Seidenstrassenstrategie

Seidenstrassenstrategie

Der Begriff Seidenstraßenstrategie basiert auf einer Übersetzung eines entsprechenden Gesetzes (Silk Road Strategy Act oder auch genannt „New Great Game“), das vom US-Kongress im März 1999 verabschiedet wurde.

Inhaltsverzeichnis

Ursprung

In diesem Gesetz wurden die Interessen der USA in Zentralasien (vorwiegend im oftmals so genannten postsowjetischen Raum) definiert.[1] Im Januar 2003 wurde eine Ergänzung zum bestehenden Gesetz verabschiedet, welches die US-Politik auf den neusten Stand bringen sollte.[2] Markus Kaiser von der Universität Bielefeld beschreibt, dass unter diesem Begriff die USA ihre Politik in der Region fixieren.[3]

Namensgebend für das Politikkonzept war die historische Seidenstraße. Ihren ideologischen Ursprung hat es in der Carter-Doktrin, die auf Präsident Carters Berater für Nationale Sicherheit Zbigniew Brzeziński zurückgeht.

Konzept

„In voller Übereinstimmung mit dem von Brzeziński entwickelten geostrategischen Konzept, über die Beherrschung des eurasischen Kontinents die Welt zu beherrschen, zielt die Seidenstraßenstrategie darauf, die Wettbewerber der USA im Ölgeschäft, darunter Russland, den Iran und China, zu schwächen und die gesamte Region vom Balkan und dem Schwarzen Meer bis an die chinesische Grenze in einen Flickenteppich amerikanischer Protektorate zu verwandeln.“[4]

„Es umreißt den Ausbau des amerikanischen Wirtschaftsimperiums in einem breiten geografischen Korridor, der bis vor kurzem zur wirtschaftlichen und geopolitischen Sphäre Moskaus gehörte. Zitat aus dem Bericht des US-Kongresses: ‚… der Zusammenbruch der Sowjetunion hat ein neues Machtspiel in Gang gesetzt… . Heute liegt unser Augenmerk auf den Interessen eines neuen Mitstreiters in diesem Spiel: den USA. Die fünf ehemaligen Sowjetrepubliken, aus denen Zentralasien besteht - Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan -, sind begierig darauf, Beziehungen zu den USA aufzubauen. Kasachstan und Turkmenistan besitzen große Öl- und Gasreserven rund um das Kaspische Meer, die sie dringend ausbeuten wollen. Usbekistan hat Öl- und Gasvorkommen …‘“[5]

Die Seidenstraßenstrategie gilt als wesentlicher Auslöser des neuen „Großen Spiels“ in Zentralasien. Aber schon vorher war die Region für die USA von buchstäblich zentraler Bedeutung, wie die Namensgebung des United States Central Command (dessen Zuständigkeitsbereich den so genannten Greater Middle East mit einschließt, der auch Teile Nordostafrikas umfasst) belegt.

Die Regionalisierung der US-Interessenssphäre Eurasien

Zbigniew Brzeziński definierte Mitte der 90-er Jahre vier „Regionen“ Eurasiens, zusammen mit den Mitteln und Prämissen, mit denen die USA ihre Politik auf jede dieser Regionen im Hinblick auf das Ziel globaler Vorherrschaft ausrichten sollten:

  • Europa als „demokratischer Brückenkopf“
  • Russland als „das Schwarze Loch“
  • der Kaukasus und Zentralasien als der „Eurasische Balkan“
  • Ostasien als der „fernöstliche Anker“ (mit dem Hauptverbündeten Japan)

Die SOZ und der Konflikt mit dem Iran

Die ebenfalls im Jahr 1999 ins Leben gerufene Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) wird vielfach als die geopolitische und zusehends auch militärische Antwort Russlands und Chinas auf die Seidenstraßenstrategie gesehen, die wiederum als fundamentaler Bestandteil der US-Version einer Neue Weltordnung verstanden werden muss, die nach dem Ende des Kalten Krieges 1990 ausgerufen wurde.

Die immer wieder zur Aufgeregtheit kulminierende Debatte um das Atomprogramm des Iran lässt sich ohne das Wissen um diese Hintergründe schwerlich verstehen, gilt der gegenwärtige Iran, der Saudi-Arabien den Rang als führende Regionalmacht zumindest im Persischen Golf abzulaufen droht, den USA doch als Haupthindernis bei der Realisierung ihrer insbesondere im Seidenstraßenstrategie-Gesetz unverhohlen propagierten und auf Exklusivität pochenden Weltmachtambitionen (siehe Pax Americana). Teheran scheint indes, nicht zuletzt durch eine unermüdlich vorangetriebene „Powerdiplomatie“, allerdings zunehmend Unterstützung bei den Ländern Zentralasiens und insbesondere in der SOZ zu finden, bei der der Iran einen Beobachterstatus genießt und 2007 die Vollmitgliedschaft beantragt hat. Das könnte dazu führen (im Fall der Aufnahme Indiens und Pakistans, die ebenfalls Anwärter der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sind), dass er im Fall eines Konflikts mit den USA gleich vier Atommächte als Verbündete hinter sich weiß.

Besonderen Argwohn erregten in Washington die Annäherungen der Regierung von Nuri al-Maliki in Bagdad (vergleiche Irakkrieg) und der von Hamid Karsai (siehe Operation Enduring Freedom) in Kabul (wo Mahmud Ahmadinedschad zu einem Staatsbesuch weilte) an Teheran im August 2007.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ullrich Rothe: The Great Game in: Zeit, 28. August 2006
  2. US Departement of State: VI. Assessments Required by the Silk Road Strategy Act of 1999 12. September 2007
  3. Markus Kaiser: Eurasien: Neo-imperalistischer Diskurs oder gesellschaftliche Realität? - Working Paper No337, Bielefeld 2001 ISSN 0936-3408, S. 12
  4. Ernst Woit: Kolonialkriege für eine Neue Weltordnung (Dresdener Studiengemeinschaft SICHERHEITSPOLITIK e.V., 23. November 2002)
  5. Michael Schneider: Die amerikanische Paranoia und der permanente Krieg (Vortrag, gehalten am 18. Februar 2003 bei einer Attac-Veranstaltung in Wiesbaden)

Literatur

Zeitschriften

  • Post Soviet Affairs. Columbia (USA): Bellwether Publishing. - ISSN 1060-586X (Website: [1])

Weblinks


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