William S. Maugham

William S. Maugham
William Somerset Maugham 1934
Fotograf: Carl van Vechten

William Somerset Maugham [ˈsʌməsɪt mɔːm] (* 25. Januar 1874 in Paris; † 16. Dezember 1965 in Saint-Jean-Cap-Ferrat bei Nizza) war ein englischer Dramatiker, Schriftsteller, Arzt und Geheimagent

William Somerset Maugham errang mit seinem Erstlingswerk „Liza Of Lambeth“, veröffentlicht 1897, frühen literarischen Erfolg - und löste einen Skandal aus. In dem Roman verarbeitete Maugham Erfahrungen, die er als angehender Arzt in den Armenvierteln Londons gemacht hatte. Das Bürgertum sah es als unpassend an, die Welt der Arbeiter derart naturalistisch darzustellen.

Auf das Buch folgten Jahre der Selbstbestimmung als Autor. Seine „Stimme“ entdeckte Maugham zuerst mit Theaterstücken, wie „The Circle“, „Our Betters“ und „The Constant Wife“. Im frühen 20. Jahrhundert wurden gleichzeitig vier Theaterstücke von ihm in London aufgeführt. Seine Produktivität war erstaunlich: in der Regel brauchte er nur eine Woche, jeden Aufzug zu schreiben, und eine Woche, das Ganze zu revidieren.

Als Maughams bedeutendste Arbeit wird meist der Roman „Der Menschen Hörigkeit“ (original: Of Human Bondage) angesehen, eine autobiographische Geschichte, deren Held, Philip Carey, wie Maugham als Waise bei seinem frömmlerischen Onkel aufwächst und durch einen Klumpfuß (Maugham selbst stotterte) gehandicapt ist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Maugham war der Sohn eines englischen Anwalts, der in Paris für britisches Klientel tätig war. Seine Eltern starben, als er noch ein Kind war, und so verbrachte er seine Jugend unter der Aufsicht eines frömmlerischen Onkels und in Internaten. Er litt unter Stottern. An der Universität Heidelberg studierte er Deutsch, Literatur und Philosophie, später in London Medizin. Trotz seines Dranges zur Literatur legte Maugham im Jahre 1898 — vor allem unter dem Druck seines Onkels — das medizinische Examen zum Arzt ab.

Eine Erkrankung an Lungentuberkulose kurierte er im milden Klima Südfrankreichs. Nach seiner Erholung zog er nach Paris. 1907 gelang William Somerset Maugham mit dem Theaterstück „Lady Frederick“ der erste große öffentliche Erfolg.

Während des Ersten Weltkrieges diente Maugham beim englischen Geheimdienst MI6, für den er zunächst in Italien, der Schweiz und in den USA tätig war. Von dort wurde er 1917 nach Russland beordert, wo die Briten die provisorische Regierung von Alexander Kerenskij an der Macht zu halten versuchten, damit Russland im Krieg gegen die Mittelmächte bleiben würde. In dieser Zeit war Maugham zugleich Informant des amerikanischen Geheimdienstes. Obwohl Somerset Maugham während seines gesamten Aufenthalts unter Spionageverdacht stand, ließ man ihn - offenbar mit Rücksicht auf seinen internationalen Bekanntheitsgrad - gewähren. Auf diese Art lernte Somerset Maugham bis zur Oktoberrevolution führende russische Politiker kennen und verfasste eine große Zahl wertvoller Berichte. Im Winter 1917 kehrte er nach Großbritannien zurück.

Seine Erfahrungen inspirierten ihn zu „Ashenden: Or, the British Agent“ (1928), und er beeinflusste damit mehrere spätere Schriftsteller wie Graham Greene, Eric Ambler, Ian Fleming und John le Carré. Fleming bewunderte Maugham sehr, denn er betrachtete ihn und sich selbst als „die einzigen heutigen Schriftsteller, die über solche Dinge schreiben, die die Leute wirklich genießen: Kartenspiel, Geld, Gold, und so weiter“. Wie Greene reiste Maugham gerne, und diese Leidenschaft zeigte sich auch in vielen seiner Romane. Seine Reisen in die Südsee und nach Fernost fanden Niederschlag in Kurzgeschichten, die Maugham gesammelt ab 1921 veröffentlichte. In Ihnen finden sich packende und authentische Porträts des „Englishman Abroad“, Kolonialfiguren, wie sie bereits Conrads Werke bevölkerten, und die Maugham mit skeptisch-distanziertem Blick meisterhaft zu schildern verstand.

1917 heiratete er in New Jersey seine Geliebte, Maud Gwendolen Syrie Barnardo, die geschiedene Frau des Pharma-Unternehmers Henry Wellcome. William und Syrie Maugham hatten eine Tochter, Elizabeth (1915-1998). Die Ehe wurde 1928 wieder geschieden, nach heftigen Wirrnissen, die durch Maughams homosexuelle Neigungen weiter verkompliziert wurden. In den folgenden dreißig Jahren stritten sie sich wegen Geld und der Erziehung ihrer Tochter. Später in seinem Leben gestand Maugham ein: „Ich war ein Viertel 'normal' und drei Viertel schwul. Aber ich versuchte mich selbst zu überzeugen, dass es umgekehrt war. Das war mein größter Fehler“. Maughams wirklicher Partner war sein Sekretär, der Amerikaner Gerald Haxton, dessen Persönlichkeit zu der schüchternen Maughams entgegengesetzt war. Haxton hatte einen schlechten Ruf; er soll ein Lügner, Schwindler, Trunkenbold und sogar Zuhälter gewesen sein.

Nach der Scheidung zog es Maugham an die Côte d'Azur. Er kaufte eine große Villa, die Villa Mauresque, die früher dem belgischen König Leopold II. gehört hatte. Mit Maughams hervorragender Kunstsammlung ausgestattet, wurde dieses Haus sehr berühmt. Er plante seine Karriere sorgfältig und nüchtern. 1933 gab er es auf, Theaterstücke zu schreiben, denn er glaubte, mit 50 Jahren wäre er schon zu alt, mit den stetig wechselnden Trends der Theaterwelt Schritt zu halten. 1947 stiftete er den Somerset Maugham Award, einen Literaturpreis, den bis heute der beste Autor unter 35 für ein belletristisches Werk erhält, das er im vergangenen Jahr veröffentlicht hat. Seinen letzten Roman („Catalina“) verfasste er 1948; elf Jahre später hörte er mit dem Schreiben vollkommen auf.

Seine Bücher waren extrem erfolgreich; man schätzt, dass Maugham schon vor seinem Tod mehr als 10 Millionen Exemplare verkauft hatte. Trotzdem gelang ihm nicht, wonach er strebte: als ein brillanter Autor zu gelten. Für ihn stand Joseph Conrad an der Spitze, und dieses Niveau hat Maugham, zumindest nach eigenem Bekunden, nicht erreichen können. Er sah sich als „in the very first row of second class writers“ (dt.: "in der vordersten Reihe zweitklassiger Schriftsteller"), eine Selbsteinschätzung, die vielleicht auch seiner skeptischen Grundhaltung zuzuschreiben ist. Die meisten Kritiker meinen, Maugham habe im Grunde genommen „zu viel“ gesagt; nichts sei übriggeblieben, was der Leser selbst folgern müsse. Manche behaupten auch, Maughams Werke seien zu zynisch und distanziert. Darüber hinaus hält man seinen übertriebenen Realismus für einen Stilmangel. Unbestritten ist, dass Maugham neben seiner Fähigkeit zur Beobachtung eine auch unter Schriftstellern nicht allzu häufig verbreitete Gabe besaß: Er hatte einen untrüglichen Instinkt für Geschichten und dafür, wie man sie zu erzählen hat. Hiervon legen besonders seine zahlreichen Kurzgeschichten beredtes Zeugnis ab.

Somerset Maugham starb am 16. Dezember 1965 an Tuberkulose in seinem Haus in St.-Jean-Cap-Ferrat. Sein zweiter männlicher Partner, Alan Searle, überlebte ihn und stritt mit Maughams Tochter um das Erbe. Maugham wurde nach seinem Tod eingeäschert und seine Asche wurde bei King's School, Canterbury, beigesetzt.

Werke (Auswahl)

  • Liza of Lambeth (1897)
  • Mrs. Craddock (1902)
  • The Magician (1908) - Der Magier
  • Of Human Bondage (1915) - Der Menschen Hörigkeit
  • The Moon and Sixpence (1919) - Silbermond und Kupfermünze
  • The Force of Circumstance (1924) - Short Story
  • The Letter (1927)
  • The Sacred Flame - Drama (1928)
  • Cakes and Ale or The Skeleton in the Cupboard (1930) - Rosie und die Künstler
  • East and West - Gesammelte Erzählungen I (1934) - Ost und West
  • The Summing Up (1938) - Die halbe Wahrheit
  • Up at the Villa (1941) - Die Villa
  • The Razor's Edge (1943) - Auf Messers Schneide
  • The Lotus Eater (1945) - Short Story
  • Then and Now (1946) - Damals und Heute (Historischer Roman)
  • A Writer's Notebook (1949)
  • The World Over - Gesammelte Erzählungen II (1952) - Der Rest der Welt
  • The Outstation
  • Books and You : Eine kleine persönliche Geschichte der Weltliteratur, Diogenes, Zürich 2006

Verfilmungen

  • 1925 - The Circle - mit Alec B. Francis nach der Komödie „Der Kreis“ - Regie: Frank Borzage
  • 1926 - Der Magier (The magician) – Regie: Rex Ingram
  • 1928 - Sadie Thompson - nach der Erzählung „Miss Thompson“ - Regie: Raoul Walsh
  • 1929 - Charming sinners - nach „Finden Sie, daß Constanze sich richtig verhält?“ - Regie: R. Milton
  • 1930 - Strictly unconventional - nach der Komödie „Der Kreis“ - Regie: D. Burton
  • 1932 - Regen (Rain) - Regie: Lewis Milestone
  • 1934 - Der bunte Schleier (The painted veil) - Regie: Richard Boleslawski
  • 1934 - Of Human Bondage - Regie: John Cromwell
  • 1936 - Geheimagent (The secret agent) - Vorlage: Roman „Ashenden“ - Regie: Alfred Hitchcock
  • 1940 - Das Geheimnis von Malampur (The letter) Vorlage: Kurzgeschichte „Der Brief“ - Regie: William Wyler
  • 1940 - Ein Ehemann zuviel (Too many husbands) - Vorlage: Bühnenstück „Home and Beauty“ - Regie: Wesley Ruggles
  • 1942 - Der Besessene von Tahiti (The moon and sixpence) - Vorlage: Roman „Silbermond und Kupfermünze“ - Regie: Albert Lewin
  • 1944 - Weihnachtsurlaub (Christmas holiday) - Regie: Robert Siodmak
  • 1946 - Of Human Bondage - Regie: Edmund Goulding
  • 1946 - Auf Messers Schneide (The razor’s edge) - nach dem gleichnamigen Bühnenstück - Regie: Edward Goulding
  • 1947 - Ehebruch (The Unfaithful) - Remake von „Das Geheimnis von Malampur“ - Regie: Vincent Sherman
  • 1948 - Quartett (Quartet) - Vorlage: die Novellen „The facts of life“, „The alien corn“, „The Kite“, „The Colonel’s Lady“ - Regie: Ken Annakin, Ralph Smart, Harold French, Arthur Crabtree
  • 1950 - So ist das Leben (Trio) - Vorlage: drei Novellen - Regie: Ken Annakin, Harold French
  • 1951 - Dakapo (Encore) - Vorlage: Erzählungen „The Ant and the Grasshopper“, „Winter Cruise“, „Gigolo and Gigolette“ - Regie: Pat Jackson, Harold French, Anthony Pelissier
  • 1953 - Fegefeuer (Miss Sadie Thompson) - Vorlage: Erzählung „Miss Thompson“ - Regie: Curtis Bernhardt
  • 1954 - Ins Paradies verdammt (The beachcomber) - Regie: Muriel Box
  • 1954 - Liebe im Quartett (Three for the show) – Remake von „Too many husbands“ - Regie: Henry C. Potter
  • 1954/55- Mord ohne Mörder (Three cases of murder) - Vorlage: „Lord Mountdrago“ und zwei weitere Novellen - Regie: Wendy Toye, David Eady und George More O’Ferrall
  • 1957 - Hongkong war ihr Schicksal (The seventh sin) - Vorlage: Roman „Der bunte Schleier“ - Regie: Ronald Neame
  • 1961 - Julia, Du bist zauberhaft (Adorable Julie) - Regie: Alfred Weidenmann
  • 1962 - Finden Sie, daß Constanze sich richtig verhält? - Regie: Tom Pevsner
  • 1962 - Heute kündigt mir mein Mann (Vorlage: Bühnenstück „The Breadwinner“ ) - Regie: Rudolf Nussgruber, Peter Goldbaum
  • 1964 - Der Menschen Hörigkeit (Of human bondage) - Regie: Ken Hughes, Bryan Forbes, Henry Hathaway
  • 1981 - Der verhängnisvolle Brief (The letter) – Remake von „Das Geheimnis von Malampur“ - Regie: John Erman
  • 1984 - Auf Messers Schneide (The razor’s edge) - nach dem gleichnamigen Bühnenstück - Regie: John Byrum
  • 2000 - Die Villa (Up at the villa) - Regie: Philip Haas
  • 2004 - Being Julia - Vorlage: Roman „Theater“ - Regie: István Szabó
  • 2006 - Der bunte Schleier (The painted veil) - Regie: John Curran - mit Naomi Watts als Kitty und Edward Norton als Walter

Literatur

  • Stanley Archer: W. Somerset Maugham. A study of the short fiction. New York: Twayne Publishers u.a. 1993. (= Twayne's studies in short fiction; 44) ISBN 0-8057-0856-1
  • Ronald E. Barnes: The dramatic Comedy of William Somerset Maugham. The Hague u.a.: Mouton 1968. (= Studies in English literature; 32)
  • Bryan Connon: Somerset Maugham and the Maugham dynasty. London u.a.: Sinclair-Stevenson 1997. ISBN 1-85619-274-1
  • Rolf Cyriax: Der Dramatiker William Somerset Maugham. Freiburg im Breisgau: Univ. Diss. 1968.
  • Philip Holden: Orienting masculinity, orienting nation. W. Somerset Maugham's exotic fiction. Westport, Conn. u.a.: Greenwood Press 1996. (= Contributions to the study of world literature; 68) ISBN 0-313-29812-2
  • Raimund Lindenberger: Autobiographische Konvergenzen in den Kurzgeschichten Somerset Maughams. Passau: Stutz 2004. ISBN 3-88849-096-0
  • Anna Makolkin: Semiotics of misogyny through the humor of Chekhov and Maugham. Lewiston u.a.: Mellen 1992. ISBN 0-7734-9570-3
  • Jeffrey Meyers: Somerset Maugham. A life. New York, NY: Knopf 2004. ISBN 0-375-41475-4
  • Ted Morgan: Maugham. New York: Simon u. Schuster 1980. ISBN 0-671-24077-3
  • Samuel J. Rogal: A William Somerset Maugham encyclopedia. Westport, Conn. u.a.: Greenwood Press 1997. ISBN 0-313-29916-1
  • Charles Sanders: W. Somerset Maugham. An annotated bibliography of writings about him. De Kalb, Ill.: Northern Illinois Univ. Press 1970.
  • Raymond Toole Stott: A bibliography of the works of W. Somerset Maugham. London: Kaye u. Ward 1973. ISBN 0-7182-0950-8

Weblinks


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