- Pierre-Louis Moreau de Maupertuis
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Pierre Louis Moreau de Maupertuis (* 28. September 1698 in Saint-Malo; † 27. Juli 1759 in Basel) war ein französischer Mathematiker, Astronom und Philosoph, der das Prinzip der kleinsten Wirkung entdeckte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Im Alter von 20 Jahren trat Maupertuis als Kavallerie-Hauptmann in die Armee ein und diente dort fünf Jahre lang. In seiner freien Zeit studierte er Mathematik und machte dabei Bekanntschaft mit Newtons Gravitationstheorie. Im Gegensatz zu den Bernoullis wurde er zu einem heftigen Befürworter dieser Theorie – was damals noch einigen Mut erforderte und neben naturwissenschaftlichen auch philosophische Fragen aufwarf.
1723 wurde er 25jährig in die französische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1728 besuchte er London und wurde zu einem Mitglied der Royal Society gewählt.[1]
1736 führt er eine Expedition im Auftrag König Ludwig XV. nach Lappland, um dort den Abstand zweier Breitengrade zu vermessen. Zeitgleich mit einer zweiten Gruppe im heutigen Ecuador (Pierre Bouguer, Charles Marie de La Condamine, Louis Godin) sollte dabei eine genaue Gradmessung eines langen Meridianbogens vorgenommen werden, um aus den Unterschieden im Krümmungsradius der Erde ihre Größe und Form zu bestimmen. Auf seine wissenschaftliche Leistung unter den schwierigen Verhältnissen war Maupertuis so stolz, dass er oft die Tracht der Lappen trug.
1740 lud ihn Friedrich der Große auf Empfehlung von Voltaire nach Berlin ein, um ihm die Leitung der Preußischen Akademie der Wissenschaften zu übertragen. Da Friedrich jedoch mit militärischen Fragen beschäftigt war, begleitete Maupertuis ihn und geriet während der Schlacht bei Mollwitz in österreichische Gefangenschaft, wurde nach Wien gebracht, dort allerdings freundlich behandelt und bald durch Maria Theresia freigelassen. Er kehrte zunächst nach Berlin, schon im Juni 1741 aber nach Paris zurück, um das Ende des Zweiten Schlesischen Kriegs abzuwarten.
Er wurde zunächst stellvertretender Leiter der Académie des Sciences, im Jahr darauf ihr Leiter. Am 27. Juni 1743 wurde er in die Académie française aufgenommen. Im Herbst 1744 reiste Maupertuis nach Basel, dann wieder nach Berlin, wo er von Friedrich bedrängt wurde, seine Akademie zu leiten. Dort heiratete er am 25. August 1745 Eleonore von Borck, eine Verwandte des Staatskanzlers.
Am 12. Mai 1746 wurde Maupertuis offiziell zum Präsidenten der Berliner Akademie ernannt, geriet aber bald in verschiedene Querelen, unter anderem weil er kaum Deutsch konnte. Eine der Querelen wurde ausgelöst von Johann Samuel König, der Maupertius' Werk über Lappland übersetzt hatte und ihm vorwarf, das von ihm formulierte „Prinzip der kleinsten Wirkung“ stamme von Leibniz. Als der Akademiepräsident dies ungeschickt bestritt, wurde er von Voltaire mit dem anonym veröffentlichten Pamphlet Diatribe du Docteur Akakia attackiert. Obwohl Friedrich II. zu Maupertuis hielt, nahm dieser 1753 seinen Abschied (Nachfolger wurde Jean-Baptiste de Boyer, Marquis d’Argens (1704–1771)) und zog 1756 nach Basel. Dort starb er 1759 im Haus von Johann Bernoulli II. Da Maupertuis wünschte, dass er als Katholik nach den Riten seiner Konfession im katholischen Kanton Solothurn bestattet werde, der an den reformierten Kanton Basel grenzt, befindet sich seine Grabstätte in der St. Mauritiuskirche in Dornach.[2]
Auf Friedrichs Reiterdenkmal von 1851 ist Maupertuis als bedeutender Wissenschaftler erwähnt, dem die Organisation der preußischen Akademie zur Zufriedenheit des Herrschers gelang.
Sein schwieriger Charakter, der u. A. auf seine Erziehung und die Verwöhnung durch seine Mutter zurückgeführt wird, die ihren Sohn weniger geliebt als vergöttert haben soll, führte während seines Lebens zu zahlreichen Auseinandersetzungen.
Arbeiten über Biologie
Maupertuis war nicht nur ein Mathematiker und guter Kenner der Theorien Newtons und Leibniz', ihm war auch klar, dass die Theorien Newtons nicht ausreichten, um biologische Phänomene zu erklären. Er war in diesem Sinne einer der fortgeschrittensten Denker seiner Zeit, der sich nicht nur gegen den Präformismus und den Newtonschen Determinismus aussprach, sondern auch gegen den Kreationismus. Anlässlich der Ausstellung eines „weißen Negers“ bildete sich sein Interesse an seinem späterem Lieblingsgebiet: der Vererbung und speziell der Vererbung von Mutationen; er wurde zu einem der Vorväter der modernen Genetik. Für ihn war die Welt zu verschieden und zu heterogen um aus einer geplanten Schöpfung hervorgegangen zu sein.
Man weiß nicht, ob er gläubig war – also an einen Gott glaubte, der nicht etwa direkt in die Vorgänge in der Natur eingriff, sondern an einen Gott der die Naturgesetze erschaffen hatte –, oder ob er Atheist war. Mit seiner eher materialistischen Einstellung, unterstützt durch seine Kenntnisse der Newtonschen Theorien und durch sein Interesse an Vererbungen, entwickelte er eine Theorie der Entstehung des Lebens ähnlich der des Mutationismus von Hugo de Vries. Er nahm an, dass die ersten Lebewesen durch spontane Generation aus zufällig zusammengekommenen toten Materialien, Molekülen oder Keimen entstanden sind; Ideen die schon von antiken Schriftstellern wie Lukrez vertreten wurden. Die Erfindung des Mikroskopes erlaubte die Wahrnehmung kleinster, bis dahin unbekannter Organismen, die die Grenzen zwischen lebender und toter Materie verwischten und Grund zur Annahme der spontanen Erschaffung des Lebens aus zufälligen Kombinationen toter Materie gaben. Lange Zeit glaubte man, dass mikroskopische Organismen, vor allem Aufgusstierchen, aus toter Materie erschaffen werden konnten. Maupertuis nahm an, dass, ausgehend von diesen durch spontane Schöpfung entstandenen Organismen, sich durch starke Mutationen neue Spezies entwickelten. Durch diese Mutationen und durch Kreuzungen zwischen den Spezies würde sich im Laufe der Zeit die heute beobachtbare große Diversität der Spezies erklären. Ähnlich erklärte er die Eliminierung von mangelhaften Mutationen.
Maupertuis war Essentialist in dem Sinne, dass er jede Spezies, die sich von ihren Nachbarn unterschied, auf die taxonomische Landkarte setzte. Auch wenn er die Schaffung neuer Wesenszüge annahm, konnte er sich jedoch nicht eine graduelle Anpassung der Spezies durch die Selektion der am besten angepassten Mitglieder dieser Spezies vorstellen.
Siehe auch: Émilie du ChâteletSchriften
Zu seinen wichtigsten Arbeiten gehören:
- Sur la figure de la terre („Über die Form der Erde“, Paris, 1738 bzw. Zürich 1741)
- Discours sur la parallaxe de la lune („Diskurs über die Parallaxe des Mondes“, Paris, 1741)
- Discours sur la figure des astres („Diskurs über die Sternbilder“, Paris, 1742)
- Eléments de la géographie („Elemente der Geographie“, Paris, 1742)
- Lettre sur la comète de 1742 („Brief über den Kometen von 1742“, Paris, 1742)
- Dissertation physique à l'occasion du nègre blanc („Physikalischer Aufsatz anlässlich des weißen Negers“, anonym, Lyon 1744); 2. Aufl. mit Nennung des Autors unter dem Titel Vénus physique (Paris, 1745)
- Astronomie nautique („Nautische Astronomie“, Paris, 1745 and 1746)
- Essai de cosmologie („Essay über Kosmologie“, Amsterdam, 1750); darin enthalten "Das Prinzip der kleinsten Wirkung" (Übersetzung aus "Essai de Cosmologie"), Samburski 1975
Literatur
- Reinhold Koser: Maupertuis, Pierre-Louis Moreau de. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 691–693.
- Andreas Heyer: Pierre-Louis Moreau de Maupertuis. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 31, Nordhausen 2010, ISBN 978-3-88309-544-8, Sp. 851–862.
Weblinks
Wikisource: Pierre Louis Moreau de Maupertuis – Quellen und Volltexte (Französisch)- Literatur von und über Pierre-Louis Moreau de Maupertuis im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Pierre-Louis Moreau de Maupertuis. In: MacTutor History of Mathematics archive (englisch)
- Kurzbiografie der Académie française (französisch)
Einzelnachweise
Kategorien:- Geodät
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