- Tortenschlacht
-
Als Tortenwurf bezeichnet man den Wurf einer Torte ins Gesicht eines Menschen mit dem Ziel, das Opfer der Lächerlichkeit preiszugeben. Hierbei ist zwischen einem in Slapstick-Komödien verwendeten so genannten Tortengag und einem politischen Tortenattentat bzw. einer Tortung zu unterscheiden.
Inhaltsverzeichnis
Tortenwürfe in der Unterhaltungsbranche: Tortengag, Tortenschlacht
Tortenwürfe in Gesichter wurden von der frühen Stummfilmzeit bis weit in die Epoche des Tonfilms hinein als regelmäßiges und damals auch zuverlässig effektives Element filmischen Slapsticks eingesetzt, unter anderen in den Werken der Marx-Brothers, von Stan Laurel und Oliver Hardy sowie später auch von Jerry Lewis. Auch im Varieté des 19. Jahrhunderts waren gelegentlich Torten geworfen worden. Im Lauf der Jahre wurde dieses Motiv so stark beansprucht, dass Rezipienten den Tortenwurf als klischeeartiges Stilmittel juvenilen Brachialhumors wahrzunehmen lernten; seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ziehen Filmemacher Tortenwürfe daher praktisch nur noch als Hommage oder als eine Art ironisches Bekenntnis zur eigenen künstlerischen Anspruchslosigkeit heran (Spielfilm The Nutty Nut mit Stephen Kearney).
Eine detaillierte Anleitung mit allerlei Varianten wird von der britischen Komikertruppe Monty Python im Film Monty Python Live at the Hollywood Bowl plastisch vorgetragen.
Werfen eine größere Anzahl an Leuten gleichzeitig mit Torten, so nennt man das eine Tortenschlacht. Der Film Das große Rennen rund um die Welt enthält die größte Tortenschlacht, die jemals gedreht wurde.
Tortenwürfe als politische Ausdrucksform: Tortenattentat, Tortung
Unter Tortenattentat oder Tortung versteht man einen Akt handgreiflicher Aktionskunst oder handgreiflichen politischen Protests, bei dem eine Person des öffentlichen Lebens mit einer Torte beworfen wird oder diese ins Gesicht gedrückt bekommt. Das Wort „Tortung“ selbst ist hauptsächlich in Österreich gebräuchlich. Die französische Sprache kennt die Begriffe „entarteur“ und „entartiste“ für den Urheber eines Tortenattenmtats. Im Englischen wird „pieing“ verwendet.
Tortenwürfe als Mittel der Bloßstellung von Menschen sind bereits für die 1960er dokumentiert. Für Deutschland ist die Torte als politisches Kampfmittel bis zum Jahr 1968 zurück verfolgbar. Damals wollten Fritz Teufel und seine Kommilitonen ein Café besuchen, dessen Besitzer diese jedoch nicht als Gäste haben wollte. Er rief die Polizei, die Bedrängten verteidigten sich mit der reichlichen Auslage des Cafébesitzers, die aus zahlreichen Torten bestand. Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) erinnerte in folgenden Jahren an die Tortenschlacht von Hannover.
Der erste einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewordene politisch motivierte Tortenwurf war der des belgischen Komikers Noël Godin gegen die französische Schriftstellerin und Filmregisseurin Marguerite Duras 1969. Der Medienerfolg seiner Aktion ermutigte Godin dazu, die Tortung zu seinem künstlerischen Markenzeichen machen. Der bis heute aktive Godin und sein Freundeskreis torteten in den folgenden Jahrzehnten eine Vielzahl von national und international Prominenten. Godins bisher häufigstes Ziel ist der Philosoph und Jetsetter Bernard-Henri Lévy, den er zum Opfer von mittlerweile sechs Tortungen werden ließ. Mit einer Mehrfachtortung des Softwaremagnaten Bill Gates erlangte eine von Godin angeführte Tortergruppe 1998 schließlich selbst internationale Bekanntheit. Godin tritt bei seinen Aktionen gelegentlich unter dem Pseudonym „Georges Le Gloupier“ auf; seine Mitarbeiter bezeichnen sich als die „Pâtissiers sans frontières“. In Form von Gruppierungen wie „Al Pieda“, die „Biotic Baking Brigade“ oder „Les Entartistes“ fand Godin Nachahmer in mehreren Ländern.
Opfer politischer Tortenwürfe
- Walter Baier, Vorsitzender der Kommunistischen Partei Österreichs.
- Maurice Bejart, Choreograf
- Anita Bryant, Anti-Schwulen-Aktivistin
- Carl XVI. Gustaf, König von Schweden
- Rudi Carrell, Entertainer
- Jean-Pierre Chevènement - durch Noël Godin
- Jean Chrétien, Premierminister
- Daniel Cohn-Bendit – wurde 1998 durch französische CNT Aktivisten „getortet“
- Pim Fortuyn – wurde von niederländischen Antirassisten während des Wahlkampfes 2002 durch vier mit Kot gefüllten Torten „getortet“
- Milton Friedman, Ökonom
- Fritz Teufel
- Bill Gates - durch Noël Godin
- Peter Gaehtgens – wurde als Präsident der Hochschulrektorenkonferenz aus Protest gegen die Einführung von Studiengebühren 2005 an der Uni Tübingen „getortet“
- Jean-Luc Godard, Filmemacher
- Hilmar Kabas, Obmann der Wiener Freiheitlichen.
- Helmut Kohl, deutscher Bundeskanzler
- Bernard-Henri Lévy, Philosoph – wurde bereits siebenmal durch Noël Godin „getortet“
- Ueli Maurer, ehemaliger Präsident der Schweizerischen Volkspartei
- Ségolène Royal, französische Politikerin, ehemalige Präsidentschaftskandidatin
- Nicolas Sarkozy, französischer Staatspräsident
- Wolfgang Schüssel, wurde im Mai 1999 (damals noch Außenminister) bei einer Diskussion im Juridikum der Uni Wien mit Schwedenbomben beworfen.
- Günther Oettinger, Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg
Sonderform Puddingattentat
Das „Puddingattentat“ konnte sich im Gegensatz zum Tortenattentat nicht durchsetzen. Bereits 1967 planten Berliner Studenten ein Puddingattentat gegen den US-Vizepräsidenten Humphrey, dieses konnte von der Polizei verhindert werden. Als einzig erfolgreich durchgeführtes Puddingattentat ist der „Anschlag“ auf den Alt-68er Bernd Rabehl bekannt, dieser wurde 1999 von Studenten wegen seiner rechten Ansichten und Äußerungen mit Pudding attackiert.
Weblinks
- Aussendung der „Rosa Antifa Wien“ zur Tortung von Hilmar Kabas
- Video der Tortung Georg Wincklers
- Bildbericht zur Tortung Walter Baiers
- Lebensmittel zum Zweck, Die Zeit, Nr. 29, 2001
- Video der Tortung von Peter Gaethgens, 2005
- Alex Rühle: Eine Torte sagt mehr als 1000 Worte sueddeutsche.de
- Video der Tortung von Günther Oettinger, Ministerpräsident Baden-Württemberg, 2007
Wikimedia Foundation.