- Aufklärungsepoche
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Das Zeitalter der Aufklärung war eine Epoche der geistigen Entwicklung der westlichen Gesellschaft im 17. bis 18. Jahrhundert, die besonders durch das Bestreben geprägt war, das Denken mit den Mitteln der Vernunft von althergebrachten, starren und überholten Vorstellungen, Vorurteilen und Ideologien zu befreien und Akzeptanz für neu erlangtes Wissen zu schaffen.
Inhaltsverzeichnis
Aufklärung im Allgemeinen
Unter Aufklärung versteht man einen sowohl individuellen wie gesellschaftlichen geistigen Emanzipationsprozess. Dieser hinterfragt die allein auf dem Glauben an Autoritäten beruhenden Denkweisen kritisch. Es wird gefordert, sich „seines eigenen Verstandes zu bedienen“. Der aufgeklärte Mensch soll nicht mehr an die Vorgaben der Obrigkeiten oder Zwänge von Mode und Zeitgeist gebunden sein, sondern sein Leben und Denken selbst bestimmen.
Die moderne europäische Aufklärung, verstanden als Abkehr von einer christlich-mittelalterlichen Lebenshaltung, begann in der Renaissance, in welcher heidnische Elemente der Antike vom Gegenbild zum Vorbild gemacht wurden. Renaissance und Reformation leiteten das Zeitalter der Aufklärung ein. Grundlegend dafür ist die Konsolidierung der französischen Staatsmacht im 17. Jahrhundert.
Man kann das Zeitalter der Aufklärung nach dem Romanisten Werner Krauss in Frühaufklärung, Aufklärung und Spätaufklärung unterteilen. Unter Aufklärung im engeren Sinne versteht man die Periode um die Mitte des 18. Jahrhunderts, die von Diskussionen um die mehrfach verbotene Encyclopédie in Frankreich bestimmt wurde („le siècle des lumières“: das Zeitalter der Lichter). Mit der Enzyklopädie sollte das gesamte Wissen und Können der Menschheit gegen den Widerstand weltlicher und geistlicher Machthaber öffentlich verfügbar gemacht werden. Mit der Aufklärung ging ein naturwissenschaftlicher und technischer Erkenntnisfortschritt einher.
Aufklärung im Sinn einer Herrschaft der Vernunft fand schon im 17. Jahrhundert statt, etwa in der Zeit zwischen René Descartes und Gottfried Wilhelm Leibniz. Dieser Zeitraum war ein Höhepunkt französischer und aristokratischer Machtentfaltung und wurde daher im deutschsprachigen Raum gegenüber der späteren „deutschen“ Aufklärung oft heruntergespielt. Die Epoche der Aufklärung als bürgerliche Emanzipation erstreckt sich etwa von 1730 bis 1800. Seit dem Tod Ludwigs XIV. bestand Aufklärung zum wesentlichen Teil aus zersetzender Polemik gegen die Überzeugungen des Rationalismus. Dies geschah beispielsweise durch Jean-Jacques Rousseaus „Zurück zur Natur“. Auch Immanuel Kant kritisierte ein grenzenloses Vertrauen in die Vernunft.
Immanuel Kant zur Aufklärung
- →Hauptartikel: Kant: Was ist Aufklärung?
Kant war ein bedeutender Philosoph der Aufklärung. In seinen drei Hauptwerken Kritik der reinen Vernunft (1781), Kritik der praktischen Vernunft (1788) und Kritik der Urteilskraft (1790) widmete sich Kant der Frage nach den Grenzen der Erkenntnis. Eine vernunftorientierte Ethik Kants befasst sich mit dem Denken, dem Handeln und dem Fühlen des aufgeklärten Menschen.
„Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ Dieser berühmte Ausspruch Kants (Kategorischer Imperativ) verdeutlicht die Forderung nach einem Gesetz, das nicht den Interessen von Machthabern dient, sondern von der Einsicht und dem ethischen Handeln der Bürger ausgeht.
Die Grenzen der Vernunft ermittelt Kant systematisch mit seiner Kritik der reinen Vernunft. Er sieht in der Vernunft trotz dieser Grenzen die bedeutendste Eigenschaft des Menschen, besonders in Hinblick auf die Ermöglichung eines praktischen Prinzips der Ethik. Aufklärung versteht er als „Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit“, wobei diese Unmündigkeit „das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines Anderen zu bedienen“ ist. Geschickt dreht Kant religiöse Vorstellungen ins Gegenteil, die noch zu seiner Zeit galten: Schuldhaft war bisher derjenige, der selbstherrlich handelte, ohne sich von seinen geistlichen und weltlichen Herren leiten zu lassen.
Gleichzeitig bezweifelt Kant die Möglichkeit einer schnellen, einzig vom Volk ausgehenden Aufklärung. Eine „Reform des Denkens“ kann nur langsam vonstatten gehen. „Es ist für den Einzelnen schwierig, die Unmündigkeit zu überwinden, weil sie den meisten Menschen als Normalität erscheint.“ Neben einer Beschränkung der Adelswillkür ging es ihm darum, den Einfluss des Klerus auf die Politik einzuschränken.
Geschichtlicher Hintergrund
Das Zeitalter der Aufklärung ist die Epoche der europäischen und nordamerikanischen Geistesgeschichte im 17. und 18. Jahrhundert. Sie war geprägt durch eine Bewegung der Säkularisierung und eine Abkehr von der absolutistischen hin zu einer demokratischen Staatsauffassung. Der Liberalismus mit seinem Konzept der Menschen- und Bürgerrechte kam auf. Die Bewegung trat für ein vernunftgemäßes Denken und gegen Vorurteile und religiösen Aberglauben ein, gegen den sie eine „Vernunftreligion“ entwickelte. Wissenschaft und Bildung sollten gefördert und in allen Volksschichten verbreitet werden.
Die geistige Aufklärung ging zunächst vor allem von England, Frankreich und den Niederlanden, später auch von Deutschland aus. Die wichtigsten Voraussetzungen für die Aufklärung waren die vorausgegangene Renaissance, die Entdeckung Amerikas und das daraus entstandene neue Weltbild. Durch den Buchdruck wurde der Bucherwerb auch für das bürgerliche Publikum erschwinglich, ein Verlagswesen mit Zeitungsproduktion und Buchmarkt entstand. Auch entwickelten sich sogenannte Lesegesellschaften, über die auch Bürger, welche des Lesens nicht mächtig waren, an die Literatur herangeführt wurden.
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts kam Reiseliteratur in Mode. Hatte man zuvor den Europäer (und Christen) für überlegen gehalten, las man nun, dass manche Anders- oder Ungläubige sehr wohl ethische Prinzipien und eine eigene Hochkultur haben konnten. So übte die Reiseliteratur jener Tage mehr oder weniger deutliche Kritik an der europäischen Gesellschaft. In fiktiven Reiseberichten, z. B. Montesquieus Persischen Briefen, in denen zwei Perser Europa besuchen, sehen die Leser ihre Welt durch die Augen der Fremden – reich an satirischen Elementen.
Als eine der wichtigsten Errungenschaften der Aufklärung gilt die Verabschiedung der ersten demokratischen Verfassungen der Neuzeit sowie die Niederschrift unveräußerlicher Menschenrechte. Hiermit wurde die geistige Aufklärung auf Staaten und Gesellschaften übertragen. Die Erste dieser Verfassungen war die Declaration of Independence (Unabhängigkeitserklärung) der 13 Gründungskolonien der USA am 4. Juli 1776. Es folgten Frankreich und Polen im Jahr 1791.
Allgemeine Charakteristika
Der wichtigste Grundsatz der Aufklärung besagte, dass die Vernunft im Stande sei, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Immanuel Kant lieferte kurz vor dem Ende der Aufklärungsepoche die bekannteste Definition in seiner Schrift "Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?". Dort findet sich auch der Leitspruch: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ („sapere aude“). Er zielt auf den äußeren Widerstand gegen die Aufklärung, aber auch auf die innere Befreiung von der Bevormundung (siehe auch: Priesterbetrugstheorie). An die Stelle des scharf kritisierten Aberglaubens wurde die Aufforderung gesetzt, jederzeit selbst zu denken.
Der Holländer Spinoza vertrat in seinem theologisch-politischen Traktat von 1670 die These, Judentum und Christentum seien lediglich vergängliche Phänomene ohne absolute Gültigkeit. Die Forderung der Aufklärer nach Gedanken- und Glaubensfreiheit konnte sich unter anderem auf John Lockes Briefe über die Toleranz (1689) berufen. John Toland veröffentlichte 1696 ein Buch, in dem er behauptete, die Bibel sei zum Teil eine Fälschung und die Kirche habe ein Interesse daran, Menschen zu täuschen. Jean Meslier ging in seinen Beobachtungen und Forderungen noch wesentlich über Toland hinaus. Pierre Bayle attackierte den Aberglauben, dass Kometen Unheil ankündigen, und andere Vorurteile, während der Holländer Balthasar Bekker die Hexenprozesse aufs Korn nahm. Sein Landsmann Gerhard Noodt sprach sich als Rektor der Leidener Universität in einer Rektoratsrede 1699 dafür aus, dass dem Fürsten die Macht vom Volk genommen werden könne. In einer weiteren Rede 1706 befürwortete er die absolute Freiheit der Untertanen in Religionsfragen gegenüber dem Fürsten.
Die Menschen der Aufklärung beflügelte der Glaube, Vernunft und Freiheit würden die Menschheit in absehbarer Zeit von Unterdrückung und Armut erlösen. Auch glaubten viele an den Slogan „Wissen ist Macht“ von Francis Bacon. In Frankreich entstand so die berühmte Encyclopédie. Herausgegeben wurde sie von Denis Diderot und Jean d'Alembert, und etliche Aufklärer wie Voltaire, Montesquieu und Rousseau schrieben Artikel für das Hauptwerk der Aufklärung.
Jean-Jacques Rousseau ist einer der zwiespältigsten Vertreter der Aufklärung. Beeindruckend ist die Systematik, mit der in seinen Werken das Thema angeht (historisch-kritisch). Sehr verwunderlich sind aber zum Teil die Ergebnisse seiner Überlegungen: So verneinte er z.B. die Frage der Akademie von Dijon, dass die Wissenschaften und Künste zum moralischen Fortschritt der Menschheit beigetragen haben.[1] Rousseau ging mit seiner Kultur- und Zivilisationskritik, die im Besonderen auf den Manierismus des Rokoko zielte, soweit, das Denken[2] des Menschen absolut zu verurteilen.[3] Wegweisend für demokratische Gemeinwesen ist sein Begriff der volonté générale[4]. Seine politischen Schriften beeinflussten maßgebliche Vertreter der Französischen Revolution.
Voltaire war ein unerbittlicher Gegner der Kirche und ein Erneuerer der Geschichtsschreibung. Einen großen Teil seiner Bekanntheit verdankt er seinem erfolgreichen Kampf gegen gravierende Irrtümer bzw. willkürliche Urteile der Justiz.
Die Aufklärung war vor allem Sache der Wohlhabenden, namentlich des ökonomisch erfolgreichen Bürgertums. Manche Aristokraten sympathisierten mit der Bewegung und unterstützten in juristische oder finanzielle Bedrängnis geratene Aufklärer. Condorcet ging so weit, seinen Adelstitel ganz abzulegen.
Aufgrund der strengen Zensur in Frankreich arbeiteten einige französische Druckereien in Amsterdam, wo auch berühmte Aufklärer Zuflucht fanden. Schriften wurden von dort nach Frankreich geschmuggelt. Das gleiche Muster zeigte sich in Österreich; viele Druckwerke erschienen in Deutschland.
Die Aufklärung war nicht die einzige Ursache der Französischen Revolution, hat sie jedoch in vielen Aspekten geprägt: Ihre Führer, radikale Anhänger der Aufklärung, schafften den Einfluss der Kirche ab und ordneten Kalender, Uhr, Maße, Geldsystem und Gesetze anhand rein rationaler Kriterien neu. Die Französische Revolution markiert gemeinhin das Ende der Aufklärung im Sinne der Epoche. (Geht man davon aus, dass selbst verschuldete Unmündigkeit noch verbreitet ist, kann man selbstverständlich nicht von einem Ende sprechen: Das Projekt der Aufklärung scheint somit unabschließbar.)
Auf den Rationalismus des späteren 17. Jahrhunderts folgte nach dem Tod des Sonnenkönigs die Empfindsamkeit. Später entwickelte sich aus der Gefühlskultur die Romantik, die Individualität und subjektive Erfahrung betonte und die Menschen in einer Welt, in der Werte und Regeln einzig nach Kriterien der Vernunft bestimmt wurden, als Gefangene sah.
Im Bereich der damaligen deutschsprachigen Literatur findet sich mit dem „Sturm und Drang“ eine weitere Gegenbewegung zur Aufklärung. In dieser, u. a. von Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller vertretenen, literarischen Epoche wurde die „althergebrachte“ Gesellschaft zwar auch kritisiert, allerdings wurde anstelle der Vernunft das leidenschaftliche „Genie“ besonders betont.
Das Zeitalter der Aufklärung schloss auch einige bedeutende nicht-rationale Bewegungen ein, wie beispielsweise den Mesmerismus.
Bedeutende Kritiker der Aufklärung sind im 20. Jahrhundert Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, die mit ihrem gemeinsam verfassten Essay Dialektik der Aufklärung (1944) sagen, dass sich die Aufklärung in ständiger Gefahr befindet, in ein mythisches Weltbild umzuschlagen, da auch Mittel der Unterdrückung oder etwa Waffentechnologie auf der Basis von Logik und Ratio, den Grundpfeilern der Aufklärung, entstünden.
Heutzutage wird die Aufklärung von Postmoderne und Dekonstruktivismus kritisiert, die absolute objektive Werte und Wahrheiten verneinen und Logik nicht als alleinige Basis des menschlichen Wissens sehen.
Parallelepoche der Empfindsamkeit
Als Gegenbewegung zur rationalistischen Aufklärung zur Zeit des Sonnenkönigs gab es seit etwa 1720 die Epoche der Empfindsamkeit, befördert etwa durch Jean-Baptiste Dubos. Sie hatte durchaus ähnliche Ideale wie die vernunftorientierte Aufklärung. Ein wichtiger Unterschied war jedoch, dass die Tugend nicht nur über die Vernunft gesucht wird, sondern auch im Gefühl. Menschliche Gefühlsregungen waren eine wichtige Möglichkeit, zur Tugend zu gelangen. Einflussreich war dabei die Vorstellung, dass das reine Gefühl die Standesgrenzen überschreitet.
Typische Merkmale der Aufklärung
Das logische und eigenständige Denken, der Rationalismus, begründete die Aufklärung. Zunächst war er auf eine Stärkung des Staats ausgerichtet und hatte religionskritische Züge. Bald wendete sich die Kritik jedoch auch gegen die weltlichen Herrscher. Kritisches Fragen, Denken und Zweifeln gegenüber der Religion und dem Absolutismus wurden zur Tugend: „Zweifle an allem wenigstens einmal, und wäre es auch der Satz zwei mal zwei ist vier“ (Lichtenberg, deutscher Schriftsteller: Aphorismen).
Eine weitere Forderung war die Toleranz gegenüber allen Religionen. Die europäischen Christen lernten viele andere Weltreligionen erst während der Aufklärung kennen. Das Wissen über das Vorhandensein anderer Hochkulturen und Weltreligionen forderte ein hohes Maß an Toleranz und Humanismus von den Europäern.
Im Vergleich zur Epoche des Barock fand ein grundsätzliches Umdenken bezüglich Vanitas und Jenseitsbezogenheit statt. Die Konzentration auf ein Leben nach dem Tod wandelte sich in eine starke Diesseitsbezogenheit.
Durch ökonomische Veränderungen wie beispielsweise die Entwicklung des Manufakturwesens, die das Bürgertum zur wirtschaftlich bedeutendsten Schicht machten, erlangte das Bürgertum ein neues Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Einerseits stieg die Bedeutung der Erkenntnis aus Sinneswahrnehmungen (Empirismus), andererseits wuchs die Relevanz der im Verstand gegründeten Denkfähigkeit. Weisheit und Intellekt wurden zur Tugend für jeden Bürger. Diese Tugend und ihre Förderung wurden zum Hauptziel der Epoche. Der menschliche Verstand ist ein Instrument der Wahrnehmung. Für die Literatur galten Freiheit und Autonomie. Sie sollte nicht mehr im Dienst des Klerus oder der Aristokratie stehen.
Zahlreiche Wandlungen bestimmten die Epoche: Freiheit statt Absolutismus, Gleichheit anstelle einer Ständeordnung, wissenschaftliche Erkenntnisse ersetzten alte Vorurteile und Toleranz trat an die Stelle des alten Dogmatismus. Es wurde davon ausgegangen, dass "der Mensch von Natur aus gut" ist, "man muss es ihm nur zeigen."
Mit dem steigenden Interesse an der Wissenschaft und der Welt, die sich auf horizontaler Ebene abspielt, begann sich der Mensch fast schon über die Natur zu setzen. Eine zunehmende Technisierung der Gesellschaft, die sich in der heutigen Zeit zeigt, kann als ein Nachteil der aufklärerischen Ideologien betrachtet werden. Eine Begründerin dieser Grundgedanken war Simone de Beauvoir.
Bekannte Vertreter der Aufklärung
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