Steindruckverfahren

Steindruckverfahren
Spiegelbildliche Steinplatte und seitenrichtiger Abdruck einer Karte von München

Als Lithografie bzw. Lithographie (v. altgriech.: λίθος lithos, „Stein“ und γράφειν graphein, „schreiben“) werden bezeichnet

  • die Steinzeichnung als künstlerisches Ausgangsprodukt zur Vervielfältigung mittels Steindruckverfahrens,
  • der Abzug (Farbübertragung) des Steindrucks auf geeignetes Papier als das Ergebnis dieser Vervielfältigung,
  • das handwerkliche oder maschinelle Steindruckverfahren an sich. In der Kurzform wird dieses ebenfalls als Steindruck bezeichnet und gehört zu den Flachdruck-Verfahren.

Ein Lithograf ist eine Person, die als Steinzeichner (künstlerischer Anteil) oder Steindrucker (handwerklicher Anteil) an der Herstellung von Lithografien beteiligt ist oder beide Aufgaben übernimmt. Der Steindruck selbst, die Lithografie, ist jedoch ein Handwerk, keine Kunst.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Während beim Hochdruck zwei Ebenen auf der Druckvorlage vorhanden sind (beim Stempel nimmt die eine Ebene die Farbe auf, die Vertiefungen dazwischen kommen mit der Farbe nicht in Berührung), werden beim Flachdruck diese beiden „Ebenen“ auf derselben Oberfläche zusammengeführt. Die zu druckende Zeichnung wird mit einer fetthaltigen Substanz auf den speziell zubereiteten (geschliffenen, gekörnten und entfetteten) feinporigen Kalkstein aufgebracht (z. B. Lithokreide oder -tusche).

Das Prinzip des Steindrucks beruht darauf, dass ein nasser Stein mit fetthaltiger Farbe eingewalzt wird, der die Farbe jedoch abweist (Fett und Wasser verbinden sich nicht, sondern stoßen sich ab), während sich der auf dem Stein aufgebrachte Fettgrund, die eigentliche Zeichnung, einfärbt. Wird der Stein nun mit einem geeigneten Zeichenkarton bedeckt, kann sich die Zeichnung auf dem Stein, der die Farbe angenommen hat, durch hohen Pressdruck auf das Papier übertragen. Nur für diesen letzten Schritt ist eine lithografische Druckpresse erforderlich. Damit der Stein nach mehrmaligem Druck nicht doch allmählich mit Farbe „zuläuft“, ist ein chemisches Verfahren erforderlich, um die Druckvorlage zu stabilisieren.

Bis etwa um 1910 war die Lithografie eine sehr häufig verwendete Drucktechnik für verschiedenste Drucksachen, heute wird sie vorwiegend im künstlerischen Bereich eingesetzt. Für die heutige Massenproduktion ist sie ungeeignet, da sie im Vergleich zu neueren Drucktechniken zu aufwändig bzw. teuer ist und nur kleinere Auflagen hergestellt werden können.

Technik

Eine Steinhandhebelpresse im Landesamt für Vermessung und Geoinformation in München

Die Erstellung der Zeichnung

Bei der Federlithografie wird eine Federzeichnung auf einem glatt geschliffenen Stein – auch Lithostein genannt – angebracht. Dies geschieht dann mit der lithografischen Tusche mittels einer Lithografiefeder. Dabei kann auch der Pinsel mit in die Arbeit einbezogen werden.

Im Fall der Kreidelithografie muss man, um eine Kreidezeichnung auf dem Stein anbringen zu können, dessen Oberfläche durch das Verreiben von Sand leicht körnen. Die Kreide hat eine ähnliche Zusammensetzung wie die Lithografietusche. Die Kreidelithografie ist eine der ausdruckstärksten Techniken der Grafik. Durch das Wischen mit einem speziellen Wischer, dem Estompe, und das Verreiben des Kreideauftrags lässt sich eine schummrige Wirkung mit weichen Übergängen erzielen.

Für das Erzeugen von Halbtönen unterscheidet man bei der Lithografie verschiedene Techniken:

  • Die Federpunktiermanier, bei der man mit der Feder Punkt an Punkt auf den Stein setzt. Die Punktdichte hängt dabei vom jeweiligen vorgegebenen Tonwert der Vorlage ab.
  • Die Tangiermanier, die die Federpunktiermanier schließlich verdrängte, weil sie bedeutend einfacher war. Hier trägt eine gehärtete Gelatinefolie bereits das gewünschte Muster aus Punkten, Strichen u. ä., das nach dem Einfärben direkt durch Andrücken auf den Stein übertragen wird. Stellen, die dabei frei bleiben sollen, werden mit einer abweisenden Gummilösung bedeckt.
  • Bei der Spritzmanier, die schon seit Senefelder bekannt ist, wird ein farbgetränkter Pinsel über ein Sieb gestreift, das über den Stein gehalten wird. Auch hier werden wieder die Stellen abgedeckt, auf denen später keine Farbe haften soll, um das gewünschte Muster zu erhalten. Man konnte so eine unregelmäßige Gliederung des Tons, durch den mehr oder weniger groben Farbauftrag erreichen.
  • Die Asphalt-Schabmanier (auch Asphalt- oder Tuschemanier genannt) ist eine Lithografietechnik, bei der ein gekörnter Stein nötig ist, auf den dann Tusche und Asphalt aufgetragen wird. Die Lichtpartien werden hier nachträglich nach dem Trocknen mit einem Schabmesser u.ä. herausgeholt. Das besondere bei dieser Technik ist, dass der spätere Druck nicht von dem vom Lithografen bearbeiteten Original- oder Mutterstein erfolgt, sondern von einem durch Umdruck hergestellten Stein, der auch als Maschinenstein bezeichnet wird.[1]

Alle hier beschriebenen Techniken der Zeichnung können im Prinzip miteinander frei kombiniert und auf ein und demselben Stein (bzw. der fertigen Graphik) gemeinsam verwendet werden.

Zigarrendeckelbild, Lithographie von 1907, gedruckt bei Fa. Gebr. Klingenberg in Detmold.

Stabilisierung des Steins und der darauf enthaltenen Zeichnung

Um die fetthaltige Zeichnung auf dem Stein zu stabilisieren und die nicht zu druckenden Partien für die Farbe unempfindlich zu machen, wird der Stein mit Talk überwischt (damit es der so genannten Ätze möglich wird, an alle freien Stellen zu gelangen). Anschließend wird die Ätze (meist eine Mischung aus Gummi Arabicum und Salpetersäure) aufgetragen. Diese reagiert nun auf dem ungeschützten Grund der Zeichnung. Anschließend wird der Stein mit Gummi Arabicum überzogen, welches sodann von der Zeichnung herunter poliert wird, jedoch an den unbezeichneten Stellen im Stein verbleibt.

Ist der Stein getrocknet, wird die Farbe mit einem fetthaltigen Lösungsmittel (Terpentin, Lampenöl o. ä.) ausgewaschen, sodass auf dem Stein die Zeichnung nur noch als Fettgrund zurückbleibt, auf die die ebenfalls fetthaltige Druckerfarbe aufgetragen wird. Die Zeichnung stößt das Wasser ab (ist also hydrophob) und bindet die Farbe (ist lipophil), während der Stein das Wasser durch die in ihm abgelagerten Gummireste hält und deswegen keine Farbe annimmt.

Vor allem beim Stabilisieren des Steins ist neben Fachwissen sehr viel Erfahrung notwendig. Künstler lassen ihre Zeichnungen deshalb teilweise in Auftragsarbeit von einem erfahrenen Lithografen behandeln, um das Ergebnis ihrer Arbeit nicht zu gefährden.

Der Druckvorgang

Zum Drucken wird nun meist ein leicht befeuchtetes Blatt Papier auf die Steinplatte aufgelegt und mittels einer geeigneten Presse unter sehr starkem Druck (etwa 600 kg bei einer Reiberpresse, im Gegensatz zum Hochdruck) auf diese gepresst. Einen neuen Abzug zu erstellen ist ein relativ geringer Aufwand. Die Platte muss nur erneut feucht gehalten, eingefärbt und erneut Papier aufgepresst werden. Sollte der Hintergrund nach mehrmaligem drucken Farbe annehmen, kann die Zeichnung mit Terpentinöl erneut ausgewaschen und weiterverwendet werden, da der gezeichnete Fettgrund stabil ist. Von einer optimal behandelten Vorlage können bei günstigen Temperaturen (ca. 18-20 C°) bis zu 10.000 Abzüge gedruckt werden. (Zum Vergleich: Beim Rollenoffset können bis zu 100.000 Exemplare gedruckt werden.)

Wie bei allen direkten druckgrafischen Techniken entsteht so ein spiegelbildlicher Abdruck der Zeichnung. Der spiegelbildliche Abdruck kann jedoch durch eine spezielle Technik vermieden werden: Zur Übertragung der Zeichnung auf den Stein wird dabei ein spezielles Papier verwendet. Auf diesem erfolgt die Zeichnung mit lithografischer Kreide oder Tusche auf dem Papier und wird anschließend auf den Stein übertragen. Diese Technik wird auch Papierlithografie oder Autografie genannt. In der Wissenschaft von den grafischen Techniken gibt es Vertreter, die die Umdruck-Lithografie bereits als Grenzfall der Originalgrafik ansehen (siehe auch Grafik, Kapitel Original und Reproduktion). Viele Künstler haben sich jedoch des Umdruckpapiers bedient, neben Daumier und Toulouse-Lautrec auch Nolde, Barlach, Matisse und Kokoschka. Diese Technik hat allerdings einen Qualitätsverlust im Druckbild zur Folge.

Wiederverwendung des Steins

Nach der Benutzung kann der Stein, in der Regel ein feinkörniger Kalkstein, durch Abschleifen wiederverwendet werden. Es werden lediglich einige Mikrometer abgeschliffen, der Stein kann also einige Tausend Male wiederverwendet werden. Dabei werden der Vorlagenstein und ein kleinerer Stein gleichen Materials (dem sog. „Läufer“) aneinandergeschliffen. Dazu wird Schleifsand mindestens in den Stärken 80er- bis 180er-Körnung verwendet (zwei bis drei Schleifvorgänge), es sind aber auch Körnungen über 200 (Körner pro mm²) üblich, wenn die Oberflächenstruktur auf dem späteren Druck nicht zu sehen sein soll. Um Zeit zu sparen, kann der Fettgrund auf der Oberfläche zuvor mit Balsamöl ausgewaschen werden. Gelegentlich muss der scharfgewordene Grat am Steinrand mit einer Feile abgerundet werden. Ein sorgfältiges Schleifen erhält die Planoberfläche, Fehler beim Schleifen (z.B. Kratzer, Unebenheiten) sind nur mühsam korrigierbar, worin auch die Redensart „Der Stein vergisst nichts“ ihren Ursprung findet.

In Deutschland wird oft Kalkstein aus der Gegend von Solnhofen (Bayern, Fränkischer Jura) benutzt. Es handelt sich dabei um Kalkschiefer von unterschiedlicher Dichte. Die besten, dichtesten Sorten sind von grauer, die geringeren von gelblicher Farbe. Um dem Pressendruck stand zu halten, sollte die Steinplatte mindestens 6 cm dick sein.

Lithografiesteine

Im Handel werden Lithografiesteine in unterschiedlichen Formaten (zwischen 5 und 12 cm dick) angeboten; die ergiebigsten Vorkommen werden außerhalb Deutschlands bis heute in Frankreich (bei Dijon) und in Solothurn in der Schweiz abgebaut. In Deutschland kommen vergleichbare Qualitäten nur in Solnhofen im Altmühltal vor. Solnhofener Plattenkalk („Lithografischer Schiefer”) aus den Steinbrüchen gilt bis heute als das weltweit beste Material für lithografische Druckplatten.

Erfahrene Steindrucker sehen dem Stein an, wie er behandelt werden muss. Die Losung „Saxa loquuntur“ (lat. für: Die Steine sprechen, ein Zitat aus dem Neuen Testament, Lk. 19, 24) haben die Lithografen früher auf ihre Windfahne geschrieben, mit der die Steine getrocknet wurden. Sie ist Ausdruck ihres Selbstbewusstseins, ein hochanspruchsvolles Handwerk auszuüben, das für ein gutes Gelingen viel Erfahrung voraussetzt.

Geschichte

Martha Washington, Ehefrau George Washingtons, Lithografie, 1864
Gargantua (Lithografie von Daumier)

Die Technik des Steindrucks wurde zwischen 1796 und 1798 von Alois Senefelder entwickelt. Der Theaterschriftsteller fand für ein selbstverfasstes Theaterstück keinen Verlag, der bereit war, das Manuskript zu drucken. Senefelder wollte es selbst herausgeben, musste jedoch aus Geldmangel ein preiswertes und mit einfachen Mitteln zu verwendendes Verfahren zur Verfielfältigung entwickeln. Da ihm aus dem Theater alle für die Lithografie nötigen Substanzen zur Verfügung standen, versuchte er zunächst mithilfe der Ätztechnik, den Hintergrund der Druckvorlage für den Hochdruck zu ätzen, was sich aufgrund des immensen Ätzaufwandes als nicht praktikabel erwies. Schließlich entdeckte er die Abstoßreaktion von Fett und Wasser auf dem Stein und entwickelte daraus den Flachdruck.

Seit 1803 wurde diese Technik in Frankreich Lithographie genannt. Zunächst wurde der Steindruck nur für nichtkünstlerische Zwecke wie Text- und Notendruck verwendet. Der Musikverleger Johann Anton André aus Offenbach am Main veranlasste die Verwendung der Lithografie für die Vervielfältigung von bildnerischen Darstellungen. Er leitete damit die Entwicklung der Künstler-Lithografie ein.

Die Lithografie wurde von den damaligen Künstlern schnell aufgegriffen, denn von allen grafischen Verfahren kommt es der „handschriftlichen“ Arbeit am nächsten. Weder braucht der Künstler spezielle chemische Kenntnisse (wie bei Radierung oder Aquatinta), noch muss er wie etwa beim Kupferstich mit Werkzeug die Widerstände des Materials überwinden. Darüber hinaus war die Lithografie in Verbindung mit Druckpressen ein wirtschaftliches Massendruckverfahren, das Vervielfältigungen in für damalige Verhältnisse hohen Auflagen erlaubte.

Die Lithografie wurde daher nicht nur schnell zur autonomen Kunstform, die es dem Maler und Zeichner erlaubte, den ursprünglichen Charakter der Zeichnung zu bewahren; sie war auch für die Presse in den Zeiten vor der Fotografie ein schnelles Medium, aktuelles Zeitgeschehen bildhaft wiederzugeben. Einer der Ersten, die dieses Medium deshalb aufgriffen, war Honoré Daumier, der über seine in kritischen Zeitschriften veröffentlichten Karikaturen die politischen Zustände von ca. 1830 bis 1872 angriff. Seine 4000 Lithografien erschienen vor allem in der Zeitschrift „Le Charivari“ und sind heute digital mit interaktiven Suchfunktionen zugänglich im Daumier-Register.

Die steigende Nachfrage nach farbigen Bildern wurde zunächst mit dem nachträglichen Kolorieren von ursprünglich einfarbigen Steindrucken befriedigt. Dieser manuelle Vorgang erforderte künstlerisches Geschick und war gleichzeitig mit hohem Zeitaufwand verbunden.

Chromolithografie

Farblithografie von Franziska Schultze aus dem Werk „Liebesfrühling“ von Friedrich Rückert, um 1850

1837 patentierte der deutsch-französische Lithograf Godefroy Engelmann (1788–1839) aus Mühlhausen eine farbige Form der Lithografie unter dem Namen Chromolithografie (= Farbsteindruck), das bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts das gängige Verfahren für farbige Illustrationen hoher Qualität sein sollte. So hochwertig die Chromolithografien auch waren – nach dem Lichtdruck das hochwertigste Druckverfahren überhaupt – so aufwändig war ihre Ausführung. Das farbig zu druckende Bild wurde in bis zu 21 Farben zerlegt und anschließend in ebenso vielen Schritten übereinander gedruckt. Der Druck erfolgte dabei von hell nach dunkel, d.h. erst wurde die hellste Farbe gedruckt, danach die jeweils Dunkleren. Mit Hilfe von Passerzeichen (auch Register genannt) und Konturenzeichnungen wurde erreicht, dass das zu druckende Motiv über alle nötigen Druckplatten hinweg exakt übereinander gedruckt werden konnte. Das Ergebnis war ein praktisch rasterfreies Bild, in seiner Auflösung nur beschränkt durch die Genauigkeit, mit der die Farbsteine bearbeitet wurden. Das fertige Bild erreichte eine Farbqualität ähnlich der echter Ölfarben.

Große Verlagshäuser wie das Bibliographische Institut Leipzig und Wien beschäftigten gegen Ende des 19. Jahrhunderts große Abteilungen, die nur mit dieser hohen Kunstform der Lithografietechnik beschäftigt waren. In Österreich entwickelte Karl Antal Mühlberger den Steindruck weiter, so dass dieser auch großformatig und vor allem kostengünstig in der Werbung eingesetzt werden konnte.

Die Lithografie wurde sehr schnell die führende Reproduktionstechnik für Werbung und Reklame. Bedingt durch diese neue, preisgünstige Technik begannen Werbeplakate und Litfaßsäulen das Stadtbild zu verändern. Eine führende Rolle für die Entwicklung der frühen Plakate spielten französische Künstler wie zum Beispiel Jules Chéret und Henri de Toulouse-Lautrec. Toulouse-Lautrec bevorzugte großformatige Blätter, verbunden mit einer leicht zu handhabenden Kolorierung von wenigen Farbsteinen in Gelb, Rot und Blau, die auch von der Ferne anziehend wirkten.

Der Siegeszug des Plakates erzeugte um 1900 schnell einen Bedarf an Gebrauchsgrafikern, die zunächst aus anderen Branchen mit darstellerischem Schwerpunkt kamen, wie auch Architekten und Maler. Daraus entwickelte sich um die Jahrhundertwende der Beruf des Plakatmalers oder Werbegrafikers und des späteren Grafikdesigners.

Auch für Ansichtskarten, Werbeverschlußmarken, Etiketten oder den sog. Liebigbildern und Briefmarken wurde die Lithografie früher als Drucktechnik verwendet. Da die Lithografie mit dem Aufkommen des bis heute gängigen Offsetdrucks, einem Flachdruck-Verfahren, ausstarb, sind vor allem Chromolithografien heute begehrte Sammelobjekte, die in Form ganzer Bücher oder Einzelblätter auf dem Fachmarkt hohe Preise erzielen.

Bekannte Lithografen


Offset-Lithografie

Die Original-Lithografie vom Stein wurde bereits seit den 1920er Jahren im gewerblichen und seit den 1950er Jahren auch im künstlerischen Bereich zunehmend vom Offsetdruck, also von einem indirekten Druckverfahren, verdrängt. Die Steinlithografie wird heute nur noch in wenigen Kunsthochschulen und handwerklichen Betrieben, wie Matthieu in Dielsdorf (bei Zürich), ausgeübt. Abgelöst wurde das Original-Verfahren im künstlerischen Bereich durch die Offset-Lithografie (auch Alugrafie oder Original-Flachdruck). Hier bezeichnet oder bemalt der Künstler eine transparente Folie, die durch ein chemisches Verfahren auf eine dünne Aluminiumplatte belichtet wird. Das Bild befindet sich nach dem Kopiervorgang auf der flexiblen Druckplatte und kann auf einer Offsetmaschine mittels Gummituch (Zylinder gegen Zylinder) gedruckt werde. Durch diese vereinfachte Arbeitsweise, die eine unkomplizierte Handhabung und eine unbegrenzte Druckauflage erlaubt, werden heute nahezu alle „Lithografien” zeitgenössischer Künstler auf Offset-Druckmaschinen gedruckt. Gleichwohl werden diese Offset-Lithografien meist nur in begrenzter Auflage auf Büttenpapier hergestellt und vom Künstler nummeriert und handsigniert.

Nicht zu verwechseln sind die Offset-Lithografien, die noch den unveränderten Duktus des Künstlers zeigen, mit Offset-Reproduktionen von Gemälden, Zeichnungen und Aquarellen der Künstler, die fotografisch oder mit Scannern erfasst und in ihre vier Grundfarben zerlegt, beliebig vergrößert oder verkleinert auf Offsetmaschinen gedruckt werde können. Auch diese Offset-Reproduktionen werden oftmals limitiert und handsigniert. Künstler wie Gerhard Richter oder Sigmar Polke haben sich grundsätzlich dieses großtechnischen Verfahrens bei der Herstellung ihrer Druckgrafiken bedient. Für sie gehört diese reproduktive Arbeitsweise zur künstlerischen Strategie.

Literatur

  • Erich Mönch: Werkstattbuch der Lithographie für Künstlerlithographen und Studierende. Bearbeitet und erweitert von Walter Schautz, Argenbühl-Ratzenried 1978
  • Hiller/Füssel: Wörterbuch des Buches. Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann 2002, ISBN 3-465-03220-9
  • Mario Derra: Der Solnhofener Naturstein und die Erfindung des Flachdruckes durch Alois Senefelder. Ein Lithograpieführer, Sonhofen: Bürgermeister-Müller-Museum 2002, ISBN 3-00-009414-8
  • Aleš Krejča: Die Techniken der graphischen Kunst. Handbuch der Arbeitsvorgänge und der Geschichte der Original-Druckgraphik, Hanau a. M.: Verlag Werner Dausien, ISBN 3-7684-1071-4
  • Aloys Senefelder: Vollstaendiges Lehrbuch der Steindruckerey, 1818, [1]

Einzelnachweise

  1. Hiller/Füssel (2002) S. 205

Siehe auch

Weblinks


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