Polizeifunkzentrale

Polizeifunkzentrale
Moderne Rettungsleitstelle
Arbeitsplatz mit Einsatzleitsystem und Funk-Draht-Vermittlungsanlage

Eine Leitstelle (selten auch Einsatzzentrale) leitet den Einsatzbetrieb der zugeordneten Organisationen, nimmt Informationen entgegen, wertet sie aus und koordiniert die angeschlossenen Dienste.

Insbesondere im Rahmen der öffentlichen Daseinsvorsorge gibt es Leitstellen, die

  • zur medizinischen und technischen Rettung von Menschenleben
  • zur Erhaltung bzw. Rettung bedeutender Sachwerte
  • zur Brandbekämpfung
  • für den Katastrophenschutz
  • in Belangen öffentlicher Sicherheit und Ordnung

Notrufe entgegennehmen und Rettungsdienst, Feuerwehr, Polizei und andere Notfalldienste einsetzen. Sie sind in der Regel rund um die Uhr erreichbar und stehen untereinander mittels Telefon, Funk und mitunter auch Datenleitungen in Verbindung. In ganz Europa muss unter der Notrufnummer 112 ein Ansprechpartner erreichbar sein, der Hilfe aus den genannten Bereichen vermittelt.

Arbeitsplatz in einer Leitstelle

Inhaltsverzeichnis

Aufgaben

Typische Aufgaben sind:

  • Annahme eines eingehenden Notrufes oder der Alarmmeldung von einer Alarmanlage (z. B. Brandmeldeanlage)
  • Abfrage und Erfassung mit dem Computer, siehe auch CEBIUS
  • Priorisierung: liegt ein nichtdringlicher Einsatz, ein Notfall oder sogar ein größeres Ereignis von erheblicher Bedeutung vor?
  • Entscheidung: Welche Mittel kommen dafür in Frage (Alarm- und Ausrückeordnung (AAO), zuständige Feuer- oder Rettungswache)? Wer muss noch verständigt werden (andere Leitstellen, besondere Organisationen und Personen)? Dabei muss die Hilfsfrist beachtet werden, die festlegt, wie schnell ein Rettungsmittel am Einsatzort sein muss.
  • Alarmierung über Funk (Sprechfunk, Auslösung von Funkmeldeempfänger oder Sirene), hausinternem Lautsprechersystem, Telefon, Alarmfax oder andere geeignete Systeme (z. B. auch SMS oder Datenfunk, siehe Alarmierungssysteme der Feuerwehr)
  • Übermittlung der Einsatzaufträge: nach dem Alarm melden sich die Einheiten bei der Leitstelle und erhalten Einsatzbefehle, ggf. auch Anfahrtshinweise oder besondere Anweisungen/Warnungen (z. B. vor gefährlichen Stoffen)
  • Unterstützung und Koordination während des Einsatzes: Anfragen von Rettungsmitteln werden bearbeitet, aufgrund der Erkenntnisse der Einsatzkräfte vor Ort müssen ggf. weitere Mittel dorthin geschickt werden (z. B. Nachforderung eines Notarztes oder Rettungshubschraubers), spezielle Hilfsmittel müssen organisiert werden (z. B. Sonderlöschmittel), Krankenhäuser nach ihrer Aufnahmefähigkeit für bestimmte Patienten befragt werden etc. Auch zählt die unter Umständen notwendige Nachfrage bei den Giftinformationszentralen zum Aufgabengebiet.
  • Sorge für die Sicherstellung der weiteren Einsatzfähigkeit: wenn viele der eigenen Einheiten unterwegs sind, muss dafür gesorgt werden, dass Reservekräfte das Einsatzgebiet abdecken, falls weitere Einsätze notwendig werden
  • Warnung der Bevölkerung: in bestimmten Situationen sind Leitstellen auch für die Weitergabe von Informationen und Warnmeldungen an die Öffentlichkeit zuständig, z. B. mit Verkehrsmeldungen und Radiodurchsagen, die Fernschaltung von Verkehrszeichen, Auslösung von Sirenenalarm – es werden auch Versuche und Überlegungen angestellt, die Bevölkerung mittels SMS oder über Funkuhren zu warnen
  • Dokumentation der Einsatzdaten: neben den Rahmendaten aus dem Notruf (Einsatzort, Einsatzursache) werden auch alle Zeiten und besonderen Ereignisse erfasst - Eingang des Notrufes, Alarmierung der Einheiten, Meldung und Abfahrt der Einheiten, Eintreffen am Einsatzort, Abfahrt vom Einsatzort, Ankunft am Krankenhaus oder wieder am Standort der Einheit.

Leitstellenarten

Notfalldienste

Es gibt zahlreiche Dienste, die eine Leitstelle als zentralen Ansprechpartner betreiben:

Benennung Fachdienst besondere Aufgaben
Feuerwehreinsatzzentrale (FEZ) oder Haupteinsatzzentrale (HEZ) Feuerwehr, weitere Katastrophenschutzeinheiten Führt Alarmierung bzw. Nachalarmierungen durch (wg. meist besserer Ortskenntnis), organisiert Sondergerät (z. B. Sandsäcke bei großen Flutkatastrophen, Sonderlöschmittel), manche Berufsfeuerwehren fungieren auch als Meldekopf für die Stadtverwaltung oder den Landkreis außerhalb der Bürozeiten
Polizeieinsatzzentrale (PEZ) Polizei (mit der Spezialität Verkehrseinsatzzentrale), Sicherheitsbehörden, Ämter Vermittlung an zuständige Behörden
Rettungsleitstelle (RLSt) Rettungsdienst, Krankentransport, Sanitätsdienst, Betreuungsdienst fragt aufnahmebereite Krankenhäuser ab, weist das Zielkrankenhaus zu
Integrierte Leitstelle (ILS), auch zentrale Leitstelle genannt Feuerwehr und Rettungsdienst übernimmt die Alarmierung von Feuerwehr und Rettungsdienst
Krankentransportleitstelle Krankentransport Organisation von Intensiv-Verlegungen und Auslandsrückholungen
Arzt-Vermittlungszentrale Ärztlicher Bereitschaftsdienst vermittelt einen diensthabenden Hausarzt außerhalb der Sprechzeiten
Hausnotrufzentrale Hausnotrufdienste, Pflegedienste gibt Notfälle von angeschlossenen Mitgliedern an RLSt, PEZ oder FEZ weiter
Bergrettung (Zentrale) Bergrettungsdienst, teilweise Lawinenwarnung organisiert und koordiniert Rettung bei Bergunfällen, Lawinen und anderen alpinen Notfällen
Sicherheitszentrale/Notruf- und Serviceleitstelle (NSL) Sicherheitsdienste überwacht Einrichtungen, z. B. mittels Einbruchsmeldeanlagen oder Kameras, aber auch Personenhilfe bei stecken gebliebenen Aufzügen.

Leitstellen von Landesbehörden

Von Landesbehörden sind Leitstellen eingerichtet, die auch international miteinander verknüpft sein können. Sie werden vor allem bei großräumigen Katastrophen als Ansprechpartner diverser Organisationen aktiviert.

In Deutschland betreiben der Bund und die Länder das Gemeinsame Melde- und Lagezentrum, es leitet zwar keine Einsätze direkt, analysiert aber die überörtliche Lage und kann örtlichen Entscheidungsträgern wichtige Informationen zur Verfügung stellen. Es dient auch als Schnittstelle zu den Lagezentren anderer Länder oder für die Koordination von Auslandshilfeeinsätzen.

In Österreich gibt es im Innenministerium die Bundeswarnzentrale und in allen Bundesländern je eine Landeswarnzentrale der Landesregierungen. In den Landeswarnzentralen laufen beispielsweise alle automatisch erfassten Messwerte der Umweltsonden oder Hochwasserpegel zusammen und lösen dementsprechende Alarme bei Erreichen entsprechender Stände aus.

Weitere Leitstellen im Sicherheitsbereich:

Andere Organisationen

Andere Organisationen mit überregionaler oder öffentlicher Bedeutung und eigenen Einsatzgruppen haben ebenfalls Einsatzleitstellen, z. B.:

Sonderformen

  • Nachalarmierende Stelle (NASt): bei größeren Einsätzen oder einer Vielzahl von Einsätzen (z. B. Unwetterkatastrophe) ist es ggf. sinnvoll, zur Erfüllung der Aufgaben auf untergeordneter Ebene weitere Leitstellen einzurichten, um die zuständige Leitstelle zu entlasten. Gerade bei der Feuerwehr wird das praktiziert, indem ein vorbereiteter Funkraum durch eine Freiwillige Feuerwehr besetzt wird und regional Aufgaben zur Einsatzunterstützung wahrnehmen kann. Vor allem in Bayern wird diese Arbeitsweise in einigen Rettungsdienstbereichen noch praktiziert, dort ist z.Z. die Polizei die erstalamierende Stelle.
  • Integrierte Leitstelle (ILS, auch zentrale Leitstelle oder Integrierte Rettungsleitstelle oder Integrierte Regionalleitstelle IRLS): in einer ILS wird Rettungsdienst, Feuerwehr und Katastrophenschutz gemeinsam disponiert. Dies verringert den Personal- und Technikaufwand erheblich und soll unklare Sachlagen vermindern, indem Informationen direkt (sozusagen von Tisch zu Tisch) fließen können. Es bedeutet aber auch, dass die eingesetzten Disponenten/Einsatzsachbearbeiter eine sehr weitreichende Ausbildung in allen Sachgebieten benötigen. Integrierte Leitstellen stellen in einigen Bundesländern den Standard dar (z. B. Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Hessen: Zentrale Leitstellen). Die Tendenz geht aber mittlerweile auch in anderen Bundesländern (z. B. Bayern, Rheinland-Pfalz) zu ILS. In Bayern, das traditionell die Trennung der Servicenummer 19222 für die Rettung und der Notrufnummer 112 für die Feuerwehr besitzt, sind mittlerweile die Integrierten Leitstellen München, Regensburg, Fürstenfeldbruck, Ingolstadt, Landshut, Augsburg, Hochfranken (Hof/Saale) und Erding mit der einheitlichen Tel.Nr. 112 in Betrieb gegangen. In Vorarlberg, Österreich, werden Rettungsdienste, Feuerwehr sowie Wasser- und Bergrettung von der RFL (Rettungs- und Feuerwehrleitstelle) koordiniert. Auch in Tirol strebte man mit der Gründung der Leitstelle Tirol (ILL) eine überregionale Koordinierung von Feuerwehr-, Rettungs- und Alpineinsätzen an.
  • Kooperative Leitstelle: hier werden Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei gemeinsam disponiert. Sie entsprechen dem Typ der „Emergency Dispatch Center“, wie er in den angelsächsischen Ländern üblich ist.
    In Deutschland sind diese bisher nicht gebräuchlich. In Schleswig-Holstein sind die ersten als kooperative Regionalleitstellen zur Zeit im Aufbau, in Harrislee (Leitstelle Nord) und in Elmshorn (Leitstelle West).
    In Niedersachsen werden bis 2011 sechs Kooperative Regionalleitstellen mit den Standorten Oldenburg (hier sind Feuerwehr/Rettungsdienst auf der einen Seite und Polizei auf der anderen Seite räumlich getrennt), Osnabrück, Wittmund, Göttingen, Hameln und Lüneburg errichtet. Die Leitstelle Hameln ("Kooperative Leitstelle Weserbergland") ist im August 2008 offiziell eingeweiht worden.
    Allerdings wird in einigen ländlichen Gebieten ohne ständig besetzte Feuerwehrleitstelle (v. a. in Bayern) die Feuerwehr über die Polizeieinsatzzentralen (PEZ) alarmiert. Dies wird besonders in Bayern in den nächsten Jahren auch der Vergangenheit angehören, da flächendeckend ILS eingerichtet werden.
  • Mobile Leitstelle (MLS): Es handelt sich um ein geräumiges Sondereinsatzfahrzeug, das die Kernfunktionen einer Leitstelle auf engstem Raum vereint und bei Freiluftveranstaltungen, Großschadenereignissen bzw. Katastrophen eingesetzt wird. Während eines solchen Einsatzes erfolgt die gesamte regionale Kommunikation über diese Einrichtung, welche dem Einsatzleiter untersteht. Der Vorteil besteht darin, dass die MLS unabhängig operiert und somit die regulären Leitstellen entlastet werden (siehe auch Einsatzleitwagen).
  • Lehrleitstelle: Für die Ausbildung der Leitstellen-Disponenten werden in der Regel an Landesfeuerwehrschulen Lehrleitstellen unterhalten. Je näher eine Lehrleitstelle der Wirklichkeit entspricht, desto besser und realer ist die Ausbildung. Die Umwelt außerhalb der Lehrleitstelle (Einsatzmittel, andere Behörden und Dienststellen, Notrufe) wird nur simuliert. Hierzu stehen Regieplätze zur Verfügung. Vorbereitete Szenarien und Drehbücher müssen vom Disponenten während der Ausbildung abgearbeitet werden.

Die Begriffe „Kombinierte Leitstellen“ und „Integrierte Leitstellen“ werden - obwohl von der Bedeutung her unterschiedlich - oft auch synonym verwendet.

Zuständigkeiten

Die einzelnen Leitstellen haben neben der organisatorischen auch klar getrennte örtliche Zuständigkeitsgebiete. Diese umfassen in Deutschland meist das Gebiet einer größeren Stadt oder eines oder mehrerer Landkreise.

In Österreich sind für die Feuerwehren auch Bezirksalarm- und Warnzentralen, Bereichsalarmzentralen oder Landeswarnzentralen auf Bezirks- oder Landesebene üblich. Im österreichischen Rettungsdienst werden die beteiligten Organisationen (z. B. Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund u. ä.) oft von organisationseigenen Leitstellen koordiniert. In Niederösterreich wurde 2003 eine eigene Gesellschaft, die 144 Notruf Niederösterreich (früher LEBIG) gegründet, die den Rettungsdienst koordiniert.

Betreiber

Der Betrieb der Leitstellen der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben ist örtlich unterschiedlich per Gesetz oder Verordnung geregelt.

Es kommen dafür behördeneigene Leitstellen (Polizei, Berufsfeuerwehr), der Betrieb durch den zuständigen Landkreis bzw. die Stadt bzw. einen Zweckverband oder durch eine mit dem Betrieb beauftragte Hilfsorganisation in Frage.

Personal

Die Mitarbeiter von Leitstellen werden Disponenten oder Einsatzsachbearbeiter genannt. Sie sind je nach Rechtsverhältnis Angestellte oder Beamte des Leitstellenbetreibers. In den meisten Leitstellen sind mindestens je zwei Disponenten im Dienst. Die Besetzung wird nach dem zu erwartenden Einsatzaufkommen bemessen, so dass die Anzahl der Disponenten je nach Zuständigkeitsbereich und Arbeitsanfall auch deutlich höher sein kann. Die Leitstelle der Berliner Feuerwehr verfügt beispielsweise über 45 Arbeitsplätze.

Je nach interner Organisation übernimmt ein Disponent die Abwicklung eines kompletten Auftrages von der Notrufannahme bis zum Einsatzende oder man teilt sich die dabei anfallenden Aufgaben unter mehreren Disponenten (Telefonist, Sprechfunker) auf.

Die Disponenten in der Leitstelle haben in ihrem Bereich meist die Ausbildung, die auch für das Einsatzpersonal vor Ort notwendig ist, oftmals auch eine Führungsausbildung. Darüber hinaus haben sie noch eine spezielle Zusatzausbildung für die Arbeit in der Leitstelle. Sie müssen ortskundig sein und gute Kenntnisse über die Einsatzmöglichkeiten der eigenen und der benachbarten Organisationen haben.

Einsatzsachbearbeiter der Zentralen Leitstellen und Leitfunkstellen in Hessen z. B. müssen Rettungssanitäter bzw. Rettungsassistent und Gruppenführer der Feuerwehr sein, bevor sie einen vierwöchigen Lehrgang für Einsatzsachbearbeiter an der Hessischen Landesfeuerwehrschule in Kassel absolvieren.

Das Team einer Leitstelle muss ständig den Überblick über zum Teil mehrere gleichzeitig laufende Einsätze behalten und sich untereinander abstimmen. Daher ist neben dem Fachwissen auch Team-, Kommunikationsfähigkeit und Stressresistenz gefragt.

Weitere Positionen in einer Leitstelle sind:

  • Leitstellenleiter: Vorgesetzter der Mitarbeiter
  • Systemadministrator: betreut den Einsatzleitrechner
  • Techniker: z. B. für die Funkanlagen
  • Verwaltungspersonal.

Ausrüstung

Leitstellen brauchen vor allem Kommunikationsgeräte:

  • Telefon (interne Dienstnummern, Notrufleitungen, Alarmleitungen zu den Wachen) und Fax,
  • Funkgeräte auf verschiedenen Frequenzen zur Verbindung mit den eigenen und anderen Kräften
Kombinierter Funk- und Telefontisch

Unterbrechungsfreie Stromversorgungen und Notstromaggregate sorgen für den reibungslosen Betrieb in Ausnahmesituationen.

Weitere Hilfsmaterialien sind Alarmpläne, Kartenmaterial, Tonaufzeichnungsgeräte etc.

Bei ihrer Tätigkeit werden die Disponenten in der Regel von einem computergestützten Leitstellensystem unterstützt (Einsatzleitrechner). Dieses System sorgt für die Archivierung von Einsatzdaten, macht Alarmvorschläge, stellt Straßen-/Ortskarten und Einsatzpläne zur Verfügung, sorgt für die automatische Alarmierung von Einheiten auf Tastendruck, überträgt Einsatzdaten, verbindet die verschiedenen Arbeitsplätze oder sogar verschiedene Leitstellen untereinander und hilft bei statistischen Auswertungen und Abrechnungen. Oft sind diese Systeme zur Sicherheit doppelt vorhanden.

Die Erweiterung des Sprechfunks durch ein Funkmeldesystem erleichtert die Arbeit durch die Entlastung des Funkverkehrs und die direkte Verbindung zum Einsatzleitrechner (automatische Dokumentation der Abfahr- und Eintreffzeiten, Darstellung der freien und belegten Fahrzeuge).

Die Abbildung zeigt einen kombinierten Funk- und Telefonarbeitsplatz der Rettungsleitstelle Rosenheim.

Siehe auch

Weblinks


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