Neger

Neger

Neger (span. negro, frz. nègre von ursprünglich lat. niger für schwarz) ist ein im 17. Jahrhundert in die deutsche Sprache eingeführter Begriff, der Menschen dunkler Hautfarbe bezeichnet und mit ihnen weitere Merkmale verbindet. Das Wort fand zunächst begrenzt Verwendung und bürgerte sich ab dem 18. Jahrhundert mit der Etablierung von Rassentheorien und der inzwischen überholten Vorstellung einer „negriden Rasse“ ein. Sie ist eng mit der Geschichte von Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung verbunden und erlangte weite Verbreitung, sowohl in der Gelehrten- als auch in der Literatur- und der Alltagssprache.

Nach dem Ende des Kolonialismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der es einem Bedeutungswechsel vom deskriptiven Begriff zum wertenden[1] unterlag, ist seine Verwendung stark zurückgegangen und beschränkt sich heute im Wesentlichen auf die Umgangssprache. Insbesondere in rechtsextremen[2] und rassistischen Kreisen ist die Bezeichnung unverändert Bestandteil des Vokabulars.

Ihre denotativen Bedeutungen waren über die Jahrhunderte hinweg Wandlungen unterworfen, ebenso unterlagen die konnotativen Bedeutungen, also die mitgedachten Wertungen des Wortes, starken Veränderungen. Es wird seit Mitte der 1970er Jahre zunehmend als rassistisch und abwertend konnotiert beschrieben[3][4][5] und von vielen der so Bezeichneten öffentlich abgelehnt.[6][7] Vor dem Hintergrund dieser Bewusstseinsentwicklung gilt Neger seit einigen Jahrzehnten als Schimpfwort.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie

Herkunft

Nach dem Etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache hat das Wort Neger die Ausgangsbedeutung „Schwarzer“ und ist ein Lehnwort nach dem französischen nègre, das wiederum vom spanischen negro, der Nachfolgeform des Lateinischen niger („schwarz“) kommt.[8] Er wurde erstmals im 16. Jahrhundert während des spanischen und portugiesischen Sklavenhandels auf Menschen übertragen, vornehmlich für die zur Handelsware erklärten Bewohner Afrikas, und bezog sich auf deren Hautfarbe.[9] Die damit verbundene Stereotypisierung von Menschen geht laut Veröffentlichungen des Soziologen Wulf D. Hund dementsprechend nicht auf die Wahrnehmung natürlicher Unterschiede zurück, „sondern ist vor dem Hintergrund von Kolonialismus und neuzeitlicher Sklaverei entstanden“.[10] Der analoge Begriff in der deutschen Sprache fand in Texten des 17. Jahrhunderts begrenzt Verwendung[11] und bürgerte sich im 18. Jahrhundert gleichzeitig mit der Etablierung von Rassentheorien ein.[12] Der teilweise von dem Begriff Neger abgelöste Ausdruck Mohr macht seinem Ursprung nach ebenfalls eine Aussage über die Hautfarbe. Er ist ein Lehnwort aus dem lateinischen Wort maurus für die Bewohner Mauretaniens, selten auch für alle Afrikaner, das wiederum vom griechischen ἀμαυρός (amauros, „im Ganzen dunkel“) stammt.[13][14][9] Ebenfalls über die Hautfarbe bestimmt sich der früher für dunkelhäutige Afrikaner gebräuchliche Begriff Äthiopier, der über lateinische Vermittlung vom griechischen Αἴθιοψ (Aithiops, „Brandgesicht“) kommt. Die Bezeichnung als „Brandgesicht“ bezieht sich auf den Mythos von Phaethon.[14]

Semantik

Das lateinische Adjektiv niger mit der Bedeutung schwarz wurde bei der Übertragung in andere Sprachen substantiviert. Auf Menschen bezogen, enthält es somit das Denotat „Mensch mit schwarzer Hautfarbe“.[15] Bereits mit der Verwendung im Portugiesischen und Spanischen im 16. Jahrhundert wurde die Bezeichnung „negro“ mit dem Wort Sklave konnotiert und im Weiteren mit anatomisch-ästhetischen (hässlich), sozialen (wild, ohne Kultur), sexuellen (abnorm) und psychologischen (kindlich) Vorstellungen verknüpft.[16] Die Übernahme des Begriffs in das Französische als „nègre“ im 16. Jahrhundert beinhaltete die Nebenbedeutungen und stand damit im Gegensatz zu dem direkt aus dem Lateinischen abgeleiteten noir für schwarz.[11] Mit gleicher Gewichtung wurde das Wort als „Neger“ im 17. Jahrhundert in die deutsche Sprache übertragen, die Konnotation war von vorneherein und dauerhaft inbegriffen,[17] wurde jedoch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts von den meisten Europäern nicht als negativ aufgefasst. Erst mit dem Ende des Kolonialismus nach dem Zweiten Weltkrieg, mehr noch mit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und der Überwindung von Rassentheorien wurde die rassistische Konnotation des Begriffs anerkannt.

Bedeutungsgeschichte

In der Klassifikation des Tierreichs teilte Carl von Linné im Jahre 1735 in der 1. Auflage seiner Systema Naturae die Gattung Homo in die vier Varietäten Homo europaeus albescens (europäischer erbleichender Mensch), Homo americanus rubescens (amerikanischer errötender Mensch), Homo asiaticus fuscus (asiatischer dunkler Mensch) und Homo africanus niger (afrikanischer schwarzer Mensch) ein.[18] Menschen wurden damit auf Grundlage des Merkmals Hautfarbe zu einer biologischen und anthropologischen Einheit in einem wissenschaftlichen Ordnungsprinzip, auch wenn bei dieser Annahme nur bedingt auf dieses Merkmal zurückgegriffen werden konnte, denn die Wahrnehmung natürlicher Unterschiede entsprach nicht den Abstrakta eines „Weiß“, „Rot“, „Gelb“ oder „Schwarz“ der Hautfarbe.[19] So nahm sowohl die Anthropologie, unter anderem durch Johann Friedrich Blumenbach, wie die Philosophie des 18. und 19. Jahrhunderts eine Weiterung zur Rassentheorie vor. In einem Konglomerat aus biologistischen und ästhetischen Wertungen wurde das rassistische Stereotyp des „Negers“ geschaffen, der beispielsweise nach Immanuel Kant als „stark, fleischig, gelenk, … faul, weichlich und tändelnd“[20] oder nach dem Popularphilosophen Christoph Meiners lediglich als „Halbmensch“ anzusehen sei.[21]

Einher ging diese Konstruktion einer Rasse und die Etablierung des Begriffs „Neger“ mit dem großen politischen und wirtschaftlichen Faktor des transatlantischen Sklavenhandels. Wulf D. Hund führt dazu aus: „Tatsächlich konstruieren die Europäer, während sie einen ganzen Kontinent zum Sklavenreservoir ihrer kolonialen Expansion machen, gleichzeitig die Rasse des Africanus niger. Dabei wird in einem langwierigen und keineswegs gradlinigen Prozess ein im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts zusehends negativ gekennzeichnetes Mohrenbild mit der der im 18. Jahrhundert entwickelten Ordnungskategorie Rasse zum Begriff des Negers verschmolzen.“[22]

Weitere Entwicklung

In der weiteren Entwicklung hat der Begriff laut der Afrikawissenschaftlerin Susan Arndt „als sprachliche Schöpfung von Sklaverei und Kolonialismus […] die Ideologeme, Denkmuster und Hierarchien dieser Zeit“ beibehalten.[9] Der Begriff „Neger“ als Lexem wurde hinsichtlich äußerlicher Merkmale und der geographischen Verbreitung verschieden umgrenzt und war nicht nur niemals eindeutig, sondern wandelte sich auch über die Zeit.

„Neger ist der gemeinsame Name der durch schwarze Färbung der sammtartig weichen, fettig anzufühlenden Haut, schwarzes, wolliges Haar, platten Schädel, vorstehende Backenknochen und aufgeworfene Lippen ausgezeichneten Bevölkerung des mittlern und nordwestl. Afrika, welche den wesentlichsten Theil der äthiopischen Menschenrace (s. Mensch) ausmacht.

– Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon 1839[23]

Während der Brockhaus von 1839 die als „Neger“ Bezeichneten in der Bevölkerung des mittleren und nordwestlichen Afrikas sowie in Ostindien und auf Südseeinseln sieht, gibt Meyers Konversations-Lexikon von 1888 auch abweichendene wissenschaftliche Meinungen wieder, welche Völker unter dem Begriff zu zählen seien:

„Neger: (franz. nègre, v. lat. niger, schwarz, Nigritier), die ausgeprägte Rasse Afrikas, welche diesen Kontinent, vom Südrand der Sahara angefangen, bis zu dem Gebiet der Hottentoten und Buschmänner auf der südlichen Halbkugel und vom Atlantischen bis zum Indischen Ozean bewohnt, so daß nur der südwestliche Teil Afrikas und der Norden von andern Rassen (Khoi-Khoin, Hamiten, Semiten) eingenommen werden. […] Waitz schließt von den eigentlichen ‚Negern‘ Berber, Kopten, Abessinier, Galla, Nubier, Hottentoten, Kaffern, Congovölker und Malgaschen, Schweinfurth auch die Bongo aus, und Fr. Müller will zu den ‚Negern‘ nur die Völker des westlichen und mittlern Afrika gerechnet wissen, welche zwischen der Sahara und dem Äquator wohnen. Andre haben neuerdings wiederum versucht, auch die hellfarbigen Nordafrikaner (Hamiten) mit ihnen zu vereinigen, da zahlreiche Übergänge zwischen ihnen und den eigentlichen ‚Negern‘ vorhanden sind. […]

– Meyers Konversations-Lexikon 1888[24]

Im Deutschen Kolonial-Lexikon von 1920 benennt der Hamburger Völkerkundler Georg Thilenius die Probleme der Unterteilung der „Rasse“:

„Neger Die dunkelhäutige Rasse, die Afrika bewohnt, ist, abgesehen von der Hautfarbe, durch Langköpfigkeit, Prognathie, krauses Kopfhaar gekennzeichnet. Im einzelnen ergeben sich Unterschiede nach Gebieten, doch ist es nicht möglich gewesen, fest begrenzte Unterabteilungen der N. zu definieren oder den beiden Sprachgruppen, den Sudansprachen (s. d.) und Bantusprachen (s. d.) entsprechende anthropologische aufzustellen.

– Deutsches Kolonial-Lexikon 1920[25]

„Neger 1) N., ältere Bezeichnung ‚Mohren, Nigritier, Äthiopier‘ […] einheitl. Menschenrasse in Afrika südl. von der Sahara bis zum Kapland […] dunkle Hautfarbe, vom tiefsten Braunschwarz sich abstufend bis zum Graubraun, Schokoladebraun und rötlichem Braun, wolliger Haarwuchs. Diese Verschiedenheit beruht zumeist auf Mischung mit den anderen Rassenelementen Afrikas […].

Der Große Brockhaus, 1934[26]

Während der NS-Zeit werden in der 12. Dudenauflage von 1941 der nationalsozialistischen Rassenlehre entsprechend die Lemmata „negrid“, „Negride“ und „Negroide“ aufgenommen und mit dem Wort „Neger“ als negrider Zweig der Menschenrassen verknüpft. Bis zur 15. Duden-Neuauflage 1961 bleiben die Einträge unverändert.[27]

Ab Mitte der 1970er finden sich in deutschen Wörterbüchern, zunächst vereinzelt, Hinweise auf eine abwertende oder diskriminierende Konnotation des Begriffs. Während das dtv-Lexikon weiterhin einen „negriden Rassenkreis“ beschreibt, wird im Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache von 1975 eine Unterscheidung zwischen Afroamerikanern und Afrikanern vorgenommen: Als Bezeichnung für Afrikaner wird hier der Begriff Neger als „veraltend“ und „heute oft abwertend“ beschrieben; als Eintrag für Afroamerikaner fehlt eine solche Markierung jedoch.[28]

„Neger [aus span. „Schwarzer“], im gewöhnlichen Sprachgebrauch die dunkelhäutigen Bewohner Afrikas südl. der Sahara bis zum Kapland sowie die Nachkommen der nach Nordafrika, Arabien und bes. nach Westindien, Nord- und Südamerika verschleppten Sklaven. Die N. bilden die kennzeichnendsten Gruppen des negriden Rassenkreises (→ Negride). → afrikanische Sprachen.

– dtv-Lexikon 1975[29]

„Neger, dunkelhäutiger Mensch mit sehr krausem schwarzen Haar a) Nachkomme der nach Amerika verschleppten Bewohner Afrikas: der Kampf der N. in den USA um ihre Gleichberechtigung b) veraltend /heute oft abwertend/ Bewohner großer Teile Afrikas: Togo, ein unabhängiger Nationalstaat der N. an der Guineaküste […] “

– Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, 1975[30]

„Neger, die der negriden Rasse zugehörigen Bewohner Afrikas, heute wegen der damit oft verbundenen abwertenden Bed. als Afrikaner od. Schwarze bezeichnet.

– Duden. Lexikon von A bis Z, 1984[31]

In den Wörterbüchern des Dudenverlags ab 2004 werden in den Vorwörtern Gebrauchshinweise zu brisanten Wörtern vorangestellt, so wird der Begriff im Synonymwörterbuch als nicht mehr erwünschte Personenbezeichnungen und im Rechtschreibduden als diskriminierend gekennzeichnet.[32]

„Neger – Viele Menschen empfinden die Bezeichnungen Neger, Negerin heute als diskriminierend. Alternative Bezeichnungen sind Schwarzafrikaner, Schwarzafrikanerin oder auch Afroamerikaner, Afroamerikanerin, Afrodeutscher, Afrodeutsche; in bestimmten Kontexten auch Schwarzer, Schwarze. Vermieden werden sollten auch Zusammensetzungen mit Neger wie Negerkuss, stattdessen verwendet man besser Schokokuss.

– Duden – Die deutsche Rechtschreibung 2006[33]

Verwendung in anderen Sprachen

Der im englischen und amerikanischen Bereich verwendete Begriff Negro hat eine andere Herkunftsgeschichte als der deutsche Begriff. Er wurde für Personen schwarzer Herkunft oder Aussehens, unabhängig von der Herkunft, bis zum Wechsel der in den USA amtlichen Klassifikationen von Rasse und Ethnizität in den 1960er Jahren beibehalten. Dabei wurde auch die zuvor gebräuchliche Einteilung in Negride, Europide und Mongolide aufgegeben. Der Gebrauch auch als Eigenbezeichnung war bis zur Amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, zum Beispiel bei Martin Luther King weit verbreitet. Versuche, den Begriff positiv zu besetzen, wurden später zugunsten des heute weiter verbreiteten Black (schwarz) oder Afro aufgegeben. Diese Begriffe unterlagen teilweise einer Euphemismus-Tretmühle und waren selbst auch zuvor negativ oder rassistisch besetzt oder benutzt worden.

Obwohl Negro wie Neger nach den 1960er Jahren zunehmend als Ethnophaulismus angesehen werden, sind in den USA einzelne entsprechend benannte Institutionen wie der United Negro College Fund als wichtiger Stipendiengeber für schwarze Studenten nach wie vor in Betrieb. Zusätzlich wird einzelner segregierter Institutionen wie der Negro league baseball auch bewusst unter diesem Namen gedacht. In den USA ist zudem amtlicherseits eine Klassifikation nach der Selbstidentifikation[34] mit einer race üblich, was in Deutschland aufgrund des Grundrechts auf Gleichheit (Art. 3 III GG) nicht möglich wäre.[35] Der Begriff Negro wird dem United States Census Bureau zufolge auch bei der Volkszählung 2010 neben „Black“ und „African-American“ in Gebrauch bleiben[36], da sich ältere Bürger immer noch damit identifizieren würden.[37]

Im Niederländischen wird das Wort neger und seine Verwendung im allgemeinen nicht als problematisch angesehen – einen rassistisch-negativen Beiklang haben hier die als Scheltwörter verwendeten, aus dem Afrikaansen entlehnten Begriffe nikker und kaffer. Diese Situation rührt vor allem daher, daß die Diskriminierung dunkelhäutiger Afrikaner in der jüngeren Geschichte des niederländischen Sprachgebietes im weiteren Sinne vor allem an der Apartheidspolitik in Südafrika sinnfällig geworden ist. Im Sprachgebrauch der Apartheid wurden die Einwohner in blank (‚weiß‘), Aziatisch, zwart (‚schwarz‘) und kleurling (‚farbig‘) unterschieden, weshalb diese letzten beiden Begriffe neben nikker und kaffer, jedoch anders als das vom Apartheidsregime nicht gebrauchte neger, im heutigen Niederländischen mit Rassendiskriminierung in Verbindung gebracht werden.

Aus dem Französischen wurde der abgeleitete Begriff Négritude ins Deutsche aufgenommen. Der Dichter und Politiker Aimé Césaire[38] begann damit eine frankophon geprägte literarisch-philosophische und politische Strömung, die für eine kulturelle Selbstbehauptung aller Menschen Afrikas und ihrer afrikanischen Herkunft eintritt. Durch Léopold Sédar Senghor und dessen Freundschaft mit Janheinz Jahn wurde die moderne afrikanische Literatur in Deutschland bekannt und (westdeutsche) Vorstellungen und Vorurteile gegenüber Afrikanern entscheidend modernisiert und abgebaut.

In Spanien und Portugal entspricht der Gebrauch von negro dem des deutschen oder englischen schwarz. In Brasilien ist die offizielle Einteilung nach Hautfarbe mehr mit dem sozialen Status als mit dem tatsächlichen Aussehen verknüpft. In der portugiesischen Sprache wird inzwischen das Wort negro ausschließlich auf Menschen angewandt, während der ansonsten für die Farbe Schwarz übliche Begriff preto für Menschen ein Pejorativ darstellt.

Rückgang der Verwendung

Unter dem Eindruck der Bürgerrechtsbewegung in den USA wird der Begriff „Neger“ seit den 1970er Jahren in der Bundesrepublik und seit den 1980er Jahren in der DDR zunehmend als abwertend empfunden.[39] Es wird dabei auf die rassistische Konnotation verwiesen, die der Bezug des Begriffs auf die Hautfarbe nimmt. Außerdem stelle der Begriff eine Stereotypisierung durch biologistische Einteilungen dar und diene der Pseudolegitimation des Konstruktes „Rasse“.[40] Der Sprachwissenschaftler Theodor Ickler sieht die herabsetzende Wertung des Begriffs in der geschichtlichen Entwicklung begründet, wobei „noch eine übermächtige ausländische Diskussion hinzukommt, die eine Eigenentwicklung für das Deutsche praktisch ausschließt.“[32]

In der DDR blieben trotz erheblicher, auch militärischer Afrikaaktivitäten Vorurteile länger erhalten. Dies wird auch auf den bis auf einzelne protestantische Arbeitsgruppen ausschließlich staatlich geleiteten Afrikadiskurs zurückgeführt.[41][42]

Die innerkirchliche Erneuerung des Afrikadiskurses und des Umgangs mit dem Bild des Negers fand insbesondere auf Initiative Heino Falckes nach dessen Rede „Christus befreit – darum Kirche für andere“ 1972 statt.

In deutschen Wörterbüchern ist seit Mitte der 1970er Jahre zunehmend der Hinweis zu finden, dass der Begriff sowie seine Komposita vermieden werden sollten.

Der Begriff „Schwarze“, der entsprechend dem englischen Black als Eigenbezeichnung verbreitet ist, ist anders konnotiert. Als solche bezieht er sich semantisch nicht auf die Hautfarbe, sondern beinhaltet eine kulturelle und soziale Identität, mit der der Kontext aufgegriffen wird, in dem Menschen durch Rassismus und Sozialisation zu Schwarzen gemacht wurden.[43]

Bis Anfang der 1990er Jahre vermarktete die Dr. Oetker GmbH noch die Eissorte „Negerlein“, ein mit Schokolade überzogenes Vanilleeis. In den 1990er Jahren verschwand dann auch die Warenbezeichnung „Negerküsse“ für Schokoküsse.

Siehe auch

Literatur

  • Marimba Ani: Yurugu. An african-centered critique of european cultural thought and behavior. Africa World Press, Trenton, N. J. 1994, ISBN 0-86543-249-X.
  • Susan Arndt, Antje Hornscheidt (Hrsg.): Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Unrast Verlag, Münster 2001, ISBN 3-89771-424-8.
  • Susan Arndt (Hrsg.): AfrikaBilder. Studien zu Rassismus in Deutschland. Unrast Verlag, Münster 2001, ISBN 3-89771-407-8.
  • Urs Bitterli: Die „Wilden“ und die „Zivilisierten“. Die europäisch-überseeische Begegnung. Beck, München 2004, ISBN 3-406-35583-8.
  • Frank Böckelmann: Die Gelben, die Schwarzen und die Weißen. Eichborn Verlag, Frankfurt/M. 1999, ISBN 3-8218-4475-2.
  • Erwin Ebermann (Hrsg.): Afrikaner in Wien. Zwischen Mystifizierung und Verteufelung. LIT-Verlag, Münster 2003, ISBN 3-8258-5712-3.
  • Reimer Gronemeyer (Hrsg.): Der faule Neger. Vom weißen Kreuzzug gegen den schwarzen Müßiggang. Rowohlt Verlag, Reinbek 1991, ISBN 3-499-13071-8.
  • Grada Kilomba-Ferreira: „Don't You Call Me Neger!“ Das N-Wort, Trauma und Rassismus. In: Antidiskriminierungsbüro u. a. (Hrsg.): The BlackBook. Deutschlands Häutungen. IKO Verlag, Frankfurt/M. 2004, ISBN 3-88939-745-X.
  • Grada Kilomba-Ferreira: Die Kolonisierung des Selbst. Der Platz des Schwarzen. In: Hito Steyerl, Encarnación Gutiérrez Rodríguez (Hrsg.): Spricht die Subalterne deutsch? Migration und postkoloniale Kritik. Unrast Verlag, Münster 2003, ISBN 3-89771-425-6.
  • Grada Kilomba: Plantation Memories. Episodes of Everyday Racism. Münster, 2008, ISBN 978-3-89771-485-4. (Table of Contents)
  • Marie Lorbeer, Beate Wild (Hrsg.): Menschenfresser, Negerküsse. Das Bild von Fremden im deutschen Alltag. Elefantenpress, Berlin 1994, ISBN 3-88520-394-4.
  • Peter Martin: Schwarze Teufel, edle Mohren. Hamburger Edition, Hamburg 2001, ISBN 3-930908-64-6.
  • Henning Melber: Der Weißheit letzter Schluss. Rassismus und kolonialer Blick. Brandes & Apsel, Frankfurt/M. 1992, ISBN 3-86099-102-7.
  • Katharina Oguntoye u. a. (Hrsg.): Farbe bekennen. Afro-deutsche Frauen auf den Spuren ihrer Geschichte. Fischer, Frankfurt/M. 1993, ISBN 3-596-11023-8.
  • Hermann Polling (Hrsg.): Exotische Welten. Europäische Phantasien. Edition Cantz, Stuttgart 1987, ISBN 3-922608-65-5. (Ausstellungskatalog)

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Neger – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Kramer, Ulrike: Von Negerküssen und Mohrenköpfen. Begriffe wie Neger und Mohr im Spiegel der Political Correctness – Eine Wortschatzanalyse. Diplomarbeit, 2006. PDF, S. 11 ff.
  2. Klaus Schroeder: Rechtsextremismus und Jugendgewalt in Deutschland: Ein Ost-West-Vergleich, 2004; Frieder Dünkel, Bernd Geng (eds.): Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit – Bestandsaufnahme und Interventionsstrategien. 1999, ISBN 3-930982-49-8.
  3. Susan Arndt und Antje Hornscheidt (Hrsg.), Afrika und die deutsche Sprache (siehe Literaturangabe; online)
  4. Sebastian Löbner: Semantik: Eine Einführung, Berlin 2003, S. 50.
  5. Monika Albrecht, „Europa ist nicht die Welt“: (Post)Kolonialismus in Literatur und Geschichte der westdeutschen Nachkriegszeit, Verlag Aisthesis 2008, S. 66: „Der Begriff »Neger« gehört in den Zusammenhang einer für die Nachkriegszeit typischen Terminologie, zu der zurückzugehen heute zu Recht als rassistisch gelten würde […].“
  6. Sonja Steffek, Schwarze Männer, weiße Frauen: Ethnologische Untersuchungen zur Wahrnehmung des Fremden in den Beziehungen zwischen afrikanischen Männern und österreichischen Frauen. LIT Verlag, Berlin/Hamburg/Münster 2000, ISBN 3-825-84771-3.
  7. Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft/Exil-Club, „Afrodeutsche“ oder „Neger“?
  8. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 23. erweiterte Auflage, Berlin/New York 1999.
  9. a b c Anke Poenicke: Afrika realistisch darstellen: Diskussionen und Alternativen zur gängigen Praxis, Hrsg.: Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., Sankt Augustin, Juni 2003, ISBN 3-933714-93-1, S. 16 ff. (PDF)
  10. Wulf D. Hund: Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 1999, ISBN 3-89691-453-7, S. 12; als PDF einsehbar über Homepage Wulf D. Hund.
  11. a b Der große Duden Band 7: Etymologie, Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache. Bearbeitet von Paul Grebe, Günther Drosdowski. In Fortführung der „Etymologie der neuhochdeutschen Sprache“ von Konrad Duden. Erstauflage, Bibliographisches Institut, Dudenverlag, Mannheim/Wien/Zürich 1963, S. 464.
  12. Wulf D. Hund: Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit, S. 34 f.
  13. Ausführliches lateinisch-deutsches Handwörterbuch von Karl Ernst Georges. 8. Aufl., besorgt v. Heinrich Georges, Hannover 1913.
  14. a b Gemoll. Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch von W. Gemoll und K. Vretska. 10. Aufl. München, Düsseldorf, Stuttgart 2006.
  15. Dakha Deme: Konnotation und Denotation am Beispiel des Begriffs „Neger“, in: Interkulturell. Forum für interkulturelles Lernen in Schule & Sozialpädagogik / Hrsg.: Forschungsstelle Migration und Integration an der Pädagogischen Hochschule Freiburg, Breisgau 1994, S. 57.
  16. Dakha Deme: Konnotation und Denotation am Beispiel des Begriffs „Neger“, S. 61 f.
  17. Dakha Deme: Konnotation und Denotation am Beispiel des Begriffs „Neger“, S. 59.
  18. Carl von Linné, Systema naturae sive regna tria naturae systematice proposita per classes, ordines, genera et species, 1. Auflage, Leiden 1735; online einsehbar, hier S. 12, abgerufen am 14. August 2010.
  19. Wulf D. Hund: Die Farbe des Schwarzen. Über die Konstruktion von Menschenrassen in: derselbe: Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit, S. 19 f.
  20. Immanuel Kant: Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse, 1785 In: Kant Werke, Band 9, S. 79.
  21. Christoph Meiners: Über die Natur der afrikanischen Neger und die davon abhangende Befreyung, oder Einschränkung der Schwarzen, 1790, einsehbar als tif-Dokument, abgerufen am 9. Juni 2010.
  22. Wulf D. Hund: Die Farbe des Schwarzen. Über die Konstruktion von Menschenrassen in: derselbe: Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit, S. 33.
  23. Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839, S. 256–257; vollständig online einsehbar unter zeno.org
  24. Meyers Konversations-Lexikon (1888–1889) in 16 Bänden, 4. Auflage, 1888; vollständig online einsehbar unter peter-hug.ch
  25. Deutsches Kolonial-Lexikon, 1920, Band II, Seite 627; [1]
  26. Der Große Brockhaus. Handbuch des Wissens in zwanzig Bänden. Bd. 13. Leipzig 1934, S. 252; zitiert nach Arndt/Hornscheidt: Afrika und die deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. Münster, 2004; online einsehbar [2]
  27. Werner A. Schöneck: Das Wörterbuch – Ein Spiegel der Zeit?! Soziokulturelle Implikationen, politisch-ideologische Positionen und Reflexe der Sprachveränderung in lexikographischen Beständen, Beschreibungen und Strukturen. Versuche zur Kritik der praktischen Lexikographie. In: ELiSe (Essener Linguistische Skripte – elektronisch. Zeitschrift für Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik), Dezember 2001, S. 196; auch online einsehbar, abgerufen am 7. Juni 2010.
  28. Ulrike Kramer: Von Negerküssen und Mohrenköpfen. Begriffe wie Neger und Mohr im Spiegel der Political Correctness. Eine Wortschatzanalyse, Diplomarbeit, Wien 2006, S. 84.
  29. dtv-Lexikon. Ein Konversationslexikon in 20 Bänden. Bd. 13, München 1975, S. 76.
  30. Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Bd. 4. Berlin 1975, S. 2628.
  31. Duden. Lexikon von A bis Z, Mannheim 1984, S. 474.
  32. a b Theodor Ickler: Duden – politisch korrekt, Beitrag vom 1. August 2006, Homepage Forschungsgruppe Deutsche Sprache, abgerufen am 7. Juni 2010. Hier findet sich auch eine Kritik dieses Vorgehens der Dudenredaktion.
  33. Duden – Die deutsche Rechtschreibung, 24. Aufl., Mannheim 2006.
  34. Amercan fact finder for census. Abgerufen am 17. August 2010.
  35. Vgl. Sunjid Dugar, Der Gleichheitsgrundsatz in Bezug auf das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im deutschen und mongolischen Recht (= Münchner Juristische Beiträge; Bd. 73), Herbert Utz Verlag, München 2009, ISBN 978-3-8316-0921-5, Kap. 1.4.2, 2.1.2, S. 45, 74; zum Diskriminierungsmerkmal „Rasse“ siehe auch Michael Sachs (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, C.H. Beck, München 2003, S. 242, Rn 293; dazu insbes. Däubler/Bertzbach, Komm. AGG, 2007, § 1 Rn 22.
  36. U.S. Census Bureau interactive form, Question 9.
  37. Census Bureau defends 'negro' addition, upi.com, 6. Januar 2010.
  38. Aimé Césaire, Discours sur le colonialisme, suivi de Discours sur la Négritude Présence Africaine, Juli 2004, ISBN 2-7087-0531-8.
  39. Anke Poenicke: Afrika realistisch darstellen, S. 18; siehe auch: Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache. Bd. 4. Berlin 1975, S. 2628.
  40. Susan Arndt und Antje Hornscheidt (Hrsg.), Afrika und die deutsche Sprache, Ein kritisches Nachschlagewerk, Unrast Verlag, Münster 2001, ISBN 3-89771-424-8 Auszug)
  41. Hans-Joachim Döring: Entwicklungspolitik und Solidarität in der DDR, dargestellt an Beispielen der staatlichen Zusammenarbeit mit Mosambik und Äthiopien und der entwicklungsbezogenen Bildungsarbeit unabhängiger Gruppen, Diss., TU Berlin 2007 (PDF)
  42. Matthias Voss: Wir haben Spuren hinterlassen! Die DDR in Mosambik: Erlebnisse, Erfahrungen und Erkenntnisse aus drei Jahrzehnten. LIT Verlag, Berlin/Hamburg/Münster 2005, ISBN 3-8258-8321-3.
  43. Anke Poenicke: Afrika realistisch darstellen, S. 20.

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  • Neger [1] — Neger, die zunächst urch die Schwärze ihrer Haut sich auszeichnende Äthiopische Menschenrace (s. Menschenracen). Die Heimath der N. ist Afrika, obgleich negerartige Völker sich auch z.B. auf den Südseeinselneinheimisch gefunden haben. In Afrika… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Neger [2] — Neger, Conchylie, so v.w. Bandnadel …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Neger [1] — Neger (v. lat. niger, »schwarz«; Nigritier, Äthiopier), Menschenrasse Afrikas, deren Verbreitung verschieden gedeutet ist. Fr. Müller will zu den Negern nur die Völker des westlichen und mittlern Afrika gerechnet wissen, Peschel alle Völker vom… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Neger [2] — Neger, weiße, s. Albinos …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Neger — Neger, Nigritier, Äthiopier (Äthiopische Rasse Blumenbachs), Afrik. Rasse, schwarze Rasse, die Bewohner Afrikas von der Sahara bis zum Kapland, bilden sprachlich südl. vom 5°. n. B. eine einheitliche Gruppe, deren Idiome man als Bantusprachen (s …   Kleines Konversations-Lexikon

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