Römische Zeitrechnung

Römische Zeitrechnung
Fasti Antiates Maiores. Ein römischer Kalender aus vorjulianischer Zeit (nach 60 v. Chr.). Man sieht in der Mitte die Monate Quintilis („QVI“) und Sextilis („SEX“) sowie in der ganz rechten Spalte den eingeschobenen Monat („INTER“).

Der alte römische Kalender wurde vermutlich von den Griechen übernommen. Seine genaue Herkunft ist unbekannt. Die Tradition schrieb den Kalender Romulus, dem legendären Gründer der Stadt Rom, zu.

In der Frühzeit der Römischen Republik wurden die Jahre nicht gezählt, sondern nach den regierenden Konsuln benannt. Seit dem 4. vorchristlichen Jahrhundert war eine Zählung ab der Einweihung des Jupitertempels im Jahre 507 v. Chr. üblich. Erst später wurden die Jahre „von der Gründung der Stadt Rom an“ (lat. ab urbe condita, a. u. c.) im Jahre 753 v. Chr. gezählt. Im Römischen Kaiserreich wurden die Jahre zusätzlich noch per Anno Diocletiani (A. D.) gezählt, d.h. ab der Regierungsübernahme durch Kaiser Diokletian im Jahr 284; diese Abkürzung ist nicht identisch mit dem seit 525 n. Chr. gebräuchlichen Anno Domini (auch A. D.), und darf nicht verwechselt werden. Des Weiteren ist a. d. die Abkürzung für ante diem, „Tage vor“.

Inhaltsverzeichnis

Ältester Kalender

Unsicher bleibt die Länge der „zehn Monate“ in der ältesten Form des römischen Kalenders. Eine Kenntnis über die genaue Länge eines Sonnenjahres ist für die Frühzeit des römischen Reiches bis heute unbelegt.[1] Vor diesem Hintergrund können sich die „zehn Monate“ auch auf zehn Zeitabschnitte eines Naturjahres bezogen haben, welches durch Wiederkehr bestimmter Auffälligkeiten in die jeweiligen zehn Jahresperioden unterteilt war.[1] In diesem Zusammenhang besteht die Möglichkeit, dass spätere Autoren die zehn Zeitabschnitte als „zehn Monate“ übersetzt hatten. Im weiteren Verlauf erfolgte die Einführung eines auf zwölf Monate basierenden Kalenders, der schließlich durch den nach Julius Caesar benannten Julianischen Kalender abgelöst wurde.[1]

Das ursprüngliche Kalendersystem war in die nachfolgenden zehn Abschnitte unterteilt, die mit dem Frühlingsanfang begannen: Martius, Aprilis, Maius, Junius, Quintilis, Sextilis, September, October, November und December.

Aus diesem Kalender leiten sich auch die religiösen Festtage Kalenden, Nonen, Iden und Terminalien her, wie im Abschnitt „Tage im Monat“ erläutert wird.

Auch in anderen Kulturen ist die Frühlingsgleiche der Jahresbeginn und eines der zentralen Feste des Jahres, etwa der Nouruz (wörtlich „Neulicht“) des astronomisch-solaren Bahai-Kalender Zentralasiens. Wie auch das Pessachfest des jüdischen Lunisolarkalenders, das nicht Jahresbeginn ist, nur Beginn der Monatsnummerierung, wie auch das Osterdatum beziehen sich auf die Frühlingsgleiche bzw. die Stellung des Mondes dazu.

Numanischer Kalender

Schon um das Jahr 713 v. Chr. wurde das Problem der fehlenden Tage angegangen, der Überlieferung nach durch Numa Pompilius, den legendären zweiten der sieben Könige Roms. Allerdings gilt es als wahrscheinlicher, dass der fünfte König, Lucius Tarquinius Priscus, für diese Reform verantwortlich war.

Es wurde ein Lunisolarkalender konstruiert, der ein vollständiges Lunarjahr mit einem Schaltmonat umfasst:

  • Die sechs Monate mit je 30 Tagen wurden auf 29 Tage gekürzt, und am Jahresende wurden der Ianuarius (nach dem Gott Ianus) mit 29 Tagen und der Februarius (nach dem Reinigungsfest Februa am Jahresende) mit 28 Tagen angehängt. Damit ergab sich ein Jahr von 355 Tagen.
  • Die fehlenden 10 Tage wurden durch einen Schaltmonat, Mercedonius (Intercalaris), ausgeglichen: Im zweiten Jahr eines Zeitraumes von vier Jahren wurden 22 Tage nach dem 23. Februar (siehe auch die Terminalia), im vierten Jahr 23 Tage nach dem 24. Februar eingefügt.

Mit einer abwechselnden Länge des Februars in Schaltjahren von 23 + 22 + 5 = 50 bzw. 24 + 23 + 4 = 51 Tagen war die Länge von vier aufeinanderfolgenden Jahren damit durch 355, 377, 355 und 378 Tage gegeben. Insgesamt sind dies 1465 Tage, vier mehr als vier Tropische Jahre enthalten.

Diese sehr unhandlich anmutende Konstruktion sollte die Beachtung der religiösen Festtage, die sich auf den ursprünglichen Mondkalender bezogen, sicherstellen.

Bedingt durch die überzähligen vier Tage verschoben sich im Laufe der Zeit die Jahreszeiten. Anfang des 6. Jahrhunderts v. Chr. wurden erste Korrekturen durchgeführt. Die sich weiterhin anhäufenden Verschiebungen wurden „nach Bedarf“ in unregelmäßigen Abständen durch weitere Korrekturen mehr oder weniger gut angepasst.

Auch der Jahresbeginn, ursprünglich am 1. März, wurde seit dem Jahre 153 v. Chr. auf den 1. Januar, den Amtsbeginn der Konsuln, verschoben. Damit verloren auch die Zählmonate (Quintilis lat. „der fünfte“, Sextilis lat. „der sechste“, September, lat. „der siebte“, Oktober, „der achte“, November, „der neunte“, Dezember, „der zehnte“) ihre namensgebenden Positionen.

Tage im Monat

Der römische Kalender kannte keine „durchlaufende“ Woche, wie sie heute üblich ist. Ebenso wurden die Tage im Monat nicht fortlaufend gezählt. Allerdings gab es in der Zeit der römischen Republik eine durchlaufende Zählung von A bis H, dann wieder bei A beginnend, die jeweils am 1. Januar begann und durch das ganze Jahr verfolgt wurde, um so eine gewisse Konsistenz zu haben. Zudem hatte jeder Tag einen bestimmten Tagescharakter, der die offiziellen Aktivitäten insbesondere der Magistraten regelte. So ist die vollständige Bezeichnung des 1. Januars „A Kal.Ian.F“.

Drei Tage innerhalb jedes Monats waren speziell ausgezeichnet:

  • Der erste Tag, die Kalendae
  • Der fünfte oder siebte Tag, die Nonae
  • Der 13. oder 15. Tag, Iden

In den Monaten März, Mai, Juli und Oktober waren die Nonae am siebten Monatstag und die Iden am 15. Tag. Alle anderen Monate hatten die Nonae am fünften und die Iden am 13. Tag. Die ursprüngliche Entsprechung dieser Tage mit speziellen Mondphasen (Kalendae am Neumond, Nonae am zunehmenden Halbmond, Iden am Vollmond, Terminaliae am abnehmenden Halbmond) ging schnell verloren. Die Iden sind von den „Iden des März“, an denen Julius Caesar ermordet wurde, bekannt.

Alle anderen Tage wurden mit Bezug auf diese festen Daten dargestellt, und zwar immer rückwärts vom nächsten Festdatum gezählt, wobei der Ausgangstag mitzählte. Es war also zum Beispiel der 15. Mai die „Iden des Mai“, der 7. Mai war die „Nonae des Mai“. Der 5. Mai war also (inklusive Tageszählung) „drei Tage vor den Nonae des Mai“, der 10. Mai war „sechs Tage vor den Mai-Iden“, der 20. Mai war „13 Tage vor den Kalendae des Juni“. Der Tag direkt vor dem Festdatum wurde als „Pridie“ bezeichnet:

Tag Kurzform Lateinische Langform (Ablativus temporalis)
1. Mai Kal. Mai. Kalendis Maiis
5. Mai a. d. III Non. Mai. ante diem III (tertium) Nonas Maias
6. Mai prid. Non. Mai. pridie Nonas Maias
7. Mai Non. Mai. Nonis Maiis
10. Mai a. d. VI Id. Mai. ante diem VI (sextum) Idus Maias
14. Mai prid. Id. Mai. pridie Idus Maias
15. Mai Id. Mai. Idibus Maiis
20. Mai a. d. XIII Kal. Iun. ante diem XIII (tertium decimum) Kalendas Iunias

Die Zählung der Tage für die Monate März, Mai, Juli und Oktober war also beispielsweise:

Tag Römisch
1 kalendae
2 VI
3 V
4 IIII
5 III
6 pridie
7 nonae
8 VIII
Tag Römisch
9 VII
10 VI
11 V
12 IIII
13 III
14 pridie
15 idus
16 XVII
Tag Römisch
17 XVI
18 XV
19 XIIII
20 XIII
21 XII
22 XI
23 X
24 IX
Tag Römisch
25 VIII
26 VII
27 VI
28 V
29 IIII
30 III
31 pridie

In der Gesamtschau stellt sich der innere Aufbau der Monate des römischen Kalenders bis 46 v. Chr. wie folgt dar:

Tag Röm. Monat zu 29 Tagen
1 kalendae
2 IIII
- -
3 III
4 pridie
5 nonae
6 VIII
... ...
11 III
12 pridie
13 idus
14 XVII
... ...
28 III
29 pridie
Tag Röm. Monat zu 31 Tagen
1 kalendae
2 VI
... ...
5 III
6 pridie
7 nonae
8 VIII
... ...
13 III
14 pridie
15 idus
16 XVII
... ...
30 III
31 pridie
Tag Röm. Monat Februar
1 kalendae
2 IIII
- -
3 III
4 pridie
5 nonae
6 VIII
... ...
11 III
12 pridie
13 idus
14 X
... ...
21 III
22 pridie
23 terminalia
24 VI / ...
... III
... pridie

Bei der römischen Zählweise unterschieden sich demnach die Monate zu 29 von denen zu 31 Tagen nur durch die Anzahl der Tage von den Kalenden bis zu den Nonen; die weitere Zählung war – abgesehen von der im Februar – gleich und relativ einfach. Komplizierter wurde sie allerdings durch Caesars Kalenderreform, da die Nonen und Iden der bisherigen 29-Tage-Monate und des Februars, vorwärts gezählt, an ihren alten Positionen verblieben, statt entsprechend der neuen Monatslänge (30 oder 31 Tage, Februar 29/30 Tage) verschoben zu werden.

Zur Umrechnung des römischen Kalender in unseren modernen gibt es einige einfache Faustregeln:

Daten, die vor den Nonen liegen, werden in normalen Monaten von 5 + 1 abgezogen, in den Monaten März, Mai, Juli und Oktober (MOMJUL) von 7 + 1 abgezogen, da ja die Nonen auf den 5. oder 7. eines Monats fallen können.

Daten, die vor den Iden liegen, werden von 13 + 1 abgezogen, in den Monaten März, Mai, Juli und Oktober (MOMJUL) von 15 + 1, da eben die Iden auf den 13. oder 15. fallen können.

Daten vor den Kalenden (1. jeden Monats) werden von der um 2 vermehrten Tageszahl unseres Monats abgezogen.

Beispiel: Unser 21. April ist nach römischer Rechnung: 30 Tage des April + 2 = 32 Tage − 21 = 11 Tage vor den Kalenden des Mai.

Nundinalzyklus

Die Römische Republik verwendete (wie auch die Etrusker) nicht die siebentägige Woche, sondern eine achttägige Woche, die „Marktwoche“. Der lateinische Begriff Nundĭnae (neuntägig) bezeichnete sowohl die Art dieses Wochenrhythmus als auch den darin eingebetteten Markttag selbst. Die verwirrende Bezeichnung neuntägig bei einer Länge von eigentlich nur acht Tagen ergibt sich aus der im alten Rom üblichen Zählung, bei der die beiden Markttage mit in die Zählung einbezogen wurden. Zwischen den einzelnen Marktagen (Nundinales dies) lagen also nur sieben Tage. Dieser Marktrhythmus wird auch Nundinalzyklus genannt. Die Tage einer Marktwoche wurden im Kalender fortlaufend, beginnend mit dem 1. Januar, mit den Buchstaben „A“ bis „H“ gekennzeichnet (Nundinalbuchstaben). Da die Jahreslänge kein Vielfaches von 8 Tagen ist, wechselte der Buchstabe für den Markttag jedes Jahr. Wenn zum Beispiel der Buchstabe für die Markttage in einem Jahr „A“ war und das Jahr 355 Tage lang war, dann wechselte der Buchstabe im nächsten Jahr auf „F“, so dass sich der Rhythmus beim Jahreswechsel nicht änderte.

Der Nundinalzyklus bildete einen grundlegenden Rhythmus des römischen täglichen Lebens. Der Markttag war der Tag, an dem die Menschen vom Land in die Stadt kamen, und der Tag, an dem die Stadtbewohner ihre Lebensmittelgeschäfte für die nächsten 8 Tage tätigten. Deshalb wurde im Jahr 287 v. Chr. ein Gesetz erlassen (die Lex Hortensia), das die Abhaltung von Komitien (Volksversammlungen) an Markttagen verbot, Gerichtsversammlungen jedoch erlaubte. In der späten Republik entstand der Aberglaube, dass es Unglück brächte, das Jahr mit einem Markttag anzufangen (d. h. wenn der Markttag auf den 1. Januar mit dem Nundinalbuchstaben „A“ fiel), und die Pontifices, die in jedem Jahr die Nundinalbuchstaben bestimmten, unternahmen Schritte, um dies zu vermeiden.

Weil in der Römischen Republik der Nundinalzyklus mit seiner Länge von 8 Tagen absolut feststand, ist die Information über die Daten der Markttage eines der wichtigsten Hilfsmittel, um heute das dem vorjulianischen römischen Datum entsprechende Julianische Datum zu bestimmen. Im frühen Reich wurde der römische Markttag gelegentlich geändert. Die Details darüber sind unklar, eine wahrscheinliche Erklärung besteht darin, dass er um einen Tag verschoben wurde, wenn er auf denselben Tag wie das Fest Regifugium (24. Februar) fiel, ein Ereignis, das in jedem Julianischen Schaltjahr vorkommen konnte. Wenn das zufällig der Markttag war, wurde er auf den nächsten Tag verschoben, der der Schalttag war.

Der Nundinalzyklus wurde schließlich durch die ältere siebentägige Woche ersetzt. Sie setzte sich während der frühen Reichsperiode durch, nachdem der Julianische Kalender in Kraft getreten war. Das System der Nundinalbuchstaben wurde dabei an die neue Wochenlänge angepasst, so dass daraus die Sonntagsbuchstaben entstanden. Eine Zeit lang existierten die siebentägige Woche und der Nundinalzyklus nebeneinander. Als jedoch im Jahr 321 die christliche Woche mit dem Sonntag als offiziellem Ruhetag von Konstantin dem Großen offiziell eingeführt wurde, entfiel der Gebrauch des Nundinalzyklus.

Julianischer Kalender

Das Durcheinander des Kalenders veranlasste schließlich Julius Caesar, wohl auch nach Inspiration von Acoreus, eine grundlegende Reform durchzuführen und so den später nach ihm benannten Julianischen Kalender – einen reinen Solarkalender – einzuführen. Der Kalender wurde von dem hellenistischen Astronomen Sosigenes in Alexandria entworfen. Die 12 Monate haben fast alle die heute noch gebräuchliche Anzahl an Tagen, nur der Sextilis wurde bei seiner Umbenennung in „August“ um einen Tag verlängert, der dem Februar genommen wurde. Das Standardjahr hatte damit 365 Tage. In jedem vierten Jahr wurde ein zusätzlicher Tag nach dem 24. Februar eingefügt (in den ersten Jahren versehentlich etwas häufiger).

Dieser Kalender wurde am 1. Januar 45 v. Chr. eingeführt. Da das Vorjahr 46 v. Chr., ein Schaltjahr, erheblich vom vorgesehenen Frühlingsbeginn abwich, wurde es über die üblichen 23 Tage im Februar hinaus um 67 Tage ergänzt, die zu 33 Tagen dem November und zu 34 Tagen dem Dezember angehängt wurden. Somit hatte dieses letzte Jahr des alten römischen Kalenders 445 Tage (annus confusionisVerworrenes Jahr“). Nicht bekannt ist, ob sich die 67 Ergänzungstage auf die genaue Differenz zum astronomischen Jahreslauf beziehen oder nur auf drei zuvor ausgefallene Schaltmonate (22 + 23 + 22 Tage).

Der Monat Quintilis wurde im folgenden Jahr nach Julius Caesar in Julius umbenannt.[2] Der Sextilis wurde später Kaiser Augustus zu Ehren zum Augustus. Als der Senat vorschlug, den September zu Tiberius' Ehren ebenfalls umzubenennen, lehnte dieser mit der rhetorischen Frage ab, was denn dann mit dem dreizehnten Caesar sei.

Literatur

  • Fritz Graf: Der Lauf des rollenden Jahres. Zeit und Kalender in Rom. (Lectio Teubneriana, Bd. 6), Teubner Verlag, Stuttgart u. Leipzig 1997, ISBN 3-519-07555-5
  • Heinrich Pleticha; Otto Schönberger (Hrsg.): Die Römer. Ein Handbuch zur frühen Geschichte Europas. (Bastei-Lübbe-Taschenbuch, Bd. 64040), Bastei-Lübbe, Bergisch Gladbach 1987, ISBN 3-404-64040-3

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Friedrich-Karl Ginzel: Handbuch der mathematischen und technischen Chronologie. Das Zeitrechnungswesen der Völker. Bd. 2. Zeitrechnung der Inder, Naturvölker, Römer uund Griechen. Hinrichs, Leipzig 1911 (fotomechanischer Nachdruck: Deutsche Buch-Export und -Import Gesellschaft, Leipzig 1958), S. 224–225.
  2. Konsul Marcus Antonius: Lex Antonia de mense Quintili („über den Monat Quintilis“)

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