Sulfonamid

Sulfonamid
p-Aminobenzoesäure
allg. Struktur von Sulfonamiden

Sulfonamide, Amide der Sulfonsäuren, die durch die Gruppe –SO2NHR– charakterisiert sind. Sie zählen zu einer Gruppe von Chemotherapeutika. Ihre Wirkung beruht darauf, dass sie als Antimetabolite der p-Aminobenzoesäure (PABA) dasjenige Enzym des Stoffwechselweges der Folsäure-Synthese kompetitiv inhibieren, welches die Dihydropteronsäure-Bildung katalysiert.

Eukaryotische (und damit auch menschliche) Zellen sind hiervon nicht betroffen, da diese Folsäure nicht selbst herstellen können. Typische Vertreter sind Sulfamethoxazol, das länger wirksame Sulfadoxin, Sulfacarbamid mit kürzerer Wirkdauer oder Sulfasalazin, das im Darm nicht aufgenommen wird.

Chemisch gesehen sind Sulfonamide Analoga von Amiden, deren Carbonylgruppe durch eine Sulfongruppe ersetzt ist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Sulfonamide sind die ersten Breitspektrumantibiotika und wurden noch vor dem Penicillin, aber nach dem Schmalspektrumantibiotikum Arsphenamin, von Gerhard Domagk entdeckt und industriell hergestellt, der hierfür 1939 den Nobelpreis verliehen bekam. Domagk forschte für die I.G. Farben im Bayer-Stammwerk in Wuppertal an Azofarbstoffen und stellte dabei fest, dass Prontosil das bakterielle Wachstum hemmt. Ursprünglich wurden sie als orale Antidiabetika verwendet. Das erste Medikament mit diesem Wirkstoff kam als Prontosil auf den Markt. Nachfolger in dieser Richtung sind die Sulfonylharnstoffe. Auch die Thiaziddiuretika sind strukturell mit den Sulfonamiden verwandt.

Eigenschaften

Sulfonamide wirken bakteriostatisch. Werden sie einzeln eingesetzt, bilden sich schnell Resistenzen. Daher kombiniert man sie bevorzugt mit Dihydrofolsäurereduktase-Hemmern wie Trimethoprim (Cotrimoxazol s.u.). Sie sind relativ hydrophil, können als Tablette gegeben werden und werden mit unterschiedlichen Halbwertszeiten überwiegend über die Nieren ausgeschieden. Den Prozess der Sezernierung in den Nierentubuli teilen sie mit einigen anderen Säuren, die sich dann gegenseitig in ihrer Ausscheidung behindern: Harnsäure, Urikosurika und Urikostatika, Acetylsalicylsäure, Thiaziddiuretika, Penicillin und Makrolide. Der Ausscheidungsweg hat außerdem zur Folge, dass sie sich im harnableitenden System anreichern, was auch ihren wesentlichen Anwendungsbereich darstellt.

Kombination

Sulfonamide werden heute in Kombination mit Diaminopyrimidinen eingesetzt. Eines der Kombinationspräparate heißt Cotrimoxazol und besteht aus Sulfamethoxazol plus Trimethoprim im Verhältnis 5 zu 1. Die Kombination soll die Entstehung von Antibiotikum-Resistenzen unwahrscheinlicher machen, außerdem potenziert sich die Wirkstärke von Antibiotika, die den gleichen Stoffwechselweg an unterschiedlicher Stelle blockieren.

Wechselwirkungen

Bei gleichzeitiger Verabreichung von Lokalanästhetika aus der Gruppe der para-Aminobenzoesäureester (zum Beispiel Procain oder Tetracain) kommt es zu einem Antagonismus, da diese die Wirkung von Sulfonamiden aufheben. Weiterhin kommt es zu unerwünschten Wechselwirkungen mit Hexamethylentetramin (Methenamin) und zum Teil auch mit Phenylbutazon.

Anwendung

Sulfonamide wirken gegen Darmbakterien, zum Beispiel Escherichia coli, Enterococcus, Pseudomonas, Salmonella, Shigella. Sie wirken außerdem gegen Staphylococcus, Streptococcus, Neisseria, Pneumocystis jirovecii, Toxoplasma gondii, Neospora caninum und Plasmodien. Sie werden hauptsächlich als Cotrimoxazol gegen unkomplizierte Harnwegsinfektionen eingesetzt und gegen Pneumonie durch Pneumocystis jirovecii (früher: P. carinii), hier als einziges Medikament. Ferner werden sie in diversen Kombinationen gegen therapiebedürftige Toxoplasmose oder Malaria eingesetzt.

In der Veterinärmedizin sind Sulfonamide gängige Antibiotika, die bei Atemwegs-, Magen-Darm- und Harnwegserkrankungen eingesetzt werden. Des Weiteren sind sie oft Mittel der Wahl bei der Behandlung von Nagetieren, da diese im allgemeinen eine breite Unverträglichkeit auf Antibiotika (insbesondere Penicillin) aufweisen. Im Geflügelbereich waren Sulfonamide über lange Zeit das Mittel zur Bekämpfung von Kokzidien.

Nebenwirkungen

Sulfonamide sind nicht für die Schwangerschaft zugelassen, vor allem nicht um den Geburtstermin herum, da sie beim Neugeborenen eine gefährliche Hyperbilirubinämie verursachen können. Zum anderen können Allergien bestehen, vor allem auf der Haut. Selten kommen Blutbildveränderungen oder hepatische Cholestase vor, wie bei den Sulfonylharnstoffen. Außerdem wird die Kammerwasserbildung gehemmt, da Sulfonamide die Wirkung der Carboanhydrase hemmen. Dies führt zu einer effektiven Senkung des Augendrucks. Augentropfen mit modifizierten Sulfonamiden werden deswegen heute als Mittel der ersten Wahl bei der Behandlung des Glaukoms verwendet.

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