Jonathan Meese

Jonathan Meese

Jonathan Meese (* 23. Januar 1970 in Tokio) ist ein deutscher Künstler, der einen Teil seiner Kindheit in Japan verbracht hat. Sein Werk umfasst neben der Malerei Skulpturen, Installationen, Performances, Collagen, Videokunst und Theaterarbeiten. Dabei thematisiert er überwiegend Persönlichkeiten der Weltgeschichte, Ur-Mythen und Heldensagen. Jonathan Meese lebt und arbeitet in Ahrensburg und Berlin.

Jonathan Meese

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Kindheit und Jugend (1970–1995)

Jonathan Meese wurde als drittes Kind seiner Eltern, einer Deutschen und eines Walisers, in Tokio, Japan, geboren. Seine Mutter, die in Stuttgart geborene Brigitte Renate Meese, Geburtsname Wetzler, kehrte mit den Kindern und ohne den Vater nach Deutschland zurück. Der Japanologe Reginalt Selby Meese, geboren in Newport (Wales), blieb in Japan zurück. Er starb 1988.

Nach der Rückkehr in Deutschland sprach Meese anfangs nur Japanisch, was zu Anpassungsschwierigkeiten führte.[1] 1989 machte Meese sein Abitur an der Stormarnschule im holsteinischen Ahrensburg. Als ein „Spätentwickler“ war er mit 22 Jahren auf dem Entwicklungsstand eines 16 Jährigen.[1] Nach einem Sprachaufenthalt Jonathans in Schottland meldete ihn die alleinerziehende Mutter für ein Studium der Volkswirtschaft an, was nach Angaben der Mutter „ein Desaster war“.[2]

Das Interesse für Kunst begann im Alter von 22 Jahren. Zu seinem Geburtstag wünschte er sich Zeichenblock und Buntstifte. Darauf folgten Zeichen- und Radierkurse.[3]

Studium und erster Erfolg (1995–1998)

Meese studierte von 1995 bis 1998 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg bei Franz Erhard Walther, brach das Studium jedoch ohne Abschluss ab. Der Maler Daniel Richter empfahl seinen Freund Meese den Galeristen Nicole Hackert und Bruno Brunnet von der Berliner Galerie „Contemporary Fine Arts“, woraufhin diese den jungen Künstler unter Vertrag nahmen.[1] Der Kunstverein Kehding stellte in einer Gruppenausstellung Jonathan Meese erstmals öffentlich aus. Die erste Einzelausstellung „Glockengeschrei nach Deutz“ folgte in der Galerie Daniel Buchholz in Köln.[4]

Begeistert von Meeses Rauminstallationen beauftragten ihn im Herbst 1998 der Produzent Claus Boje und der Regisseur Leander Haußmann für ihren gemeinsamen Film Sonnenallee eine Kulisse herzustellen. Schließlich erhielt er auch eine Rolle in dem Film und spielte einen verrückten Künstler. Meeses Arbeiten für Sonnenallee wurden 1999 in einer Ausstellung im Neuen Aachener Kunstverein gezeigt.[5]

Erste Berlin Biennale und der Schritt ins Ausland (1998)

Seit 1998 macht Meese mit Installationen, Performances und Aktionen in der Kunstszene auf sich aufmerksam. Auf der Berlin Biennale, kuratiert von Klaus Biesenbach, Hans-Ulrich Obrist und Nancy Spector, trat Meese erstmals einer breiten Öffentlichkeit gegenüber.[6] Meese präsentierte die Installation „Ahoi der Angst“, eine Photocollage und Widmung an den Marquis de Sade, der auch später im Werk von Meese Beachtung finden sollte. Politiker, Schauspieler und Musiker wurden dabei in Photocollagen dargestellt. Dazu konnte der Besucher Musik hören, Gedichte von Rolf Dieter Brinkmann lesen oder das Video Caligula anschauen.[7] Zudem waren Poster von Rainer Werner Fassbinder, Klaus Kinski, Nina Hagen, Little Joe und Oscar Wilde zu sehen.[8]

Durch die erhöhte Medienpräsenz der Berlin Biennale wurde auch das Werk Meeses’ erstmals öffentlich im In- und Ausland einem breiteren Umfang analysiert und kommentiert.[7] Das Kunstmagazin Art bezeichnete die Installation als ein „Labyrinth der Sentimentalitäten“.[7] Der Autor Peter Richter griff ebenfalls den räumlichen Aspekt auf, indem er das Werk als ein „Horrorkabinett zwischen Porno, Charles Bronson und Slayer“ beschrieb.[9] Die Berliner Zeitung bezeichnete es als ein „zugemülltes Jungs-Zimmer“.[10]

Im gleichen Jahr präsentierte Meese erstmals sein Werk im Ausland. In der Schweiz nahm er an der Basler Kunstmesse „Liste 98“ teil, in Wien beteiligte er sich an der Gruppenausstellung „Junge Szene ’98“, in der „South London Gallery“ in London machte er bei der Ausstellung „Site Construction mit, sowie in Frankreich in der „Galerie de l’Ecole Supérieure des Beaux-Arts de Marseille“ bei der Ausstellung „Today Tomorrow“.

Vermehrte internationale Ausstellungen (1999–2005)

Ab 1999 nahm Meese an einer Vielzahl von nationalen und internationalen Gruppen- und Einzelausstellungen teil. Dabei wurden besonders Rauminstallationen und Performances gezeigt. Im Zentrum seines Œuvres steht Meese selbst: ob in Form von Selbstportraits oder verkleidet in persona, in Aktionen, Collagen, Bildern und Zeichnungen. Die thematischen Inhalte entstammen überwiegend dem Nationalsozialismus, daneben gibt es sprachliche und theatralische Bezüge zur deutschen Philosophie- und Literaturgeschichte. Bei Aktionen und Performances thematisierte Meese besonders Adolf Hitler, und zeigte dabei wiederholt und provokativ den seit 1945 in Deutschland und Österreich verbotenen Hitlergruß.

Bühnenbild und Theaterarbeit

Zuerst auf Installationen, Aktionen und Performances konzentriert, wandte sich Meese ab 2004 auch der Theaterbühne zu, obgleich die Zusammenballung verschiedener Materialien, Bedeutungsträgern, Gegenständen und Medien (Fotografien, Bücher oder Musik) im Rahmen der Bühenarbeit weiterhin als bilderisches Mittel Verwendung finden.

Für die Inszenierung des Pitigrilli-Romans „Kokain“ von Frank Castorf entwarf Meese das Bühnenbild, welches in seinem Grundriss an das Eiserne Kreuz erinnerte, vom Zuschauerraum aus gesehen aber lediglich als "normales" Bühnenbild mit Treppen und Rampen erschien. Im selben Jahr inszeniert er gemeinsam mit Regisseur Martin Wuttke ein Theaterstück im Schlosspark zu Neuhardenberg. In dem Stück „Zarathustra. Die Gestalten sind unterwegs.“ setzt er sich mit dem Philosophen Friedrich Nietzsche auseinander.[11] 2006 zählte das Magazin Capital ihn erstmals zu den hundert bedeutendsten Künstlern.[12]

"Die Peitsche der Erinnerung" - gemeinsam mit Daniel Richter

Das Stader Erzbischofsgrab Gottfried von Arnsberg aus dem 14. Jahrhundert diente als Vorlage für den Arbeitszyklus "Die Peitsche der Erinnerung". In einer ersten Serie entstanden gemeinsam mit Daniel Richter Arbeiten die den Umgang der beiden Künstler mit der Geschichte dokumentieren. Die Ausstellung wurde erstmals im Kunsthaus Stade gezeigt, in den folgenden Jahren wurde die Werkgruppe in Hamburg (2006 und 2008), Berlin (2006), Freiburg (2007), Grenoble (2006), Rosenheim (2007) und Biel (2011) gezeigt. Für die unterschiedlichen Ausstellungsorte wurden von Jonathan Meese weitere Arbeiten geschaffen.

Werkschau „Mama Johnny“ und die Zeit danach (2006–2008)

Mit insgesamt 150 Gemälden, Skulpturen, fotografischen und installativen Arbeiten entstand unter dem Titel „mama johnny“ in den Deichtorhallen in Hamburg, die erste umfassende Werkübersicht. Im Rahmen der viermonatigen, umfassenden Werkschau auf rund 2.500 Quadratmetern, bildete eine 8×20×40 Meter große „Black Box“, in der das 2004 von Meese entworfene Bühnenbild für Frank Castorfs Inszenierung „Kokain“ ausgestellt und im Rahmen eines einmaligen Gastspiels der Berliner Volksbühne als Theaterraum genutzt wurde. Zwei weitere große, freistehende und begehbare Skulpturen wurden neben einer Burg und der Black Box ausgestellt.

Der fünf Meter hohe „Maldororturm“ beinhaltet Fotocollagen, Schriften, Skulpturen und Videos, in denen Meese mit der Tyrannei des Staates künstlerisch auseinandersetzt. Zudem wurde ein drehbarer „Parzifalkopf“, ein Schädel Richard Wagners, den Meese bei einer der Performance: „Jonathan Meese ist Mutter Parzifal“ in der Berliner Staatsoper verwendete. 2007 inszeniert Jonathan Meese erstmals als Regisseur das Theaterstück „De Frau: Dr. Poundaddylein – Dr. Ezodysseusszeusuzur“ an der Volksbühne Berlin.

Jonathan Meese: „Wir, Erzkinder lernen Macht (Süsses Dorf der Verdammtin) = Gören“ – Skulpturenpark Köln (2009)

2009 gestaltet er eine Ausstellung zum Thema Atlantis für das Arp Museum Bahnhof Rolandseck[13]

Seit 2008 gestaltet Meese die Medaille zum Roland Berger Preis für Menschenwürde.

Ausstellungen „Erzstaat Atlantisis“ und „Fleisch ist härter als Stahl...“ (2009)

„Erzstaat Atlantisis“ (Diktatur der Kunst), Performance, Arp Museum Bahnhof Rolandseck, Remagen, 2009

Im Arp Museum Bahnhof Rolandseck, in Remagen inszenierte Jonathan Meese vom 1. Mai bis 30. August 2009 unter dem Titel »Erzstaat Atlantisis« eine von Daniel J. Schreiber kuratierte Ausstellung, bestehend aus 170 Plastiken und Skulpturen, 14 Gemälden, elf Künstlerbüchern in Vitrinen, zehn Filmen, vier Klangquellen und einer Großcollage.[14] Die Arbeiten wurden im Dialog mit den Werken von Joseph Beuys zum Thema Atlantis präsentiert. Beuys zeichnete 1955 auf einem in der Mitte gefalteten Blatt Papier zwei Darstellungen, die er etwas später Atlantis nannte.[15] Zur Ausstellungseröffnung überquerte Meese im Rahmen einer Performance vom Marsch einer Blaskapelle begleitet, mit einer Uniform bekleidet und in einem Militärjeep sitzend auf einer Fähre mehrmals den Rhein, um dann nach dem Ausrufen von Parolen mit Bezug auf seine Diktatur der Kunst von Presse und Medienvertretern begleitet ins Arp Museum Rolandseck einzukehren.[16] Atlantis ist, so Meese „nicht untergegangen, sondern hat sich getarnt. Seit der Dalai Lama im Spiel ist, ist eben Atlantis weg. Die Reise ins Innere, die endet immer mit dem Tod. Das ist ein Synonym für den Tod. Und wenn irgendein Prediger oder Prophet oder Guru einem die Reise ins Innere anbietet, dann bietet er den Tod an.“[17]

Auf dem ausrangierten musealen Bug des Kreuzers Puglia im Garten des Vittoriale degli italiani in Gardone Riviera in Italien präsentierte Meese vom 6. Juni bis 5. Juli 2009 die Installation „AHAB sagt: MOBY DICK ist KEINE DEMOKRATIE, ALLE DEMOKRATEN sitzen bald NICHT MEHR in einem BOOT (Schlachtschiff der KUNST sinkt nimmer)“. Leitmotiv ist dabei der Schriftsteller Gabriele D’Annunzio, einer der Mentoren Benito Mussolinis und Leitfigur für den italienischen Faschismus, der die Puglia 1923 von der italienischen Marine als Geschenk erhielt. Von der Brücke der ehemaligen Kommandozentrale erklärte Meese in der am 5. Juni 2009 aufgezeichneten Radioperformance „DON LOLLYTADZIOZ Metabolismys stinkt nicht (PUPS)“ dem Beispiel D’Annunzios folgend, mit einer Diktatur der Kunst auf Sendung zu gehen.[18]

Im Mönchehaus Museum in Goslar zeigten die befreundeten Künstler Jonathan Meese und Herbert Volkmann vom 17. Juli bis 20. September 2009 unter dem Titel „Fleisch ist härter als Stahl – MEERPFERD FÖTUSMANN UND BEAUSATAN KÄSE AN DER OZBAR (Die geilblökenden DINGER)“ Einzel- und Gemeinschafts-Arbeiten, deren inhaltliches Konzept unter anderem Bezug nimmt auf Goslar, Residenzstadt sowie „Reichsbauernstadt“ unter den Nationalsozialisten und die freundschaftliche Beziehung zwischen Meese und Volkmann, einer der ersten Sammlern Meeses.[19][20] Die dazu veröffentlichte kurze Version des „Goslar – Saalmanifest“ erklärt in 12 Punkten neben polarisierenden Äußerungen wie „alle japanischen Schulmädchenschlüpfer sind totale Kunst, da es sich hier um Stoffwechseltums der Menschentiers handelt“ auch religionstheoretische Positionen zu Meeses Kunstverständnis: „Kunst ist keine Religion, aber jede Religion ist Kunst“.[21] Im „Goslar – Saalmanifest de Large“, einer umfassenden Version des Manifests, prophezeit er u. a. dass die Diktatur der Kunst bald alles umfassen werde.[22]

Werk

Meese versucht in seinen Arbeiten auf bisweilen aggressive Weise, deutsche Mythologie und „deutschen Wahn“ zu thematisieren. So sind seine Installationen mit einem Vokabular wie „Erzreligion Blutlazarett/Erzsöldner Richard Wagner/Privatarmee Ernte und Saat/Waffe“ versehen. Hierbei zeigt er sich auch formal als Epigone von Anselm Kiefer.

"Alles ist Spielzeug. Das ist alles gewesen. Ob Kommunismus, Nationalsozialismus, das alte Ägypten oder das alte Rom, nichts kommt wieder. Von der Straße kann ich mir auch keine Revolution mehr erhoffen, der Mensch schafft das nicht. Wir sollten etwas anderes sich lostreten lassen, der Vulkan der Kunst möge ausbrechen."[23]

Meese arbeitete unter anderem mit den Malern Jörg Immendorff, Albert Oehlen, Tim Berresheim, Daniel Richter, Tal R und dem Komponisten Karlheinz Essl zusammen.

Arbeiten von Meese wurden von Museen wie dem Pariser Centre Pompidou, dem Städel Museum in Frankfurt oder dem Museum Abteiberg in Mönchengladbach angekauft und befinden sich in öffentlichen Sammlungen wie der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland in Bonn, sowie in privaten Sammlungen in Deutschland (Sammlung Falckenberg), England (Saatchi Gallery) und Österreich (Sammlung Essl). Meese wird von einer Reihe von Galerien vertreten, die wichtigste für sein Werk ist seit seinem Durchbruch unverändert die Berliner Galerie „Contemporary Fine Arts“.

Rezeption

Zeugnisse von Zeitgenossen

In der Abhandlung „Diskursive Kulturwissenschaft“ beschreibt Elize Bisanz das Werk als ein Phänomen eines „Neurotischen Realismus“. Ein Naturalismus, so Bisanz „mit einem spektakulären Hang zur Wiedergabe von Angstgefühlen, Depressionen und Zwangsphänomenen“.[24]

Nach Harald Falkenberg, Leiter der Kulturstiftung Phonix Art in Hamburg, Initiator der Sammlung Falckenberg, steht Meese in einer Tradition der „Groteske“, in der sich Künstler „gegen das Schöne und Wahre und Gute richten“. Narren haben in der Gesellschaft eine reinigende Kraft, so Falkenberg, „weil sie das richtige in Frage stellen“.[1]

Dem Künstlerkollegen Georg Baselitz zufolge, der ebenfalls Meeses Werke sammelt, muss man „den Wahrheitsgehalt im Werk skeptisch gegenüber treten und nicht alles glauben“.[1] Der verstorbene Jörg Immendorff, der wie auch Baselitz und Meese von der Galerie „Contemporary Fine Arts“ vertreten wurde, sagte in einem Interview mit dem Magazin Monopol (Zeitschrift) „Jonathan Meese ist mir in seinem radikalen Denken sehr nah“ und er „glaube, man kann diesen Beruf nur überleben, wenn man radikal gegen sich selbst ist“.[25]

Kunst- und kulturwissenschaftlicher Diskurs

Auf die Themenauswahl und Formsprache bezugnehmend, erläutert Werner Pelikan in einer Gegenüberstellung von Jonathan Meese und Anselm Kiefer in seiner Dissertation „Mythen und Mythenbildung in Kunst und Werbung“, dass sich zwar beide Künstler einer jeweils durchgängigen individuellen Formsprache bedienen, die Themenauswahl jedoch nicht derart abweichend ist. Eine aktuelle Mythen-Debatte wird, beschreibt Werner Pelikan, gerade an der Gegensätzlichkeit dieser beiden Künstler deutlich.[26][27]

Wie bei Kiefer, der sich 1969 mit seinen Aktionen ‚Besetzungen‘ in „bevorzugten südlichen Reiseländern der Bundesdeutschen mit dem Nazi-Gruß salutierend darstellt(e)“, so ist auch bei Jonathan Meese der Hitlergruß in vielen Aktionen provokativ zur Schau gestellt worden. Dies wurde stets, wenn auch unkritisch, von einigen deutschen Tageszeitungen aufgegriffen.[28]

In einem Interview mit Tina Petersen und Angelika Leu-Barthel in den Deichtorhallen Hamburg 2005 erklärte Meese: „Wenn ich einen Hitlergruß auf der Bühne mache, dann ist das nicht meine Meinung. Es geht nicht um Jonathan Meese, sondern es geht um die Sache, und ich glaube ja, dass die sich an mir abspielt.“[29]

Der Journalist Georg Diez stellte in einem Beitrag unter dem Titel „Führer spielen – Warum deutsche Künstler die Finger von Hitler lassen sollten“ für Die Zeit im Juli 2007 fest: „Es wirkt bei Meese allerdings nicht so, als ob er Hitler bannen wollte; es wirkt eher wie eine Anrufung. Und merkwürdig ist nun, dass es gerade in einer Zeit, da die letzten Zeitzeugen sterben, und gerade bei einer Generation, die so frei schien von diesem Schatten, diesen Reiz gibt, sich der Energie des Bösen, des Verbotenen zu bedienen. In seiner großen Frankfurter Ausstellung hatte Meese schräg über sein Selbstporträt Hitlers Bild an die Wand geklebt; und darauf hatte er das Wort »Vater« geschrieben.“[30]

Diktatur der Kunst

Im Zusammenhang der erhöhten Bühnenpräsenz rief Meese insbesondere in Interviews, Manifesten und bildnerisch-künstlerischen Mitteln eine „Diktatur der Kunst“ aus.[31]

„Bei der «Diktatur der Kunst» geht es um die liebevollste Herrschaft einer Sache, wie Liebe, Demut und Respekt, zusammengefasst und gipfelnd in der Herrschaft der Kunst. In der Allmacht der Kunst geht es nicht um das Machtgehabe des Künstlermenschen oder um die Machtfantasien von Selbstverwirklichern und Realitätsfanatisten, sondern um die antinostalgische, alternativlose Macht der Kunst, also der Sache. Kunst stellt die Machtfrage, nicht der Künstler.“[32]

Dabei hebt er immer wieder die Demut hervor und stellt sich als eine „Ameise der Kunst“ dar, die ohnehin nur ausrufe „was alternativlos ohnehin passieren wird (…) In der Diktatur der Kunst regiert die Sache, wie Licht, Atmung, Gelee (Erz), Liebe oder totale Schönheit, wie z. B. Scarlett Johansson.“[32][33]

Ausstellungen

Einzelausstellungen (Auswahl)

  • 2010: Jonathan Meese. 3 x C? CIRCUSSYS CERAMICUSSUS CALIGOLOSSOZ (Once Upon a Time in Fort Knoxoz) Centro de Arte Contemporáneo, Málaga.[34]
  • 2010: Jonathan Meese – Mein Taxi ist schon weg. Humpty DUMPTY’S NAHRUNGSKETTE de BRONSON: SAALKUNST IST die Totale Graphik, wie MUMIN de Scarlettierbaby’s METABOLSMUSSCHNAUZE. EIEIEI, Galerie Noah, Augsburg
  • 2009: Jonathan Meese – Erzstaat Atlantisis, Arp Museum Bahnhof Rolandseck
  • 2007: Jonathan Meese, Kunstraum Innsbruck, Innsbruck
  • 2007: Jonathan Meese – Fräulein Atlantis, Essl Museum, Klosterneuburg/Wien
  • 2007: Jonathan Meese – Jonathan Rockford (Don’t call me back, please), De Appel, Amsterdam.[35]
  • 2006: Jonathan Meese – mama johnny, Deichtorhallen, Hamburg
  • 2005: Jonathan Meese – Sherwood Forest, De Hallen, Haarlem
  • 2004: Képi Blanc – nackt, Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main
  • 2002: Jonathan Meese, kestnergesellschaft, Hannover
  • 2000: Jonathan Meese, Kunst-Werke Berlin – KW Institute for Contemporary Art, Berlin
  • 1999: Jonathan Meese, Neuer Aachener Kunstverein, Aachen

Teilnahme an Gruppenausstellungen (Auswahl)

  • 2010: Märchen Kunst, Kunsthalle Darmstadt
  • 2010: Macht zeigen – Kunst als Herrschaftsstrategie (mit Clegg & Guttmann, Thomas Huber, Verena Landau) kuratiert von Wolfgang Ullrich, Deutsches Historisches Museum, Berlin
  • 2008: back to black – schwarz in der aktuellen malerei, Kestnergesellschaft, Hannover.
  • 2008: Konstellationen III, Städel, Frankfurt/Main.
  • 2008: Rubben – Booked for killing a Policeman", Laden fuer Nichts, Leipzig.
  • 2007: Die Peitsche der Erinnerung, Kunstverein Rosenheim.
  • 2007: Das Gelände, Kunsthalle Nürnberg.
  • 2006: SITE Santa Fe’s Sixth International Biennial, Santa Fe, NM.
  • 2006: Jonathan Meese /Daniel Richter" - Die Peitsche der Erinnerung Kunsthaus Stade
  • 2005: Tal R and Jonathan Meese – mother, Statens museum for kunst, Kopenhagen.
  • 2005: Dionysiac, Centre Pompidou, Paris.
  • 2005: Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF-Ausstellung, Kunst-Werke Berlin – KW Institute for Contemporary Art, Berlin.
  • 2004: Rheingold III, Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach.
  • 2003: solo mortale, Kasseler Kunstverein, Kassel.
  • 2003: actionbutton, Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart, Berlin.
  • 2003: Grotesk! 130 Jahre Kunst der Frechheit, Schirn Kunsthalle, Frankfurt/Main.
  • 2001: Jonathan Meese – Patty Chang, Fri Art – Centre d'art contemporain, Fribourg.
  • 2000: Wounded Time. Avantgarde zwischen Euphorie und Depression, Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach.
  • 1999: Wunderkammern – Christian Flamm, Bernd Krauß, Jonathan Meese, Frankfurter Kunstverein, Frankfurt/Main.
  • 1999: GENERATION Z, P.S.1 Contemporary Art Center, Long Island City.
  • 1999: Jonathan Meese/Nic Hess/Kerim Seiler, Neue Kunsthalle, St. Gallen.
  • 1998: 1. Berlin Biennale für Zeitgenössische Kunst, berlin biennale für zeitgenössische kunst, Berlin.

Literatur

  • Jonathan Meese, Peter Hönnemann: 24 h, Edition Braus, 2007, ISBN 978-3-89904-293-1
  • Jonathan Meese, Robert Fleck, Annette Sievert: Jonathan Meese. Mama Johnny. Retrospektive. Buch zur Ausstellung in Hamburg, Grenoble, Verlag der Buchhandlung König, 2007, ISBN 3-86560-090-5
  • Jonathan Meese, Robert Fleck, Karlheinz Essl jun.: Jonathan Meese – Fräulein Atlantis, Prestel, 2008, ISBN 978-3-7913-4110-1
  • Stefan Bidner, Jonathan Meese: Totale Neutralität. Jonathan Meese: Diktatur der Kunst, Verlag der Buchhandlung König, 2008, ISBN 3-86560-506-0

Weblinks

 Commons: Jonathan Meese – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e ARD Mediathek: Jonathan Meese. Aus: Deutschland, deine Künstler. In: Business Week (Archives). Sendung vom 17. Juli 2008 (abgerufen am 10. Dezember 2008)
  2. Radikal schon vor dem Zähneputzen. In: Die Weltwoche, Nr. 26/06
  3. Alain Bieber: In meiner Rüstung. In: Artnet, 19. Mai 2006. (abgerufen am 10. Dezember 2008)
  4. Der Erzkünstler. In: Art – das Kunstmagazin, März 2004. ISSN 0173-2781 (Abgerufen am 10. Dezember 2008.)
  5. NAK Neuer Aachener Kunstverein – Jonathan Meese: Ausstellung im NAK: 24. Januar – 7. März 1999 (Abgerufen am 10. Dezember 2008.)
  6. Insgesamt 77.000 Kunstinteressierte besuchten in drei Monaten die 2,5 Millionen Mark teure Ausstellung im ehemaligen Postfuhramt. art-magazin.de, 03/1999
  7. a b c Eine Sause in die Welt der Gefühle. In: Art Magazin, 11/1989 (abgerufen am 12.Dezember 2008)
  8. Jan Verwoert: Berlin Biennale. In: Frieze Magazin, Issue 44, Jan-Feb 1999 (abgerufen am 22.Dezember 2008)
  9. Peter Richter: Goethe Institut Frankreich: „Essay Jonathan Meese“ (Link nicht mehr abrufbar), erschienen in "Ein Jahr in Deutschland", ein Projekt des Goethe-Institut Tokyo, im Februar 2006: Deutsche Trends im Rückblick. Design, Mode, Pop und Kultur im Zeitraum Oktober 2004 bis März 2006. (Abgerufen am 11. Dezember 2008.)
  10. Petra Ahne: Der Verstörer. In: Berliner Zeitung, 29. Januar 2004
  11. Gerhard Ahrens: Stiftung Schloss Neuhardenberg „Zarathustra“ – Eine theatralische Exkursion nach Friedrich Nietzsche. In: Berliner Zeitung, 30. Juni 2006
  12. Kunstkompass 2006: Gerhard Richter behauptet den Spitzenplatz. Capital.de, Vorabmeldung 23/2006 (abgerufen am 14. Dezember 2008)
  13. Jonathan Meese gestaltet Atlantis-Ausstellung für Arp-Museum, ddp, 5. Februar 2009
  14. Pressemitteilung des Arp Museum Bahnhof Rolandseck (MS Word)
  15. Eva Beuys, Wenzel Beuys: ATLANTIS. Joseph Beuys, 3 Aktionen 1964–1965. Steidl-Verlag, Göttingen 2008
  16. Jonathan Meese und der «Erzstaat Atlantisis». Deutsche Welle Kultur.21, auf youtube.com
  17. Christoph Gehring: Am Vorabend der Diktatur der Kunst – Jonathan Meese im Arp-Museum. (aufgerufen 20. August 2009)
  18. Dannunzioz
  19. Deutsche Welle: Video des Tages – Jonathan Meese und Herbert Volkmann Deutsche Welle, auf youtube.com
  20. Pressemitteilung Mönchehaus Museum Goslar (PDF; aufgerufen 20. August 2009)
  21. Saalmanifest – Kurzversion des am 17. Juli 2009 datierten Goslar Manifest (PDF; aufgerufen 20. August 2009)
  22. Saalmanifest de Large – Ausführliche Version des am 17. Juli 2009 datierten Goslar Manifest (PDF)
  23. Im Spielzimmer. In: Die Zeit, Nr. 4/2008
  24. Elize Bisanz: Diskursive Kulturwissenschaft: Analytische Zugänge zu symbolischen Formationen der Post-westlichen Identität in Deutschland. LIT Verlag, Berlin/Hamburg/Münster, 2005, ISBN 3-8258-8762-6
  25. Jörg Immendorff Seelenverwandt mit Meese. In: Tagesspiegel.de, 12. Juni 2007 (abgerufen am 21. Dezember 2008)
  26. Werner Pelikan: Mythen und Mythenbildung in Kunst und Werbung – Grundmuster der Kommunikation. Dissertation an der Universität Kassel Fachbereich Kunstwissenschaft, 2005 (Link nicht mehr abrufbar)
  27. Vgl.: Morgan Falconer: „Jonathan Meese“, Frieze Magazin, Issue 79, Nov-Dez 2003 „Not surprisingly, Anselm Kiefer’s name has surfaced in discussion of Meese’s historical work, it being necessary, in some degree at least, to justify his regularly uncompromising strategies. The fact that the two artists belong to different generations makes the comparison awkward, but either way it’s interesting that the argument still seems worth having. Expressionism clearly continues to possess a radical force that bites at modern, rationalized order (just as it did at incipient fascism in the 1930s), and yet it also carries its own quotient of machismo; it’s the blend of the two that makes it so potent. The problem with ‘Freiheit’ is that Meese wants none of this to matter: his is a Nietzschean model of artistic self-hood that changes shape at will and spits insolently at all sacred cows. The quest is to make the artist sovereign over all he surveys; the invocation in the show’s title is hence typical.
  28. Jonathan Meese: Mama Johnny mit Hitlergruß. In: Spiegel Online, 20. September 2007.
    Christian Bartel: Jonathan Meese verweigert den Hitler-Gruß. In: Welt.de, 7. Juni 2007.
    Tobias Haberl: „Rebell Yell“ und Hitlergruß. In: Stern.de vom 16. April 2007.
    Miriam Bandar: Hitlergruß und Unterhosen. In: Tagesspiegel.de, 21. September 2007.
    Cosima Lutz: Jonathan Meese, die „Ameise der Kunst“. In: Berliner Morgenpost, 11. Februar 2008. (Alle Online-Inhalte aufgerufen am 14. Dezember 2008.)
  29. Tina Petersen, Angelika Leu-Barthel: jonathan meese über mama johnny. 21. März 2005 (aufgerufen 14. Dezember 2008)
  30. Georg Diez: Führer spielen – Warum deutsche Künstler die Finger von Hitler lassen sollten. In: Die Zeit, Nr. 29/2007
  31. „Die BABYDIKTATORIN der Kunst „SCARLETTIERBABY“ im „PLATINSCHMUCKKÄSTCHEN“ der SAALREVOLUTION, SÜSS. (SAFARISCARLETTIERKIND mit SÜSSESÜSSESÜSSESDIADEM als TOTALE KUNST, erzfrisch, üppig und lieb im STAHLSAAL=DEPOT der DEMUT, DU-DU-DU)“ Manifest: Diktatur der Kunst, Berlinerfestspiele.de | Manifest von Jonathan Meese (Link nicht mehr abrufbar)
  32. a b Barbara Basting: Die Kunst ist ja die Gegenwelt. In: Tagesanzeiger, 6. März 2006
  33. Gerrit Gohlke: Jonathan Meeses artnet-Manifest in artnet.de, 28. Februar 2008 (abgerufen 14. Dezember 2008)
  34. Jonathan Meese, CAC Málaga vom 9. April bis 20. Juni 2010.
  35. Jonathan Meese „Jonathan Rockford (Don’t call me back, please)“, De Appel, Amsterdam, vom 26. Mai bis 19. August 2007.

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