- Pikten
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Pikten (lateinisch picti ‚die Bemalten‘) ist der römische Name für Stämme in Schottland. Der Name wird auf die Sitte, sich zu tätowieren, zurückgeführt. Als Herkunftsbezeichnung nicht in Frage kommen die bemalten und gravierten Piktensteine, da diese erst zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert entstanden. Bei den von den Römern als Pikten bezeichneten Stämmen handelt es sich ursprünglich nicht um ein Volk (Ethnie), sondern um verschiedene Stämme mit sich unterscheidenden kulturellen Traditionen, die jedoch angesichts der gemeinsamen Feinde (Römer, Skoten, später auch Wikinger) politische und militärische Allianzen eingingen.
Der Ursprung der Pikten ist unklar. Ihre Sprache und Kultur verschwanden, als die Königreiche der Pikten und der keltischen Skoten 843 n. Chr. unter Kenneth Mac Alpin vereinigt wurden.
Von der Kultur der Pikten ist wenig bekannt, es sind fast nur späte Bildsteine und Stelen erhalten, die jedoch mit Schriftzeichen, teilweise in der eigenen Sprache, und Ornamenten reich verziert sind. Darunter sind die Cross Slabs des 9. Jahrhunderts hervorzuheben. Ortsnamen sowie die Muster auf ihren kunsthandwerklichen Gegenständen und gravierten Steinen deuten darauf hin, dass es sich bei den piktischen Stämmen um britannische Kelten gehandelt haben könnte. Ihre Feinde hingegen, die Skoten, waren gälische (irische) Kelten.
Inhaltsverzeichnis
Die Pikten in der Geschichte
Die einzigen zeitgenössischen schriftlichen Dokumente über die Pikten stammen von den Römern, worin vor allem die Beziehungen zwischen Römern und Pikten beschrieben werden.
Begegnungen zwischen Römern und Pikten
Die ersten dokumentierten Zwischenfälle mit den Pikten ereigneten sich im 1. Jahrhundert, als die Römer die Britischen Inseln bis zum Forth und zum Clyde eroberten. Gegen die ständigen Überfälle durch „Caledonier und andere Pikten“ ließ der römische Kaiser Hadrian seit dem Jahre 122, als er Britannien besuchte, den sogenannten Hadrianswall errichten, eine steinerne Mauer mit integrierten Kastellen für die dort stationierten Hilfstruppeneinheiten. 142 begann sein Nachfolger Antoninus Pius auf der Höhe von Forth und Clyde mit dem Bau des vorgeschobenen Antoninuswalles, der aber wohl nicht fertig wurde. Die Römer behaupteten diesen Wall nur bis ins Jahr 161 und zogen sich dann wieder auf den Hadrianswall zurück.
Im Jahr 184 überrannten die nördlichen Stämme den Hadrianswall und fügten den römischen Kastellen sowie den Truppen beträchtlichen Schaden zu, doch konnte der Statthalter Ulpius Marcellus den früheren Zustand wiederherstellen, und sein Nachfolger, der spätere Kaiser Publius Helvius Pertinax, sorgte zwischen 185 und 187 für längere Ruhe; daraufhin nahm Kaiser Commodus den Siegerbeinamen Britannicus an. Im Jahre 208 rief der damalige römische Statthalter von Britannien den Kaiser Septimius Severus zu Hilfe. Dieser schlug bis zum Jahre 210 die Aufständischen in harten Kämpfen nieder und erhielt daher denselben Siegerbeinamen. Nach seinem Tode im Februar 211 überließen seine Söhne Caracalla und Geta den britannischen Norden sich selbst und kehrten nach Rom zurück. Während des restlichen 3. Jahrhunderts bildete der Hadrianswall die Grenze Britanniens, für die Zeit um das Jahr 300 aber sind wieder Kämpfe an der Nordgrenze dokumentiert.
Die Piktischen Kriege
Seit dem Sommer 305 unternahm der römische Kaiser Constantius I. mit späterem Beinamen Chlorus einen erfolgreichen Feldzug gegen die „Caledonier und andere Pikten“. Dafür nahm er noch im selben Jahre zum zweiten Mal den Siegerbeinamen Britannicus Maximus an, starb aber am 25. Juli 306 in Eboracum, dem heutigen York. Sein Enkel Constans führte 343 persönlich einen Krieg gegen die Pikten, der in einer Münzserie durch die Darstellung des Kaisers in einem Schiff symbolisiert ist. Im Jahre 360 entsandte dann Kaiser Julian seinen Heermeister Lupicinus gegen die Pikten und die mit diesen verbündeten Skoten von Irland, die in Britannien eingefallen waren.
Immer häufiger kam es danach zu Scharmützeln und Auseinandersetzungen mit den nördlichen Stämmen. Für das Jahr 364 nennt der römische Historiker Ammianus Marcellinus Dicalydones, Verturiones, Skoten, Attacotti und Sachsen als Stämme, die dem Römischen Reich in Britannien Probleme bereiteten. Bis heute ist unklar, welche Beziehungen diese Stämme untereinander hatten und wo die anderen außer den Skoten und Sachsen wohnten.
Im Jahre 367 verbündeten sich Pikten, Skoten und Attacotti zu einer Conspiratio barbarica (‚barbarische Verschwörung‘). Der römische General Flavius Theodosius wurde von Kaiser Valentinian I. nach Britannien entsandt, um diese niederzuschlagen; danach wurde 368 die Hadriansmauer renoviert. Der folgende Frieden dauerte jedoch nur bis zum Jahre 382, als Pikten und Skoten erneut Britannien überfielen, doch wurden sie vom damaligen Militärbefehlshaber Magnus Maximus zurückgeschlagen.
Zu Beginn ihrer Auseinandersetzungen im 1. und 2. Jahrhundert nahmen die Pikten die Ausdehnung der römischen Herrschaft in Britannien nur widerwillig hin. Das langsame Schwinden der römischen Autorität im 3. Jahrhundert nutzten sie zu Überfällen, weil Usurpationen und die mit ihnen verbundenen Truppenabzüge auf den Kontinent leichte Beute im weniger intensiv verteidigten Lande versprachen. Schatzfunde mit kunsthandwerklichen Silbergegenständen lassen vermuten, dass die Pikten diese und römische Münzen einschmolzen. Eine eher spekulative Theorie für die Überfälle besagt, dass ein erhöhter Populationsdruck die Pikten zwang, sich nach Süden auszubreiten.
Zwei nichtrömische Quellen belegen die Piktenkriege:
- Ein erhaltener Brief von St. Patrick an Coroticus (einen südwest-schottischen König) aus dem 5. Jahrhundert rügt diesen für sein „schändliches, niederträchtiges und unchristliches“ Verhalten.
- Der Mönch Gildas zählt im Jahre 540 drei Piktenkriege auf: Der erste von 382, der von Magnus Maximus niedergeschlagen wurde, der zweite von 396–398, der vom Heermeister Stilicho geführt wurde, und der dritte im Jahre 450, bei dem die Pikten von Flavius Aëtius geschlagen wurden. Das letztgenannte Ereignis ist allerdings vollkommen fiktiv, denn die römische Herrschaft in Britannien schwand nach dem Jahre 410 allmählich dahin, als Kaiser Flavius Honorius die übriggebliebenen regulären Truppeneinheiten zum Schutze Italiens abzog. Allerdings nennt Gildas für 446 ein letztes Hilfegesuch der römischen Britannier an Aëtius, das ungehört blieb: Damals hatten aber schon die Sachsen und Angeln begonnen, nach Britannien überzusetzen und dieses in Besitz zu nehmen.
Piktland nach dem Abzug der Römer
Nach Abzug der Römer werden die Quellen sehr ungenau. Die vom Mönch Gildas erhaltene Königsliste kann nicht mit anderen Quellen abgestimmt werden und moderne Historiker vermuten, dass die darin beschriebenen Greueltaten von Gildas stark übertrieben, wenn nicht frei erfunden wurden.
Nachdem die Römer die Provinz Britannia verlassen hatten, drangen die Pikten nach Süden vor. Im Jahr 550 wurde Bridei mac Maelcon zum „König der Pikten“ gekrönt, der bei der unbelegten Bekehrung der Pikten zum Christentum im Laufe des 6. Jahrhunderts eine wichtige Rolle gespielt haben soll. Bridei war ein starker und dynamischer Anführer. Er vereinte nördliche und südliche Piktenstämme und schaffte es so, die Skoten zu besiegen.
Nach Brideis Tod im Jahr 584 begannen die Angelsachsen unter Æthelfrith, König von Northumbria, Druck auf die Pikten auszuüben. Nachdem er die Skoten geschlagen hatte, waren Pikten und Angelsachsen zu Nachbarn geworden. Zuerst schienen die Beziehungen zwischen den beiden Völkern positiv und friedlich abzulaufen. Es gab sogar Heiraten unter den jeweiligen Königsfamilien. Im Jahr 668 jedoch scheint Oswiu, König von Northumbrien, sein Territorium nach „Piktland“ ausgeweitet zu haben.
Für über 30 Jahre wurde Südpiktland von Northumbrien aus regiert. Wilfrid berichtet von einer piktischen Revolte aus dieser Zeit, die von Ecgfrith von Northumbrien grausam niedergeschlagen wurde: Es wird ihm nachgesagt, er hätte eine Brücke aus piktischen Körpern über zwei Flüsse gebaut, damit seine Armee diese trockenen Fußes überqueren könne, um das verbleibende piktische Heer niederzuschlagen. Der Piktenkönig Bridei mac Bili schlug Ecgfrith 685 jedoch vernichtend und massakrierte seine Armee. Die in Piktland verbleibenden Northumbrier wurden versklavt.
706 wurde Nechton mac Derelei Anführer der Pikten. Er beendete den Konflikt mit Northumbrien und begann friedliche diplomatische Beziehungen mit den Angelsachsen. Nechton musste sich jedoch während seiner Regierungszeit immer wieder gegen Angriffe aus den eigenen Reihen behaupten. Sein Bruder Ciniod wurde vom König von Atholl ermordet.
724 dankte Nechton ab und ging ins Kloster. Seine Nachfolge war hart umkämpft, im Jahr 729 übernahm schließlich Oengus mac Fergus die Macht. Oengus konnte sich bis zu seinem Tod im Jahr 761 auf dem Thron halten. Er führte in dieser Zeit Krieg gegen die Skoten, die Iren und gegen Northumbrien.
Nach dem Tod von Oengus wird die Geschichte der Pikten wieder unklar. Es scheint viele Scharmützel, aber auch einige gemeinsame Könige von Skoten und Pikten gegeben zu haben. Mitte des 9. Jahrhunderts verbündete sich Kenneth Mac Alpin, König der Skoten, mit den Wikingern und schlug die Pikten vernichtend. 843 ließ er sich zum König der Skoten und Pikten ausrufen. Die Pikten wurden ins skotische Reich eingegliedert und die beiden Kulturen scheinen ineinander aufgegangen zu sein.
Sprache
Der Ursprung und die Klassifikation der piktischen Sprache konnten bis heute nicht hinreichend geklärt werden. Mit den drei gängigen Theorien wird jeweils versucht, das Piktische als erstens keltische, zweitens nicht-keltische, aber indogermanische oder als drittens nicht-indogermanische Sprache einzuordnen. Keines der Modelle hat bis heute eine allgemeine Anerkennung gefunden.
Inschriften auf gravierten Steinen belegen, dass die Pikten eine eigene Sprache mit vielen irisch-gälischen, aber auch britannischen Lehnwörtern sprachen. Die Anzahl und Art der nicht-gälischen Elemente macht jedoch einen nicht-keltischen, möglicherweise sogar nicht-indogermanischen Ursprung denkbar.
Für eine genaue und sichere sprachliche Untersuchung hinsichtlich Klassifikation und Sprachstruktur sind die Belege jedoch kaum ausreichend.
Religion
Kult
Auch über die Religion der Pikten ist nicht viel mehr bekannt, als was römische Historiker und christliche Mönche aufgeschrieben haben.
Ziemlich sicher gab es bei den Pikten eine große Anzahl Gottheiten, auch lokale Gottheiten der Flüsse, Lochs, Wälder, Berge oder sogar Bäume oder Tiere. Die große Anzahl von Steinen mit eingravierten Bullen, die in der Umgebung von Burghead gefunden wurde, könnte beispielsweise auf eine Art Bullenkult in dieser Gegend schließen lassen.
Ob die Pikten Menschenopfer kannten, ist umstritten. Piktische Steine aus der späteren, christlichen Periode stellen mit Menschenköpfen verzierte Bäume dar. Andere Gravuren zeigen Menschen in Kochkesseln, bei denen es sich um Opfer handeln könnte – oder jedoch um Wiedergeburt (einige prominente keltische Legenden drehen sich um den Kessel der Wiedergeburt).
Als Zentren für religiöse Kulte mögen Höhlen (Covesea, East Wmyss, Fife) oder prähistorische Steinkreise und -formationen gedient haben.
Die Piktische Kirche
Die Pikten wurden im Laufe des 5. und 6. Jahrhunderts von St. Ninian und St. Columba christianisiert. Moderne Historiker vermuten jedoch, dass sich das Christentum in Piktland erst im Laufe des 8. Jahrhunderts oder noch später endgültig durchsetzen konnte.
Bei den meisten Beweisen für eine frühe piktische Kirche handelt es sich um Steinskulpturen und -gravuren (z. B. piktische Kreuze).
Gesellschaftsstruktur
Wie andere keltische Stämme, waren auch die Pikten tribal (d. h. in Stämmen organisiert), rural (ländlich), hierarchisch und familienzentriert.
Piktland war vermutlich in sieben unabhängige Regionen (Königreiche) aufgeteilt: Fortriu (heute Strathearn und Menthieth), Fothriff (heute Fife und Kinross), Circhenn (Angus und Mearns), Fotla (heute Atholl), Catt, Ce und Fidach. Diese Regionen waren von tuaths oder derbfhines (Familienverbänden) bewohnt. Ein derbfhine bestand aus den Nachkommen eines gemeinsamen Urgroßvaters (d. h. alle Verwandten 2. Grades in der Vaterlinie). Das Land gehörte dem Familienverband und wurde gemeinsam bewirtschaftet.
Die Frauen hatten in allen keltischen Kulturen einen hohen Status – höher beispielsweise als bei den Römern und anderen zeitgenössischen Kulturen. Es gibt Hinweise von römischen Autoren, dass es bei den Pikten auch weibliche Krieger gab.
Die Gesellschaft war streng hierarchisch aufgebaut (Standesgesellschaft). An der Spitze standen erbliche oder gewählte Könige, zuunterst Sklaven und Leibeigene.
Könige
Die Königswürde war erblich. Verschiedene Quellen widersprechen sich jedoch, ob sie über die Vater- oder die Mutterlinie vererbt wurde. Die Namen der Könige (maqq oder mac, ‚Sohn des …‘) und andere Belege deuten eher auf die Vaterlinie, wobei nicht auszuschließen ist, dass bei Erbstreitigkeiten in Ausnahmefällen die Mutterlinie zum Tragen kam.
Adel
Unterhalb der Könige standen verschiedene Grade von Adligen. Adlige waren einerseits Krieger, aber auch Berufstätige wie Poeten, Künstler, Handwerker, Rechtsgelehrte, Historiker und Musiker. Ihre Fähigkeiten erlaubten ihnen, einen höheren Stand einzunehmen, als ihnen von Geburts wegen zustand.
Freie
Der Großteil der Bevölkerung gehörte wohl zu den Freien Menschen. Freie waren Bauern und bezahlten Abgaben aus der Ernte an den König, der ihnen im Gegenzug militärischen Schutz leistete.
Leibeigene
Zuunterst in der Hierarchie waren Sklaven und Leibeigene. Sie werden im 5. Jahrhundert in dem Brief von St. Patrick an den König Coroticus erwähnt: Patrick schalt Coroticus dafür, christliche Sklaven gekauft zu haben.
Kriegskunst
Auf vielen piktischen Steinstelen und Skulpturen werden Krieger dargestellt, sodass sich Historiker ein ziemlich präzises Bild über eine piktische Armee machen können. Auf dem Aberlemno churchyard Cross-Slab ist die Kampfesweise der Pikten in der späten Völkerwanderungszeit und des Frühmittelalters gut zu erkennen. Abgebildet ist vermutlich die Schlacht bei Dunnichen Mere von 685, in der Ecgfrith – ein angelsächsischer König aus Northumbrien – von Bridei Maq Beli geschlagen wurde. Im Zentrum der piktischen Armee steht ein typischer Schildwall, symbolisiert durch drei hintereinander stehende Krieger. Der vordere kämpft mit Schwert und Rundschild, während der nächste Krieger einen Schild umgehängt hat und mit einem langen Speer aus der zweiten Reihe kämpft. Der dritte Krieger steht bereit um möglicherweise entstehende Lücken zu schließen. An den Flanken befindet sich die Reiterei, die mit Schwertern, Speeren und Schilden bewaffnet ist. Einige Historiker sehen in der Abbildung auch eine Art Comic-strip, der den Schlachtverlauf wieder gibt. Demnach stünde die Reiterei nicht an den Flanken der Fußtruppen.
Waffen
Die wichtigsten Waffen der Pikten scheinen der Speer und das Schwert gewesen zu sein.
Speere werden mit blattförmigen Spitzen dargestellt. Es gab sowohl Wurfspeere als auch Speere für den Nahkampf. Die Schwerter waren aus Eisen und waren mit Parierstange und Knauf versehen. Diese waren wahrscheinlich je nach Stand des Besitzers reich verziert. Von den Schwertscheiden haben sich in nur zwei Fällen die Ortbänder (unterer Abschluss der Scheide) aus Silber enthalten. Sie stammen aus dem St. Ninians Horde von den Shetlands, sind U-förmig und reich verziert. Auf den Bildsteinen sind solche Ortbänder ebenfalls zu erkennen, so dass man davon ausgehen kann, dass es sich dabei um eine typische Form handelt.
Neben Speer und Schwert scheinen auch Äxte im Nahkampf verwendet worden zu sein. Darstellungen zeigen sowohl einhändig geführte, als auch zweihändig geführte Kriegsäxte.
Daneben gibt es Darstellungen mit Bogen und möglicherweise Armbrüsten. Die Pikten hätten dann im Vergleich mit anderen Völkern die Armbrust verhältnismäßig früh eingesetzt.
Rüstung
Bisher wurde von Archäologen lediglich kleinere Fragmente von Kettenhemden gefunden. Silberhaken stammen sehr wahrscheinlich von römischen Lorica squamata.
Sich auf die Caledonen und Maeatae (Stämme aus dem heutigen Schottland) beziehend schreibt Herodian, dass die Briten keine Rüstung kennen.
Es gab offenbar zwei verschiedene Schildarten: Einerseits rechteckige oder länglich-ovale Schilde, die dem römischen Scutum ähneln, jedoch kleiner und handlicher sind; andererseits die bereits beschriebenen gälischen Rundschilde, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Sie wurden auf vielen Steinen, aber auch im Book of Kells dargestellt und sind eventuell irischer Herkunft.
Rüstung lässt sich auf keinem Bildstein mit Sicherheit erkennen. Die zentrale Figur des Sueno’s Stone (Es handelt sich offensichtlich um einen Anführer) könnte einen Gambeson oder etwas Ähnliches tragen. Ob auf dem Dupplin Cross Helme zu erkennen sind ist umstritten.
Transport
Laut den Aufzeichnungen von Tacitus benutzten die Caledonier in der Schlacht am Mons Graupius Kriegswagen. Obwohl Kriegswagen auf irischen Steinskulpturen vorkommen, wurden in Nordschottland keine solchen Darstellungen gefunden. Während die Gallier die Streitwagen schon bei Cäsars Ankunft aufgegeben hatten, wurden sie von den Briten wohl noch bis in das 1. Jahrhundert n. Chr. benutzt. Bis zum Aufkommen der Bildsteine (frühestens um 400) wurden sie auch hier aufgegeben.
Das Pferd war hingegen ein wichtiges Transportmittel für die piktischen Krieger. Es wurde mit oder ohne Sattel geritten. Daneben wurden Boote für den Truppentransport und den Krieg benutzt.
Wirtschaft
Die Wirtschaft der Pikten beruhte hauptsächlich auf der Agrikultur. Sie führten jedoch auch regen Handel mit anderen Ländern und Kulturen der damaligen Zeit. Edelmetalle und Devisen beschafften sie sich durch Überfälle auf die Römer und ihre Nachbarn, die Skoten.
Landwirtschaft
Die Landwirtschaft der Pikten basierte auf der Viehhaltung. 61 % der von Forschern gefundenen Knochen aus der damaligen Zeit stammen von Rindern, 31 % von Schweinen und nur 8 % von Schafen und Ziegen.
Die Rinderherden waren klein und es wurden jeweils nur so viele Tiere geschlachtet, wie nötig. Schafe und Ziegen wurden wegen ihres Fleischs gezüchtet, nicht wegen der Wolle.
Handwerk
Viele handwerkliche Gegenstände waren aus organischen Materialien hergestellt und haben die Zeit nicht überlebt. Auf gravierten Steinen werden zahlreiche Alltagsgegenstände dargestellt: geschnitzte Bänke und Stühle, Ruhebetten, schön verzierte Dreibeine für die eben so schön verzierten und mit Griffen versehenen Kochkessel.
Die Pikten kannten auch mannigfaltige Werkzeuge: Zangen, Ambosse, Hämmer und Äxte für verschiedene Zwecke werden auf diversen Steinen dargestellt.
Das Weben scheint in Piktland nicht weit verbreitet gewesen zu sein. Es gibt keine Funde von Webstühlen oder dafür benötigten Werkzeugen nach dem Jahr 200.
Die Holzbearbeitung hingegen war weitverbreitet. Es sind einige sehr schöne, mit geschnitzten Ornamenten versehene Holzbehälter aus der Gegend des Loch Glashan (Argyll) erhalten, in denen Werkzeug aufbewahrt wurde. Spachteln, Klammern, Nadeln, Handgriffe, Spindeln, Kämme usw. wurden aus Holz, aber auch aus Knochen hergestellt und reich verziert.
Nur wenige Lederarbeiten haben überlebt. In Dundurn wurde ein Schuh gefunden, der aus einem Stück gearbeitet und über und über verziert war. Dies weist auf ein hochstehendes Lederhandwerk hin.
Aus Knochen sind recht viele Arbeiten erhalten geblieben. Es handelt sich um Nähwerkzeug, Nadeln, Kleidernadeln, Kämme, Gurtschnallen usw. Viele dieser Gegenstände sind nicht nur mit Schnitzereien, sondern auch mit Nieten aus Bronze verziert.
Stein wurde benutzt, um daraus Schleifsteine, Formen für Metallbarren und Topfdeckel herzustellen.
Die Pikten selbst haben kein Glas hergestellt, es scheint jedoch, als hätten sie importiertes Glas geschmolzen, um daraus Glasperlen und Armbänder herzustellen.
Das am weitesten verbreitete Handwerk hingegen war die Schmiedekunst. Eisen wurde zu einer Vielfalt von Gegenständen verarbeitet: Verschlüsse, Schnallen, Pfeil- und Speerspitzen, Äxte, Meißel, Ahlen, Hammerköpfe, Messer, Nägel, Metallstreifen für Fässer, Handgriffe, Schwerter.
Nicht nur Eisen, sondern auch Bronze und Silber wurden von piktischen Handwerkern geschmolzen und bearbeitet. Es wurden Gießformen gefunden, die zeigen, dass diese Metalle nicht geschmiedet, sondern gegossen wurden. Die Formen bestanden aus zwei Teilen und die komplexen dreidimensionalen Verzierungen wurden bereits in die Gießform geschnitzt. In Dunadd wurden auf diese Weise auch Zinngegenstände hergestellt und Gold in Dunadd und Dunollie.
Handel
Gefundene Töpferwaren und Behälter weisen darauf hin, dass die Pikten regen Handel mit anderen Völkern getrieben haben. Offenbar kamen die Handelsschiffe aus dem Mittelmeer, entlang der Atlantikküste über die irische See nach Schottland.
Auch mit den Nachbarn in Northumbrien und Irland wurde fleißig gehandelt. Sogar bei den Wikingern wurden piktische Metallarbeiten gefunden.
Bekleidung
Ein einziges Kleidungsstück hat die Zeit überdauert. Es handelt sich dabei um den sogenannten Orkney hood, eine Gugel, die 1867 beim Torfstechen gefunden wurde. Sie ist aus (vermutlich naturbrauner) Wolle in Fischgratbindung hergestellt, auf die brettchengewebte Bänder und Fransen aufgesetzt sind. Aus den Aufzeichnungen der Römer sowie anhand der Steinskulpturen lassen sich weitere Schlüsse über Trachtelemente ziehen.
Frauen trugen ein langes Hemd und einen Überwurf, der mit einer Brosche zusammengehalten wurde. Die auf Skulpturen abgebildeten Frauen trugen ihr Haar relativ kurz – nicht länger als schulterlang und zusammengebunden.
Männer tragen auf den Abbildungen – sofern sie nicht die weiter oben beschriebene Kriegsausrüstung trugen – eine Art Tunika und denselben, mit einer Brosche zusammengehaltenen Überwurf wie die Frauen. Piktische Männer trugen ihr Haar lang (manchmal rückenlang) und ließen sich einen Bart stehen.
Als Schmuck trugen sowohl Männer als auch Frauen Broschen, Kleidernadeln, Haarnadeln, Fingerringe, Arm- und Halsreifen.
Zeitvertreib
Die Pikten kannten diverse Brettspiele, wovon einige ursprünglich von den Iren und von den Römern stammten.
Es gibt auch Hinweise, dass Musizieren und Singen ein beliebter Zeitvertreib waren. Zwei verschiedene Typen von Harfen wurden gefunden: große Instrumente, die auf dem Boden standen und sitzend gespielt wurden (ähnlich den heutigen Konzertharfen). Daneben gab es eine kleinere Harfe, die der Musikant oder die Musikantin zum Spielen in der Hand hielt.
Auch das Horn wurde gespielt (Sachsenhorn?). Auf der Stele von Nigg sind Figuren mit Zimbeln abgebildet, solche wurden jedoch im piktischen Raum nirgendwo gefunden.
Literatur
- Lloyd & Jenny Laing: The Picts and the Scots. Alan Sutton, Stroud 1993. ISBN 0-86299-885-9
- Nick Aitchinson: The Picts and the Scots at War. Alan Sutton, Stroud 2003. ISBN 0-7509-2556-6
- W. A. Cummins: The Age of the Picts. Alan Sutton, Stroud 1995. ISBN 0-7509-0924-2
- George und Isabel Henderson: The Art of the Picts. Sculpture and Metalwork in early medieval Scotland. Thames and Hudson, London 2004. ISBN 0-500-23807-3
- Alexander Demandt: Die Spätantike. Römische Geschichte von Diocletian bis Justinian 284-565 n. Chr., München, ISBN 978-3406079924
- Angelika Franz: Mathe-Genies in der britischen Wildnis. In: Der Spiegel. 3. November 2008 (Volltext).
Siehe auch
Weblinks
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