- Zwangsbedingung
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Als Zwangsbedingung wird in der klassischen Mechanik eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit eines Massenpunktes bezeichnet. Dadurch nimmt die Anzahl der Freiheitsgrade eines Systemes ab. Werden zu viele Zwangsbedingungen gestellt, kann es passieren, dass keine physikalische Lösung existiert.
Die Lagrange'sche und die Hamilton'sche Formulierung der klassischen Mechanik sind besonders dazu geeignet, Systeme mit Zwangsbedingungen zu beschreiben.
Inhaltsverzeichnis
Unterscheidung bzgl. Integrabilität
Im Folgenden wird stets ein N-Teilchensystem in 3 Raumdimensionen betrachtet. Ohne Zwangsbedingungen bräuchte man für den Ortsvektor jedes Teilchen 3 Raumkoordinaten, somit um das gesamte System zu beschreiben insgesamt 3N. Die Koordinaten werden fortlaufend durchnummeriert:
Holonome Zwangsbedingungen
Holonome Zwangsbedingungen können als Gleichungen zwischen den Koordinaten xi des Systems formuliert werden (s holonome Zwangsbedingungen):
Die 3N Koordinaten lassen sich mit s holonomen Zwangsbedingungen auf n = 3N − s unabhängige generalisierte Koordinaten qi, die automatisch die Zwangsbedingungen erfüllen müssen, reduzieren:
Holonome Zwangsbedingungen sind als vollständiges Differential einer Funktion darstellbar
und sind somit integrabel. Notwendig für die Integrabilität ist, dass die Koeffizientenfunktionen ali folgende Bedingung erfüllen,
was bei holonomen Bedingungen automatisch gegeben sein muss (fl zweimal stetig differenzierbar, siehe Satz von Schwarz).
Anholonome Zwangsbedingungen
Nichtholonome/Anholonome Zwangsbedingungen können nicht als Gleichungen zwischen den Koordinaten formuliert werden. Die generalisierten Koordinaten, die in den anholonomen Zwangsbedingungen erscheinen, sind i. A. nicht unabhängig voneinander variierbar.
Es handelt sich z.B. um Ungleichungen, wie Beschränkungen auf einen bestimmten Raumbereich
oder um differentielle, nicht-integrable Zwangsbedingungen, wie Gleichungen zwischen den Geschwindigkeiten (Bsp. für r anholonome Zwangsbedingungen)
Nicht-integrabel heißt, dass die Gleichung nicht als vollständiges Differential einer Funktion darstellbar ist wie bei holonomen Zwangsbedingungen. Somit erfüllen die Koeffizientenfunktionen hier nicht die Integrabilitätsbedingung:
Unterscheidung bzgl. Zeitabhängigkeit
Weiterhin werden Zwangsbedingungen bzgl. ihrer Zeitabhängigkeit unterschieden als:
- Skleronom (starr), wenn sie nicht explizit von der Zeit abhängen.
- Rheonom (fließend), wenn sie explizit von der Zeit abhängen.
Skleronome Zwangsbedingungen führen bei Anwendung des Lagrang'schen Formalismus in der Regel zu der Feststellung, dass das Potential nicht implizit von der Zeit abhängig ist. Ist das Potential nun auch nicht explizit zeitabhängig, so sind die Kräfte konservativ und die Energie ist erhalten. In diesem Fall ist die Hamiltonfunktion - die Legendre-Transformierte der Lagrangefunktion - gleich der Gesamtenergie.
Holonom-rheonome Zwangsbedingungen lassen allerdings nicht direkt den Schluss auf eine Nicht-Erhaltung der Energie zu.
Beispiele
Das Pendel
Das Seil eines Pendels soll stets die gleiche Länge l besitzen, muss also aufgrund des Satzes von Pythagoras die Zwangsbedingung x2 + y2 − l2 = 0 erfüllen. Der Auslenkungswinkel bildet dabei die generalisierte Koordinate. Das ist ein Beispiel für eine holonome Zwangsbedingung und, da sie nicht explizit von der Zeit abhängt, für eine skleronome Zwangsbedingung.
Teilchen in Kugel
Es sei ein Teilchen in einer Kugel eingesperrt. Das bedeutet mathematisch, dass die Entfernung des Teilchens zum Mittelpunkt stets kleiner als der Radius R der Kugel sein muss, also gilt x2 + y2 + z2 < R2. Da dies eine Ungleichung ist, ist die Zwangsbedingung nichtholonom.
Literatur
- H. Goldstein: Klassische Mechanik. Wiley-VCH. ISBN 978-3527405893
- T. Fließbach: Mechanik - Lehrbuch zur Theoretischen Physik I. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2009. ISBN 978-3-8274-2148-7
Siehe auch
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