BMW C1

BMW C1
BMW C1

Der BMW C1 ist ein überdachter Motorroller, den BMW im Frühjahr 2000 als „innovatives Fahrzeugkonzept auf zwei Rädern“ vorstellte. Montiert wurde er von dem Karosseriebauunternehmen Bertone in Turin (Italien). Die Motoren kamen wie auch schon bei der Aprilia-Gemeinschaftsentwicklung BMW F 650 von dem Motorenhersteller Rotax aus Gunskirchen in Österreich.

Die Idee eines überdachten Motorrollers war zwar schon in Experimentalfahrzeugen ausprobiert, aber noch in keinem Serienfahrzeug verwirklicht; ein ähnliches Konzept ist der Kabinenroller. Grundgedanke ist ein besserer Unfallschutz durch Sicherheitsgurte und -zelle (Helmpflicht entfällt) sowie Wetterschutz vor Regen und Fahrtwind. Der C1 sollte in Form eines Motorrollers die Mobilität eines Zweirades mit der Sicherheit eines Autos verknüpfen. Die Produktion wurde 2003 eingestellt.

Inhaltsverzeichnis

Modelle und Technik

Das ursprüngliche Modell (Hersteller/Typ 0005/080) hat einen 1-Zylinder-Viertaktmotor mit einem Hubraum von 125 cm³; die Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa 106 km/h. Kraftstoffverbrauch laut Werksangabe: 2,9 l/100 km (Superbenzin), realer Verbrauch erfahrungsgemäß etwas höher.

2001 wurde der C1 200 (mit 176 cm³ Hubraum) vorgestellt (Hersteller/Typ 0005/081), der gemäß Werksangabe 112 km/h erreicht, insbesondere aber eine verbesserte Beschleunigung sowie ein deutlich reiferes Klangbild aufweist.

Im Detail: Aus 176 cm³ schöpft der C1 200 13 kW (17,5 PS), das Drehmoment erhöhte sich von 12 auf 17 Nm. Der 176-cm³-Motor ist mit 11,5 : 1 geringer verdichtet als der 125-cm³-Motor (13,0 : 1). Die Beschleunigungszeit von 0 auf 50 km/h sank von 5,9 auf 3,9 s.

Für den C1 125 spricht weiterhin die günstigere Steuerklassifizierung und für diejenigen, die 125er Motorräder mit ihrem älteren Kraftfahrzeugführerschein („Klasse 3 und 4 – vor 1. April 1980“) fahren dürfen, dass sie keinen Motorradführerschein brauchen.

Innovationen, Stärken und Vorteile des C1

BMW C1 Cockpit

Die von BMW entworfenen Eckpunkte „Fahrsicherheit“ und „Wetterschutz“ erfüllt der C1 in größerem Maße, als sie der breiten Öffentlichkeit bekannt wurden:

  • Keine Helmpflicht bei Tragen der beiden Sicherheitsgurte (außer Großbritannien und Schweden)
  • Sicherheitsgurte
  • erste Umsetzung des Konzepts der Sicherheitszelle beim Zweirad
    • guter Frontalaufprallschutz durch Sicherheitsgurte und -zelle
    • verringerte Verletzungsgefahr bei Stürzen
  • Wetterschutz
    • Abfangen des Fahrtwindes
    • Niederschlagsschutz durch Regenschirmkonzept
  • Reichweite mit der vieler Motorräder gleichwertig (etwa 200 km)
  • Innovatives Ständersystem zum Bedienen über Seilzug vom Fahrersitz aus (notwendig wegen des hohen Schwerpunktes und weil ein „Aussteigen“ ohne abgesetzten Ständer fast unmöglich wäre). Zum Heben/Absenken des Fahrzeuges sowie Aus- und Einfahren des Ständers befinden sich unter dem Lenker zwei Hebel. Ein Mangel dieses Systems ist aber, dass sich der Ständer auf einem unebenen Untergrund oft nicht problemlos einklappen lässt.
  • Für einen Roller stabiles Fahrwerk

Der C1 stellte zweifelsohne eine Innovation dar. Es gibt nicht viele innovative Fahrzeugkonzepte, die bis heute (2009) weitere Verbreitung erlangen konnten, siehe unter anderem Elektroauto.

Schwächen und Nachteile des C1

Hauptnachteil des C1 ist die konzeptbedingt bei allen Zweirädern eingeschränkt vorhandene Allwettertauglichkeit. Dabei ist dank des gut abgeschirmten Fahrtwindes in erster Linie nicht die Kälte, sondern die mögliche Fahrbahnglätte problematisch.

Weitere Nachteile:

  • Nur für eine Person komfortabel nutzbar, Sozius sitzt getrennt vom Fahrer außerhalb der Überdachung und muss Helm tragen
  • Ständersystem: Fehlbedienung kann zum Defekt des Überlastschutzes der Ständermechanik führen.
  • Hoher Neupreis
  • Windempfindlichkeit durch große Windangriffsfläche der Verkleidung
  • Rückwärtsrangieren ist weniger komfortabel als bei anderen Zweirädern, insbesondere weil ein Blick nach hinten nur mit den Rückspiegeln möglich ist.
  • Relativ hohe Lärmbelastung des Fahrers. Abhilfe konnte nachträglich durch Einbau des Geräuschreduzierungskits (siehe Zubehör) geschaffen werden.
  • Höherer Schwerpunkt als bei anderen Motorrollern
  • Hohes Leergewicht von 185 kg für einen Motorroller

Der hohe Schwerpunkt führt nach einer Eingewöhnungszeit zu keinem störenden Fahrverhalten mehr. Der C1 ist zwar weniger wendig beim Rangieren als ein Fahrrad oder andere Roller, aber er lässt sich ohne Schwierigkeiten aufrecht halten. Auch bei absichtlichem Kippeln im Stand kann ein Umfallen mit durchschnittlicher Beinkraft eines Erwachsenen leichter verhindert werden als es optisch zu vermuten wäre. Die aufzubringende Kraft hierfür ist zwar nicht unerheblich, aber eher geringer als bei einem schweren Motorrad.

Erklärungsbedürftigkeit und Vertriebsprobleme

Der BMW C1 war während der Zeit seiner Fertigung eine der spektakulärsten Innovationen. Im Gegensatz zu vielen anderen innovativen Fahrzeugen erreicht er auch heute noch hohe Aufmerksamkeit. Dennoch war das Konzept wegen seiner Neuheit erklärungsbedürftig. Weder die klassischen Käufergruppen für Autos oder Motorräder noch für Fahrräder ließen sich direkt mobilisieren: Einige Autofahrer spotteten über den „halben smart“, als dessen „Erwiderung“ von BMW der C1 nicht zu Unrecht angesehen wurde. Nicht wenige Motorradfahrer konnten sich schlecht mit einem oben geschlossenen Fahrzeug identifizieren, in dem man sich anschnallen muss. Das Argument der „geringeren Freiheitsanmutung durch das Dach“ wäre aber vom Vertrieb leicht zu widerlegen gewesen, denn ein nichtbehelmter Kopf plus ein abnehmbares Top ergeben faktisch wesentlich mehr Luftkontakt als bei einem Motorrad.

Das rundliche, für Motorräder ungewohnte Design (von der Seite vergleichbar mit VW Käfer oder Audi A2) polarisiert zwischen Begeisterung und Abneigung, sodass es nicht uneingeschränkt Träger für neue Käufergruppen werden konnte.

Im Endeffekt kann der C1 wegen der fehlenden Tauglichkeit bei Schnee und Eis von einem Großteil der Käufer nicht als alleiniger Ersatz eines Autos eingesetzt werden, was den Preisvorteil gegenüber einem Auto zunichte machte. Das noch nicht etablierte Image gegenüber gleich teuren Motorrädern und die gering erscheinende Höchstgeschwindigkeit ließen den Preis für potentielle Käufer sogar relativ hoch wirken. Das Basismodell kostete 9.980 DM, die Ausführung „Familys Friend“ 10.990 DM und das Modell „Executive“ (mit Handyhalterung und exklusiverem Interieur) 11.490 DM. Viele sinnvolle Ausstattungen wie ABS, Kofferraum oder ein Mitfahrersitz waren kostenpflichtiges Zubehör. Sogar der Schalter für die Warnblinkanlage war aufpreispflichtig. Das trieb den Preis für ein voll ausgestattetes Modell auf 15.000 bis 16.000 DM. Zum Vergleich: Eine neue Kawasaki ZR-7 (luft/ölgekühlter 0,738-Liter-Reihenvierzylindermotor, 56 kW, 205 km/h) war zu diesem Preis ebenso erhältlich[1], während ein Kia Pride (1,3-Liter-Vierzylindermotor, 47 kW, 150 km/h) als preisgünstigster Kleinwagen auf dem deutschen Markt zur gleichen Zeit 12.990 DM kostete.

Auch potentielle Auslöser eines Imageschubs („Funfaktor“) wie die optionale Musikanlage konnten aufgrund unglücklicher Realisierung nicht punkten. Diese stellte einen Verstärker samt Lautsprecher dar, über den tragbare Musikgeräte, etwa CD-Spieler, anschließbar waren. Die Lautstärke war beschränkt und wurde zusätzlich abhängig vom Motorgeräusch automatisch verändert. In der Praxis wurde das System vielfach als untauglich empfunden und führte zu ständig notwendigen manuellen Korrekturen der Musiklautstärke.

Potentielle Interessenten ließen sich insbesondere vom wesentlichen Vorteil des Regenschutzes unzureichend überzeugen. Oft gehörtes Vorurteil war, nur ein seitlich geschlossenes Fahrzeug könne effektiv vor Regen schützen. Diese Erklärungsprobleme waren für den Hersteller offensichtlich unerwartet, schließlich wäre das Modell des seitlich ebenfalls offenen Regenschirms plus Frontalschutz plausibel zu erläutern gewesen.

Trotz hoher Aufmerksamkeit konnten letztendlich zu wenig Käufer veranlasst werden, von ihren bisherigen Fahrzeugen, insbesondere Auto oder Motorrad/Motorroller, umzusteigen. Eine neue homogene Käufergruppe bildete sich nicht aus oder blieb zumindest zu klein. Als Hauptkäuferkreis wurde in den Werbebroschüren der Typus des Yuppie beworben. Unter den Typen der tatsächlichen Käufer sind viele Menschen mit beruflich notwendiger hoher Mobilität vertreten, preisbedingt oft aus der (gehobenen) Mittelschicht und damit eher nicht jugendlich. Bis heute ist der C1 an Bahnhöfen oft zu sehen und wird anscheinend vor allem von Pendlern gern genutzt. Er bleibt dabei aber ein Nischenfahrzeug ähnlich den Falträdern. Schließlich akzeptierten zu wenige mögliche Kunden das Konzept, was als Misserfolg des Marketings auslegbar ist.

Ende 2007 wählten die Leser der Zeitschrift Motorrad den C1 zum „größten Motorrad-Flop“.[2]

Zubehör und Erweiterungen

  • ABS
  • Griff- und Sitzheizung
  • Sonnendach
  • Kofferraum (Topcase)
  • zusätzlicher Wind- und Regenschutz
  • Geräuschreduzierungskit für den Fahrer
  • Seitenwagen (Einzelstück, nicht von BMW)
  • Handyhalter
  • Spiegel im Topcase
  • Warnblinkanlage
  • Notsitz für Mitfahrer (erfordert Schutzhelm!)

Das Ende der Fertigung

Insgesamt wurden nach Herstellerangaben ca. 30.000 Fahrzeuge verkauft. Im Sommer 2003 wurde bekannt, dass BMW die Fertigung einstellt. BMW gab allen Kunden eine Garantie zum Bezug von Ersatzteilen für die Dauer von zehn Jahren.

Der Name C1 wurde im Jahr 2004 an den Hersteller Citroën verkauft, der 2005 seinen Kleinwagen Citroën C1 vorstellte.

Andere Hersteller brachten ähnliche Konzepte auf den Markt. Insbesondere Peugeot und Benelli stellten ein ebenfalls überdachtes Motorrad vor, welches deutlicher einem klassischen Roller nachempfunden ist. Neben einem unaufwendiger gestalteten Kunststoffdach fällt weiterhin auf, dass hier der Beifahrersitz (Sozius) innerhalb der Überdachung liegt. Allerdings wurde keine Helmfreigabe für die Motorroller von Peugeot und Benelli (Adiva) erteilt, da ihr Dach nur einen Wetterschutz darstellt und keine Sicherheitszelle wie beim C1.

Modellpflege

Im Oktober 2009 wurde eine Konzeptstudie C1-E mit Elektroantrieb vorgestellt.[3] Energiequelle ist eine Lithium-Ionen-Batterie, der Motor soll sechs bis sieben kW leisten.

Die Community

Zeitgleich zu den ersten BMW C1 auf deutschen Straßen entwickelte sich eine rege Internetcommunity, die sich via Foren der Probleme und der Begeisterung annimmt. Hier wird z. B. jährlich ein internationales Treffen organisiert, bei gegenseitigen Problemen geholfen usw. International sind ein englisches und ein italienisches Forum zu erwähnen. Zusätzlich etablierten sich viele regionale Stammtische, Clubs, Homepages und Foren.

Wolf-Ulrich Cropp, Schriftsteller aus Hamburg, beschreibt in seinem Buch "Magisches Afrika - Mali", ISBN 978-3-942063-77-7, Wiesenburg Verlag, seinen BMW C1-Trip von Hamburg bis zur Oase Taouz in der Wüste Südost-Marokkos. Es wurden 11872 km zurückgelegt. Die C1-Roller-Fahrt gilt als Langstreckenrekord für einen Roller dieser Art.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: BMW scooters – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dieser Einser ist 1A. In: Autobild. 14. April 2005, abgerufen am 16. November 2011.
  2. Vgl. Die 20 größten Motorrad-Flops vom 11. Oktober 2007 bei www.motorradonline.de
  3. BMW C1-E mit Elektromotor

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