- Uwe Boll
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Uwe Boll (* 22. Juni 1965 in Wermelskirchen) ist ein deutscher Regisseur, Produzent und Drehbuchautor, der sich zwischen 2003 und 2008 hauptsächlich auf die Verfilmung von Videospielen konzentrierte.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Uwe Boll produzierte schon in seinen Jugendjahren Kurzfilme auf Super 8 und Video. Er studierte Filmregie in München und Wien, später Literatur, Film und Betriebswirtschaft in Köln und Siegen. In Siegen promovierte er 1994 im Fach Literaturwissenschaft mit der Arbeit Die Gattung Serie und ihre Genres zum Doktor der Philosophie. Zu seinen ersten Regiearbeiten zählen die Filme German Fried Movie und Barschel − Mord in Genf?, dazu verfasste Boll ein Buch mit dem Titel German fried movie & Barschel-Mord in Genf oder wie man in Deutschland Filme drehen muß.
1991 gründete er, zusammen mit Freund und Geschäftspartner Frank Lustig, das Unternehmen BOLU Filmproduktions- und Verleih GmbH, seit 1998 ist er alleiniger Inhaber und Geschäftsführer des Unternehmens. Von 1994 bis 2000 war er zudem Produzent und Regisseur bei der Taunusfilm und Geschäftsführer von TaunusFilm International in Wiesbaden.
Seit 1991 ist Uwe Boll professionell als Regisseur und Produzent tätig. Neben Produktionen von Werbespots für E-Plus, Lucky Strike, Porsche und Pall Mall macht er Kinofilme, seit 2000 führt er dabei immer selbst Regie und übernimmt auch die Produktion. Die Finanzierung seiner Filme erfolgte 2000–2007 über seine eigenen Investmentfonds. Bolls Filme werden aufgrund finanzieller Vorteile häufig in Vancouver (Kanada) gedreht, ein großer Teil der Produktion findet aber weiterhin in Deutschland statt.
Seit 2005 ist Uwe Boll zudem im weltweiten Filmvertrieb tätig. Dazu hat er die Boll AG gegründet und im Sommer 2006 an die Börse gebracht. Uwe Boll vermarktet weltweite Filmrechte. Neben allen selbstproduzierten Filmen gehören auch zahlreiche fremde Filme zu seinem Filmvertrieb, so etwa One Way mit Til Schweiger oder Der Goldene Nazivampir von Absam 2 – Das Geheimnis von Schloß Kottlitz.
Im Herbst 2010 kam die Filmbiografie Max Schmeling – Eine deutsche Legende in die Kinos. Die Titelrolle spielte der frühere deutsche Halbschwergewichtsweltmeister Henry Maske. Die Produktion geht auf eine Initiative von zwei Hamburger Millionären zurück, die anonym bleiben und Schmeling mit dem Film ein Denkmal setzen wollten.[1] Der von der Kritik einhellig verrissene Film war auch kommerziell ein Misserfolg.
Uwe Boll ist in seinen Filmen gelegentlich auch als Schauspieler zu sehen, so zum Beispiel bei nicht im Abspann erwähnten Cameoauftritten in Seed, The Final Storm und Barschel – Mord in Genf? In seinem Film Postal tritt Boll als lederhosentragender Filmproduzent auf, der verkündet, seine Filme mit Nazigold zu finanzieren;[2] und in seinem Holocaust-Film Auschwitz ist er als SS-Mann zu sehen, der an der Tür einer Gaskammer lehnt und döst, während im Inneren Menschen mit dem Tod ringen. In Blubberella ist er als Adolf Hitler zu sehen.
Finanzierung
Uwe Boll finanzierte seine Filme zwischen Sanctimony (2000) und Far Cry (2008) fast ausschließlich durch deutsche Medienfonds. Dazu bot die BOLU Filmproduktions- und Verleih GmbH zwischen 1999 und 2005 Beteiligungen an insgesamt zehn Kommanditgesellschaften an.[3] Diese Anlageform war für einige Anleger sehr interessant, da im ersten Jahr der Investition Verluste bis zu 100 % der Kapitaleinlage üblich waren. Mit der Behauptung einer Gewinnerzielungsabsicht durch die Produktion von Videospiel-Verfilmungen konnten diese Verluste in Form von Verlustvorträgen als Steuervorteile genutzt werden.
Wegen dieses Geschäftsmodells wurde Uwe Boll – wie auch zahlreichen weiteren Filmproduktionsfirmen im In- und Ausland – vorgeworfen, die deutschen Steuerzahler durch die Ausnutzung dieser Steuerlücke zu belasten. Zurückzuführen sind diese Vorwürfe nicht nur auf die meist mäßigen Kinoerfolge derart finanzierter Filme, sondern auch darauf, dass ein großer Teil der zur Verfügung stehenden Budgets an Drehorten im Ausland und nicht in Deutschland verbraucht wurde.
Die Gesetzeslücke, mit der über Umwege sogar US-amerikanische Produktionen wie Tomb Raider finanziert worden waren, und die in Hollywood zur Redewendung vom „Stupid German Money” geführt hatte, wurde am 15. Dezember 2005 durch den Bundestag geschlossen.[4] Da die Verluste der Fonds nur noch mit Gewinnen aus vergleichbaren Fonds verrechnet werden dürfen, ist für die meisten Anleger ein Investment in einen solchen „Steuersparfonds“ uninteressant. Im Sommer 2007 drehte Uwe Boll Far Cry, den letzten ausschließlich durch Medienfonds finanzierten Film. Seitdem finanziert er seine Filme selbst, zum Großteil durch Gewinne seines weltweiten Filmvertriebs.
Auszeichnungen und Kritik
Boll gilt unter vielen Kritikern als einer der schlechtesten Regisseure der Gegenwart.[5] Eine britische Kinozeitschrift übertitelte im Frühjahr 2006 ein Porträt des Regisseurs mit „Son of Ed Wood“. Den Vergleich mit dem als „schlechtester Regisseur aller Zeiten“ geltenden Wood griff die Golden Raspberry Award Foundation 2009 auf, indem sie Boll als Deutschlands Antwort auf Ed Wood bezeichnete.[6]
Im Spätsommer 2006 lud Boll fünf seiner größten Kritiker (Richard Kyanka, Jeff Sneider, Chris Alexander, Carlos Palencia Jimenez-Arguello und Nelson „Chance“ Minter) nach Vancouver zu einem Boxkampf gegen ihn ein. Boll begründete die Aktion: „Wenn die mich fertig machen wollen, sollen sie es doch versuchen!“ Boll gewann alle fünf Kämpfe, verfügte allerdings bereits zuvor über Boxerfahrung.
Im April 2008 veröffentlichte der Computerspiele-Qualitätstester Robert Harvey im Internet eine Petition gegen Boll. Die auf dem englischsprachigen Portal petitiononline.com laufende Aktion erhielt innerhalb eines Jahres über 330.000 virtuelle Unterschriften, die Boll zur Einstellung aller Tätigkeiten im Filmgeschäft auffordern.[7] Boll selbst äußerte sich in einem Interview mit der Horrorfilm-Fanseite FEARnet gelassen zu der kritischen Petition: „Ja, ich weiß davon. 18.000 Stimmen sind nicht genug, um mich zu überzeugen.“ Auf die anschließende Frage, wie viele Unterschriften nötig seien, um ihn zu überzeugen, antwortete Boll: „Eine Million. Nun haben wir ein neues Ziel“.[8] Nachdem diese Ankündigung Bolls die Unterstützerzahl binnen weniger Tage um über 100.000 erhöhte, antwortete Boll auf das Medienecho zur Petition in einer Videobotschaft, in der er sich selbst als einziges Genie im Filmgeschäft bezeichnete, andere Regisseure wie Michael Bay, Eli Roth und George Clooney kritisierte[9] und seine Fans zur Erstellung einer Pro-Boll-Petition aufforderte, die bei einer Million Unterschriften die kritische Petition aufheben solle.[9] Mehrere auf demselben Portal gestartete Pro-Boll-Petitionen blieben jedoch deutlich unter einer Zahl von 10.000 Unterstützern.[10] Dagegen unterstützte die Kaugummimarke Stride von Cadbury Schweppes die Anti-Boll-Petition und bot jedem Teilnehmer die Zusendung eines Warengutscheins an, falls die Petition bis zum 14. Mai 2008 die Grenze von einer Million Unterschriften überschreiten sollte.[11] Stand September 2011 hat die Petition ca. 366.000 Unterschriften einsammeln können.[12] 2009 gewann Boll die Goldene Himbeere als „Schlechtester Regisseur“ für seine Filme Postal, 1968 Tunnel Rats und Schwerter des Königs – Dungeon Siege,[13] ebenso wurde Schwerter des Königs als „Schlechtester Film“ nominiert.[14] Zusätzlich erhielt Boll die Goldene Himbeere für die Kategorie „Schlechtestes bisheriges Lebenswerk“ (Worst Career Achievement).[15] Dieser Preis war zuvor seit 1987 nicht mehr vergeben worden.[16] Boll reagierte prompt mit „einem bissigen Video“ auf YouTube, in dem er die Razzie-Gesellschaft beleidigte.
Im September 2010 gewann Uwe Boll mit Darfur auf dem New York International Independent Film & Video Festival den Preis für den besten internationalen Film.[17]
Filmografie
- 1991: German Fried Movie (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 1992: Barschel − Mord in Genf? (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 1993: Amoklauf (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 1997: Das Erste Semester (Regisseur, Drehbuchautor, Ausführender Produzent)
- 1997: Fake − die Fälschung (Co-Produzent)
- 1998: Fiasco (Produzent)
- 2000: L'amour, L'argent, L'amour (Co-Produzent)
- 2000: Sanctimony (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 2001: Backflash 2: Angels Don’t Sleep Here (Ausführender Produzent)
- 2002: Blackwoods (Regisseur, Drehbuchautor, Ausführender Produzent)
- 2003: Heart of America (Regisseur, Drehbuchautor, Ausführender Produzent)
- 2003: House of the Dead (Regisseur, Produzent)
- 2005: Alone in the Dark (Regisseur, Ausführender Produzent)
- 2005: BloodRayne (Regisseur, Produzent)
- 2007: Postal (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Schauspieler)
- 2007: Seed (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 2007: Schwerter des Königs – Dungeon Siege (Regisseur, Produzent)
- 2007: BloodRayne II: Deliverance (Regisseur, Ausführender Produzent)
- 2007: Demon Days - Im Monat der Geister (Ausführender Produzent)
- 2008: Far Cry (Regisseur, Produzent)
- 2008: 1968 Tunnel Rats (Regisseur, Drehbuchautor, Ausführender Produzent)
- 2008: Alone in the Dark II (Produzent)
- 2009: Siegburg (Stoic) (Regisseur, Produzent)
- 2009: Darfur (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 2009: Rampage (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)
- 2010: The Final Storm (Regisseur, Produzent)
- 2010: Max Schmeling – Eine deutsche Legende (Regisseur, Ausführender Produzent)
- 2010: BloodRayne: The Third Reich (Regisseur, Produzent)
- 2011: Blubberella (Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler)
- 2011: Auschwitz (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent)[18]
Schriften
- German fried movie & Barschel-Mord in Genf oder wie man in Deutschland Filme drehen muß. Mañana-Verlag, Leverkusen 1992, ISBN 3-9291-7702-1.
- Die Gattung Serie und ihre Genres. Alano Verlag, Aachen 1994, ISBN 3-8939-9216-2 (zugleich Dissertation, Universität Siegen).
Weblinks
Commons: Uwe Boll – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Uwe Boll in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Literatur von und über Uwe Boll im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Boll World Sales, Filmvertriebsseite von Uwe Boll
- Ralf Sander: Regisseur Uwe Boll. Das Boll-Werk. Auf: Stern.de, 26. April 2007.
- Daniel Sander: Der Unbeugsame. Ist Uwe Boll aus Mainz der schlechteste Regisseur der Welt oder ein missverstandener Rebell? Auf: Spiegel Online, 24. September 2007.
- Visiting Uwe. The Uwe Boll Homestory. Dokumentation auf ws-avantgarde.de, 2008.
- Interview von Martin Boldt mit Uwe Boll: Mit dem Finger in die Wunde im Kölner Stadt-Anzeiger vom 21. April 2010
- Interview von David Gutsche mit Uwe Boll: "So wohnt Mainz: Uwe Boll" vom 26.Februar 2011
- Interview von Oliver Bilger und Hannah Wilhelm mit Uwe Boll: Banker-Familie am Esstisch, bumm, Kopfschuss in der Süddeutschen vom 29. April 2011
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Uwe Boll: Wie der schlechteste Regisseur der Welt seine Filme verkloppt. Auf: Welt Online, 13. Februar 2009.
- ↑ Vgl. Henry Maske spielt Max Schmeling. Auf: tagesspiegel.de, 19. September 2008.
- ↑ Vgl. die Produkte auf der von der BOLU Filmproduktions- und Verleih GmbH betriebenen Homepage von der 1. Boll KG bis zur 10. Boll KG.
- ↑ Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen. Auf: bundesfinanzministerium.de, 30. Dezember 2005 (PDF).
- ↑ So beispielsweise die DVD-Besprechung zu Schwerter des Königs – Dungeon Siege. In: TV Spielfilm, Ausgabe 9/2008.
- ↑ “Germany’s answer to Ed Wood”. Worst Career Achievement. Auf: razzies.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Robert Harvey: Stop Dr. Uwe Boll. Auf: petitiononline.com, zuletzt abgerufen am 5. Februar 2011.
- ↑ Christian Klaß: Uwe Boll würde bei einer Million Unterschriften aufhören. Spiel-Verfilmer gibt der Petition ‚Stop Dr. Uwe‘ ein ambitioniertes Ziel. Auf: golem.de, 7. April 2008, zuletzt abgerufen am 21. April 2009. Vgl. Exclusive: FEARnet Interviews Director Uwe Boll. Auf: fearnet.com, 4. April 2008, zuletzt abgerufen am 21. April 2009: “One million. Now we have a new goal.”
- ↑ a b Peter Sciretta: Uwe Boll Claims He is “The Only Genius in the Whole F’N Business”. Auf: slashfilm.com, 9. April 2008, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Die erfolgreichste der Pro-Boll-Petitionen mit über 6.000 Unterschriften: Mikhail Sudakov: Long Live Uwe Boll. Auf: petitiononline.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Christian Merkel: Uwe Boll. Kaugummis helfen gegen Trash-Filmer. Auf: gamestar.de, 8. Mai 2008, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ 26th Annual Razzie Award Nominees for Worst Director. Auf: razzies.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009; 27th Annual Razzie Award Nominees for Worst Director. Auf: razzies.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ 29th Annual Golden Raspberry (Razzie) Award “Winners”. Auf: razzies.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Paris’ Nottie, Myers’ Guru, Shyamalan’s The Happening, Disaster Movie and Uwe Boll Rank Among 2008 Razzie Worsts. Auf: razzies.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Verleihung der „Goldenen Himbeere“: Boll ist der schlechteste Regisseur (nicht mehr online verfügbar). Auf: tagesschau.de, 22. Februar 2009, zuletzt abgerufen am 21. April 2009. Vgl. 29th Annual Golden Raspberry (Razzie) Award “Winners”. Auf: razzies.com, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Lane Brown: 2008 Razzie Nominating Ballot Calls Into Question Seriousness of Awards. Auf: nymag.com, 7. Januar 2009, zuletzt abgerufen am 21. April 2009.
- ↑ Darfur wins Best Film in New York auf FilmContact.com, abgerufen am 17. September 2010
- ↑ Spiegel Online: Eklat um Auschwitz-Film - Boll-Werk gegen Berlinale
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