung mit RailNet über eine Einkopplung in den GSM-R-Antennenpfad am Nordwestportal.

Am Nordwestportal befindet sich außerdem eine der letzten noch existierenden C-Netz-Verstärkeranlagen die, als sie noch in Betrieb war, die Versorgung der C-Netz-Telefonzellen in den ICE 1 im Tunnel sicherstellen sollte.

Weblinks

 Commons: Pfingstbergtunnel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Ernst Rudolph: Eisenbahn auf neuen Wegen: Hannover–Würzburg, Mannheim–Stuttgart, Hestra-Verlag, Darmstadt, 1989, 3-7771-0216-4, S. 60.
  2. a b Horst J. Obermayer: Neue Fahrwege für den InterCityExpress. In: Herrmann Merker (Hrsg.): ICE – InterCityExpress am Start. Hermann Merker Verlag, Fürstenfeldbruck 1991, ISBN 3-922404-17-0, S. 57–69.
  3. a b Hans-Wolfgang Scharf: Die Eisenbahn im Kraichgau. Eisenbahngeschichte zwischen Rhein und Neckar. EK-Verlag, Freiburg (Breisgau) 2006, ISBN 3-8825-5769-9, S. 200.
  4. a b c d Karl Gerhard Baur: Die Neubaustrecke Mannheim – Stuttgart im Rheintal. In: Eisenbahn-Kurier. Nr. 5, 1986, ISSN 0170-5288, S. 6–14.
  5. a b c d e Erich Fein: Die neuen Eisenbhanbauten im Raum Mannheim im Rahmen der Einführung der Westlichen Riedbahn und der Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart. In: DB-Bahnbauzentrale Frankfurt/M. (Hrsg.): Eisenbahnbau für das 21. Jahrhundert: Streckenausbau bei der Deutschen Bundesbahn. Frankfurt am Main, ca. 1984, S. 52–62.
  6. Deutsche Bahn AG: Streckenverlauf Neubaustrecke Rhein/Main–Rhein/Neckar. Dokument vom 15. Juni 2007
  7. a b c d Deutsche Bundesbahn, Projektgruppe M/S (Hrsg.): Neubaustrecke Mannheim – Stuttgart. Planfeststellungsbereich 2 a/b, Broschüre (16 Seiten A4-Querformat), Karlsruhe, 1983, S. 2, 4
  8. a b Nichts läuft ohne Tunnel. In: Der Spiegel, Ausgabe 52, 1979, S. 54 f.
  9. Wolfgang Born: Die rechtliche Begründung der Neubaustrecken der Deutschen Bundesbahn im Planfeststellungsverfahren. In: Die Bundesbahn. Jg. 57, Nr. 10, 1981, ISSN 0007-5876, S. 777–780.
  10. Deutsche Bundesbahn, Bundesbahndirektion Nürnberg, Projektgruppe H/W Süd der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Baubeginn Südabschnitt Neubaustrecke Hannover - Würzburg in Gemünden am Main. 22. Mai 1981. Presseinformation, Mai 1981, Teil 7, Seite 4 f.
  11. Manche auch wollen schlicht nur ein wenig für sich herausschlagen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. Mai 1982
  12. a b Belter: Große Fortschritte beim Bau der Tunnel für die Neubaustrecken. In: Der Eisenbahningenieur, 34, 1983, Heft 12, S. 661 f.
  13. Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart. Übersichtskarte 1:100 000. Stand von Januar 1983.
  14. Jürgen Hörstel, Marcus Niedt: ICE – Neue Züge für neue Strecken. Orell-Füssli-Verlag, Zürich/Wiesbaden 1991, S. 20–24, ISBN 3-280-01994-X.
  15. Deutsche Bundesbahn, Projektgruppe Mannheim − Stuttgart der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Mannheim − Stuttgart: Möglingen, Schwieberdingen, Planfeststellungsbereich 14. Broschüre, 16 A4-Seiten, Karlsruhe 1981, S. 4
  16. a b Projektgruppe M/S der Bahnbauzentrale (Hrsg.): Neubaustrecke Mannheim–Stuttgart: Ein Konzept für uns alle. 28-seitige Broschüre von Januar 1986, Karlsruhe, 1986, S. 11

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