Pingsdorf

Pingsdorf
Pingsdorfer See

Pingsdorf ist ein Ortsteil der Stadt Brühl (Rheinland) im Rhein-Erft-Kreis im Land Nordrhein-Westfalen.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Dorf liegt südlich von Brühl-Mitte am Abhang des Vorgebirges. Es wird von der Euskirchener Straße (ehemals B 51) und vom Pingsdorfer Bach (im Ort verrohrt) durchschnitten.

Geschichte

Das Dorf entstand aus einem fränkischen Fronhof und war seit etwa 900 n. Chr. kontinuierlich bewohnt, obwohl zahlreiche Einwohner nach der Gründung Brühls in die Stadt zogen. Neue Forschungen haben sogar nachgewiesen, dass Pingsdorf bereits viel früher besiedelt war (Römer/Kelten).

Einwohnerentwicklung

Durch den heute ausgelaufenen Braunkohleabbau im südlichen Teil des Rheinischen Braunkohlereviers wuchs der Ort durch den Zuzug von Bergarbeitern unter anderem aus Bayern besonders am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Einwohnerzahlen spiegeln das Wachstum der Ortschaft in den letzten 250 Jahren:

  • 1750: etwa 300
  • 1900: etwa 700
  • 1950: 2512
  • 1977: 3027
  • 2009: 4749[1]

Braunkohlenabbau

Der Abbau der Braunkohle hatte seinen Anfang in den Tälern, in Pingsdorf also dem Tal des Pingsdorfer Bachs, wo die Flöze angeschnitten und deshalb mit primitiven Abbaumethoden leicht zugänglich waren. Die Gruben hießen auf der südlichen Talflanke Im Metzenmacher und auf der anderen Seite der Euskirchener Straße Im Bärchen und nördlich davon Im Bären am Schild und St. Pantaleon.[2][3] Die Braunkohlenwerke Badorf, Pingsdorf produzierten um 1883 mit 120 (Winter) bis 200 Mann (Sommer). Sie waren ab 1907 mit der Pingsdorfer Güterbahn nach Vochem angeschlossen.[4] 1889 entstand als erste nachweisbare Arbeitersiedlung für arbeitsuchende bayerische Waldarbeiter der Gewerkschaft Brühl die Kolonie Pingsdorf.[5] (heute Maiglerstraße). Die Grube Badorf produzierte noch bis 1913 im Handbetrieb Klütten. Die späteren größeren Grubenfelder weiter oben am Pingsdorfer Bach waren das Feld Grube Berggeist mit Brikettfabrik und Elektrizitätswerk. Die Grube versorgte auch die Zuckerfabrik Brühl mit Brennstoff.[6] Die Gruben des Südreviers waren zu Beginn der 1950er Jahre bereits ausgekohlt (heute Phantasialand).[7]

An die Zeit der Braunkohlenindustrie erinnern noch eine Reihe Straßennamen wie die Maiglerstraße, die ebenso wie die Maiglerwiese nach dem Braunkohlepionier Otto Maigler benannt ist.

Sehenswürdigkeiten

Pingsdorfer Madonna im Kolumba-Museum, Köln

Die katholische Pfarrkirche St. Pantaleon wurde zwischen 1746 und 1763 mit finanzieller Unterstützung des in Brühl residierenden Kurfürsten Clemens August errichtet. Im Innenraum befindet sich die Kopie einer frühromanischen Madonnenfigur aus dem 12. Jahrhundert, die Pingsdorfer Madonna. Das Kunstwerk wurde erst 1919 wiederentdeckt. Das Original befindet sich heute aufgrund seiner kunstgeschichtlichen Bedeutung im Kölner Diözesanmuseum Kolumba. Im Turm hängen vier Glocken, deren älteste Martin Legros aus Malmedy im Jahre 1776 gegossen hat. Sie wurde 2000 um drei Glocken der Gießerei Petit & Gebr. Edelbrock ergänzt, die an das Klangbild der alten Annenglocke angepasst sind. Das Vollgeläut (Schlagtonfolge ges1–as1–b1–des2) erklingt jeden Sonntag zur Messe.

Pingsdorfer Keramik

Pingsdorfer Keramik (12. Jh.),
Museum Burg Linn

Die im Brühler Umland für das 8.–10. Jahrhundert belegten Produktionsstätten der Töpfer in Badorf verlagerten sich möglicherweise wegen der vor Ort erschöpften Tonvorkommen nach und nach in den Bereich Pingsdorf. Vom 9. bis zum 13. Jahrhundert wurden Töpferwaren aus Pingsdorf bis England, Skandinavien und in den Ostseeraum gehandelt. Neben meist grauen Kugeltöpfen sind für die hochmittelalterliche Pingsdorfer Keramik vor allem hellgrundige, mit rotbrennender Engobe bemalte Schank- und Trinkgefäße charakteristisch.

Pingsdorfer Bach, Pingsdorfer See und Naturpark Rheinland

Der Bach, einer der vielen kurzen Bäche, die aus der Ville in die Rheinebene herablaufen und dort versickerten, nimmt seinen Anfang heute unterhalb des Villendorfer Maars, einem der Villeseen im Naturpark Rheinland, er ist heute unterhalb Pingsdorfs renaturiert. Der einst an seinem linken Ufer angelegte Brühler Südfriedhof erstreckt sich heute über den Bach hinweg, der dort mit Holzbrücken überquert werden kann. Der Bach speist die Inselweiher im Naturschutzgebiet Schlosspark Brühl und vereinigt sich dort mit dem Mühlenbach (früher Siegesbach) von Heide herkommend und fließt dann als Palmersdorfer Bach in Richtung Berzdorf. Der Pingsdorfer See, ein Tagebaurestloch der ehemaligen Grube Maria Glück, ist einer der größeren Seen der Seenplatte. Er wird durch den Wehrbach zum Pingsdorfer Bach entwässert. Um Pingsdorf herum führt der Römerkanal-Wanderweg, der die Eifelwasserleitung der Römer nach dem römischen Köln nachzeichnet. Weitere Rund- und Fernwege erschließen den unmittelbar an Pingsdorf anschließenden Naturpark.

Verkehr

Die B 51 wurde durch die Bundesautobahn 553 zwischen der Anschlussstelle Brühl-Nord und der A 1, Anschlussstelle Euskirchen, um Pingsdorf und Brühl herumgeführt und ersetzt. Die Straße wurde deshalb zur Landesstraße 194 herabgestuft. Diese kreuzt nördlich die Landesstraße 183, die Bonnstraße, die am Vorgebirge unterhalb Pingsdorfs vorbeiführt.

Mit dem Stadtteil Badorf zusammen gibt es einen Haltepunkt Badorf an der Vorgebirgsbahn der Stadtbahn-Linie 18.

Weblinks

Literatur

  • Walter Buschmann, Norbert Gilson, Barbara Rinn: Braunkohlenbergbau im Rheinland, hg. vom LVR und MBV-NRW, 2008, ISBN 978-3-88462-269-8
  • Fritz Wündisch:Von Klütten und Briketts, Bilder aus der Geschichte des rheinischen Braunkohlenbergbaus, Weiden 1964

Einzelnachweise

  1. http://www.bruehl.de/rathaus/bruehl_kompakt/downloads/eigenstatistik_2009.pdf
  2. Karte von Dechen in Buschmann et alii S. 40
  3. [1] Google books: Dechen, S.423 ff.
  4. Buschmann et alii S. 50 und 96
  5. Buschmann et alii S. 129 f.
  6. Buschmann et alii S. 301–309
  7. Buschmann S. 276
50.8155555555566.8894444444445

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