Sattelzugomnibus

Sattelzugomnibus
Tschechoslowakischer Sattelzugomnibus mit Škoda-Zugmaschine

Ein Sattelzugomnibus, auch Sattelomnibus, Sattelbus beziehungsweise auf Kuba Kamelbus genannt, ist eine Mischform zwischen einem Sattelzug und einem Omnibus. Bei ihm wird eine herkömmliche LKW-Zugmaschine mit einem speziellen Sattelauflieger für die Personenbeförderung kombiniert. Aufgrund ihrer Länge haben sie eine größere Beförderungskapazität als Solobusse, ein weiterer Vorteil ist die Niederflurtechnik.

Die ersten Fahrzeuge dieser Art wurden in den 1930er-Jahren gebaut, beispielsweise die Typen Büssing SS und Büssing DS. In späteren Jahren entstanden vereinzelt auch doppelstöckige Varianten. Jedoch konnten sich Sattelzugomnibusse weder gegen die erfolgreicheren Busanhänger, noch gegen die später aufgekommenen Gelenkbusse durchsetzen. Zudem ist seit dem 1. Juli 1960 in Westdeutschland die Personenbeförderung in Anhängern untersagt.[1]

Inhaltsverzeichnis

Sattelzugomnibusse in der DDR

Crossley PT42 mit Auflieger von DAF, ehemals Werksverkehr VEB Chemische Werke Buna umgebaut zum Bienenwagen
Auf der Leipziger Herbstmesse 1952 präsentierter Doppelstockauflieger mit Z6-Zugmaschine

Für den Werksverkehr der SDAG Wismut wurden Anfang der 1950er-Jahre 30 gebrauchte Sattelzugomnibusse aus den Niederlanden beschafft. Dabei handelte es sich um ab 1946 gebaute Sattelzugmaschinen PT42 von Crossley Motors mit Aufliegern von DAF bzw. Werkspoor. Anfang der 1960er-Jahre waren die Fahrzeuge verschlissen. Die Auflieger wurden im Kraftfahrzeug-Reparatur-Betrieb (KRB) der Wismut neu aufgebaut und erhielten 52 Sitzplätze und 28 Stehplätze. Als Zugmaschinen kamen gebrauchte IFA Z6 zum Einsatz. Die Fahrzeuge waren noch bis Mitte der 1960er-Jahre in verschiedenen Großbetrieben im Werksverkehr eingesetzt. Dabei wurden jedoch nicht alle 30 beschafften Busse umgerüstet, ein Teil blieb auch in der ursprünglichen Konfiguration im Einsatz.[2]

Im damaligen Ost-Berlin kam 1953 ein Sattelschlepper mit Doppelstockauflieger zum Einsatz. Als Zugmaschine wurde ein IFA H6-Sattelauflieger des IFA Werk Horch/Zwickau benutzt. Dieser war mit einem 6-Zylinder-120-PS-Motor des Typs EM 6-20 ausgerüstet. Die erste Garnitur wurde mit einem Auflieger von LOWA Werdau geliefert und hatte die Typenbezeichnung DoS6. 1955 kam es zu einer Kleinserienlieferung von sieben weitere Zugmaschinen und Aufliegern, diesmal wurden die Auflieger jedoch vom Waggonbau Ammendorf geliefert. Sie hatten eine Kapazität von 38 Sitzplätzen oben sowie 26 unten. An Stehplätzen wurden 3 oben und 33 unten angeboten. Die Fahrzeuglänge betrug circa 15 Meter, womit sie die längsten je in Berlin eingesetzten Doppeldecker waren. Sie wurden in der Hauptsache auf der Linie 27 (S-Bahnhof Kaulsdorf–Köpenick–Müggelheim) eingesetzt. Ein Fahrzeug wurde 1959 nach Moskau abgegeben. Die übrigen wurden in den 1960er-Jahren verschrottet.[3] Der Motor der Zugmaschine wurde bei dieser Aufliegerkapazität häufig als zu schwach angesehen. Mit dem gleichen Auflieger wurde 1955 auch ein Oberleitungsbus in Dienst gestellt, dieser trug die Typenbezeichnung ES6.

Sattelzugomnibusse auf Kuba

Ein Camello in Havanna

Bis in die 1980er-Jahre erfolgte der städtische Busverkehr in Havanna überwiegend mit aus Großbritannien importierten Bussen der Marke Leyland. Aus der kubanischen Wirtschaftskrise resultierte jedoch ein Mangel an Devisen, der sich fortan auch im Öffentlichen Personennahverkehr des Landes zeigte. In der Hauptstadt wurden daher, um dem Mangel an Bussen (die teuer importiert werden mussten) abzuhelfen, Sattelauflieger zum Personentransport konstruiert. In der Regel wurden diese von US-amerikanischen Sattelzugmaschinen gezogen.

Aufgrund der Form dieser Auflieger wird der Sattelzugomnibus in Havanna Camello (spanisch für Kamel) genannt, obwohl man in der spanisch-sprechenden Karibik und den Kanarischen Inseln einen Omnibus ansonsten als Guagua bezeichnet. Der Name resultiert aus den „Höckern“ an beiden Enden der Auflieger. Ursprünglich als Provisorium geplant, gehörten die Camellos lange Jahre zum Stadtbild der Hauptstadt. Von Touristen gerne fotografiert, galten die Vehikel bei den „Habaneros“ eher als ein ungeliebtes Symbol der Mangelwirtschaft. Sie wurden als wenig komfortabel empfunden, waren unklimatisiert und meist überfüllt. Sie hatten 58 Sitzplätze, transportierten jedoch häufig bis zu 400 Personen. Ab dem Jahre 2005 wurden die Camellos dann nach und nach durch andere Busse, meist vom chinesischen Hersteller Yutong, ersetzt. Im April 2008 wurde der letzte Camello außer Dienst gestellt.

Parallel zu den Camellos baute man auf Kuba außerdem zahlreiche gebraucht erworbene konventionelle Omnibusse zu Sattelaufliegern um.

Sattelzugomnibusse in Südafrika

Die südafrikanischen Staatsbahnen SAR unterhielten unter anderem zahlreiche Sattelomnibusse. Hersteller waren vor allem International und Oshkosh.

Borgwards der Sylter Inselbahn

Eine weitere Besonderheit waren die fünf Borgward-Schienenbusse der Sylter Inselbahn, offiziell als Leichttriebwagen bezeichnet. Diese basierten ebenfalls auf dem Sattelschlepper-Prinzip.

Stoll-Oberleitungsbusse

Außer dem oben erwähnten DDR-Prototyp ES6 basierten auch die frühen Oberleitungsbusse nach dem System Stoll auf dem Sattelschlepperprinzip. Sie verfügten alle über eine zweiachsige Antriebseinheit auf welche ein einachsiger Nachläufer aufgesetzt wurde. Solche Fahrzeuge kamen zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei der Dresdner Haide-Bahn, der Gleislosen Bahn Poprád–Ótátrafüred, der Gleislosen Bahn Hermannstadt und der Gleislosen Bahn Niederschöneweide–Johannisthal zum Einsatz. Das Prinzip bewährte sich jedoch nicht.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Mercedes-Benz Classic: Der Omnibus schlägt eigene Wege ein
  2. Christian Suhr: Typenkompass DDR-Omnibusse 1945–1990, Motorbuch Verlag, 2007. ISBN 978-3-613-02709-1
  3. Berliner Verkehrsblätter – Ausgabe 6/1987, Seiten 141–145

Weblinks

 Commons: Sattelzugomnibus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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