- Thun und Hohenstein
-
Thun bzw. Thun und Hohenstein ist der Name eines österreichischen Adelsgeschlechts, das sich seit dem 12. Jahrhundert nachweisen lässt. Die Grafschaft Hohenstein in Niedersachsen, heute Thüringen, gehörte von 1628 bis 1648 zu ihrem Herrschaftsbereich. Der Stammsitz der Familie lag auf dem Nonsberg, heute Nonstal, (Südtirol). Ab dem 17. Jahrhundert waren sie auch in Böhmen und Mähren begütert.
1495 wurde die Familie in den Freiherrnstand erhoben und 1629 wurde ihnen der Reichsgrafenstand zugesprochen. Im Jahr 1911 erfolgte die Erhebung in den Fürstenstand mit dem Prädikat „Durchlaucht“. Im Jahr 1919 wurde der Adel in Österreich mit dem Adelsaufhebungsgesetz aufgehoben.
Das Adelsgeschlecht stellte einen österreichischen Ministerpräsidenten und bekleidete viele hohe Kirchenämter als Bischof, Erzbischof und Kardinal.
Inhaltsverzeichnis
Etymologie und Namensentwicklung
Die Familie Thun und Hohenstein war am Anfang ihrer Existenz den diversen sprachlichen Einflüssen in der Alpenregion ausgesetzt. In den Urkunden des 11. bis 13. Jahrhunderts wurden sie auch Thunne, Tunnum, Tonnum, Tonno, Tono und Tunno genannt.
Als Simon von Thun 1407 in den Elephantenbund eintrat, etablierte sich der Name Thun endgültig und fand fortan Verwendung. Mit Beginn der Herrschaft über die Grafschaft Hohenstein ab dem Jahr 1628 wurde ebendiese Teil des Familiennamens.
Als Thun und Hohenstein sind die diversen Linien im Adelsarchiv registriert.
Herkunft und Besitztümer
Die Ursprünge der Familie Thun und Hohenstein, die bis ins 12. Jahrhundert urkundlich belegt sind, die in Legenden sogar mit dem Heiligen Vigilius, dem Schutzpatron von Trient (4. Jahrhundert), in Verbindung gebracht werden, liegen auf dem Nonsberg, im heutigen Nonstal, in Südtirol.
Dort gibt es heute noch die mehrere Dörfer umfassende Gemeinde Ton und dort hatte die gleichnamige Pfarre ihren Sitz, die es ab immemorabili gab. Der erste Familiensitz befand sich wahrscheinlich auf dem Dosso del Castelletto, wo heute das Kirchlein S. Margherita steht; nach Mitte des 13. Jh. wurde die Familie mit dem heutigen Castell Thun in der Gemeinde Ton, das bis ins 15. Jh. als Castrum Novesini oder Belvesini bezeichnet wird, belehnt.
Der Aufstieg der Thuns begann Anfang des 13. Jahrhunderts und beschleunigte sich im 14. Jahrhundert, in einer Zeit großer Spannungen zwischen dem Fürstbistum Trient und der Grafschaft Tirol. Auch dank ihrer weitsichtigen Heiratspolitik kam die Familie Thun und Hohenstein in den Besitz zahlreicher und bedeutender Rechte und Besitztümer. Hierzu zählen u.a.:
- Castell Brughier mit seinen Ländereien (1321–1322);
- die Güter der Altaguarda (1387);
- das Erbe der Caldes (1464: Castell Caldes,
- die Rocca di Samoclevo,
- eine Hälfte von Castel Cagnò,
- Castel Mocenigo,
- Castel Rumo,
- Castel San Ippolito
- Castell Thun
- Schloss Klösterle
- mehrere Paläste in Prag und Wien
sowie
- Gerichtsbarkeit über Castelfondo (Pfandlehen seit 1471)
- und die bischöflichen Gerichtsbarkeiten Masi di Vigo, Tuenetto, Rabbi.
Geschichte
Im 15. Jahrhundert konnten die Thun ihre Macht und ihre Besitztümer weiter steigern. Parallel dazu wuchs auch ihr Prestige. Im Jahr 1469 wurde ihnen das erbliche Hofamt des Mundschenks des Trentiner Fürstbistums verliehen und 1558 dasselbe Amt in Brixen. 1604 erhielten sie vom Kaiser Rudolf II. den Freiherrntitel. Bis in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts gelang es der Familie, ihr Vermögen ungeteilt zu bewahren, obwohl sich bereits mehrere Linien abgezeichnet hatten; danach nahm Sigmund (1537–1597), in seiner Eigenschaft als Senior der Familie, die Aufteilung der Güter in drei Teile vor. Nach einer langen und problematischen Transaktion, die durch die formelle Urkunde vom 9. April 1596 besiegelt wurde, bestätigte sich die Unterteilung in die drei Linien Castell Thun, Castell Brughier und Castell Caldes (1633 erloschen).
Die Linie Castell Brughier wurde nach dem Tode Sigmunds unter dessen drei Söhnen erneut aufgeteilt:
- Johann Cyprian (1569–1631) erhielt die Gerichtsbarkeit über Castelfondo;
- Georg Sigismund (1573–1651) bekam Castell Brughier;
- Christoph Simon (1582–1635) erbte zahlreiche Besitztümer, aber keine Burg.
Er wurde 1628 mit der Grafschaft Hohenstein und dem damit verbundenen Adelstitel (1629) belehnt, der später auch nach dem Verlust der Grafschaft Hohenstein (1642) auf die gesamte Thunsche Nachkommenschaft überging. Darüber hinaus schenkte er die in Böhmen erworbenen Güter Johann Cyprian, der Castelfondo verließ und sich jenseits der Alpen niederließ.
Am 24. August 1629 erfolgte die Erhebung in den Reichsgrafenstand mit Hoch- und Wohlgeboren für die Brüder
- Wolfgang Dietrich,
- Rudolf, k.k. Kämmerer u. Ritter des Deutschen Ordens,
- Christoph Richard, Domherr zu Trient,
- Johann Jacob
- Maximilian.
Johann Cyprian ging nach Böhmen, wo er die böhmische Linie der Familie Thun gründete. Diese spaltete sich wiederum in die drei Majorate Klösterle, Tetschen und Choltitz und den Zweig Benatek-Ronsberg auf.
Im 17. und 18. Jahrhundert konsolidierten die Trentiner Linien der Familie Thun die Macht und den Reichtum ihres Hauses. Die zahlreiche Nachkommenschaft der Linie Castell Brughier gründete weitere Zweige: die sog. zweite und letzte Linie von Castell Caldes, die Linie Croviana, und die Linie Castelfondo. Unter den vielen Persönlichkeiten, die im politischen, militärischen und kirchlichen Bereich hochrangige Positionen erreichten, sei nur Emanuel Maria Graf von Thun und Hohenstein aus der Linie Castell Brughier genannt, der in der schwierigen Zeit 1800–1818 in Trient das nur mehr kirchliche Amt des Bischofs bekleidete. Auch das Geschlecht von Castell Thun übte entscheidenden Einfluss auf die Trentiner Geschichte aus und stellte drei Fürstbischöfe:
- Sigismund Alphons Graf von Thun und Hohenstein von 1668–1677
- Dominicus Anton Graf von Thun und Hohenstein von 1730–1738
- Peter Michael Vigil Graf von Thun und Hohenstein von 1776–1800
Bekannte Namensträger
- Christoph Thun-Hohenstein (* 1960), österreichischer Jurist, Diplomat, Kunstmanager und Publizist
- Christoph Simon von Thun (1582-1635) Prior des Malteserordens und Obersthofmeister
- Dominicus Anton Graf von Thun und Hohenstein (1683–1738), Fürstbischof von Trient
- Eleonore Barbara Gräfin von Thun und Hohenstein (1661–1723), Fürstin von Liechtenstein
- Emanuel Maria Graf von Thun und Hohenstein (1763–1818), Fürstbischof von Trient
- Erwein Sigmund Graf von Thun und Hohenstein (1896-1946), Offizier, zuletzt Major im militärischen Geheimdienst der Wehrmacht
- Ferdinand Thun (* 1921), Diplomat im Dienst der DDR
- Franz von Thun und Hohenstein (Offizier) (Graf von T. u. H.; 1826–1888), österreichischer Offizier
- Franz von Thun und Hohenstein (Politiker) (Fürst von T. u. H.; 1847–1916), österreichischer Politiker
- Franz Anton I. von Thun und Hohenstein (1786–1873)
- Franz Anton II. von Thun und Hohenstein (1809–1870), Kunstmäzen
- Friedrich Franz Graf von Thun und Hohenstein (1810–1881), österreichischer Diplomat, Präsidialgesandter am deutschen Bundestage
- Friedrich von Thun (* 1942), Schauspieler
- Galeas (Galeazzo) Maria Graf von Thun und Hohenstein (1850–1931), Großmeister des Malteserordens
- Guidobald Graf von Thun und Hohenstein (1616–1668), Kardinal, Fürsterzbischof von Salzburg und Bischof von Regensburg
- Jakob Maximilian Graf von Thun und Hohenstein (1687–1742), Fürstbischof von Gurk
- Johann Ernst Graf von Thun und Hohenstein (1643–1709), Fürsterzbischof von Salzburg und Bischof von Seckau
- Johann Joseph Anton Graf von Thun und Hohenstein (1711–1788), Mozart schrieb für ihn seine 36. Sinfonie
- Joseph Maria Graf von Thun und Hohenstein (1713–1763), Fürstbischof von Passau
- Leopold Leo Graf von Thun und Hohenstein (1811–1888), österreichischer Minister und Bildungsreformer
- Leopold Leonhard Graf von Thun und Hohenstein (1748–1826), Fürstbischof von Passau
- Maria Anna Gräfin von Thun und Hohenstein (1698–1716), Prinzessin von Liechtenstein
- Maria Theresia Gräfin von Thun und Hohenstein (1847–1934)
- Max von Thun (* 1977), Schauspieler
- Oswald von Thun und Hohenstein (1631−1694), kaiserlicher Kammerherr und Berater
- Oswald von Thun und Hohenstein (1817−1883), böhmisch-österreichischer Adeliger und Industrieller
- Oswald von Thun und Hohenstein (1849–1913), böhmisch-österreichischer Industrieller und Politiker
- Oswald von Thun und Hohenstein (1879−1942), böhmisch-österreichischer Adeliger und Industrieller
- Paul Graf von Thun und Hohenstein (1884–1963), Schriftsteller
- Peter Michael Vigil Graf von Thun und Hohenstein (1724–1800), Fürstbischof von Trient
- Róża Thun (* 1954), Publizistin und Vertreterin der Europäischen Kommission in Polen
- Roderich Graf von Thun (1908–1983), deutscher Jurist und politischer Aktivist
- Rudolph Joseph Graf von Thun und Hohenstein (1652–1707), Fürstbischof von Seckau
- Sigismund Alphons Graf von Thun und Hohenstein (1621–1677), Fürstbischof von Brixen und Trient
- Sigmund Ignaz Graf von Thun und Hohenstein (1827–1897), Landespräsident von Salzburg, Statthalter des Kaisers in Mähren
- Thomas Johann Nepomuk Graf von Thun und Hohenstein (1738–1796), Fürstbischof von Passau
- Wenzel Graf von Thun und Hohenstein (1629–1673), Fürstbischof von Passau und Gurk
Weblinks
Commons: Thun-Hohenstein – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienKategorien:- Österreichisches Adelsgeschlecht
- Thun-Hohenstein
- Thun
- Hohenstein (Thüringen)
Wikimedia Foundation.