- Wolfgang Nešković
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Wolfgang-Dragi Willi Nešković (* 3. Juni 1948 in Lübeck) ist ein deutscher Politiker und ehemaliger Richter am Bundesgerichtshof.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Beruf
Der Sohn eines serbischen Maurers und einer deutschen Schneiderin[1] absolvierte nach dem Abitur 1968 am Johanneum zu Lübeck ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg, welches er 1974 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Anschließend war Wolfgang Nešković für ein Jahr wissenschaftlicher Assistent an der Universität Hamburg und leistete danach sein Referendariat ab, das er 1977 mit dem zweiten Staatsexamen abschloss. Anschließend war er als Rechtsanwalt in einer Anwaltskanzlei beim Oberlandesgericht Schleswig tätig. 1978 wurde er Richter im Landgerichtsbezirk Lübeck und 1981 schließlich Richter am Landgericht Lübeck. 1990 wurde er hier zum Vorsitzenden Richter ernannt.
Bekannt wurde Nešković durch seine Bemühungen im Bereich der Legalisierung von Cannabis. Seine Vorlage[2] im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle führte 1994 zu dem Cannabis-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts,[3] mit dem die Strafbarkeit des Besitzes geringer Mengen zum Eigenverbrauch im Regelfall als verfassungsrechtlich unverhältnismäßig eingestuft wurde (siehe auch: Geringe Menge).
2001 wurde er zum Richter am Bundesgerichtshof gewählt, obwohl ihn der Präsidialrat des Gerichts als „fachlich nicht geeignet“ eingestuft hatte, da er nie auf eigenen Wunsch zur Erprobung an einem Oberlandesgericht abgeordnet worden war. Die Wahl wurde von seinem Konkurrenten Olaf Hoepner mit einer Konkurrentenklage angefochten. Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht lehnte diese Klage im Eilverfahren Ende Juli 2002 endgültig ab,[4] so dass Nešković seine Richtertätigkeit beim Bundesgerichtshof im August 2002 aufnahm. Das Präsidium des Bundesgerichtshofs wies ihn dem IX. Zivilsenat zu.
Wolfgang Nešković war mehrere Jahre Mitglied des Bundesvorstands der Neuen Richtervereinigung und dessen Sprecher. Er ist Gründungsmitglied und einer der Vorstände des Instituts Solidarische Moderne. [5]
Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Partei
Von 1979 bis 1994 war Nešković Mitglied der SPD, über zwölf Jahre Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristen und Mitglied des SPD-Landesvorstandes in Schleswig-Holstein.
1995 wurde er Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und war von 1995 bis 1999 Landesvorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht. 2000 sollte er aufgrund kritischer Äußerungen aus der Partei ausgeschlossen werden. Hintergrund war die Aussage, wer grüne Ideen wählen wolle, dürfe nicht grün wählen. Zudem bezeichnete er im Zusammenhang mit dem Kosovokrieg Joschka Fischer als Außenminister als nicht mehr tragbar. Das Verfahren wurde mit einem Vergleich beendet. 2005 trat Nešković bei den Grünen aus.
Abgeordneter
Seit 2005 ist er Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier ist er Justitiar, rechtspolitischer Sprecher, Obmann im Rechtsausschuss der Linksfraktion und stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses. Er gehörte seit 2005 dem Parlamentarischen Kontrollgremium an, das die deutschen Nachrichtendienste Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst kontrolliert. Im Dezember 2009 wurde er von der Mehrheit des Bundestages nicht in dieser Funktion bestätigt. Der Vorgang galt als unüblich, daher stellte die Linkspartei Nešković erneut zur Wahl. Im Januar 2010 wurde er im zweiten Anlauf mit der erforderlichen Mehrheit in das Kontrollgremium gewählt.[6]
Wolfgang Nešković ist seit dem 27. September 2009 direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises 65 (Cottbus/Spree-Neiße) in Brandenburg im Bundestag.
Nešković, der bereits als Mitglied der SPD und der Grünen parteiinterne Kritik öffentlich machte, äußert sich inzwischen auch hinsichtlich der Politik der Linken kritisch. So erklärte er in einem Zeitungsinterview [7] am 29. Dezember 2010, dass er bezogen auf die Landespolitik der Linken in Brandenburg fürchte, dass die Sozialdemokraten sie links überholen würden. Den brandenburgischen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers von den Linken bezeichnete er als eine Fehlbesetzung, weil er Politik rechts von der SPD mache.
Am 23. Januar 2007 wurde in der Presse berichtet, dass im Büro von Wolfgang Nešković zwei „Abhörgeräte“ gefunden worden seien. Diese entpuppten sich als Computermikrofone, die von zwei rheinländischen SPD-Mitarbeitern, die früher die Büroräume genutzt hatten, zum Scherz auf den Lampen abgelegt worden waren.[8]
Einzelnachweise
- ↑ Porträt von Nešković auf der Internetpräsenz der Linksfraktion des Deutschen Bundestages
- ↑ Vorlagebeschluss des Landgerichts Lübeck zur Vereinbarkeit des Cannabisverbots mit dem Grundgesetz
- ↑ BVerfGE 90, 145
- ↑ OVG Schleswig NJW 2001, 3495 = DVBl 2002, 134 = NordÖR 2001, 456 vgl. auch die Kommentare zu dem Urteil von Habel, Betrifft Justiz 2002, 254 (im Erg. dem OVG zustimmend); Bull, Betrifft Justiz 2001, 208; Bertram, NJW 2001, 3167; Schulze-Fielitz, JZ 2002, 144 (alle drei krit. zu der Entscheidung des OVG)
- ↑ http://www.solidarische-moderne.de/de/topic/13.vorstand-a-kuratorium.html
- ↑ Tagesschau.de: "Geheimdienstkontrolle wieder mit der Linkspartei (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ PNN vom 29. Dezember 2010: [1]
- ↑ „Abhöraffäre“ um Neskovic entpuppt sich als Scherz, 26. Februar 2007.
Weblinks
- Website von Wolfgang Nešković
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Lebenslauf bei der Bundestagsfraktion Die Linke
- Neškovic nennt BND-Kontrolle durch das PKG des Bundestages einen Witz (Artikel auf Spiegel Online vom 17. Dezember 2006)
- Interview im Küchenradio (vom 13. November 2007, u. a. zur Machtlosigkeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums und zu den Geheimdiensten als „Datenstaubsauger“)
- Wolfgang Nešković auf abgeordnetenwatch.de
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