Robert Siodmak

Robert Siodmak

Robert Siodmak (* 8. August 1900 in Dresden, Deutschland; † 10. März 1973 in Locarno, Schweiz) war ein deutscher Filmregisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent, der einer jüdischen Familie entstammte. Mit dem Film Menschen am Sonntag wurde er 1929 einer der wichtigsten Vertreter der Neuen Sachlichkeit in Deutschland. Wie viele Filmschaffende seiner Zeit floh er vor der nationalsozialistischen Diktatur aus Deutschland. In Hollywood wurde er zu einem der bedeutendsten Regisseure des „Film noir“.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Siodmaks Eltern waren der Kaufmann Ignatz Siodmak und seine Ehefrau Rosa Philippine, geborene Blum. Ignatz Siodmak stammte ursprünglich aus Schlesien, war nach Amerika ausgewandert und hatte sich dann als US-amerikanischer Staatsbürger 1899 in Deutschland niedergelassen, wo er heiratete. Im Jahr 1902 wurde hier auch Robert Siodmaks jüngerer Bruder Curt Siodmak geboren.

Robert Siodmak besuchte das Gymnasium in Dresden und nahm Schauspielunterricht bei Erich Ponto. Im Jahr 1918 schloss er sich einer Wanderbühne an, 1921 arbeitete er als Buchhalter bei den Banken Mattersdorf und Schermer in Dresden, 1924 gründete er den „Verlag Robert Siodmak“ und gab kurzzeitig die Illustrierte Das Magazin heraus.

Für den Film wirkte er erstmals 1925, indem er Zwischentitel übersetzte. Im Jahr 1927 wurde er Cutter bei Regisseur Harry Piel. Bei der von seinem Onkel Heinrich Nebenzahl geleiteten Nero-Film in Berlin etablierte er sich als Regieassistent.

Bei Menschen am Sonntag führte er 1929/30 erstmals selbst Regie, gemeinsam mit seinem Bruder Curt Siodmak, Edgar G. Ulmer und Fred Zinnemann. Durch den Erfolg dieses halbdokumentarischen Filmes erhielt Siodmak einen Vertrag bei der Universum Film (Ufa), für die er einige Inszenierungen übernahm. Als er 1932 bei der Verfilmung von F.P.1 antwortet nicht, einem Roman seines Bruders Curt, übergangen wurde, verließ er die Ufa.

Im Jahr 1933 verfilmte er für die Tonal-Film mit Willi Forst und Hilde Wagener unter dem Titel Das brennende Geheimnis Stefan Zweigs erstmals 1911 publizierten Roman Brennendes Geheimnis; die Aufführung des Filmes wurde von dem in diesem Jahr eingerichteten Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, das Anspielungen auf den Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933 mutmaßte, verboten.

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten verließ Siodmak Deutschland. Von 1933 bis 1936 arbeitete er in Paris für Seymour Nebenzahls Néro-Films. Größter Publikumserfolg dieser Schaffensperiode wurde 1939 der Film Mädchenhändler (Pièges) mit Maurice Chevalier, Marie Déa und Erich von Stroheim.

In Paris traf sich Siodmak mit dem österreichisch-ungarischen Schriftsteller Ödön von Horváth und verhandelte über die Verfilmung dessen 1937 erschienenen Romans Jugend ohne Gott; nach dem Unfalltod des Autors am 1. Juni 1938 ließ Siodmak das Vorhaben fallen.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wanderte Siodmak in die USA aus. Er arbeitete zunächst für Paramount Pictures, 20th Century Fox und Republic Pictures, bevor er 1943 einen Sieben-Jahres-Vertrag bei Universal Studios erhielt. Während der Zeit seines Exils in Hollywood drehte er einige Klassiker des Film Noir, beispielsweise Die Wendeltreppe (1945) und Gewagtes Alibi (1949), in dem der spätere Filmstar Tony Curtis seinen ersten Leinwandauftritt hatte, aber auch Abenteuerfilme wie Der rote Korsar (1952) mit Burt Lancaster.

Nach Kriegsende führte Siodmak auch wieder in Deutschland Regie. Für seine Verfilmung von Gerhart Hauptmanns Theaterstück Die Ratten mit Maria Schell, Heidemarie Hatheyer und Curd Jürgens im Jahre 1955 (Die Ratten) wurde er auf der Berlinale 1955 mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet.

Der 1957 von ihm auch produzierte Spielfilm Nachts, wenn der Teufel kam mit Claus Holm, Annemarie Düringer, Mario Adorf und Hannes Messemer gilt als Siodmaks bestes Werk und erhielt zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, darunter auch eine Oscar-Nominierung als „Bester fremdsprachiger Film“: Der Film behandelt den Fall des angeblichen Serienmörders Bruno Lüdke vor dem zeithistorischen Hintergrund des Nationalsozialismus.

In den Jahren 1964 und 1965 führte Siodmak Regie in drei von Artur Brauner mit Lex Barker produzierten Karl-May-Filmen: Der Schut (1964), Der Schatz der Azteken (1965) und Die Pyramide des Sonnengottes (1965).

Im Jahr 1968/69 drehte er mit Laurence Harvey und Orson Welles den ebenfalls von Brauner produzierten zweiteiligen Monumentalfilm Kampf um Rom nach Felix Dahns 1876 erschienenem historischen Roman Ein Kampf um Rom.

Siodmak lebte seit 1955 in Ascona im Schweizer Tessin. Seine Frau Bertha („Babs“), geborene Odenheimer, die er am 16. November 1933 in Paris geheiratet hatte, starb am 20. Januar 1973. Wenig später, am 10. März 1973, erlag Robert Siodmak, mittlerweile vereinsamt und alkoholkrank, im Alter von 72 Jahren einem Herzinfarkt.

Die Internationalen Filmfestspiele Berlin (Berlinale) widmete ihm und seinem Bruder Curt 1998 eine Retrospektive.

Filmografie

  • 1930: Menschen am Sonntag (Co-Regie)
  • 1930: Der Kampf mit dem Drachen oder: Die Tragödie des Untermieters
  • 1930: Abschied
  • 1931: Autour d'une enquête
  • 1931: Der Mann, der seinen Mörder sucht
  • 1931: Voruntersuchung
  • 1932: Stürme der Leidenschaft
  • 1932: Tumultes
  • 1932: Quick – König der Clowns
  • 1933: Das brennende Geheimnis
  • 1933: La sexe faible
  • 1934: La crise est finie
  • 1936: Pariser Leben (La vie parisienne)
  • 1936: Le grand refrain
  • 1936: Mister Flow
  • 1937: Weiße Fracht für Rio (Cargaison blanche)
  • 1938: Mollenard
  • 1938: Ultimatum
  • 1938: Les frères corses
  • 1939: Mädchenhändler (Pièges)
  • 1941: West Point Widow
  • 1942: The Night Bevore the Divorce
  • 1942: My Heart Belongs to Daddy
  • 1943: Someone to Remember
  • 1943: Zeuge gesucht (Phantom Lady)
  • 1943: Konflikt (Conflict)
  • 1943: Draculas Sohn (Son of Dracula)
  • 1944: Die Schlangenpriesterin (Cobra Woman)
  • 1944: Christmas Holiday
  • 1944: Unter Verdacht (The suspect)
  • 1945: Onkel Harrys seltsame Affäre (The strange affair of uncle Harry)
  • 1945: Deadline at Dawn
  • 1945: Die Wendeltreppe (The Spiral Staircase)
  • 1946: Rächer der Unterwelt (The Killers)
  • 1946: Der schwarze Spiegel (The Dark Mirror)
  • 1947: Time Out of Mind (auch Produktion)
  • 1948: Schrei der Großstadt (Cry of the City)
  • 1949: Gewagtes Alibi (Criss Cross)
  • 1949: Der Spieler (The great sinner)
  • 1950: Strafsache Thelma Jordon (The File on Thelma Jordon)
  • 1950: Abgeschoben (Deported)
  • 1951: The Whistle at Eaton Falls
  • 1952: Der rote Korsar (The Crimson Pirate)
  • 1954: Die letzte Etappe (Le grand jeu)
  • 1955: Die Ratten
  • 1956: Mein Vater, der Schauspieler
  • 1957: Nachts, wenn der Teufel kam (auch Produktion)
  • 1957: Operation Football (TV-Serie O.S.S., auch Produktion)
  • 1957: Operation Flint Axe (TV-Serie O.S.S., auch Produktion)
  • 1957: Operation Powder Puff (TV-Serie O.S.S., auch Produktion)
  • 1957: Operation Eel (TV-Serie O.S.S., auch Produktion)
  • 1959: Das Bittere und das Süße (The Rough and the Smooth)
  • 1959: Dorothea Angermann
  • 1959: Katja, die ungekrönte Kaiserin (Katia)
  • 1960: Mein Schulfreund
  • 1961: Affäre Nina B. (L’affaire Nina B. )
  • 1962: Tunnel 28 (Escape from East Berlin)
  • 1964: Der Schut (auch Drehbuch)
  • 1965: Der Schatz der Azteken
  • 1965: Die Pyramide des Sonnengottes
  • 1966: Der große Coup von Casablanca (L'Homme de Marrakesch)
  • 1967: Ein Tag zum Kämpfen (Custer of the West)
  • 1968: Kampf um Rom (2 Teile)

Auszeichnungen

  • 1946: Oscar-Nominierung (Beste Regie) für Rächer der Unterwelt
  • 1958: Goldene Schale (Bester abendfüllender Spielfilm), Filmband in Silber (Bester Spielfilm mit besonderem staatspolitischem Gehalt) und Filmband in Gold (Bester Regisseur) für Nachts, wenn der Teufel kam
  • 1958: Preis des Filmfestivals von Karlovy Vary (Beste Regie) für Nachts, wenn der Teufel kam
  • 1958: Preis des Senats von Berlin für Nachts, wenn der Teufel kam
  • 1958: Oscar-Nominierung (Bester ausländischer Film) für Nachts, wenn der Teufel kam
  • 1971: Filmband in Gold für langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film

Autobiografie

Literatur

  • Wolfgang Jacobsen, Hans Helmut Prinzler (Hrsg.): Siodmak Bros. Berlin - Paris - London - Hollywood. Stiftung Deutsche Kinemathek und Internationale Filmfestspiele Berlin, Retrospektive 1998. Argon, Berlin 1998, 438 S., ISBN 3-87024-469-0
  • Deborah Lazaroff Alpi: Robert Siodmak. A biography, with critical analyses of his films noirs and a filmography of all his works. McFarland, Jefferson, NC, und London 1998, 406 (XI) S., ISBN 0-7864-0489-2

Filmdokumentation

  • Alle Tage ist kein Sonntag. Robert Siodmak und seine Filme. Deutsches TV-Porträt von Norbert Grob, 1998

Weblinks


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