- Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit
-
Generalsekretär Muratbek Sansysbajewitsch Imanalijew Arbeitssprachen Hochchinesisch, Russisch Sitz Peking, Volksrepublik China Website www.sectsco.org Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) (chinesisch 上海合作組織 / 上海合作组织 Shànghǎi Hézuò Zǔzhī, chinesisch 上合組織 / 上合组织 Shànghé Zǔzhī; russ.: Шанхайская организация сотрудничества, ШОС; engl.: Shanghai Cooperation Organization, (SCO)) ist eine Internationale Organisation mit Sitz in Peking (China).
Ihr gehören (Stand: Juni 2011) die Volksrepublik China, Russland, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan an. Seit dem 7. SOZ-Gipfel in Bischkek (Kirgisistan) am 16. August 2007 wird mit der baldigen Aufnahme mehrerer weiterer asiatischer Staaten in die Organisation gerechnet.
Derzeit vertritt die SOZ rund ein Viertel der Weltbevölkerung und stellt damit die größte Regionalorganisation dar.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Vorläufer der SOZ war die Shanghai Five-Gruppe; sie wurde durch die 1996 in Shanghai erfolgte Unterzeichnung des «Соглашение об укреплении доверия в военной области в районе границы»/[1]/《关于在边境地区加强军事领域信任的协定》[2] (dt. etwa: Vertrag über die Vertiefung des militärischen Vertrauens in Grenzregionen) durch die Volksrepublik China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan gegründet. 1997 unterzeichneten dieselben Staaten den «Соглашение о взаимном сокращении вооружённых сил в районе границы» [1]/《关于在边境地区相互裁减军事力量的协定》[2] (dt. etwa: Vertrag über die Reduzierung der Streitkräfte in Grenzregionen) anlässlich eines Gipfeltreffens in Moskau. Jährliche Gipfeltreffen der Shanghai Five fanden 1998 in Almaty (Kasachstan), 1999 in Bischkek (Kirgisistan) und 2000 in Duschanbe (Tadschikistan) statt.
Gründung und Gipfeltreffen
2001 kehrte das Gipfeltreffen der Shanghai Five nach Shanghai zurück. Die fünf Mitgliedstaaten nahmen hier Usbekistan in die Verträge der Shanghai Five auf. Gleichzeitig unterzeichneten alle sechs Staatschefs am 15. Juni 2001 die Декларация о создании Шанхайской организации сотрудничества[1]/《上海合作组织成立宣言》[3](dt. etwa „Verkündung der Gründung der SOZ“), in der die Gründung der Organisation verkündet wurde.
Am 7. Juni 2002 trafen sich die Staats- und Regierungschefs der SOZ-Staaten in Sankt Petersburg, um dort die SOZ-Charta zu unterzeichnen, die die Ziele, Prinzipien, Struktur und Handlungsweise der Organisation festlegte. Mit dieser Charta erhielt die SOZ ihren derzeitigen völkerrechtlichen Rahmen.
Auf dem SOZ-Gipfel in Taschkent (Usbekistan), der vom 16. Juli bis zum 17. Juli 2004 stattfand, beschloss die SOZ, ein regionales Antiterrornetzwerk einzurichten (Региональная антитеррористическая структура[4]/《地区反恐怖机构》[5], dìqū fǎnkǒngbù jīgòu, RATS, engl.: Regional Counter-Terrorism Structure, RCTS), das am 1. Januar 2007 in Taschkent die Arbeit aufnahm. Erster Direktor des RATS wurde Myrzakan Subanov aus Kirgisistan.
Auf dem Gipfeltreffen 2006 in Shanghai wurde das Verwaltungssekretariat der SOZ zu einem Generalsekratariat ausgebaut. Am 28. Juni 2007 fand das 7. Gipfeltreffen der SOZ-Mitgliedsstaaten in Bischkek (Kirgisistan) statt. Am 28. August 2008 fand das 8. Gipfeltreffen der SOZ-Mitgliedsstaaten in Duschanbe, Tadschikistan statt. [6] Beim Gipfeltreffen war auch der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad zugegen, der im nächsten Jahr auch dem Gipfeltreffen in Jekaterinburg beiwohnte. Das war sein erster Besuch im Ausland nach seiner Wiederwahl.
Mitte Mai 2011 trafen sich die Außenminister der SOZ-Staaten in Alma-Ata (Kasachstan), um die Tagesordnung des für Juni in Astana (Kasachstan) anberaumten zehnten Gipfels zu vereinbaren. Bei dem Gipfel sollen verschiedene Abkommen unterzeichnet werden, u.a. die Anti-Drogen-Strategie bis 2016. Kurz vor dem Vorbereitungstreffen unterstrich Afghanistan sein Interesse an einem Beobachterstatus.[7][8]
Mitgliedstaaten
- China
- Kasachstan
- Kirgisistan
- Russland
- Tadschikistan
- Usbekistan, war nicht Mitglied der Shanghai Five
Staaten mit Beobachterstatus
- Mongolei, seit dem SOZ-Gipfel 2004 in Taschkent (Usbekistan)
- Indien, seit dem SOZ-Gipfel 2005 in Astana (Kasachstan)
- Pakistan, seit dem SOZ-Gipfel 2005 in Astana (Kasachstan)
- Iran, seit dem SOZ-Gipfel 2005 in Astana (Kasachstan)
Staaten, die Interesse an der SOZ bekundet haben
Dialogpartner der SOZ
Drei weitere Staaten haben den Status als "Dialog-Partner" beantragt, jedoch hüllt sich SOZ-Generalsekretär Bolat Nurgalijew derzeit darüber in Schweigen, welche Staaten das sind.[10]
Organisation
Seit 2004 unterhält die SOZ ein Sekretariat in Peking. Arbeitssprachen der Organisation sind Chinesisch und Russisch. Generalsekretär vom 1. Januar 2007 bis Mitte Juni 2011 war Bolat Nurghaliew aus Kasachstan. Am 15. Juni 2011 fand in Astana ein Jubiläumsgipfel der Schanghaier Kooperationsorganisation (SOZ/SCO) statt. China übernahm von Kasachstan den Vorsitz der Organisation.
Das höchste Organ der SOZ ist der Rat der Staatsoberhäupter (Council of Heads of State).
Ab 2002 wurde in Tashkent/Usbekistan ein gemeinsames Zentrum zur Bekämpfung des Terrorismus eingerichtet.[11]
Ziele
Die grundlegenden Ziele der SOZ sind:
- die Stärkung des Vertrauens unter den Mitgliedsstaaten;
- die Mitwirkung und Zusammenarbeit auf politischen, wissenschaftlich-technischen, kulturellen, touristischen und ökologischen Gebieten, im Bereich des Handels, der Energie und des Transports;
- die gemeinsame Gewährleistung und Unterstützung von Frieden und Sicherheit in der Region.
Anti-Terror-Großmanöver
Militärmanöver 2005
Anfang des Jahres 2005 führten China und Russland gemeinsam das Manöver „Friedensmission 2005“ auf der chinesischen Halbinsel Shandong durch. Luft- und Marinelandeeinheiten übten mit anderen Waffengattungen die Invasion an einer Küste. Auf beiden Seiten nahmen jeweils fast 10.000 Soldaten teil. Im Hinblick auf den Taiwan-Konflikt besaß das Manöver politische Brisanz. Von chinesischer als auch von russischer Seite wurde dagegen versichert, die Übung richte sich ausschließlich gegen Terrorismus und Extremismus.
Militärmanöver 2007
Vom 9. bis 17. August 2007 wurde auf den umliegenden Militärstützpunkten (u. a. Flugplatz Schagol) von Tscheljabinsk in Russland das Großmanöver „Friedensmission 2007“ im Rahmen der SOZ durchgeführt, an der neben russischen Streitkräften auch Einheiten aus Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan, Usbekistan und der Volksrepublik China teilnahmen. China entsandte eigens hierfür 14 Flugzeuge und 32 Hubschrauber rund 2.000 km weit zum Übungsgebiet. Russland setzte bis zu sechs Transportflugzeuge vom Typ Il-76, neun Kampfflugzeuge vom Typ Su-25 und 31 Kampfhubschrauber der Typen Mi-24 und Mi-8 ein. Die russischen Kräfte wurden zudem durch Einheiten der 34. Schützendivision des Wolga-Ural-Militärbezirks, Armee- und Frontfliegerkräfte der Fünften Armee der Luftstreitkräfte und der Luftverteidigung, Einheiten der Fallschirmjägertruppen sowie der Bereitschaftstruppen des Innenministeriums, der Hauptverwaltung für Strafvollzug und des Grenzdienstes des FSB unterstützt. Die Anzahl der teilnehmenden Soldaten betrug etwa 6.500 Mann. Das Manöver wurde begleitet von hohen Militärvertretern und Verteidigungsministern der SOZ-Mitgliedstaaten.
Militärmanöver 2009
Vom 22. bis 26. Juli 2009 wurde erneut ein Großmanöver der SOZ-Staaten (überwiegende Beteiligung durch russische und chinesische Soldaten), in drei Teilbereiche abgehalten. Der erste Manöverabschnitt mit strategischen Konsultationen der Generalstabschefs der Streitkräfte beider Staaten begann am 22. Juli in Chabarowsk. Die weiteren Abschnitte folgten auf dem Territorium der Volksrepublik China. Hierzu gehörte vom 23. bis 26. Juli 2009 die Vorbereitung und Durchführung einer Antiterroroperation sowie eine Luftlandeübung auf dem Manövergelände nahe der chinesischen Stadt Taonan bei Baicheng in der Provinz Jilin. Im Militärbezirk Shenyang nahmen dabei rund 3.000 Soldaten (darunter 1.600 russische Soldaten) und über 300 Kampffahrzeuge (darunter T-80-Kampfpanzer und Schützenpanzer BMP-1) sowie 45 Militärflugzeuge (darunter Su-24, Su-25 und Su-27) und Hubschrauber teil. In Vorbereitung auf das Manöver stürzte am 19. Juli 2009 ein chinesisches Kampfflugzeug ab, dabei kamen beide Piloten ums Leben.
Kritik
Robert Kagan, Berater des US-Präsidentschaftskandidaten John McCain, polemisierte scharf gegen das Bündnis. Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sei von China und Russland gegründet worden, um dem wachsenden Einfluss der USA in Zentralasien zu widerstehen (Seidenstraßenstrategie). In russischen Zeitungen, so Kagan, werde das Bündnis bereits als Anti-NATO und zweiter Warschauer Pakt bezeichnet.[12] Die Frage, ob die SOZ als ein Bündnis, das sich dem wachsenden US-Einfluss in Zentralasien entgegenstellt, oder eher als neutrale internationale Organisation zur Stärkung der regionalen Stabilität gesehen werden muss, ist aufgrund der jungen Geschichte der SOZ schwierig zu beantworten. Untersuchungen attestieren der SOZ eine anti-amerikanische, jedoch keine grundsätzlich anti-westliche Haltung. Auch verweisen sie auf die kasachische Schaukelstuhlpolitik zwischen NATO und SOZ, die den Ausbau der SOZ zu einer Organisation vergleichbar mit dem Warschauer Pakt bis dato verhindert hat.[13]
Einzelnachweis
- ↑ a b c История развития Шанхайской организации сотрудничества auf der SOZ-Webseite, russisch
- ↑ a b Offizielle Seite des Sechsten Summits, wo die Geschichte zusammengefasst wird
- ↑ Chronologie der Begebenheiten von SOZ, chinesisch
- ↑ Erklärung der Staatsoberhäupte aus dem Gipfel in Taschkent russisch
- ↑ Erklärung der Staatsoberhäupte aus dem Gipfel in Taschkentchinesisch
- ↑ Eine Tagung des Rates der Staatsoberhäupte der SOZ-Mitgliedsstaaten fand in Duschanbe statt – an der offiziellen Seite der Organisation
- ↑ Nach US-Abzug: Shanghai-Organisation will Führungsrolle in Zentralasien
- ↑ Afghanistan may join SCO
- ↑ http://www.turkishweekly.net/news/48633/nepal-wants-to-make-cooperation-with-the-shanghai-cooperation-organization.html
- ↑ a b c Weißrussland und Sri Lanka neue Dialogpartner der Schanghaier Organisation
- ↑ ecrats.com, History of ECRATS
- ↑ „Russland und China betrachten den Westen als feindlich“, Interview spiegel online mit Robert Kagan, 16. Juli 2008
- ↑ Enrico Fels: Assessing Eurasia's Powerhouse. An Inquiry into the Nature of the Shanghai Cooperation Organisation. Winkler Verlag: Bochum, 2009.
Literatur
- Mutlaq Al-Qahtani: The Shanghai Cooperation Organization and the Law of International Organizations, in: Chinese Journal of International Law 5 (2006) S. 129-147.
- Greg Austin: European Union Policy Responses to the Shanghai Cooperation Organization, in: EIAS Publications BP 02/04, The European Institute for Asian Studies – EIAS, 2002, S. 12.
- Alyson J. K. Bailes, Pál Dunay, Pan Guang, Mikhail Troitskiy: The Shanghai Cooperation Organization, SIPRI Policy Paper No. 17, Mai 2007.
- Annette Bohr: Regional cooperation in Central Asia: Mission impossible?, in: Helsinki Monitor 14 (2003) S. 254-268.
- Enrico Fels: Assessing Eurasia's Powerhouse. An Inquiry into the Nature of the Shanghai Cooperation Organisation, Winkler Verlag: Bochum, 2009. ISBN 978-3-89911-107-1
- Marc Lanteigne: "In Medias Res": The Development of the Shanghai Co-operation Organization as a Security Community, in: Pacific Affairs, Vol. 79, No. 4, Winter, 2006, S. 605-622
- Gudrun Wacker: Gipfeltreffen der „Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“, Von Worten zu Taten?, Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP-Aktuell 22, Juni 2002.
- Shaun Walker: The First Five Years: Shanghai Cooperation Organization Reaches a Milestone, in: Russia Profile vom 21. September 2006 (Online Edition).
- Sean L. Yom: Power Politics in Central Asia: The Future of the Shanghai Cooperation Organization, in: Harvard Asia Quarterly 6.4 (2002) S. 48-54.
- Sun Zhuangzhi: New and Old Regionalism: The Shanghai Cooperation Organization and Sino-Central Asian Relations, in: Review of International Affairs 3 (2003/2004) S. 600-612.
- Zentralasien, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 4/2006), Bonn: bpb.
Weblinks
- Offizielle Website (chin., russ., eng.)
- Regional Anti-Terror Structure of Shanghai Cooperation Organization (chin., russ., eng.)
- Seite des SOZ-Gipfeltreffens 2007
- SOZ-Darstellung des chinesischen Außenministeriums (eng.)
- SOZ-Gipfel in Kirgisistan: Special der Nachrichtenagentur RIA Nowosti (16. August 2007 – Artikelsammlung)
- Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ): Analysen, Berichte, Dokumente, Meinungen (Uni Kassel, AG Friedensforschung – Artikelsammlung)
Kategorien:- Internationale Organisation
- Politische Organisation
- Militärbündnis
- Sicherheitspolitik
- Völkerrechtlicher Vertrag
Wikimedia Foundation.