Eifelwasserleitung

Eifelwasserleitung
Verlauf der Eifelwasserleitung

Die Eifelwasserleitung – auch Römerkanal oder die Römische Wasserleitung nach Köln genannt – war eines der längsten Aquädukte des römischen Imperiums und gilt als größtes antikes Bauwerk nördlich der Alpen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Leitung

Die Anlage hatte eine Vorgängerin, die heute Vorgebirgsleitung oder besser benannt nach ihren einzelnen Zweigen: Bachemer- (?), Gleueler- Burbacher- und Hürther Leitung genannt wird, die zwischen 1929 und 1953 ergraben wurden. Sie entstanden wahrscheinlich in verschiedenen Abschnitten bereits circa 30 n. Chr. vor Erhebung der Ubierstadt zur römischen Colonia [1]. Sie nutzte einige Quellen und saubere Bäche des Höhenzuges Ville (süd-)westlich von Köln, insbesondere des Duffesbaches oder Hürther Baches. Bevor diese Bäche von den Römern kanalisiert wurden, versickerten sie im Rheinschotter. Als die Menge und Qualität des Wassers dieser Leitung nicht mehr ausreichten, die schnell wachsende antike Großstadt zu versorgen, obwohl die Quellen auch im Sommer durch die in der Ville wasserspeichernden Braunkohleschichten eine ausreichende Schüttung hatten, wurde eine neue Wasserleitung zu den Quellen in der Eifel angelegt. Das kalkreiche Quellwasser aus der Eifel galt als qualitativ besonders hochwertig.

Die Eifelwasserleitung wurde um das Jahr 80 n. Chr. in der Nordeifel aus Opus caementitium und aus im Halbbogen gemauerten Steinen erbaut. Obwohl literarische und epigraphische Quellen fehlen, kann doch als sicher angenommen werden, dass die Leitung vom römischen Heer errichtet wurde, denn nur dieses verfügte über die entsprechenden Mittel. Sie hatte eine Länge von 95,4 Kilometern und eine Transportkapazität von bis zu 20.000 Kubikmetern Trinkwasser je Tag. Zählt man die verschiedenen Zuleitungen von den Quellen noch hinzu, dann hatte die Leitung sogar eine Länge von 130 km. Die Anlage versorgte die damalige römische Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium mit Wasser für die öffentlichen Laufbrunnen, Thermen und privaten Hausanschlüsse.

Das Innere der Leitung am Grünen Pütz

Die Leitung transportierte das Wasser einzig und allein durch ihr Gefälle und gehört zu den Denkmälern damaliger, bis heute nachwirkender, Ingenieurskunst. Der Verlauf zeigt die Befähigung der Römer zur exakten Vermessung, den Zugang zu Prinzipien der Physik und deren praktischer Ausführung. Manche vermuteten auch den Eisernen Mann als Fixpunkt, dieser ist jedoch vermutlich jünger.

Die gesamte Anlage war bis etwa 260 in Betrieb, sie wurde nach der ersten Plünderung und Zerstörung Kölns durch die Germanen nicht wieder in Betrieb genommen.

Nach diesen Zerstörungen wurde die rasch wieder aufblühende Stadt vom Duffesbach, der der Kanaltrasse folgte, mit Wasser versorgt. Damit war quasi der vorherige Status wieder gegeben.

Verlauf der Leitung

Die Eifelwasserleitung hatte ihren Ursprung in der Gegend von Nettersheim im Flusstal der Urft am Grünen Pütz, wo sie das Wasser einer Quelle aufnahm. Als reine Gefälleleitung zog sie sich am Talhang der Urft entlang nach Kall, um dort die Wasserscheide zwischen Maas und Rhein zu überwinden. Die damaligen römischen Ingenieure haben im Gelände genau diese eine mögliche Stelle ausfindig gemacht, an der die Gefälleleitung ohne einen Tunnel oder eine Druckrohrleitung die Wasserscheide überwinden konnte. Anschließend verlief die Leitung parallel zum Nordhang der Eifel, überquerte die Erft bei Euskirchen-Kreuzweingarten und zwischen Rheinbach und Meckenheim die Swist mit einer gemauerten Gewölbebrücke, um dann im Kottenforst bei Buschhoven, nordwestlich von Bonn, den Höhenrücken des Vorgebirges zu passieren. Weiter führte die Leitung über Brühl und Hürth nach Köln. Sofern die angetroffenen Quellen den römischen Ansprüchen an Qualität und Quantität genügten, wurden sie ebenfalls mit Quellfassungen versehen und in die Leitung eingespeist.

original erhaltenes Leitungsstück in Buschhoven bei Bonn

Die Ausführung der Leitung

Die Leitung verlief normalerweise zum Schutz vor Frost etwa 1 m unterhalb der Erdoberfläche. Der archäologische Ausgrabungsquerschnitt zeigt zu unterst eine lose Lage Steine, auf die eine U-förmige Rinne aus Beton oder Mauersteinen gesetzt wurde. Anschließend wurde auf die Rinne eine Schicht aus sauber zugehauenen und vermörtelten Natursteinen gemauert, die ihrerseits ein Gewölbe aus Steinen mit viel Mörtel trug. Bei der Ausführung in Beton und für das Gewölbe wurden Bretter für die Schalung verwendet, deren Maserung als Abdruck im Beton erkennbar ist. Die Leitung selbst hatte innen eine Breite von siebzig Zentimetern und eine Höhe von einem Meter und konnte damit auch von innen begangen werden. Sie war zum Schutz vor eindringendem Schmutzwasser außen verputzt und wurde bei Bedarf von einer Drainage begleitet, die das anstehende Grundwasser von der Leitung fernhielt. Kleinere Wasserläufe kreuzte die Leitung mit entsprechenden Durchlässen, von denen einer in der Nähe des Grünen Pützes sogar noch vollständig erhalten ist. Auch das Innere der Leitung war mit einem rötlichen Putz versehen (opus signinum), der neben Kalk auch zerstoßene Ziegelsteine enthielt. Dieser Putz erhärtete auch unter Wasser und dichtete die Leitung gegen Wasserverluste nach außen ab. Feine Ritzen und Spalten im Putz dichteten die römischen Bauarbeiter mit Holzasche ab, die sie bei der Inbetriebnahme und Erstbefüllung der Leitung mit Wasser hineinstreuten.

Die römischen Quellfassungen

Die Brunnenstube des Grünen Pützes

Neben dem bereits erwähnten Grünen Pütz bei Nettersheim existierten weitere Quellfassungen im Verlauf der Leitung. Bekannt ist in erster Linie der Klausbrunnen bei Mechernich-Kallmuth, dessen Brunnenstube nach einer archäologischen Ausgrabung rekonstruiert und mit einem Schutzbau versehen wurde. Weitere Quellen wurden beispielsweise in Mechernich-Urfey gefasst und der Leitung zugeführt. Die Brunnenstuben wurden von der Konstruktion her den örtlichen Gegebenheiten angepasst und würden auch den heutigen technischen Erfordernissen entsprechen.

Die Quellgebiete im Einzelnen:

  • Das Quellgebiet bei Mechernich-Urfey
  • Das Quellgebiet Hausener Benden bei Mechernich-Eiserfey

Gerade das letztgenannte Quellgebiet stellt eine Besonderheit dar: Auf der Suche nach einer ergiebigen Quelle zur Versorgung von Mechernich mit Trinkwasser stieß man 1938 auf eine Zuleitung der Eifelwasserleitung. Das ausströmende Wasser wurde darauf hin in das moderne Versorgungsnetz eingeleitet. Auf eine archäologische Suche nach der Quellfassung verzichtete man, um die Quelle nicht zu gefährden.

Die Ansprüche der Römer an die Qualität des Wassers

Die von Sinter zugesetzte Wasserleitung bei Euskirchen-Kreuzweingarten

Die Menschen im römischen Imperium bevorzugten Trinkwasser mit hoher Wasserhärte. Derartiges Trinkwasser ist vollmundiger als fade schmeckendes weiches Wasser, es neigt aber auch zu Kalkausfällungen innerhalb der Transportleitungen. Diese Kalksinterablagerungen legten sich als dichte Schicht auf alle Bereiche der Leitung und verhinderten innerhalb der städtischen Rohrleitungen aus Blei, dass dieses giftige Schwermetall in das Trinkwasser geraten konnte. Die Eifelwasserleitung war auch von diesen Niederschlägen betroffen, die teilweise die Stärke von 20 cm erreichen konnten. Trotz der Verengung des Querschnitts durch diese Kalkausfällungen konnte die Leitung problemlos die notwendige Kapazität für den Wassertransport bereitstellen. Die Kalkausfällungen selbst stellten in späteren Jahren eine begehrte Quelle für Baumaterialien dar.

Ein Verfahren zur Prüfung einer Quelle für die Gewinnung von Trinkwasser nennt der römische Architekt und Autor Vitruv:

„Die Erprobung und Prüfung der Quellen muss so besorgt werden: Wenn die Quellen von selbst hervorquellen und offen zu Tage liegen, dann betrachte und beobachte man, bevor man mit dem Leitungsbau beginnt, welchen Gliederbau die Menschen haben, die in der Umgebung dieser Quellen wohnen. Ist ihr Körperbau kräftig, ihre Gesichtsfarbe frisch, sind ihre Beine nicht krank und ihre Augen nicht entzündet, dann werden die Quellen ganz vortrefflich sein.“

An anderer Stelle findet sich beim gleichen Autor:

„Daher müssen mit großer Sorgfalt und Mühe die Quellen gesucht und gefunden werden im Hinblick auf die Gesundheit des menschlichen Lebens.“

Die Hochbauten der Eifelwasserleitung

Alte und Neue Leitung (Hochbau darüber z.T. Rekonstruktion) in Hermülheim
Gemauerte Rekonstruktion und virtuelle Simulation der ehemaligen Bogenbrücke in der Swistbachaue. Die Wasserrinne zeigt in die ursprüngliche Fließrichtung.

Bei der Eifelwasserleitung trifft man kaum auffällige Hochbauten an, wie man sie sonst als römische Aquädukte bei anderen antiken Fernwasserleitungen antrifft. Ein prominentes Beispiel für solch einen Hochbau stellt der Pont du Gard im Süden Frankreichs dar. Dafür gab es mehrere Gründe:

  • Der Verlauf der Leitung verursachte keinen derartigen Bauaufwand.
  • Die Leitung konnte vor Frost geschützt im Untergrund bleiben.
  • Das Wasser behielt auf dem Weg nach Köln seine angenehm kühle Temperatur.
  • Die Leitung konnte im Kriegsfall nicht so schnell zerstört werden.

Trotzdem gab es an der Eifelwasserleitung Hochbauten. Die auffälligste Brücke war die Überquerung des Swistbaches bei Rheinbach mit einer Bogenbrücke von 1400 Metern Länge und bis zu 10 Metern Höhe. Die Archäologen gehen davon aus, dass die Brücke einmal 295 Bögen mit einer lichten Weite von 3,56 m gehabt haben muss. Von dem Bauwerk ist, abgesehen von einem niedrigen Streifen aus Schutt, nichts mehr erhalten.

Eine kleinere Bogenbrücke, die Aquäduktbrücke Vussem, überquerte ein Seitental bei Mechernich-Vussem in etwa 10 Metern Höhe und 80 Metern Länge. Der archäologische Befund stellte sich als eindeutig dar, so dass man eine Teilrekonstruktion der Brücke vornehmen konnte, um dem Besucher eine Vorstellung von dem Bauwerk geben zu können.

Neben diesen größeren Aquäduktbrücken gab es aber auch viele kleine, die der Überwindung von Bachläufen dienten. Ein gut erhaltenes Beispiel eines sollchen Brückchens ist die Aquäduktbrücke in Mechernich-Vollem.

Auch hinter dem Villeabschnitt, wo die Leitung über die alte Hürther Leitung geführt wurde, waren Hochbauten errichtet, die allerdings heute im Boden stecken.

Der römische Baustellenbetrieb

Rekonstruierter römischer Kran

Der Bau der Leitung stellte hohe Ansprüche an die Fähigkeiten und Kenntnisse der ausführenden Ingenieure. Andererseits scheinen Qualitätsmängel am Bau auch bei den Römern nicht unbekannt gewesen zu sein, denn Sextus Iulius Frontinus als leitender Beamter der städtischen Wasserversorgung von Rom schrieb:

„Kein anderer Bau erfordert größere Sorgfalt in seiner Ausführung als einer, der dem Wasser standhalten soll. Daher ist für einen solchen Bau in allen Einzelheiten Gewissenhaftigkeit vonnöten - ganz im Sinne der Regeln, die zwar alle kennen, aber nur wenige befolgen.“

Der Aufwand zum Bau der Leitung

Ein Bauwerk dieser Länge war von der Vermessung, dem Tiefbau und den Mauerarbeiten nicht in einem Zuge zu verwirklichen. Stattdessen haben die römischen Ingenieure, die zu den an der Rheingrenze stationierten Legionen gehört haben dürften, die gesamte Baustelle in einzelne Baulose unterteilt. Die moderne Archäologie ist mit ihren Methoden in der Lage, die Grenzen solcher Baulose festzustellen. Bei der Eifelwasserleitung konnte sie mit 4440 Metern festgestellt werden, das sind ziemlich genau 15.000 römische Fuß. Weiterhin ließ sich nachweisen, dass die Vermessung völlig unabhängig vom Bau der Leitung stattfand. In diesem Zusammenhang wird der Leitungsbau ähnlich abgelaufen sein, wie es heute noch auf Großbaustellen üblich ist. Der Bauaufwand wird mit einem Erdaushub von 3 bis 4 Kubikmetern je laufendem Meter Leitung geschätzt, hinzu kommen 1,5 Kubikmeter Mauerwerk und Beton sowie 2,2 Quadratmeter Putz zur Abdichtung der Leitung. Der gesamte Aufwand wird auf 475.000 Tagewerke geschätzt, bei 180 effektiven Bautagen im Jahr waren dafür etwa 2500 Arbeiter 16 Monate lang beschäftigt. Die tatsächliche Bauzeit wird aber deutlich höher gelegen haben, da in dieser Rechnung weder die Vermessung noch die Beschaffung der Baustoffe enthalten sind. Nach dem Bau der Anlage wurde die Baugrube wieder aufgefüllt, die Oberfläche eingeebnet und ein Weg für die Leitungswärter, die den Trassenverlauf regelmäßig inspizierten, angelegt. Dieser Weg markierte gleichzeitig einen Schutzstreifen, innerhalb dessen Bereich eine landwirtschaftliche Nutzung des Geländes verboten war. Ähnliche Einrichtungen sind auch von anderen Aquädukten bekannt. An der römischen Wasserleitung nach Lyon in Frankreich fanden die Archäologen eine Verbotstafel mit folgender Aufschrift:

Auf Geheiß des Kaiser Caesar Trajanus Hadrianus Augustus ist niemandem das Pflügen, Säen oder Pflanzen gestattet innerhalb des Raumes, der zum Schutz der Wasserleitung bestimmt ist.

Römische Vermessungstechnik

Panoramablick in die "Römische Brunnenstube", südlich von Kallmuth (Mechernich)

Neben der sinnvollen Lage der Leitung im Gelände musste vor allem das notwendige Gefälle der Leitung gewährleistet sein. Die römischen Ingenieure waren mit ihren Chorobates, wasserwaagenähnlichen Messgeräten in der Lage, ein Gefälle von einem Promille einzuhalten, die Leitung überwand also auf eintausend Meter Entfernung die Höhe von gerade einem Meter. Hinzu kam die Notwendigkeit, an den Grenzen der einzelnen Baulose einen Zwangspunkt in der Höhe einhalten zu müssen, denn bei einer Bautätigkeit leitungsabwärts stieß man irgendwann an den Beginn des nächsten Loses, das vom Nachbarbautrupp bereits begonnen wurde. Die Leitung durfte somit keinesfalls zu tief an diesem Zwangpunkt ankommen. Entsprechend vorsichtig und sparsam sind die römischen Bauleute mit dem zur Verfügung stehenden Gefälle umgegangen. Kam die Leitung dagegen zu hoch an dieser Stelle an, genügte ein kleines Tosbecken in der Leitung zur Beruhigung des aus dieser Höhe herunterfallenden Wassers.

Römischer Beton als Baustoff

Die römischen Bauleute verwendeten eine Mischung aus gebranntem Kalk, Sand, Steinen und Wasser als eine Art Beton, der zwischen die Baugrube als Außenschalung und eine Innenschalung aus Brettern eingestampft wurde. Proben dieses Materials wurden modernen Prüfungen unterzogen; es zeigte sich dabei, dass der Beton ohne weiteres den heutigen Normen für diesen Baustoff entsprochen hätte. In der Literatur wird für diesen Baustoff auch der Name Opus caementitium verwendet..

Der Betrieb der Leitung

Revisionsschacht
Schlammfang im Kölner Grüngürtel

Während ihrer wahrscheinlich 180-jährigen Betriebsdauer von 80 bis ungefähr 260 nach Christus musste die Leitung ständig gewartet, ausgebessert, gereinigt und von Sinter befreit werden. Dies geschah durch regelmäßig angelegte Revisionsschächte, von denen aus die Leitung begangen werden konnte. Mitunter wurden diese Revisionsschächte auch über Reparaturstellen und Grenzen der Baulose angelegt. An der Zusammenführung der einzelnen Quellstränge entstanden ähnlich gestaltete offene Becken, damit das Bedienungspersonal derartige Problemstellen stets im Auge behalten konnte.

Zur Beseitigung von Verunreinigungen und Schwebstoffen aus dem Frischwasser wurden unter geschickter Ausnutzung der Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit Absetzbecken eingesetzt. Dies lässt sich zumindest in der ersten Betriebsphase des Vorgängerbaues, der Hürther Leitung, vor dem Anschluss der Eifelwasserleitung an diesen nachweisen. Durch diese Technik wurde die Wasserqualität zusätzlich erhöht. Bei Straßenbauarbeiten an der Berrenrather Straße wurde 1927 ein solches Becken, das noch heute dort besichtigt werden kann, ausgegraben. Münzfunde in dieser Anlage lassen einen Einsatz ab etwa dem Jahr 50 vermuten. Bei dem Anschluss der Eifelwasserleitung wurde dieses Becken mit dem Aquädukt überbaut.[2]

Die Verteilung des Wassers in der antiken Stadt Köln

Auf den letzten Kilometern vor der antiken Stadt verließ die Leitung das Erdreich und führte das Wasser über eine Aquäduktbrücke, die vor der Stadt die Höhe von etwa 10 m erreichte. Der Grund für diesen zusätzlichen Bauaufwand ist in der Notwendigkeit zu suchen, auch höher gelegene Stadtteile mit Druckrohrleitungen versorgen zu können. Die damaligen Rohre bestanden aus Bleiplatten, die man zu einem Ring walzte und an den Stoßstellen des Ringes miteinander verlötete. Daneben waren auch Flansche zur Verbindung der einzelnen Rohrstücke in Gebrauch. Als Armaturen verwendeten die Römer Absperrhähne aus Bronze. Das ankommende Wasser floss dann in erster Linie in die vielen öffentlichen Laufbrunnen der Stadt, die ständig in Betrieb waren. Das Netz der Laufbrunnen war so dicht, dass kein Einwohner der Stadt weiter als 50 m zu einem dieser Brunnen gehen musste. Weiterhin versorgte die Leitung Thermen, private Hausanschlüsse sowie die öffentlichen Toilettenanlagen. Die Abwässer wurden durch ein im Kölner Untergrund befindliches Kanalnetz in den Rhein geschwemmt. Ein Stück dieser Abwasserleitungen kann unter der Kölner Budengasse auch heute noch besichtigt und begangen werden.

Die Nutzung der Leitung als Steinbruch

Eine Säule aus Sinter mit der typischen Maserung des Materials in der Stiftskirche Bad Münstereifel

Im Jahre 260 wurde die Leitung bei einem kriegerischen Überfall durch die Germanen zerstört und nicht wieder in Betrieb genommen, obwohl die römische Stadt Köln weiter Bestand hatte. Zudem war in den Wirren der Völkerwanderung das Wissen um den Aquädukt verloren gegangen. Die Anlage blieb dann ein halbes Jahrtausend unberührt in der Erde liegen, bis dann zur Zeit der Karolinger eine neue Bautätigkeit im Rheinland einsetzte. Die Leitung wurde in dieser Zeit im steinarmen Rheinland gründlich ausgeschlachtet. So wurden gerade noch eben transportierbare Brocken aus der Leitung heraus gebrochen und beispielsweise in der Stadtmauer von Rheinbach erneut vermauert. Teilweise haftet an diesen Brocken aus Beton immer noch der Putz zur Abdichtung der Leitung. Auf diese Art und Weise wurden alle Hochbauten und weite Teile der unterirdischen Anlagen restlos beseitigt und einer neuen Nutzung zugeführt.

Besonders begehrt war der so genannte Aquäduktenmarmor, ein Sinterkalk, wie der schon erläuterte Niederschlag aus Kalk auch genannt wurde. Dieses Material hatte sich in der Betriebszeit der Leitung zu einer bis zu 30 cm dicken Gesteinsschicht angesammelt. Das Material besaß das Aussehen von bräunlich bis rötlich gefärbtem Marmor und ließ sich problemlos aus dem Querschnitt der Leitung entfernen. Der Sinterkalk konnte ohne weiteres poliert werden und erhielt in Längsrichtung durch die Ansammlung der Kalzitminerale eine Textur, die wie eine Maserung von Holz wirkte, während er rechtwinkelig, gegen sein natürliches Lager dazu wie ein versteinertes Brett erscheint. Dieser seltene Naturstein war im gesamten Rheinland sehr begehrt, man fertigte Säulen, Fensterleibungen und sogar Altarplatten daraus. Das Material lässt sich im Osten bis nach Paderborn und Hildesheim nachweisen, wo es in den dortigen Domen verbaut wurde. Die nördliche Verbreitung reicht gar bis nach Dänemark im Dom zu Roskilde, wo der auch Eifelmarmor genannte Sinter in Form von Grabplatten Verwendung fand, ferner befindet sich in der ältesten Steinkirche von Schweden in Dalby eine Aquäduktenmarmor-Säule.

Im Volksglauben des Mittelalters wurde aus der Eifelwasserleitung eine unterirdische Leitung von Trier nach Köln, wie es unter anderem in der Kölner Dombausage deutlich wird - der Teufel wettete mit dem Dombaumeister, dass er diese Leitung schneller vollenden könne als der Baumeister den Kölner Dom. Der Baumeister ging auf die Wette ein und trieb seine Leute zu höchster Eile an. Eines Tages stießen die Bauleute bei Ausschachtungsarbeiten zum Kölner Dom auf einen unterirdischen Wasserstrom. Das schadenfrohe Gekicher des Teufels trieb den Dombaumeister in den Tod: Er stürzte von den halb fertigen Domtürmen in die Tiefe. Sein Tod wurde als Ursache für den jahrhundertelangen Stillstand der Baustelle des Kölner Doms angesehen.

Teilweise wurde der ursprüngliche Zweck der Wasserleitung so stark umgedeutet, dass sie nicht Wasser, sondern Wein transportiert habe - so zum Beispiel in den Gesta Treverorum des heiligen Maternus (4. Jahrhundert) und im Annolied (11. Jahrhundert).

Abschließende Wertung

1961 rekonstruierte Aquäduktbrücke bei Mechernich-Vussem

Die archäologische Erforschung der Eifelwasserleitung begann erst wieder im 19. Jahrhundert. Dem rheinischen Kartografen C. A. Eick gebührt das Verdienst, schon 1867 die Brunnenstube des Grünen Pützes als die von Köln am weitesten entfernte Quelle erkannt zu haben. Systematisch erforscht wurde die Leitung in den Jahren 1940 bis 1970 durch Waldemar Haberey. Seine 1971 erschienene Schrift (siehe Literaturauswahl) ist immer noch ein brauchbarer Führer entlang der Trasse. Der beim rheinischen Landesamt für Bodendenkmalpflege angestellte Archäologe Klaus Grewe hat ab 1980 die Trasse komplett kartografiert und in die Deutsche Grundkarte eingetragen. Sein „Atlas der römischen Wasserleitungen nach Köln“ gilt als Standardwerk über die Erforschung römischer Aquädukte.

Die Eifelwasserleitung stellt sich als technisches Kulturdenkmal ersten Ranges dar, an dem sich das römische Vermessungswesen, die römische Organisationsfähigkeit und das Können der römischen Ingenieure eindrücklich studieren lässt. Es ist bezeichnend für den Verlust an technischem Wissen, dass nach der Zerstörung und dem Verfall der Anlage die nachfolgenden Generationen nichts Rechtes mehr mit der Leitung anfangen konnten und sie als Steinbruch verwendeten. Den römischen Stand der Technik auf dem Gebiet der Wasserversorgung erreichte man erst wieder im 19. und 20. Jahrhundert. Somit kommt der gesamten, als bewahrenswert angesehenen Anlage eine Vorbildfunktion zu.

Touristische Hinweise

Logo des Wanderwegs

Entlang der Route der Wasserleitung führt der Römerkanal-Wanderweg von Nettersheim über Kall, Euskirchen, Rheinbach, Brühl, Hürth nach Köln. Die Route ist mit etwa 75 Schautafeln ausgestattet und gibt eine sehr gute Anschauung vom Verlauf der Leitungstrasse. Der Wanderweg ist 111,3 km lang und kann dank des dichten Netzes des öffentlichen Personennahverkehrs in mehreren Etappen gegangen oder auch mit dem Fahrrad gefahren werden.

Literatur

  • Klaus Grewe: Der Römerkanalwanderweg. Eifelverein, Düren 2005. ISBN 3-921805-16-3.
  • Ingrid Retterath: Deutschland: Römerkanal-Wanderweg. Conrad Stein Verlag, Welver 2008. ISBN 978-3-86686-240-1.
  • Klaus Grewe: Atlas der römischen Wasserleitungen nach Köln (Rheinische Ausgrabungen Band 26). Rheinland-Verlag, Köln 1986. ISBN 3-7927-0868-X.
  • Klaus Grewe: Aquädukt-Marmor.Kalksinter der römischen Eifelwasserleitung als Baustoff des Mittelalters, in: Bonner Jahrbücher Band 191, 1991, S. 277-246.
  • Klaus Grewe: Neue Befunde zu den römischen Wasserleitungen nach Köln. Nachträge und Ergänzungen zum "Atlas der römischen Wasserleitungen nach Köln", in: Bonner Jahrbücher Band 191, 1991, S. 385-422.
  • Heinz Günter Horn (Hrsg.): Die Römer in Nordrhein-Westfalen. Theiss, Stuttgart 1987. ISBN 3-8062-0312-1
  • Waldemar Haberey: Die römischen Wasserleitungen nach Köln. Die Technik der Wasserversorgung einer antiken Stadt. Rheinland-Verlag, Bonn 1972. ISBN 3-7927-0146-4.
  • Rudolf Pörtner: Mit dem Fahrstuhl in die Römerzeit. Moewig, Rastatt 2000 (auch andere Ausgaben). ISBN 3-8118-3102-X.
  • Werner Hilgers: Vussem, Aquädukt. In: Walter Sölter (Hrgs.): Das römische Germanien aus der Luft. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach 1983. ISBN 3-7857-0298-1

Einzelnachweise

  1. Klaus Grewe (Rh. Amt für Bodendenkmalpflege, Bonn): Neun Teilstücke der römischen Eifelwasserleitung nach Köln geborgen, in Hürther Heimat, Heft 65/66, Hürth 1990, S. 113 f
  2. Gerta Wolff: Das Römisch–Germanische Köln, 6. überarbeitet Auflage, Köln 2005. ISBN 3-7616-1370-9. S. 265–269.

Weblinks

 Commons: Eifelwasserleitung – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
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