Struvit

Struvit
Struvit
Struvit Guelleaufbereitung.jpg
Struvitkristalle aus einer Gülleaufbereitungsanlage der TU Hannover
Chemische Formel (NH4)Mg[PO4] • 6H2O
Mineralklasse Phosphate, Arsenate, Vanadate
8.CH.40 (8. Auflage: VII/C.23-10) (nach Strunz)
40.01.01.01 (nach Dana)
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse rhombisch-pyramidal \ mm2 [1]
Farbe farblos, weiß, braun
Strichfarbe weiß
Mohshärte 2
Dichte (g/cm3) gemessen: 1,711 ; berechnet: 1,706
Glanz Glasglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch muschelig bis uneben
Spaltbarkeit gut nach {001}, undeutlich nach {010}
Habitus isometrisch, keilförmig, kurzprismatisch bis tafelig, hemimorph
Häufige Kristallflächen {011}, {100}, {001}, {101}, {101}, {102},
Zwillingsbildung nach {001}
Kristalloptik
Brechungsindex nα = 1,495 ; nβ = 1,496 ; nγ = 1,504[2]
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
δ = 0,009[2] ; zweiachsig positiv
Winkel/Dispersion
der optischen Achsen
2vz ~ gemessen: 37° ; berechnet: 40° [2]

Struvit, auch als chemische Verbindung Ammoniummagnesiumphosphat bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (NH4)Mg[PO4] • 6H2O[3] und entwickelt meist farblose und durchsichtige, hemimorphe Kristalle mit isometrischem, keilförmigem oder kurzprismatischem bis tafeligem Habitus bis etwa 3 cm Größe. Durch Kristallbaufehler bzw. vielfache Verzwillingung oder Fremdbeimengungen kann Struvit auch in weißer oder brauner Farbe auftreten.

Inhaltsverzeichnis

Besondere Eigenschaften

Ammoniummagnesiumphosphat zählt zu den besonders schwerlöslichen Verbindungen des Ammoniums und Magnesiums. In der langen, sargförmigen Kristallform des Struvits ist diese Verbindung so charakteristisch, dass sie im klassischen analytischen Trennungsgang zum Nachweis von Magnesium dient.

In warmer und trockener Luft laufen die Kristallflächen von Struvit mit der Zeit durch Dehydratisierung weiß an.

Struvit ist pyroelektrisch und piezoelektrisch, kann also durch intervallartige Wärmeänderung und Verformungen elektrische Spannung aufbauen.

Etymologie und Geschichte

Struvit wurde erstmals 1846 bei archäologischen Grabungen unter der Kirche St. Nikolai in Hamburg gefunden und durch Georg Ludwig Ulex beschrieben, der das Mineral nach dem Naturkundler Heinrich Christoph Gottfried von Struve (1722-1851) benannte.[4]

Typmaterial des Minerals befindet sich unter anderem im Mineralogischen Museum der Universität Hamburg.[5]

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Struvit zur Mineralklasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate ohne fremde Anionen“, wo er zusammen mit Dittmarit, Hannayit, Mundrabillait, Niahit, Schertelit, Stercorit und Swaknoit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der IMA verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Struvit ebenfalls in die Abteilung der „Wasserhaltigen Phosphate ohne fremde Anionen“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen und dem Verhältnis Anionenkomplex RO4 zu H2O. Das Mineral ist damit entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit großen und mittelgroßen Kationen, RO4 : H2O < 1 : 1“ zu finden, wo es zusammen mit Struvit-(K) die unbenannte Gruppe 8.CH.40 bildet.

Die Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Struvit ebenfalls in die Klasse der „Phosphate, Arsenate und Vanadate“ und dort in die Abteilung der „Hydratisierte Phosphate etc.“ ein. Dort ist er ebenfalls zusammen mit Struvit-K in der unbenannten Gruppe 40.01.01 innerhalb der Unterabteilung „Hydratisierte Phosphate etc., mit A2+ B2+ (XO4) × x(H2O)“ einsortiert.

Bildung und Fundorte

Belag aus einem Faulbehälter der Kläranlage Hannover-Herrenhausen

Struvit bildet sich in der Natur meist in torfiger, mit Viehmist oder Vogel- bzw. Fledermauskot vermischter Erde in Oberflächenablagerungen oder in Höhlenböden. Dort tritt es in Paragenese unter anderem mit Newberyit, Hannayit, Brushit und Stercorit auf.

Weltweit konnte Struvit bisher (Stand: 2010) an etwa 45 Fundorten nachgewiesen werden, so in einigen Regionen von Victoria und Tasmanien in Australien; in der Gcwihaba Höhle bei Maun in Botswana; in einigen Regionen der kanadischen Provinzen Yukon, Québec, Neufundland und Labrador; bei Aalborg in Dänemark; auf den Falklandinseln; in Deutschland neben seiner Typlokalität St. Nikolai (Hamburg) noch bei Bad Homburg vor der Höhe (Hessen) und Lüneburg (Niedersachsen); bei Trepča im Kosovo; im malayischen Bundesstaat Sarawak; auf Ichaboe Island in Namibia; im niederländischen Amsterdam; auf Réunion im indischen Ozean; am Saldanha Strand der Insel Hoedjes am Westkap von Südafrika; in den US-amerikanischen Regionen Colorado, Kalifornien und Maine sowie im Bundesstaat Miranda (Venezuela).[2]

Des Weiteren kann sich Struvit auch bei der Abwasserreinigung und bei der Gülleaufbereitung bilden. Stellenweise treten dabei so hohe Konzentrationen von Ammonium, Magnesium und Phosphat auf, dass die Sättigungskonzentration von Struvit überschritten wird. Dann bilden sich Beläge aus Struvit, die den Betrieb von Klär- oder Gülleaufbereitungsanlagen beeinträchtigen können.

In der Medizin ist Struvit bekannt als Material von Nierensteinen. Etwa elf Prozent der Nierensteine sind "Struvitsteine". Struvitsteine sind die häufigsten Nierensteine bei Kindern (etwa 93%).[6] Sie bilden sich in alkalischem Urin. Ursache der Alkalisierung sind Bakterien – vor allem Proteus mirabilis – meist in Folge einer Pyelonephritis aufgrund eines aufsteigenden Harnwegsinfekts. Ausgangsstoff ist die Harnsäure, die bakteriell zu Ammoniak abgebaut wird. Hauskatzen sind unter den Haustieren besonders häufig von Struvitsteinen betroffen.

Kristallstruktur

Struvit kristallisiert isostrukturell mit Struvit-(K) im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Pmn21 mit den Gitterparametern a = 6,95 Å; b = 6,14 Å; c = 11,22 Å sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Webmineral - Struvite (englisch)
  2. a b c d Mindat - Struvite (englisch)
  3. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 487.
  4. G.L.Ulex: Ueber Struvit (Liebig) Annalen der Chemie und Pharmacie, 66, 1848, 41-44
  5. Typmaterial-Katalog der Uni Hamburg - Struvit
  6. Kinder- und Jugendmedizin: Koletzko, 13. Auflage. S. 478f.

Literatur

Weblinks

 Commons: Struvite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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