- Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht
-
Das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht ist die zum 1. Mai 2008 eingerichtete Landesverfassungsgerichtsbarkeit des Landes Schleswig-Holstein. Es hat seinen Sitz in Schleswig.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte und verfassungsrechtliche Grundlage
Als einziges deutsches Land verfügte Schleswig-Holstein bis 2008 über keine eigene Verfassungsgerichtsbarkeit. Stattdessen waren landesverfassungsrechtliche Streitigkeiten gemäß Art. 44 der Landesverfassung in Verbindung mit Art. 99 des Grundgesetzes dem Bundesverfassungsgericht zuzuweisen; die Möglichkeit einer Landesverfassungsbeschwerde bestand jedoch nicht.
Nachdem im Rahmen der Verfassungsreform von 1990 weiterhin auf ein eigenes Landesverfassungsgericht verzichtet worden war, kam die Diskussion darüber immer wieder auf. So wurde etwa im November 2004 im Schleswig-Holsteinischen Landtag wieder über die Einrichtung eines Landesverfassungsgerichts diskutiert. Gründe für diese Überlegung sind z. B., dass selbst Entscheidungen über die Zulässigkeiten von Volksinitiativen erst Jahre nach deren Abstimmungen im Landtag fallen, oft dann schon in der nächsten Wahlperiode. Mit Wirkung vom 27. Oktober 2006 wurde die Landesverfassung geändert, Art. 44 Abs. 1 sieht nunmehr ein Landesverfassungsgericht vor. Umgesetzt wurde diese Vorgabe mit der Verabschiedung[1] eines Landesverfassungsgerichtsgesetzes[2].
Zuständigkeiten
Die Aufgaben des Landesverfassungsgerichts sind in Art. 44 der Landesverfassung geregelt.[3] Danach wird das Landesverfassungsgericht zuständig sein für Organstreitigkeiten, Normenkontrollverfahren, Kommunalverfassungsbeschwerden und Beschwerden gegen Wahlprüfungsentscheidungen. Es gibt weiterhin keine Landesverfassungsbeschwerde einzelner Personen; obwohl die Grundrechte des Grundgesetzes pauschal in die Landesverfassung aufgenommen worden sind (Art. 2a).[4]
Wahl und Zusammensetzung
Die sieben Mitglieder des Landesverfassungsgerichts arbeiten nebenamtlich. Sie müssen über die Befähigung zum Richteramt verfügen und werden vom Landtag mit Zweidrittelmehrheit für jeweils sechs Jahre (vier Mitglieder bei der ersten Wahl gemäß Art. 59b für neun Jahre) gewählt. Gewählt wurden am 23. April 2008 als Präsident Dr. Bernhard Flor (Landgericht Itzehoe), als Vizepräsident Hans-Joachim Schmalz (Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht) und als weitere Mitglieder Ulrike Hillmann (Landgericht Kiel), Maren Thomsen (Bundesverwaltungsgericht), Dr. Klaus Brock (RA, Lübeck), Prof. Dr. Erich Samson (Bucerius Law School, Hamburg) und Prof. Dr. Felix Welti (Hochschule Neubrandenburg). Ihre persönlichen Stellvertreter sind Dirk Stojan (Amtsgericht Lübeck), Jutta Lewin-Fries (Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht), Dr. Ole Krönert (Landgericht Lübeck), Dr. Susanne Rublack (Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht), Arno Witt (RA, Kiel), Martin Suttkus (Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht) und Uwe Jensen (RA, Borgwedel). Die Mitglieder des Landesverfassungsgerichts erhalten für jeden Monat, in dem sie mindestens an einer Sitzung oder Entscheidungsberatung teilnehmen, eine auf volle zehn Euro aufgerundete Aufwandsentschädigung in Höhe von einem Fünfzehntel des monatlichen Grundgehalts der Besoldungsgruppe R 9.
Sitzfrage
Um den Sitz des Gerichts hatte sich Lübeck unter Berufung auf seine Jahrhunderte währende Tradition als renommierter überregionaler Gerichtsort des Oberhofs Lübeck und des nachfolgenden Oberappellationsgerichts der vier Freien Städte beworben.[5] Den Zuschlag erhielt nach einer Nutzwertanalyse[6] jedoch das schleswig-holsteinische Justizzentrum Schleswig, wo sich bereits das Oberlandesgericht, das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht, das Oberverwaltungsgericht und das Landessozialgericht befinden.
Einzelnachweise
- ↑ Plenarprotokoll des Landtags Schleswig-Holstein vom 12. Dezember 2007
- ↑ Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses vom 5. Dezember 2007, LT-Drucks. 16/1746
- ↑ Stellungnahme des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtages vom 20. November 2007 zum Zuständigkeitsbereich des Landesverfassungsgerichts
- ↑ Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Schleswig-Holstein vom 16. Januar 2008, LT-Drucks. 16/1817
- ↑ Klaus Puschaddel: Lübeck will ein Verfassungsgericht, Lübecker Stadtzeitung, 30. Januar 2007
- ↑ Nutzwertanalyse des Justizministeriums vom 29. März 2007
Literatur
- Friedrich, Thomas: Von Wikingern, Amtshaftung und Verfassungsgerichten, in: NVwZ 1998, 1273
- Friedrich, Thomas: Ein Landesverfassungsgericht für Schleswig-Holstein? in: SchlHA 1997, 198
Weblinks
Gerichte in Schleswig-HolsteinVerfassungsgerichtsbarkeit: Schleswig-Holsteinisches Landesverfassungsgericht
Ordentliche Gerichtsbarkeit: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht | Landgericht Flensburg | Landgericht Itzehoe | Landgericht Kiel | Landgericht Lübeck
Amtsgericht Elmshorn | Amtsgericht Itzehoe | Amtsgericht Meldorf | Amtsgericht Pinneberg | Amtsgericht Flensburg | Amtsgericht Husum | Amtsgericht Niebüll | Amtsgericht Schleswig | Amtsgericht Bad Segeberg | Amtsgericht Eckernförde | Amtsgericht Kiel | Amtsgericht Neumünster | Amtsgericht Norderstedt | Amtsgericht Plön | Amtsgericht Rendsburg | Amtsgericht Ahrensburg | Amtsgericht Eutin | Amtsgericht Lübeck | Amtsgericht Oldenburg in Holstein | Amtsgericht Ratzeburg | Amtsgericht Reinbek | Amtsgericht Schwarzenbek
Arbeitsgerichtsbarkeit: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Arbeitsgericht Elmshorn | Arbeitsgericht Flensburg | Arbeitsgericht Kiel | Arbeitsgericht Lübeck | Arbeitsgericht Neumünster
Finanzgerichtsbarkeit: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht
Sozialgerichtsbarkeit: Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht
Sozialgericht Kiel| Sozialgericht Lübeck| Sozialgericht Itzehoe| Sozialgericht Schleswig
Verwaltungsgerichtsbarkeit: Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht | Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht
Wikimedia Foundation.
Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:
Schleswig-Holsteinisches OVG — Das Schleswig Holsteinische Oberverwaltungsgericht ist das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Bundeslandes Schleswig Holstein und bildet die Spitze der Verwaltungsgerichtsbarkeit dieses Bundeslandes. Inhaltsverzeichnis 1 Gerichtssitz und bezirk 2… … Deutsch Wikipedia
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht — Gerichtsgebäude Das Schleswig Holsteinische Verwaltungsgericht ist das einzige Verwaltungsgericht (VG) des Bundeslandes Schleswig Holstein. Inhaltsverzeichnis … Deutsch Wikipedia
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht — Gebäude des Schleswig Holsteinischen Oberlandesgerichts, „Roter Elefant“ genannt. Das Schleswig Holsteinische Oberlandesgericht ist das Oberlandesgericht (OLG) des Landes Schleswig Holstein. Es hat seinen Sitz in Schleswig. Gerichtsbezirk ist das … Deutsch Wikipedia
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht — Gerichtsgebäude Das Schleswig Holsteinische Landessozialgericht ist ein Gericht der schleswig holsteinischen Sozialgerichtsbarkeit. Inhaltsverzeichnis … Deutsch Wikipedia
Schleswig-Holsteinisches Oberverwaltungsgericht — Gerichtsgebäude Das Schleswig Holsteinische Oberverwaltungsgericht ist das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Bundeslandes Schleswig Holstein und bildet die Spitze der Verwaltungsgerichtsbarkeit dieses Bundeslandes. Inhaltsverzeich … Deutsch Wikipedia
Schleswig — Wappen Deutschlandkarte … Deutsch Wikipedia
Schleswig (Stadt) — Wappen Deutschlandkarte … Deutsch Wikipedia
Landesverfassungsgericht — Die Verfassungsgerichtsbarkeit prüft die Vereinbarkeit oder Verfassungsmäßigkeit von Hoheitsakten, insbesondere Gesetzen, mit der jeweiligen Verfassung. Sie hat dabei die Möglichkeit, solche Akte als verfassungswidrig zu erklären. Die Folgen… … Deutsch Wikipedia
Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern — Gebäude des VG und OVG Greifswald und des LVerfG M V Das Landesverfassungsgericht Mecklenburg Vorpommern ist das Landesverfassungsgericht des Landes Mecklenburg Vorpommern und prüft die Vereinbarkeit von landesrechtlichen Vorschriften mit der… … Deutsch Wikipedia
Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt — Justizzentrum Dessau Roßlau … Deutsch Wikipedia