Ziegelbaustein

Ziegelbaustein
Moderne Ziegeleinfassung umgeben von Ziegeln im Wildverband im niederländischen Kampen
Der linke Teil des Ischtar-Tors
Konstantinbasilika in Trier
Turm von St. Petri in Lübeck
Motive der Friese aus Formziegeln im Chor der Dorfkirche Steffenshagen

Der Backstein, korrekterweise als Ziegel (von lat. „tegula“ 'Dachziegel': von „tegere“ ['bedecken']) bezeichnet, wird umgangssprachlich auch Ziegelstein genannt. Es ist ein keramisches Material der Grobkeramik und wird im Bauwesen genutzt.

Inhaltsverzeichnis

Unterscheidung der Begriffe

Der Ziegel ist das älteste künstliche Bauelement, er wird aus tonhaltigem Lehm gebrannt.

Die Bezeichnung „Ziegelstein“ ist weit verbreitet, aber insofern laienhaft, da Stein das Naturprodukt (Naturstein) bezeichnet, während der Ziegel ein von Menschenhand geschaffenes Baumaterial ist.

Im weiteren Sinn werden auch Lehmziegel (Adobe), die durch Trocknen von geformtem Lehm gewonnen werden, als Ziegel bezeichnet.

Der Begriff Backstein selbst steht bevorzugt für die mittelalterlichen Bauten und wird hauptsächlich im süddeutschen und Schweizer Raum gebraucht. Einfache Mauerziegel aus Lehm können nur bei 900 °C gebrannt werden und sind dadurch mechanisch nicht so stabil, werden üblicherweise auch verputzt, um die Wetterfestigkeit zu verbessern.

Klinker sind Produkte aus „blauem“ Ton (reicher an Aluminosilikaten), auf Grund des höheren Silikatgehaltes können sie bei 1200 °C gebrannt werden. Die daraus bedingte stärkere Versinterung macht sie wetterbeständiger. Abhängig vom Eisengehalt in gelben bis roten und braunen Nuancen geben sie einem Bau unverputzt das typische attraktive Aussehen. Die mögliche Brenntemperatur ist vom Ausgangsmaterial abhängig, da der Rohling zwar sintern, aber nicht formverändernd weich werden darf.

Terrakotta von einfachem gebranntem Ton wird häufig nach der Qualität des verwendeten Tons unterschieden. In Architektur- und Kunstgeschichte werden Terrakotten und Ziegel jedoch nur durch Maß und Form unterschieden. Terrakotten sind dekorativ gestaltete Ziegelelemente, die erheblich größer als die traditionellen (Form-)Ziegel sind.

Ziegel werden mit Mörtel zu Mauerwerk gefügt. Das Aussehen des Mauerwerks wird durch die Art des Mauerwerksverbandes und die Fugen bestimmt.

Zur Verkleidung von Mauerwerk an Fassaden wurden im 19. Jahrhundert oft Blendziegel (auch Blendstein oder Verblender genannt) angebracht. Diese sind Klinker in einer geometrisch sehr genauen rechteckigen Form und glatter Oberfläche. Solche Fassaden stechen gegenüber Fassaden mit handgestrichenen Ziegeln deutlich hervor, da auch die Fugen sehr schmal und genau angelegt sind. Besonders in Großstädten wie Berlin, Leipzig, Halle und Dresden wurden ganze Straßenzüge mit Blendziegeln versehen, dagegen wurden im Münsterland meistens handgestrichene Ziegel verwendet. Oft wurden auch Villen mit Blendziegeln versehen.

„Alte Post“ in Lüdenscheid mit Blendziegeln

Geschichte

Frühe Hochkulturen

Lehmziegel sind neben Holz, Stein und Pflanzenfasern das erste in den frühesten menschlichen Siedlungen in der Jungsteinzeit (etwa 10.000 bis 8.000 v. Chr.) verwendete Baumaterial. Gegenüber Lehmwänden aus ungeformtem Lehm haben Wände aus Ziegelstein viele Vorteile: Sie sind leichter zu transportieren als ungeformter Lehm. Mauern aus Ziegeln sind stabiler als Wände aus ungeformtem Lehm und benötigen zu ihrer Errichtung keine Schalung. Die ältesten Ziegel wurden 1952 bei archäologischen Grabungen in Jericho gefunden.

Die Technik des Brennens von Ton war zwar für Gefäße bereits in der Jungsteinzeit bekannt, wurde aber nicht für Ziegel eingesetzt.

Die ersten Ziegel (Lehmziegel) waren handgeformt und unregelmäßig in der Form. Ziegel mit glatt gestrichener Form sind etwa seit 6300 v. Chr. aus Mesopotamien bekannt. Dort wurde auch zwischen 5900 und 5300 v. Chr. die Verwendung von Formschablonen entwickelt. Zwischen 3100 bis 2900 v. Chr. wurde erstmals in großem Umfang gebrannter Ton in Ziegelform verwendet und die Technik des Glasierens entwickelt und perfektioniert. Das Ischtar-Tor ist ein herausragendes Beispiel für den in babylonischer Zeit erreichten Entwicklungsstand der Techniken. Es wurde unter Nebukadnezar II. (604 bis 562 v. Chr.) gebaut.

Der höchste Backsteinturm der Welt in Landshut
Backstein-Expressionismus: Heilig-Kreuz-Kirche in Gelsenkirchen
Backsteinbebauung der 1920er-Jahre in Hamburg-Barmbek-Nord
Industriearchitektur mit Klinkerfassade – ehem. Kraftwerk Vockerode
ländliche Backsteinarchitektur mit Sandsteinelementen (Třebnouševes, CZ)

Frühe chinesische Backsteinarchitektur

In China wurden Backsteine ab etwa 1000 v. Chr. verwendet. Typisch für chinesische Backsteinbauten war der Verzicht auf Mörtel, der durch eine große Maßhaltigkeit der hergestellten Ziegel möglich war und die Errichtung von Hohlmauerwerken, die mit Schutt ausgefüllt wurden.

Antike und Spätantike

Für die römische Architektur hatte der gebrannte Ziegel eine zunehmende und schließlich zum Ende des Römischen Reichs große Bedeutung. Durch die Römer wurde das Bauen mit gebrannten Ziegeln im ganzen Römischen Reich verbreitet. Typisch für den römischen Backstein sind dünne Ziegel.

Die umfangreiche Verwendung von gebrannten Ziegeln für Mauerwerk setzte im ersten Jahrhundert v. Chr. ein, war aber beispielsweise in der Stadt Rom bis in die Zeit der Regierung des Augustus (27 v. Chr. bis 14 n. Chr.) überhaupt nicht nachzuweisen. Wohl deshalb nahm die Beschreibung der Technik des Bauens mit getrockneten und gebrannten Ziegeln bei Vitruv nur geringen Raum ein. Bis 100 n. Chr. war die Technik bereits durch die Römischen Legionen, die überall Feldziegeleien errichteten, im ganzen Reich verbreitet. Bis in diese Zeit wurden Backsteinmauern regelmäßig verputzt oder verkleidet. Im 2. Jahrhundert wurden Ziegel aber auch als dekorative Oberfläche verwendet und ersetzten Tuffsteine und andere Steine als Verkleidung für die von den Römern erfundenen Betonmauern (lat.: opus caementitium). Ende des 2. Jahrhunderts endete die Blütezeit des Backsteinbaus in Rom wieder.

Im byzantinischen Reich und im Westen des Römischen Reichs wurde der Ziegelsteinbau weiterentwickelt. So ist die Hagia Sophia in Konstantinopel (gebaut 532 bis 537 n. Chr.) vollständig aus Ziegeln erbaut. Typisch für den byzantinischen Backsteinbau sind sehr dünne Ziegel und Fugen, deren Dicke die Ziegel teils noch übertrifft. Im Weströmischen Reich finden sich herausragende Beispiele für Backsteinarchitektur wie die Kirche San Vitale insbesondere in Ravenna.

Der Bau der Konstantinbasilika in Trier ist ein Beispiel für einen großen Backsteinbau im Gebiet des heutigen Deutschlands. Allerdings war diese ursprünglich außen verputzt und innen mit Marmor verkleidet.

Außereuropäische Kulturen

Außerhalb der europäischen Kultur gibt es herausragende Backsteinarchitektur im Islam (Samaniden-Mausoleum in Buchara), im Buddhismus (beispielsweise Bagan (Myanmar)/Birma) und China.

Mittelalter

Während die Tradition des Backsteinbaus in Italien ungebrochen fortgesetzt wurde, verschwand der Backstein in Nordeuropa mit dem Ende des Römischen Reichs völlig, tauchte aber im 12. Jahrhundert plötzlich wieder auf und verbreitete sich wegen der besseren Stabilität und Maßhaltigkeit gegenüber Naturstein rasant. Die Kathedrale von Roskilde in Dänemark ist ein frühes Beispiel.

Die Blütezeit der Dekoration aus Formziegeln war die Backsteingotik, eine deutsche Sonderform der Gotik, die vor allem im Gebiet der Hanse weit verbreitet war. Das prägende Vorbild war die Marienkirche in Lübeck. Erwähnenswert ist hier auch das Kloster Chorin bei Eberswalde. Aus welchen Gründen die Backsteintechnik im 12. Jahrhundert wieder aufkam, ist nicht abschließend geklärt. Jedenfalls spielt auch die mangelnde Verfügbarkeit von Natursteinen eine wichtige Rolle. Ein weiterer Grund ist die Verfügbarkeit des Ausgangsmaterials.

Der im Jahre 1500 fertiggestellte Turm der Landshuter Martinskirche ist mit 130,60 Metern der höchste Backsteinturm der Welt.

Ein Beispiel für Backsteingotik außerhalb Deutschlands ist die Kathedrale von Albi in Frankreich.

Renaissance und Barock

In der Renaissance und im Barock war Sichtmauerwerk aus Ziegel wenig beliebt. Die Ziegel wurden mit Putz oder Stuck bedeckt oder zumindest überschlämmt. Unter der Verblendung war Backstein jedoch wahrscheinlich auch in Italien der am häufigsten verwendete Baustoff der Zeit, weil die Herstellung von Backsteinen billiger als der Transport und das Behauen von Steinen war, zudem sind Backsteine leichter als die meisten Natursteine. Deshalb baute auch Brunelleschi die Kuppel des Doms von Florenz aus Backsteinen.

Andererseits hatte Backsteinarchitektur mit Sichtmauerwerk in England zwischen 1450 und 1650 eine Blütezeit.

Schließlich ist auch die dritte Chinesische Mauer zu großen Teilen aus Backstein errichtet.

1650 bis 1800

Zwischen 1650 und 1800 wurde Sichtbackstein-Mauerwerk in Europa vor allem in den Niederlanden, Frankreich und England mit jeweils nationalen Eigenheiten gebaut. Aus den Niederlanden sind die Ziergiebel Amsterdams bekannt. Im französischen Klassizismus wurde Backstein mit Naturstein gemeinsam verbaut. In London durften nach dem großen Brand 1666 nur noch Stein- und Backsteinbauten errichtet werden. Backstein dominierte schon wegen seines Preises.

Das 19. Jahrhundert

Sehr große Verbreitung fanden Backsteinbauten wieder in der Backstein-Neogotik in Norddeutschland, auch vielstöckige Mietskasernen in Berlin wurden mit Niederlausitzer Klinkern errichtet. Zunehmend wurden Ziegelbauten allerdings verputzt. Die Göltzschtalbrücke ist bis heute die größte Ziegelbrücke der Welt, sie wurde aus Klinkern errichtet.

Das 20. Jahrhundert

Stahl, Beton und Glas lösten allmählich den Ziegel als Baumaterial ab. Das hatte ökonomische und konstruktive Gründe. Denn Ziegel ist nicht hinreichend tragfähig, um etwa Hochhäuser zu errichten. Backsteinexpressionismus und Heimatschutzarchitektur setzten die Tradition des Backsteinbaus im 20. Jahrhundert in Norddeutschland fort.

Bedeutende Industriebauten (Kraftwerke, Stahlwerke, Kokereien, usw.) wurden auch in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch aus Ziegeln errichtet oder mit Klinkern verkleidet.

Ziegelsteinherstellung um 1568

Herstellung

Traditionelle Herstellung

Das Ausgangsmaterial Lehm oder Ton wird zunächst einige Wochen in Wasser gelöst oder über den Winter bei mehrmaliger Wasserzugabe im Freien ausgebreitet gelagert und durchgefroren. Dabei entweichen Gase, die beim Brennen den Ziegel sprengen könnten. Danach wird der Lehm von festen oder organischen Bestandteilen gereinigt, fallweise wird noch Sand oder Ton beigesetzt und schließlich wird die Masse in einen oben und unten offenen Formrahmen oder einen nur oben offenen Kasten gepresst(Ziegelmodel). Teilweise sind in diesen Formen Ziegelzeichen aufgebracht. Überstehendes Material wird abgestrichen und die Form gestürzt – dies ergibt die Handstrichziegel. Als sichtbares Merkmal weisen sie typische Quetschfalten auf. (Diese Verarbeitung wird heute noch bei kulturhistorisch bedeutsamen Restaurierungen genutzt.) Die Ziegel werden dann mehrere Wochen luftgetrocknet, in Gegenden, wo mit Regen zu rechnen ist, in einem luftigen Trockenschuppen.

Zum Brennen werden die Formziegel abwechselnd mit Kohle in einem Meiler aufgeschichtet. Der Meiler wird abschließend mit Lehm und Ziegeln minderer Qualität bedeckt. Der nun folgende Brennvorgang benötigt etwa 14 Tage, wobei die Ziegel nur etwa 3 Tage einer Temperatur von 600-900° C ausgesetzt sind. Die restliche Zeit dient zum Aufwärmen und Abkühlen, bei dem die fertig gebrannten Ziegel nicht zerspringen dürfen. Bei einem Meilerofen ist die Qualität der Ziegel sehr unterschiedlich, ein Drittel ist mit zu hoher Temperatur gebrannt und neigt zum Splittern, ein Drittel ist mit zu niedriger Temperatur gebrannt und verwittert rascher. Oft sind Ziegel auch nur an einer Hälfte von anderer Qualität und somit bedingt brauchbar. Die gebrannten Ziegel werden daher nach Qualitäten sortiert. Eine wesentlich bessere Ausbeute erzielt man in Schachtöfen, die oft mit Kalksteinen ausgemauert sind. Das ist möglich, da solche Lehmbrandziegel nur bei Temperaturen bis maximal 900° C gebrannt werden können und Kalk erst bei Temperaturen über 900° C in Branntkalk übergeht. Ein Schachtöfen kann unter Anwendung der herkömmlichen Technik in Mitteleuropa etwa fünfmal jährlich beschickt werden.

Im Unterschied dazu wurden Ziegel zu Beginn des Mittelalters auch aus dem Lehmklumpen herausgeschnitten, danach getrocknet und gebrannt.

Herstellung von Handstrichziegeln bei Dukatole (Maletswai, Südafrika)
Die nachfolgende Bilderserie zeigt die Herstellung von Handstrichziegeln. Etwa 200 Ziegelhersteller leben hier von der Herstellung von Backsteinen.

Anmerkungen:
Bild 2: Mittels eines Siebes wird Kohle aus Ascheresten herausgefiltert. Die kohlehaltige Asche wird von ansässigen Betrieben kostenlos zur Verfügung gestellt.

Industrielle Fertigung

Mit der Industrialisierung wurde auch bald die Herstellung mechanisiert. Zunächst gab es Maschinen, die das Abstreichen und Formen übernahmen. Erst dann setzte sich ein Verfahren durch, bei dem die Ziegel ihre Form durch Strangpressen erhalten und geschnitten werden. Stranggepresste Ziegel haben eine sehr glatte Oberfläche. Im Strangpressverfahren lassen sich auch Sonderformen, wie Hohllochziegel, fertigen.

Andere Fortschritte gab es beim Brennen. Zunächst wurde durch die so genannte überschlagende Flamme die Temperatur im Meiler gleichmäßiger und damit der Ausschuss oder der Anteil minderer Qualität vermindert. Dann kamen Öfen mit Dauerbrand (Ringofen) auf, bei denen in verschiedenen Kammern kontinuierlich gebrannt wurde. Aufwärm- und Abkühlphasen des Gesamtofens entfielen. Heute sind sogenannte Tunnelöfen üblich, in denen die Ziegel sich während des Brandes auf Wagen durch den Ofen bewegen. Im Gegensatz hierzu blieb der Ziegel im Ringofen fest und der Brand wanderte durch die Kammern.

Die Neuerungen der Produktion ermöglichten es, die gewaltigen Bauleistungen der Industrialisierung mit den Fabrikhallen, Arbeitersiedlungen, Mietskasernen und repräsentativen Bürgerhäusern zu meistern. Für eine typische Berliner Mietskaserne wurden mehr als eine Million Ziegel benötigt, der Bau des Anhalter Bahnhofs in Berlin bestand aus 16 Millionen Ziegeln.

Kalksandziegel (oder auch Sandsteinziegel) sind seit 1855 bekannt und wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit Hilfe von patentierten Herstellungsverfahren in großen Mengen hergestellt. Sie wurden aus scharfkantigem kieselsäurehaltigem Sand gefertigt, der möglichst frei von erdigen Bestandteilen, wie Lehm und Humus sein sollte. Als Kalk kam Fettkalk (Weißkalk), Magerkalk (Graukalk) oder auch hydraulischer Kalk (Schwarzkalk) in Betracht. Das Mischungsverhältnis von Kalk zu Sand betrug etwa 1:6.

Einteilungen

Härtungsmethode

Römische Ziegel in quadratischer Form
Gewölbe des römischen Bades in Bath, England
Glasierte Backsteine am Lübecker Rathaus
  • Luftgetrocknete Ziegel (Adoben) werden nicht gebrannt, sondern über eine längere Zeit an der Luft getrocknet. Die Konsequenz ist, dass sie sich bei Aufnahme von Wasser wieder aufweichen können und in niederschlagsarmen, trockenen Regionen verwendet werden. Diese Ziegelsteine werden auch als Lehmziegel bezeichnet.
    • Belastbarkeit dieser Ziegel: 150 kg/cm²
  • Gebrannte Ziegel werden im Brennofen gebacken (siehe Brennen von Tonmineralen). Sie sind zwar im Gegensatz zum luftgetrockneten Ziegel dauerhaft verfestigt, aber dennoch nicht sonderlich witterungsbeständig, da sie eine hohe Porosität und Wasseraufnahmefähigkeit aufweisen. Sie werden beim Bau im Innenbereich verwendet (Hintermauerziegel) oder am fertigen Bauwerk üblicherweise mit Putz abgedeckt. Die Luftdurchlässigkeit dieser Ziegel ist beträchtlich, so gelingt es bereits durch Atemluft, mit Hilfe von zwei Trichtern mit 20 Zentimetern oberer Öffnungsweite durch einen Ziegel hindurch eine Kerze auszublasen.
    • Belastbarkeit dieser Ziegel: 250 kg/cm²
  • Hartgebrannte Ziegel werden mit höheren Temperaturen gebrannt, und sind dadurch härter und dichter als normal gebrannte. Sie finden im Außenbereich Verwendung. Zu dieser Sorte gehören die Vormauerziegel (VMZ), die Klinker (Pflasterklinker) sowie die Dachziegel (Tondachziegel). Klinker sind so stark gebrannt, dass die Poren des Brenngutes durch Sinterung geschlossen werden. Sie nehmen nur sehr wenig Wasser auf und sind sehr widerstandsfähig.
    • Belastbarkeit dieser Ziegel: 500 kg/cm²

Farben

Die Farbe der Ziegel hängt in erster Linie von den im Ton enthaltenen Mineralien ab. Ein hoher Eisengehalt (rote Eisen(III)-Silikate) führt durch die Oxidation des Eisens zu hell- bis dunkelroten (braunen) Farbtönen, abhängig von Brenntemperatur und Brennatmosphäre. Ein hoher Kalkgehalt und geringer Eisengehalt führt zu gelben Farbtönen. Die farblichen Nuancen lassen sich durch oxidierende (Sauerstoffüberschuss in der Ofenatmosphäre) bzw. reduzierende (Sauerstoffmangel in der Ofenatmosphäre) Brandführung beeinflussen, die mittels der Brennstoff- und Luftzufuhr eingestellt werden kann. Eine alte Möglichkeit war der Zusatz von nassen Baumstämmen während des Brennens: Die hierbei erzeugte reduzierenden Atmosphäre im Ofen (bei den zum Brennen benötigten Temperaturen entstehen aus Kohle und Wasser Kohlenmonoxid und Wasserstoff) ermöglicht blaue Farbtöne durch elementares Eisen (Oxidationsstufe 0). Da hierbei der Ofen Schaden nimmt, blieb diese Technik auf wenige Sonderfälle beschränkt.

Durch Engoben, die vor dem Brennen aufgetragen werden, kann die Farbpalette stark erweitert werden. Diese Technik wird in Europa seit dem Mittelalter, bei islamischen Backsteinbauten schon seit dem frühen Mittelalter angewendet. Darüber hinaus sind schon in der Blütezeit Babylons unter Nebukadnezar II. viele Farben und Schattierungen zu finden.

In Burgund und dann auch in Ungarn wurden glasierte Dachziegel zur Verzierung der Dächer eingesetzt. Dieses Architekturmerkmal wurde in Burgund entwickelt (Hotel de Dieu) und kam durch die Heirat einer Königin nach Ungarn, wo heute besonders die Budaer Burg in Budapest bekannt dafür ist.

Formate

Der traditionelle kleinformatige Backstein ist ein länglicher Quader, dessen größte Kantenlänge (Länge) etwas mehr als dem doppelten Maß der mittleren Kantenlänge (Breite) entspricht. Die Differenz entspricht der Breite der vertikalen Fuge, der so genannten Stoßfuge. Unter Berücksichtigung der Fuge entspricht damit ein längs eingemauerter Ziegel, der so genannte Läufer, genau zwei quer eingemauerten so genannten Bindern. Die Notwendigkeit, Ziegel wegen ihrer Tragfähigkeit im Verbund zu vermauern, bestimmt also ihr Format.

Das sogenannte „Klosterformat“ für Handstrichziegel ist kein einheitliches System, sondern unterscheidet sich in den einzelnen Klosterbauschulen, da raumgreifende Normung während der Handfertigung der Backsteingotik nicht nötig war. Fritz Gottlob gibt als Durchschnittsmaße Größen von 28 cm × 15 cm × 9 cm bis zu 30 cm × 14 cm × 10 cm an, die Höhe kann in Einzelfällen auch bis zu 12,5 cm betragen. Die Fugen waren üblicherweise 1,5 cm dick.

Die Industrialisierung ermöglichte den Transport von Baumaterialien über größere Strecken und die Lieferanten mussten austauschbar sein. So wurde 1872 in Deutschland per Gesetz das so genannte „Reichsformat“ für Ziegel (heute „altes Reichsformat“) eingeführt: 25 cm × 12 cm × 6,5 cm. Damit konnte ein Gebäude aus Mauerziegeln verschiedener Herkunft erbaut werden. Für staatliche Bauten war die Anwendung dieses Formats verbindlich. Für andere Gebäude war es wirtschaftlicher geworden, normierte Ziegel zu verwenden, also auch diese herzustellen. Dieses Ziegelformat wurde 1869 von dem Berliner Baumeister Lämmerhirth vorgeschlagen. Damit wurde die Anzahl mit dem Planungsmaß 1 Kubikmeter Bauwerk verbunden. Ein Kubikmeter Mauerwerk inklusive 1 cm Fuge und üblichen Verlusten an den Ecken bestand aus 400 Ziegeln.

Mit dem metrischen System wurde das (neue) Reichsformat mit 24 cm × 11,5 cm × 6,3 cm und das Normalformat mit 24 cm × 11,5 cm × 7,1 cm notwendig. Mit dieser Ziegelgrundfläche und einem Zentimeter Mörtelfuge waren die Bauten in 1/8-Meter-Einheiten gerastert (oktametrisches System). Durch eine fehlende oder zusätzliche Mörtelfuge bei Innen- und Außenmaßen ergibt sich immer eine Differenz von +/- 1 Zentimeter. Auf dieses Baurichtmaß genannte Raster wurden später die Maße anderer Baugewerke, wie zum Beispiel Fenster und Türen, abgestimmt und in ihren Maßen genormt. Andere Länder und bestimmte Regionen haben andere Formate entwickelt.

Die Rohdichte von Ziegeln beträgt je nach den Bedingungen beim Brennen zwischen 1,4–2,0 kg/dm³. Formate und Rohdichten sind für Deutschland in der DIN 105 geregelt.

Auswahl an Ziegelformaten

(Alle Maße in cm)

Klosterformat(e) 28–30 × 14–15 × 9–10
altägyptisch (hier Palast von Marqata 18. Dynastie)[1]   10 × 16 × 33
altes (deutsches) Reichsformat 25 × 12 × 6,5
Reichsformat (RF) - Deutschland 24 × 11,5 × 6,3
Standardformat der Donaumonarchie 29 × 14 × 6,5
Oldenburger Format 22,0 × 10,5 × 5,2
Hamburger Format 22,0 × 10,5 × 6,5
Bayrisches Format 29,5 × 14,5 × 6,5; 34,0 × 16,5 × 7,0
Elbformat 23,0 × 11,0 × 5,2
Friesenziegel 20,6 × 10,0 × 5,1
**
Normalformat (NF) - Deutschland 24 × 11,5 × 7,1
Normalformat - Österreich, auch in Russland nach GOST    25 × 12 × 6,5
Vollbackstein (zu SIA 266) - Schweiz [2]   25 × 12 × 6; 30 × 9 × 6; 32 × 12 × 6
Dünnformat (DF) 24 × 11,5 × 5,25
englisches Format 21,5 × 10,25 × 6,5
Standardformat (Waalformaat) - Niederlande[3]   20–21 × 10 × 5

Formen

Ziegel können vor oder nach dem Brennen in Form gebracht werden. Für die Formgebung vor dem Brennen werden Formrahmen verwendet. Der Ton muss relativ feucht sein, so dass die Steine vor dem Brennen trocknen müssen, um beim Brennen keine Risse zu bekommen. Die Formsteine der Backsteingotik wurden in dieser Weise hergestellt.

Nach dem Brennen können Backsteine behauen oder beschliffen werden. Beschliffen wurden Backsteine insbesondere, um Größenunterschiede auszugleichen und dadurch schmalere Fugen zu erreichen.

Ziegel heute

Ziegelwohnhaus in Madrid, Beispiel für moderne Architektur

Im Neubau hat der traditionelle kleinformatige Ziegel heute als tragendes Mauerwerk nur noch geringe Bedeutung. Die Ziegel wurden immer größer und wegen des wachsenden Gewichtes durchlöchert (Lochziegel). Die Löcher machten einerseits den Ziegel leichter und damit auch größere Formate handhabbar, andererseits dient die eingemauerte Luft zur Wärmedämmung, genauer zur Reduzierung der Wärmeverluste durch die Wärmeleitung im Material. Um diese Eigenschaften noch zu verbessern, wird das Ziegelmaterial inzwischen selbst porosiert, indem die Rohmasse mit brennbaren Stoffen wie Sägemehl oder Kunststoffkügelchen vermengt wird. Diese Stoffe verbrennen beim Brennvorgang und hinterlassen Poren. Die Aufschäumung mit Treibmitteln ist weniger gebräuchlich. Diese Produkte tragen den Namen Schaumton. Bei den Großformaten gelten immer noch die alten Standardmaße, so sind diese Ziegel immer Vielfache des Normal- oder Dünnformats. Eine moderne Variante des Ziegels ist der Planziegel.

Als Verblendmauerwerk sind Ziegel vor allem in Norddeutschland traditionell sehr beliebt. Die Baustoffindustrie hat eine breite Palette von Formaten, Tönungen und Oberflächenstrukturen entwickelt, um auf individuelle Wünsche von Architekten und Bauherren einzugehen. Hierzu gehören auch die Spaltplatten, die aus zwei gegengesetzten Klinkeroberflächen bestehen und zum Verblenden gespalten und auf das Mauerwerk aufgesetzt werden. Die Palette des Angebotes umfasst sowohl in unterschiedlichen Farben glasierte Ziegel, als auch durch unterschiedliche Massezusammensetzung farbig gefertigten Ziegel in Gelb-, Rot-, Blau- und Brauntöne bis zu fast schwarzen. Im Gegensatz zu historischen Ziegeln, die durch Verunreinigungen im Ton in der Fläche ein lebendiges Bild ergaben, wirkten Wandflächen aus industriell gefertigten Ziegeln zunächst oft steril. Dies wird in der modernen Fertigung durch gezielte Anflammungen beim Brand, das Aufbringen von Granulaten und das Strukturieren der Oberflächen bei der Herstellung verhindert. Rustikale Formbackziegel werden nach historischem Vorbild durch das nun maschinelle Einwerfen der Tonmasse in Formen hergestellt.

Alte Backsteine (so genannte Abbruchziegel) werden inzwischen für Renovierungen und Neubauten in traditioneller Bauweise aus Abbrüchen geborgen und wiederverwendet. Diese Form des Recyclings hat eine sehr lange Tradition, da Ziegel ein teurer Baustoff sind. Es wurde bereits bei Bauten im Zweistromland oder bei römischen Ziegeln beobachtet und ist auch bei mittelalterlichen Bauwerken zu finden.

Trivia

„Feierabendziegel“ sind spezielle Ziegel, die mit Datumsangaben, Texten, Sprüchen oder Ornamenten verziert wurden. Diese Bezeichnung ist auch als Oberbegriff für verzierte Ziegel üblich. Die Ziegel wurden ursprünglich im Meiler gebrannt, d.h. unter freiem Himmel. Ein Brand umfasste eine Menge von 5.000 bis 10.000 Ziegeln, die Ausschussquote war sehr hoch. Um den Segen für das Gelingen des Brandes zu erbitten, wurde der erste und der letzte Ziegel mit aufgehenden Sonnen und Monden verziert. Auftragsbezogen wurden Abwehrziegel (bei Dachziegeln) verziert, d.h. mit Wellen- und Zackenmustern versehen, die wohl einer Blitzmarke nachempfunden waren und Haus sowie Bewohner vor den Witterungsunbilden schützen sollten. Außerdem gibt es als Glücksbringer Blumen-, Kreuz- und Tiermotive, auch Hand- und Kinderfußabdrücke sind zu finden. Die Tradition hielt sich bis in die vorindustrielle Zeit, die Verzierungen sind auch noch auf stranggepressten Dachziegeln zu finden. In Zeiten der manuellen Produktion wurde der noch weiche Ton damit verziert. Dies fand häufig nach getaner Arbeit statt – zum Feierabend.

Siehe auch

  • Naturstein, Baustein aus Naturstoff
  • Porenbeton, Gasbeton in Bausteinform, ist kein Stein
  • Klinker, Material, das durch höhere Brenntemperaturen wasserabweisend wird
  • Terrakotta, eine seit dem Altertum bekannte Keramik
  • Klamotte, gaunersprachlicher Begriff für Bausteinbrocken

Literatur

  • James W.P. Campbell und William Pryce: Backstein. Eine Architekturgeschichte - Von den Anfängen bis zur Gegenwart. Verlag Knesebeck 2003. ISBN 389660189X
  • Fritz Gottlob: Formenlehre der Norddeutschen Backsteingotik: Ein Beitrag zur Neogotik um 1900. Baumgärtner, Leipzig 1907. Nachdruck der 2. Auflage, Verlag Ludwig 1999. ISBN 3-9805480-8-2: Abschnitt A.1.A (Flächenmauerwerk)
  • Edmund Heusinger von Waldegg: Die Ziegel- und Röhrenbrennerei, einschließlich der neuesten Maschinen und Geräthe für die Ziegelfabrikation. Verlag Theodor Thomas, Leipzig 1891 (Umfassender Überblick über alle Aspekte der Ziegelproduktion um 1900)
  • M. Kornmann und CTTB: Clay bricks and roof tiles, manufacturing and properties. LaSim, Paris 2007. ISBN 2-9517765-6-X
  • Otto Lueger: Lexikon der gesammten Technik und ihrer Hilfswissenschaften. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart, Leipzig 1899. (Bd. 2, S.484 und Bd. 7, S.989-992)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. [D. Arnold: Lexikon der ägyptischen Baukunst. Düsseldorf 1994]
  2. Schweizer Backsteinformate
  3. Maße, des niederländischen Verbandes von Backsteinfabrikanten (pdf) (nl)

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