Regionalluftverkehr

Regionalluftverkehr

Luftverkehr ist der Verkehr mit Hilfe von Luftfahrzeugen, insbesondere Flugzeugen. Zu unterscheiden ist zwischen dem zivilen gewerblichen, dem privaten sowie dem militärischen Luftverkehr. Zunächst mit der Einführung der Strahltriebwerke, dann vor allem im Zuge der Liberalisierung des Luftverkehrs ist der Luftverkehr stark angestiegen und bildet heute einen wichtigen Teil der modernen Verkehrsinfrastruktur. In den letzten Jahren wuchs der Luftverkehr um jährlich 5 % [1].

Die bodengestützte Abwicklung des Luftverkehrs geschieht typischerweise über Flughäfen (oder Verkehrslandeplätze) als Abflug- bzw. Ankunftsorte. Darüber hinaus setzt ein Luftverkehr in größerem Ausmaß eine personal- und kostenintensive Infrastruktur, insbesondere Einrichtungen der Flugsicherung, voraus. Hierzu ist der Luftraum strukturiert. Hubschrauber und spezielle Militärflugzeuge ermöglichen es, Transportleistungen auch von Straßen, Plätzen oder Schiffen aus sicher zu erbringen.

Inhaltsverzeichnis

Rechtliche Grundlagen

Grundlage des internationalen Luftverkehrs sind die sog. Freiheiten der Luft, die von der ICAO ausgearbeitet worden sind. Im Verkehr zwischen den Staaten müssen wegen der international allgemein anerkannten Lufthoheit der Nationalstaaten Verkehrsrechte ausdrücklich eingeräumt werden, was weltweit in etwa 4.000 bilateralen Luftverkehrsabkommen geschieht. Das Chicagoer Abkommen und die Transitvereinbarung (beide von 1944) gewähren lediglich Grund-Freiheiten. Innerhalb der EU ist durch eine Open-Sky-Politik mit drei sog. Liberalisierungspaketen das System von Luftverkehrsabkommen zwischen den Mitgliedstaaten seit 1993 zugunsten eines einheitlichen Luftverkehrsmarktes beseitigt worden.

Innerhalb Deutschlands ist der Luftverkehr bzw. die Benutzung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge frei, soweit er nicht durch Gesetze oder andere (nationale, europäische oder internationale) Vorschriften ausdrücklich beschränkt ist (§ 1 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG). Freilich bestehen Einschränkungen in vielfältiger Hinsicht, vor allem auch infolge intensiver Einflüsse des europäischen Rechts. Die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und/oder Sachen in Luftfahrzeugen fällt inzwischen in Deutschland wesentlich unter europäisches Recht, z.B. die VO (EWG) Nr. 2407/92 [2], ist aber auch weiterhin durch verschiedene deutsche Vorschriften wie das LuftVG, die LuftVZO, JAR-OPS 1/3 deutsch und 5.DVLuftBO geregelt. Grundsätzlich gilt, dass die gewerbsmäßige Beförderung von Personen und/oder Sachen der Genehmigungspflicht unterliegt.

Weitere gesetzliche Normierungen, welche u. a. die Benutzung des Luftraums regeln, finden sich im Luftverkehrsgesetz. Die Benutzung von Flughäfen ist danach durch Genehmigungen und andere Zulassungsentscheidungen beschränkt. Auf sog. koordinierten Flughäfen der EU müssen Luftfahrzeugführer überdies eine besondere Erlaubnis für das Starten und Landen, eine sog. Zeitnische oder Slot, besitzen. Zeitnischen werden auf den halbjährlichen Flugplankonferenzen der IATA zugeteilt, wo der Luftverkehr weltweit abgestimmt wird. Die Luftraumnutzung im Übrigen wird durch die Flugsicherung gesteuert. Im internationalen Personen- und Güterbeförderungsverkehr ist das Warschauer Abkommen über die Beförderung im internationalen Luftverkehr mit seinen Folgevereinbarungen zu beachten.

Der gewerbliche Luftverkehr ist von Mineralölsteuer, Ökosteuer und Mehrwertsteuer befreit. Für den nicht-EU-Verkehr entspricht dies internationalen Abkommen. Die Einführung der Kerosinsteuer im inländischen Flugverkehr ist seit Januar 2004 EU-rechtlich möglich. [3]

Zahlen und Fakten für Deutschland

Flüge nach Instrumentenflugregeln (IFR)

Im Jahr 2006 hat die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH ca. 2,98 Millionen IFR-Flüge kontrolliert. Das waren etwa 4,1 % mehr als im Vorjahr, und im Vergleich zum Jahr 1989 hat sich die Zahl der Flüge damit verdoppelt. Während der zivile Luftverkehr 2006 mit 2,9 Millionen kontrollierten Flügen um 4,5 % zulegte, gingen die militärischen Flüge um 10,3 % auf 77.742 zurück.[4]

Über das Jahr gesehen sind die Monate Mai bis Oktober diejenigen mit dem höchsten Luftverkehrsaufkommen (Juli ist der Spitzenmonat) und die Wintermonate Dezember bis Februar die mit dem geringsten.[4]

Von allen IFR-Flügen hatten im Jahr 2006 die Überflüge mit 34 % den größten Anteil. Flüge mit Start- oder Zielflugplatz in Deutschland folgten mit jeweils 26 %. Nur 14 % aller Flüge erfolgten innerdeutsch.[4]

2006 2005 Trend
Zivile Flüge 2.905.033 2.779.433 + 4,5 %
Militärische Flüge 77.742 86.697 − 10,3 %
Gesamt 2.982.775 2.886.130 + 4,1 %

Flüge unter Sichtflug-Bedingungen (VFR)

Bei den VFR-Flügen ist 2006 an den internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland ein Rückgang um 2,7 % auf 128.810 (2005: 132.317) zu verzeichnen. Hier liegt Stuttgart mit 17.232 an der Spitze, während Frankfurt mit 473 Starts und Landungen das Schlusslicht bildet.

Starts und Landungen

Die Anzahl an IFR-Starts und -Landungen von/auf internationalen Verkehrsflughäfen in Deutschland stieg im Jahr 2006 um 2,6 % auf 2.097.682. Den größten Anteil davon, nämlich 896.326, haben die Flughäfen Frankfurt (488.665) und München (407.661). Bei den Regionalflughäfen stieg die Zahl im Jahr 2006 auf 187.241. Das ist ein Zuwachs um 7 %. Spitzenreiter ist hier Frankfurt-Hahn mit 34.429 Starts und Landungen.[4]

2006 2005 Trend
Internationale Verkehrsflughäfen 2.097.682 2.045.362 + 2,6 %
Regionalflughäfen 187.241 174.982 + 7,0 %
Gesamt 2.284.923 2.220.344 + 2,9 %

Ziele

Regionale Verteilung der Flüge aus Deutschland mit internationalem Ziel im Jahr 2006

Bei den Flügen, die 2006 aus Deutschland heraus ein internationales Ziel ansteuerten, ergibt sich die rechts dargestellte kontinentale Verteilung. Über die letzten fünf Jahre gesehen nahmen Direktflüge mit Ziel Afrika um 14,5 %, Flüge nach Amerika um 27,5 % und Flüge nach Asien um 71,6 % zu. Diese Daten beziehen sich ausschließlich auf Direktverbindungen, nicht jedoch auf das eigentliche (End-)Reiseziel des Passagiers.[5]

Vereinigungen

Die meisten der großen Fluggesellschaften sind der IATA angeschlossen, die ca. 250 von weltweit mehreren Tausend Fluggesellschaften umfasst. Die deutschen Fluggesellschaften sind zudem im Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF) zusammengeschlossen.

Flüge die innerhalb eines Staates stattfinden, bezeichnet man als Inlandsflüge. Diese werden manchmal wegen des geringeren Passagieraufkommens mit kleineren Flugzeugtypen ausgeführt - vor allem dann, wenn es sich um so genannte Shuttle-Flüge handelt, bei denen ein Teil der Fluggäste zu einem Anschlussflug auf einen anderen Flughafen transportiert werden. In der Regel aber sind es Maschinen in der Größe etwa eines Airbus A320, die Platz für 150 bis 180 Passagiere bieten.

Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Luftverkehrs sind teils positiv, teils negativ.

Vorteile

Differenzierung nach zu überbrückender Distanz

Bei Distanzen von weniger als 400 km steht der Passagierluftverkehr im Wettbewerb mit Schiene und Straße, da sich Flugpassagiere in der Regel mindestens 30 Minuten vor Abflug an den oft weit vom Stadtzentrum entfernt liegenden Flughäfen einfinden müssen, so dass die oft mehr als eine Stunde betragende Vorlaufzeit bis zum Abflug den Zeitvorteil der höheren Geschwindigkeit eines Flugzeugs meist aufhebt. Dennoch bevorzugen viele Reisende schon in diesem unteren Distanzbereich das Flugzeug, weil es ihnen subjektiv schneller erscheint, als stundenlanges Sitzen in einem Bus, Kfz oder Zug. Luftfrachtverkehr beschränkt sich in diesem Distanzbereich eher auf eilige Kurierdienste. Ab etwa 400−800 km Distanz ist der Luftverkehr insgesamt den anderen Verkehrsmodi in der Geschwindigkeit überlegen. Im interkontinentalen Verkehr ist der Luftverkehr nicht durch vergleichbar schnelle Verkehrsmittel zu ersetzen.

Luftverkehr als Treiber der globalen Vernetzung

Der Luftverkehr erweitert die Möglichkeiten des internationalen Handels und ist damit wichtiger Exportmotor. Dies trägt über den Luftfahrt- und Touristikbereich hinaus zur Sicherung, teils zur Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Die zunehmende Globalisierung erfordert nach wie vor weltweite Mobilität und Präsenz von Geschäftsleuten bei der Erschließung neuer Märkte. Videokonferenzen können den unmittelbaren Geschäftskontakt vor Ort nur unzureichend ersetzen. Der Luftfrachtverkehr ermöglicht weltweiten Handel mit eilbedürftigen bzw. leicht verderblichen Stückgütern sowie empfindlichen Wertgütern. Im letzteren Fall steht die Unabhängigkeit von Natureinwirkungen auf Landwege und die Minimierung von Erschütterungen während Umschlag und Transport im Vordergrund.

Aus ökonomischer Perspektive stellt die Verbreitung des Flugverkehrs historisch eine sprunghafte Verringerung der Transportkosten zwischen weit entfernten Orten auf der Welt dar (Transportkosten sind hier als Vollkosten zu verstehen, also mit Berücksichtigung v.a. der Reisezeit als Kostenfaktor). In diesem Sinne ist er nicht nur "Exportmotor", sondern erhöht auch massgeblich die Mobilität wesentlicher Produktionsfaktoren (Arbeit, Wissen und Kapital − wobei letzteres heute mehrheitlich in Form von Maschinen und anderen Produktionsmitteln zu verstehen ist). Damit ist der Flugverkehr, wie vor ihm der Eisenbahn- und nach ihm der digitale Datenverkehr, ein weiterer Sprung in der globalen Produktivität.

Wie der Flugverkehr die Wichtigkeit der vorher bereits bestehenden Transportarten in vielen Marktsegmenten stark verringert hat, so wird die Relevanz des Flugverkehrs durch die Verbreitung der digitalen Informationsübermittlung wiederum reduziert. Dies gilt insbesondere für das Marktsegment der Geschäftsreisenden. Dies kann als "schöpferische Zerstörung" (s. dazu Schumpeter) verstanden werden.

Sonstige Vorteile

Nachteile

Eng begrenzte Nutzlastkapazität

Der Hauptnachteil von Luftverkehr ist, dass auch große Luftfahrzeuge auf Grund der relativ geringen Nutzlastkapazität im Vergleich zu Bahn oder Schiff nur geringe Gütermengen transportieren können, beziehungsweise dass die Kosten pro transportierter Gewichtseinheit relativ zu anderen Transportmethoden sehr hoch sind. Als Konsequenz zeigt sich, dass mehrheitlich Güter per Flugzeug transportiert werden, bei denen die Transportkosten im Vergleich zu ihren anderen Eigenschaften unwesentlich sind (d.h. sie sind leicht und teuer oder sie müssen sehr rasch am Ziel sein).

Umweltbeeinträchtigungen

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Die Umweltbeeinträchtigungen durch Luftverkehr sind gut bekannt, ihre Bewertung ist jedoch stark ideologisch geprägt und daher umstritten. Lokal spielen Lärm und Luftverunreinigungen sowie Gerüche an Flughäfen die dominante Rolle, überregional in erster Linie die Klimawirkungen. Zur Begründung der Umweltschädlichkeit werden die geringe Nutzlastkapazität und der hohe Kerosinverbrauch der Verkehrsluftfahrt angeführt. Z. B. umfassen die 420 Tonnen Startgewicht einer Boeing 747 180 Tonnen Kerosinzuladung. Allein während der Start- und Aufstiegsphase verbrennt dieser Flugzeugtyp in wenigen Minuten rund 5 Tonnen Kerosin. Im konstanten Reiseflug beträgt der Verbrauch rund 16 Tonnen pro Stunde, d.h. es werden 50 Tonnen CO2 pro Flugstunde emittiert (Die Verbrennung von 1 kg Kerosin erzeugt ca. 3,1 kg CO2). Außerdem erzeugen Flugzeuge − insbesondere im Winter – Wasserdampf und Ozon, das ebenfalls als Treibhausgas wirkt. Wasserdampf gilt als Ursache für Zirren (Eiswolken) in hohen Luftschichten; aus Kondensstreifen können sich sog. „Contrail Cirren“ (großflächige, sehr dünne Zirren) entwickeln. Demgegenüber werden andere Verkehrsträger wie die Eisenbahn als wesentlich verbrauchsfreundlicher und kostengünstiger gelobt. Die Betrachtung der Absolutwerte ist jedoch nicht aussagekräftig, vielmehr kommt es auf die spezifischen Verbräuche an, also umgerechnet auf Personen- oder Tonnenkilometer. Geht man etwa von einer 80%igen Auslastung der Flugzeuge aus (Statistisches Bundesamt), so ist der Pro-Kopf-Treibstoffverbrauch mit 5,2l/100 km immer noch niedriger als der des automobilen Individualverkehrs. Beim Vergleich mit anderen Verkehrsträgern darf außerdem nicht unterschlagen werden, dass von Flugzeugen derzeit weltweit nur etwa 5 bis 6 % der jährlichen Welterdölproduktion verbraucht werden, was etwa 200 Mega-Tonnen (Mio. Tonnen) Kerosin/Jahr entspricht. Demgegenüber werden innerhalb der EG über 70 % des Mineralöls im bodengebundenen Verkehr verbraucht (Mitteilung der Kommission „Für ein mobiles Europa - Nachhaltige Mobilität für unseren Kontinent“ vom 22.6.2006, KOM(2006) 314 endg. und Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses dazu „Verringerung der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs“, 2006/C 185/17). Eine besondere klimaschädigende Wirkung der Triebwerks-Emissionen insbesondere durch Kohlenstoffdioxid-Ausstoß und Erzeugung von Wasserdampf kann deshalb nur in der relativ größeren Schädlichkeit gesehen werden, die Emissionen in empfindlichen Luftschichten, wie der Stratosphäre, besitzen (zusammenfassend Mäder, Klimawirksamkeit des Flugverkehrs, März 2008). Ein belastbarer Vergleich der Umweltschädlichkeit der verschiedenen Verkehrsträger setzt eine Bewertung sämtliche Vor- und Nachteile voraus, für die es derzeit noch an einem anerkannten Modell fehlt. Allen Verkehrsträgern ist gemeinsam, dass die Kosten der sog. externen Effekte, d.h. der Belastungen der am Verkehrsvorgang Unbeteiligten, nicht bzw. nur gering internalisiert, also den Nutzern angelastet werden. Für das ökonomische Modell einer Berechnung der externen Kosten des Verkehrs gibt es noch keine hinreichende Erfassung und monetäre Bewertung der externen Effekte auf der einen Seite und der Gesamtvorteile für Unternehmen, Reisende und die Gesellschaft auf der anderen Seite (vgl. Kloepfer [Hrsg.], Leben mit Lärm?. S. 311-338).

Fehlentwicklungen im Luftverkehrsmarkt

An zahlreichen Flughäfen (z. B. Lübeck, Hahn, Magdeburg, Weeze, Baden-Baden) wird der Flugverkehr durch erhebliche Subventionen gefördert und dadurch ein künstlicher Markt erhalten, der für die privaten Fluggesellschaften unter Umständen sonst nicht rentabel wäre. Wegen der Steuerbefreiung des Kerosinkaufs muss die Allgemeinheit für den Großteil der Kosten für die Abmilderung von luftverkehrbedingten Umweltbeeinträchtigungen aufkommen. Indirekt werden mit solchen Subventionen auch die Konkurrenten benachteiligt, also andere Flughäfen und alle anderen Transportmittel.

Regionalluftverkehr

Ein bekanntes Phänomen im Luftverkehr ist das „Verkehrsschatten“-Theorem: Der Ausstrahlungs- und Einflussbereich eines internationalen Flughafen-Drehkreuzes legt sich verkehrlich wie ein Schatten über das Umland. Liegt nun ein kleinerer (Regional-)Flughafen in diesem Schatten, kann er sich nicht entwickeln. Ihm fehlt zu einem gesunden Wachstum die Angebotsvielfalt.

Dieses Phänomen führt der Betreiber des Flughafens, der einer oder mehreren Fluggesellschaften als Drehkreuz dient, nicht zwingend absichtlich herbei. Vielmehr entscheiden diejenigen, die den Flughafen tatsächlich nutzen und benötigen (das heißt die das wirtschaftliche Risiko tragenden Airlines, die Fluggäste und die Spediteure), jeden Tag neu darüber, welchem Flughafen sie den Vorzug geben, obwohl diese augenscheinliche Freiheit durch den Effekt der „eingetretenen Pfade“ (d.h. die Überbewertung bereits bekannter Alternativen) kurzfristig erheblich eingeschränkt wird. Nicht ordnungspolitische Ziele, sondern marktstrategische Verhaltensweisen und Randbedingungen bestimmen aber langfristig, welcher Flughafen in der Gunst der Nutzer höher steht.

Die Kernfrage lautet weltweit: Ist die kritische „Mindestmasse“ allein durch die Lokalnachfrage zu erzielen oder bedarf es des Transitverkehrs? Im Interkontinental-, aber auch im Mittelstreckenverkehr ist diese Frage eindeutig zu bejahen, sonst hätten Gateways wie Frankfurt oder London-Heathrow nie ihre Bedeutung erlangt.

Vor diesem Hintergrund wird verständlich, wenn in der Nähe eines Hub-Flughafens gelegene Städte mit einem regionalen Airport weder Kosten noch Mühen scheuen, um das „Verkehrsschatten-Theorem“ außer Kraft zu setzen.

Als Beispiel lässt sich der 50 km von Amsterdam-Schiphol, dem künftigen europäischen Mega-Airport, entfernt gelegene Rotterdamer Regionalflughafen anführen. Wegen der umliegenden geschlossenen Wohnbebauung ist eine Schließung absehbar. Jetzt soll nach dem Willen der Stadt Rotterdam der Flughafen für umgerechnet 450 Mio. DM in 4 km Entfernung nordöstlich des alten Standortes neu aufgebaut, also verlegt werden, um der lokalen Wirtschaft mehr Impulse zu geben. Bei einer Untersuchung ausgewählter Regionalflughäfen wie Antwerpen, Basel/Mulhouse, Birmingham, Köln/Bonn und Lyon durch die Erasmus School of Rotterdam wurden die wirtschaftlichen und verkehrspolitischen Implikationen der Flughäfen auf das Umland analysiert. Als Ergebnis stellen die Autoren der Studie mehrere positive Effekte eines Regionalflughafens auf seine Umgebung fest:

  • Er verbessert die sonst schlechte Erreichbarkeit der Städte (siehe Erfurt, Dresden, Leipzig) und erschließt der Wirtschaft des Umlandes neue Märkte (beispielsweise Friedrichshafen, Augsburg oder Dortmund).
  • Durch ein großes Angebot an Nonstop-Regionalverbindungen erspart er den Geschäftsreisenden unproduktive Leerzeiten (beim Umsteigen). Das Angebot an Flugstrecken ist insbesondere dann groß, wenn sich ein gut funktionierender Homebase-Carrier mit seinem Drehkreuz am Flughafen etabliert hat (Beispiele hierfür sind Crossair in Basel, NFD in Nürnberg oder British Airways in Birmingham).
  • Ein Flughafen erhöht den Bekanntheitsgrad und die Internationalität der bedienten Stadt und seines Umlandes.
  • Mit einer großen Vielzahl von Destinationen besitzt die Wirtschaftsförderung ein schlagkräftiges Argument im Standortwettbewerb um Industrieansiedlungen.

Eine zur Flugverbindung parallele Hochgeschwindigkeits-Schienenverbindung (wie der französische TGV) führt meistens dazu, dass sich das Fluggastaufkommen auf der konkurrierenden Strecke auf einem um 50 % niedrigeren Niveau einpendelt. Zugleich erweitert sich das Einzugsgebiet des angebotenen Flughafens, allerdings nur entlang der Hochgeschwindigkeitstrasse.

Zwar kann der Schienenverkehr langfristig durchaus seine verkehrs- und umweltpolitischen Trümpfe ausspielen. Kurz- bis mittelfristig kann er jedoch nicht annähernd soviel Bedarf wie der regionale Luftverkehr abdecken. Das trifft besonders im infrastrukturellen schwach entwickelten Osten Europas zu, wie die kurzfristig von Fluggesellschaften wie Lufthansa, Interot, NFD, DLT, Lufthansa CityLine, Hamburg Airlines oder RFG aufgebauten Verbindungen nach Leipzig, Dresden, Erfurt, Riga oder Wilna zeigen.

Die Studie „Regional airports and urban economics development“ der Rotterdamer Erasmus-Universität kommt zwar, isoliert betrachtet hinsichtlich des Regionalflughafens Rotterdam, zu nachvollziehbaren und legitimen Überlegungen. Generell ist allerdings zu fragen, ob solche Überlegungen für einen derart im Verkehrsschatten von Amsterdam-Schiphol liegenden Flughafen wie Rotterdam überhaupt einen Sinn ergeben. Denn auf die Kernfrage geht die angesprochene Untersuchung nicht ein. Diese lautet nämlich: Wie großflächig greift ein Verkehrsschatten, das heißt, ab welchem Entfernungsradius von einem Gateway beginnt die Akzeptanz eines benachbarten regionalen Airports signifikant zu steigen?

Verkehrsschatten-Paare wie die untersuchten Plätze Antwerpen/Brüssel (35 km), Basel/Zürich (80 km), Birmingham/London (140 km), Lyon/Paris (450 km) und Köln/Düsseldorf (50 km) zeigen, dass der Aufbau einer Regionalstrecke am Entlastungs-Airport parallel zum Hub-Flughafen um so risikoreicher ist, je näher der größere und der kleinere Flughafen beieinanderliegen. Dies gilt ebenso für Interkontinental-Routen ex Köln/Frankfurt, Düsseldorf/Amsterdam oder Lyon/Paris.

Wissenschaftlich anspruchsvoller als die nur isoliert durchgeführte Betrachtung der Wachstumszahlen auf den genannten „Schattenplätzen“ wäre ein Vergleich mit der Aufkommensentwicklung beim jeweils großen Bruder, etwa Basel/Zürich oder Birmingham/London. Grundsätzlich entwickelt sich ein Schatten-Flughafen im Vergleich zu dem größeren Airport mit unterproportionalen Zuwachsraten. Denn große Gateways bieten aufgrund ihrer Vielfältigkeit von Destinationen und ihrer wirtschaftlich sinnvollen Bündelungsmöglichkeiten Synergieeffekte, die ihnen sowohl die begehrten „economies of scale“ (Größen-Degressionsvorteile) als auch die „economies of scope“ (Zusammenarbeitsvorteile) bringen.

Während Köln/Bonn und Antwerpen zweifellos im Verkehrsschatten von Düsseldorf bzw. von Brüssel stehen, bestätigen Nürnberg, Birmingham und Basel als Ausnahmen die Regel. Diesen drei Airports gelang es, die bereits genannten Homebase-Carrier zu akquirieren und regionale Drehkreuze aufzubauen.

Bereits mehrmals versuchten Luftfahrtverwaltungen erfolglos, die Gesetze des Marktes mit Hilfe ordnungspolitischer Eingriffe auszuhebeln, indem sie sich um eine künstliche, über die Marktkräfte hinausgehende, Angebotsverbesserung an einem Schatten-Airport bemühten. Beispielsweise bewirkte der „Maßnahmenkatalog zur Förderung des Luftverkehrs am Flughafen Köln/Bonn“ in Nordrhein-Westfalen lediglich, dass Rechte für überseeische Carrier zwar gewährt, jedoch mangels Zubringern nicht genutzt wurden.

Die geplante Rotterdamer Airport-Verlegung 4 km näher an Amsterdam heran findet auch in Deutschland ihre Parallele. Beispielsweise strebt die nordrhein-westfälische Landesregierung aus politischen Erwägungen eine Auslagerung des Regionalverkehrs von dem erst zu zwei Dritteln ausgelasteten Düsseldorfer Flughafen an. Dabei hat sie aber nicht etwa den 50 km weiter südlich liegenden, nur zu einem Drittel ausgelasteten und mit einer fertigen Infrastruktur aufwartenden Flughafen Köln/Bonn im Sinn, sondern die 30 km westlich bzw. nördlich gelegenen, technisch aber erst noch auszubauenden Flugplätze Mönchengladbach und Essen-Mülheim. Der Erfolg dieser Maßnahmen ist jedoch zweifelhaft. So musste beispielsweise eine vielversprechende Regionalfluglinie (ex Mönchengladbach) mangels hinreichenden Bedarfs wieder schließen.

Außerdem befinden sich Regionalflughäfen aufgrund ihrer räumlichen Nähe zu Wohngebieten meist im latenten Konflikt mit moderner Lärmschutzpolitik. In der Nachbarschaft des Flugplatzes Darmstadt-Egelsbach werden zeitweise höhere Dezibel-Werte gemessen als in den unbewohnten Gewerbegebieten rund um den Frankfurter Flughafen.

Die jüngsten Entwicklungen, bspw. in London, lassen aber vermehrt die Frage aufkommen, ob nicht auch eine kritische Obergrenze der Größe eines Flughafens existiert. Wenn der "schattenspendende" Großflughafen (z.B. Heathrow) diese Grenze überschreitet, können bei den umliegenden kleinen Flughäfen (z.B. Gatwick, City) plötzlich stärker wachsende Umschlagsraten auftreten.

Einzelnachweise

  1. Europäische Umweltagentur (Hrsg.): EEA Briefing 3/2004 - Verkehr und Umwelt in Europa. Kopenhagen 2004.
  2. Verordnung des Rates über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen vom 23. Juli 1992 (ABl. Nr. L 240 vom 24.08.1992]
  3. EU-Energierichtlinie
  4. a b c d DFS-Homepage. Jahreskurzbericht 2006
  5. DFS-Homepage. Mobilitätsbericht 2006

Siehe auch

Weblinks

Literatur

  • Wilhelm Pompl: Luftverkehr - Eine ökonomische Einführung. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 1991. ISBN 3-540-54673-1
  • Rüdiger Sterzenbach, Roland Conrady: Luftverkehr - Betriebswirtschaftliches Lehr- und Handbuch. 3. Auflage. Oldenbourg Verlag, Oldenbourg 2003. ISBN 3-486-27419-8
  • Elmar Giemulla, Ronald Schmid, Walter Mölls (Hrsg.): Europäisches Luftverkehrsrecht. Text- und Materialsammlung. Luchterhand Verlag, Neuwied 1990ff. ISBN 3-472-00203-4 (Loseblatt-Werk)
  • I. Schöntag: Die Theorie der contestable markets am Beispiel des europäischen Luftverkehrsmarktes und ihre Anwendung im low cost Bereich. Dissertation, München 2006.
  • Peter Wysk, Ullrich Isermann: Luftverkehr, in: Jan Ziekow (Hrsg.): Praxis des Fachplanungsrechts. Werner Verlag, München/Unterschleißheim 2004. ISBN 3-8041-4306-7
  • Mäder, Claudia: Klimawirksamkeit des Flugverkehrs. Aktueller wissenschaftlicher Kenntnisstand über die Effekte des Flugverkehrs, Dessau, März 2008 (herunterladbar unter www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3473.pdf)
  • Michael Kloepfer (Hrsg.), Leben mit Lärm?, Springer 2006
  • Sachverständigenrat für Umweltfragen [SRU] 2008: Umweltgutachten 2008: Umweltschutz im Zeichen des Klimawandels, Band 2, Hausgutachten, Juni 2008 (herunterladbar unter http://www.umweltrat.de/frame02.htm)
  • Mitteilung der Kommission: Für ein mobiles Europa - Nachhaltige Mobilität für unseren Kontinent. Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch der Europäischen Kommission von 2001 vom 22.6.2006, KOM(2006) 314 endg.
  • Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Mitteilung der Kommission: Verringerung der Klimaauswirkungen des Luftverkehrs, 2006/C 185/17, ABl.EG Nr. C 185 vom 8.8.2006

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