Philologus

Philologus

Philologus. Zeitschrift für antike Literatur und ihre Rezeption ist eine der ältesten, bedeutendsten und angesehensten Zeitschriften auf dem Gebiet der klassischen Altertumswissenschaften. Begründet wurde sie 1848 als Philologus. Zeitschrift für das klassische Altertum und sein Nachleben. Eine erste Folge wurde bis 1887/88 (Nummer 46) herausgegeben, eine zweite Folge ab 1889 begann erneut bei Nummer 1. In den 1940er Jahren erschien die Zeitschrift nur unregelmäßig, seit 1954 wieder regelmäßig.

Philologus erscheint zweimal im Jahr im Berliner Akademie-Verlag. Herausgeber sind derzeit Widu-Wolfgang Ehlers, Therese Fuhrer, Christof Rapp, Wolfgang Rösler, Peter Lebrecht Schmidt und Bernd Seidensticker. Die Arbeitsstelle zur Herausgabe der Zeitschrift ist am Institut für Griechische und Lateinische Philologie der Freien Universität Berlin angesiedelt, die von Widu-Wolfgang Ehlers und Bernd Seidensticker geleitet wird. Vor der Wende wurde die Zeitschrift in Ost-Berlin vom Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften der DDR herausgegeben. Von 1897 bis 1944 erschien der Philologus in Leipzig bei Dieterich.

Die Beiträge, die auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Lateinisch verfasst sein können, befassen sich mit Problemen der griechischen und lateinischen Literatur, der Geschichtsschreibung, Philosophie, Religionsgeschichte und Linguistik sowie ihrer Rezeption und der Wissenschaftsgeschichte. Ziel der Zeitschrift ist es, einen Beitrag zur Erhellung der geistigen Kultur der Antike und ihrer Wirkungsgeschichte zu leisten. Sie erscheint zweimal jährlich, im Juni und im November, und hat eine Auflage von 600 Exemplaren.

Inhaltsverzeichnis

Die Ära Schneidewin: Begründung des Philologus

Obwohl Friedrich Wilhelm Schneidewin der erste Herausgeber des Philologus war, gebührt der Ruhm, den Philologus begründet zu haben, dem Stolberger Verleger O. Kleinecke. Dieser wandte sich an Schneidewin, der die Herausgabe der Zeitschrift übernahm. Lange konnte sich Kleinecke nicht an seiner neuen Zeitschrift erfreuen. Schon am Anfang hatte er sich übernommen und mit dem zweiten Band wechselte die Zeitschrift zur angesehenen Göttinger Dieterich'schen Verlagsbuchhandlung. War der Beginn an dieser Stelle etwas problematisch, waren die 99 Autoren des ersten Bandes zum Teil besonders namhaft. So waren unter den ersten Autoren beispielsweise Heinrich Ludolf Ahrens, August Nauck, Friedrich Ritschl, Theodor Mommsen, Moriz Haupt, Gottfried Hermann, Otto Jahn, Karl Lachmann, Johannes Nicolaus Madvig, Friedrich Gottlieb Welcker und August Meineke. Schon hier war zu erkennen, was den Philologus immer auszeichnen sollte: mit dem Dänen Madvig gab es schon im ersten Band einen ausländischen Autoren.

Dieser erste Band war „Dem Gedächtnisse Karl Otfried Müllers“ gewidmet. Diese Widmung wurde nie wiederholt, allerdings auch nie widerrufen und kann deswegen auch heute noch als gültig erachtet werden. Intention der Widmung war möglicherweise neben Schneidewins Ehrung seines eigenen früheren Lehrers auch der Versuch, dessen Lehrer August Boeckh als Autoren zu gewinnen. Doch trotz dieser Ehre für seinen früh verstorbenen Lieblingsschüler veröffentlichte Boeckh nie einen Beitrag im Philologus. Eigentlich war die Zeitschrift, die zu diesem Zeitschrift mit dem Untertitel „Zeitschrift für das klassische Alterthum“ versehen war, ein idealer Publikationsort, da damit auch die Alte Geschichte und die Klassische Archäologie ihren Platz haben sollten. Somit stellte sich der Herausgeber an die Seite Boeckhs, der Verfechter einer „Sachphilologie“ war, und stellte sich damit gegen die „Wortphilologen“, deren bedeutendster Vertreter Gottfried Hermann war.

Die Herausgabe des Philologus war ein Wagnis, deren Risiken für den heutigen Betrachter nicht mehr so leicht nachvollziehbar sind, da heute von den früheren Konkurrenten nur noch das Rheinische Museum für Philologie besteht. Dennoch schien Schneidewinds Konzept aufzugehen. Ein Viertel des Raumes der Zeitschrift, die zu dieser Zeit in vier Heften pro Jahr erschien, war Jahresberichten zu antiken Autoren und den sich herausbildenen altertumswissenschaftlichen Fachdisziplinen (Philologie, Geschichte, Archäologie) vorbehalten. Dafür war immer das vierte Heft eines Jahrganges vorgesehen. So sollten nicht nur wissenschaftliche Aufsätze, sondern auch umfassende Informationen geboten werden. Allerdings konnten diese Ansätze nur bedingt umgesetzt werden, Artikel aus dem historischen und archäologischen Bereich wurden zusehends weniger eingereicht.

Stagnation und Niedergang unter Ernst von Leutsch

Mit dem zehnten Band (1855) wurde Ernst von Leutsch, ein Göttinger Professorenkollege Schneidewins, Co-Herausgeber des Philologus. Da Schneidewin im selben Jahr verstarb, wurde von Leutsch alleiniger Herausgeber, was er bis 1888 bleiben sollte. Erste „Amtshandlung“ war eine ausführliche Würdigung seines Vorgängers in Form eines Nachrufes im Philologus. Die mehr als 30 Jahre andauernde Herausgeberschaft ist mit der Vorstellung einer Stagnation, ja sogar des Niederganges der Zeitschrift verbunden.

Im Nachhinein wird über Leutsch kritisch angemerkt, dass der Philologus von ihm nicht fachkundig geleitet wurde und er zu viele wissenschaftlich minderwertige Arbeiten in der Zeitschrift veröffentlichte. Diese Vorwürfe sind jedoch nur zum Teil berechtigt. Auch während der Herausgeberschaft Leutschs veröffentlichten weiterhin viele der angesehensten deutschen Altertumswissenschaftler wie Adolf Kirchhoff, Theodor Bergk, Friedrich Blass, Wilhelm von Christ, Wilhelm Corssen, Hermann Sauppe, Leonhard Spengel, Franz Susemihl, Karl Julius Beloch und Alexander Conze. Die Zeitschrift bot nicht nur Universitätswissenschaftlern ein Forum, sondern auch Gymnasiallehrern. Und nicht zuletzt war der Philologus eine Plattform der internationalen Forschung. Hier veröffentlichten in der Zeit von Leutschs Herausgeberschaft Forscher aus Österreich, der Schweiz, Russland, Dänemark, England, den USA, Italien, Estland und Frankreich. Im Band 64 (1866) erschien zum ersten Mal ein Beitrag in französischer Sprache, bis dato waren nur Beiträge auf Deutsch oder Latein zugelassen.

Leutschs bedeutendste Leistung war der Ausbau der Zeitschrift von einer normalen wissenschaftlichen Publikation zu einem publizistischen Großunternehmen. Kernstück blieb zwar weiterhin die Zeitschrift, in der Aufsätze und Miszellen erschienen, dazu jedoch auch noch die von Schneidewin eingeführten „Jahresberichte“ sowie „Auszüge aus schriften und berichten der gelehrten gesellschaften sowie aus zeitschriften“, „Bibliographische übersichten“ und „Indices“. Seit 1860 kamen dazu noch Supplementbände und ab 1869 der „Philologische Anzeiger“. In den Supplementbänden wurden Aufsätze veröffentlicht, die die normale Länge der Abhandlungen überschritten. Im ersten Band gab es Beispielsweise neun Aufsätze von 50 bis 120 Seiten. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Supplementbände, die wie die Zeitschrift in mehreren Heften erschien, zu einer Sammlung von Monografien. Damit ist Leutsch einer der Erfinder dieser Publikationsform. Der „Philologische Anzeiger“ war ein Rezensionsorgan. Die Zeitschrift selbst erschien in dieser Zeit oftmals in zwei Bänden pro Jahr mit zusammen bis zu 1500 Druckseiten. Alles in allem deckte der Philologus das gesamte Spektrum altertumswissenschaftlicher Informationen ab.

Dennoch kann man nicht in Abrede stellen, dass man beim Philologus zu dieser Zeit mehr Wert auf Masse denn auf Klasse legte. Waren viele Entwicklungen innovativ, waren die Aufsätze, die ja das Rückgrat des Unternehmens bildeten, vielfach – aber nicht durchweg – von geringerer Qualität als bei vergleichbaren Publikationen wie dem „Rheinischen Museum“ oder dem 1866 begründeten „Hermes“. Es wäre wünschenswert gewesen, neben den Innovationen einen schlankeren Philologus zu haben. Das Ansehen des Philologus war in der Fachwelt zum Teil so schlecht, dass Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff in einem Brief an den Ministerialdirektor Friedrich Althoff nach Leutschs Tod hoffte, der Philologus würde mit diesem sterben. Auch in seinen Erinnerungen 1848–1918 äußerte sich Wilamowitz rückblickend nach 40 Jahren:

„Die Hoffnung, daß der Philologus mit ihm stürbe, erfüllte sich leider nicht. Eine Zeitschrift erhält sich, wenn sie inhaltlich herunterkommt durch die Bibliothekare, die eine Serie nicht abreißen lassen. Das hat allerdings den Vorteil, daß sie sich leichter wieder heben als eine neue sich gründen läßt.“

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Erinnerungen 1848–1918, Berlin 1928, S. 204.

Nach Leutschs Tod ging die Herausgeberschaft in die Hände des gerade erst 31-jährigen Tübinger Professors für Klassische Philologie Otto Crusius.

Literatur

  • Ernst G. Schmidt: 150 Jahre „Philologus“. In: Philologus 140 (1996), 3-38.

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